Thema: Recht: Postkarte mit Bildern von Hitler und Nazi-Grössen: Ist der Verkauf strafbar ?
drmoeller_neuss Am: 19.02.2023 11:39:39 Gelesen: 3952# 3@  
@ Heinz 7 [#1]

Wir wissen nicht, welche Währung sich hinter den ominösen 143 versteckt. Vielleicht sind es tschechische oder norwegische Kronen?

Da wir die Bildseite nicht kennen, können wir den Wert der Karte in diesem Forum nicht schätzen.

Da Du es in Deinem Beitrag bereits erwähnst, empfehle ich, einfach selbst in den genannten Artikel des Strafgesetzbuches nachzuschauen:

§ 86 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

(1) Wer Propagandamittel

1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
. . .
im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


§ 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen
. . .
(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.


Dazu gibt es eine Ausnahmeregelung in §86 Absatz 4 StGB:

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

Zunächst wäre zu klären, ob die Bildseite der Postkarte überhaupt "Kennzeichen" im Sinne des §86a enthält. Hakenkreuze oder das Antlitz von Hitler fallen sicher darunter.

Die nächste strittige Frage ist, ob der Verkauf einer einzelnen Postkarte einer "Verbreitung" nach §86 entspricht.

Dann ist noch die Ausnahmeregelung in §86 Absatz 4 StGB zu prüfen. Die reine Sammeltätigkeit fällt nicht darunter, insofern schützt die Tatsache, solche Propagandakarten nur an Sammler verkauft zu haben, die keine Neonazis sind, nicht vor Strafe. Allerdings ist jeder Philatelist ein "Forscher" und damit greift wieder die Ausnahme des §86 Absatz 4 StGB.

Zugegebenermassen recht dünnes Eis, und man sollte hier schon aufpassen. Deutschland ist hier aufgrund seiner Vergangenheit sensibilisiert. Wer die zu beanstandenden Symbole auf seinen Angeboten unkenntlich macht, nimmt schon einigen Wind aus den Segeln. Es sind in der Öffentlichkeit schon Briefmarkenauktionshäuser beanstandet worden, die ihre Scans nicht bearbeitet hatten. Briefmarkenhändler sind belangt worden, die entsprechende Postkarten im Schaufenster gezeigt hatten. Von einzelnen Sammler sind mir keine Fälle bekannt. Wer so etwas sammelt, ist aber gut beraten, das nicht an die grosse Glocke zu hängen. Es kann schnell zu Missverständnissen kommen.

Im Gegensatz zu Postkarten sind lose Briefmarken keine Propagandamittel im Sinne des Gesetzes.

In anderen Ländern, namentlich den asiatischen und amerikanischen wird das nicht so kritisch gesehen. Dort werden solche Sachen offen angeboten.

Ich kann mir den Kommentar nicht verkneifen, aber hier ist die deutsche Justiz auf dem "linken Auge" blind. Zwar wurde die (West-!) KPD im Jahre 1956 verboten, aber die SED ist keine Nachfolgeorganisation der KPD und fällt nicht unter den §86. Propagandamaterial der DDR darf in Deutschland verbreitet werden. Aufpassen sollte man hier aber in den baltischen Staaten und anderen osteuropäischen Staaten.

[1] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86.html
[2] Roman Trips-Hebert, "Das strafbare Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen § 86a StGB im Spiegel der Rechtsprechung" 2021 https://www.bundestag.de/resource/blob/869290/c8bd5f14ef172eb76e41484886611030/Das-strafbare-Verw-von-Kennzeichen-data.pdf
 
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