Thema: Lasst die Briefmarke sterben !
Vernian Am: 27.10.2023 00:09:29 Gelesen: 1337# 8@  
Da seit langer Zeit alle Beiträge wieder komplett lesbar sind habe ich mich mal wieder eingeloggt und siehe da - ich kann sogar wieder schreiben? Irgendwie habe ich da was nicht mitbekommen. Aber zum Thema:

Einerseits vollkommen richtig, Briefmarken sind in unserer digitalisierten Welt keine Notwendigkeit mehr. Mein Sohn, wenn er mal einen Brief zu versenden hat, kauft sich online einen Code, den er statt Marke aufkleben, auf den Brief schreibt (ich glaube das heißt "Handyporto"?) und auch sonst gibt es entsprechende Möglichkeiten mit Internetmarke etc etc.

Trotzdem gibt es, abseits Sammlern, Menschen, die ihre Post mit Briefmarken frankieren, mit denen sie sich bevorratet haben, um nicht wegen jedem Brief erst ein digitales Gerät oder eine Verkäuferin an einer Poststelle bemühen zu müssen, und unkompliziert einen Postkasten nutzen. Und wie an anderer Stelle hier kürzlich mehrfach erwähnt, viele klein- und mittelständische Betriebe nutzen Briefmarken aus gleichen Gründen. Dies bedeutet, ein gewisser Grundbedarf an Briefmarken und dieser Form der Postsendungsfrankatur besteht weiterhin. Zumindest hierzulande. In Island (ja, soweit ich weiß, werden dort keine Marken mehr verausgabt) mag dies anders sein.

Eine Notwendigkeit, die aber hierbei nicht wirklich besteht, das ist die Flut von Briefmarkenausgaben. Denn den meisten Nutzern reicht eine Briefmarke in entsprechender Frankaturwertstufe für ihre Zwecke, ob dies ein Dauerwert oder eine Sondermarke ist, das ist hierbei den allermeisten reichlich egal - den Marken nutzenden Betrieben wahrscheinlich ohnehin, aber wohl auch den allermeisten privaten Nutzern, sofern es nicht Sammler sind. Da inzwischen Dank DMC Briefmarken auch genauso digital verarbeitbar sind wie andere moderne Frankaturformen besteht hier für den effizienten Arbeitsablauf auch kein Problem mehr - die Ungültigkeitserklärung von Marken ohne DMC wird über kurz oder lang kommen. Nur diese handschriftliche Handy-Frankatur, da habe ich meine Zweifel, ob die Technik wirklich alle Handschriften problemlos auslesen kann.

In Bezug auf die aufgeworfene Fragestellung bedeutet dies (zumindest bei uns) jedoch: Ja, Briefmarken sind noch eine sinnvolle Frankaturform (in entsprechend digital auslesbarer Form wie mit DMC), aber eine Notwendigkeit für die Unmengen an Neuausgaben besteht in der Praxis nicht. Eine Beschränkung auf eine entsprechend gestaltete Dauermarken-Reihe mit allen erforderlichen Frankaturwerten ist vollkommen ausreichend, und wenn zur Erheiterung des Ein- oder anderen, zur Bewerbung national-kultureller besonderer Anlässe gelegentlich mal eine Sondermarke herausgegeben wird, dann tut das der Sache sicherlich auch keinen Abbruch. Sowohl Betriebe wie Privatpersonen dürften nicht gänzlich uninteressiert sein an Sondermarken zu Ostern oder Weihnachten, oder wenn lokale Jubiläen (bspw. Sondermarke zu 1000 Jahre Stadtrechte der Stadt XY) oder touristisch wirksame Bewerbung des Naturschutzgebietes YZ u.ä.m. gelegentlich gäbe, dann dürfte - landesweit oder lokal begrenzt - ein gewisses Interesse bestehen können. Aber Serien wie Zuschlagsmarken zu irgendwelchen wohltätigen Zwecken, Deutsche Fernsehgeschichtserfolge, Comicserien vergangener Jugend, Würdigung des xyten Geburts- oder Todesjahres irgendeiner (mehr oder weniger) bekannten Persönlichkeit, gar Blockausgaben - wozu? - außer für Sammler.

Würde sich also die Ausgabe von Marken auf eine notwendige Anzahl an Frankaturwerten als Dauerserie und einige wenige Sondermarken zu deutschlandweit oder ggf. auch lokal einzugrenzende Anlässe zur "werbewirksamen" Aufmerksamkeitsmachung begrenzen, dann wäre dies, so meine Ansicht, durchaus noch "sinnvoll". Und damit würde die zu verausgabende Markenzahl sich auch auf eine überschaubare Menge begrenzen. Im Abstand von 5-10 Jahren eine entsprechend den erforderlichen Portostufen umfassende Dauerserie, plus vielleicht 5-10 Sondermarken pro Jahr, die Themen würdigen oder präsentieren, die sich auch der kleine Gewerbetreibende oder die ansonsten nicht interessierte Privatperson dann doch für "verklebenswert" erachtet, das würde reichen.

Und dann vor allem: Warum haben selbstklebende Marken seit langem eine "Hochkonjunktur"? Weil es - es mag uns als Sammlern oder Philatelisten befremdlich vorkommen - den meisten "Normalnutzern" das Abschlecken von Marken aus allerlei Gründen meist zu wider ist - folglich müssen die für den nötigen "Bedarf" zur Verfügung gestellten (erscheinenden) neuen Marken ausschließlich selbstklebend sein.

Kurzum: Briefmarken weiterhin ja, aber in den modernen postalischen Erfordernissen mit DMC und selbstklebend, und nur in einer der potenziell anzunehmenden Nachfrageform, also passende Portostufe und Sondermarken nur sehr begrenzt auf möglichst landesweit interessierende Themata, in besonderen Fällen mal mit lokaler Begrenzung.

Meint

Vernian
 
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