Thema: Alles um mehr oder weniger ausstellungsreife Exponate - Tips und Tricks
Lars Boettger Am: 22.01.2024 19:57:50 Gelesen: 1624# 29@  
@ Frankenjogger [#26]

Hallo Klemens,

zur Klarstellung - ich beziehe mich hier auf den Bereich "Postgeschichte". Untenstehend meine Antworten:

Vielleicht habe ich die Frage nicht exakt genug formuliert, aber mit deiner Antwort bist du nicht auf meine Frage eingegangen, du hast versucht, sie allgemein zu beantworten.

Wer legt eigentlich die Bedeutung der einzelnen Exponate fest?

Der Aussteller legt mit seiner Themenauswahl die Bedeutung fest.

Gibt es da eine Art Katalog?

Nein.

Macht das die Jury bei jeder Ausstellung anhand der gezeigten Exponate?

Ich interpretiere Deine Fragestellung so, dass auf jeder Ausstellung eine Reihenfolge der Exponate gebildet wird: Antwort: Nein.

Oder macht das jeder Juror nach eigenem Ermessen?

Nein.

Meine Antwort habe ich extra so gewählt, um Dir den Lernprozess eines Jurors zu verdeutlichen. Du bekommst das Thema "Bedeutung" durch die Betrachtung von Exponaten, das praktische Bewerten und durch Beispiele vermittelt. Ich bin bei meinem Beispiel "Hintertupfingen" dem Irrtum erlegen, dass Du wie ich aus dem süddeutschen Raum kommst [1]. Ich wollte niemanden herabsetzen.

Juroren bewerten bei dem Punkt "Bedeutung" die Herausforderung an den Aussteller. Wenn Du die Transitpost über mehrere Kontinenten aus dem 18. und 19. Jahrhundert nach Routen, Taxen und Stempeln aufdröseln kannst, Dich mit den unterschiedlichen Taxierungen auseinandersetzt und die bilateralen Postverträge anwenden kannst, dann ist das eine andere geistige Leistung, als wenn Du Dich mit einem kleinen Flecken (in meinem Beispiel "Hintertupfingen") beschäftigst, der nur ein paar moderne Stempel und Nach-UPU-Inlandspost kennt. @ 22028 [#28] zeigt uns originäre Forschung auf höchstem Niveau, indem er bei seiner Overland-Mail bisher wenig beachtete internationale Tarife ausgräbt. Dazu ein Bild: Die meisten von uns folgen ausgetretenen und gut beschilderten Pfaden, @ 22028 [#28] geht durch frischen Schnee und hat keine Fußspuren, denen er folgen kann. Ist das nicht bedeutend? Waren ein Cook, Amundsen oder Magellan nicht bedeutend? Fritze Fischer aus Wanne-Eickel, der gemütlich vor dem Fernseher ein Bierchen kippt ist dagegen nicht so bedeutend - zumindest ist das meine Meinung.

Ein weitere Punkt: Deutsche Markenheftchen haben in Deutschland eine andere Bedeutung wie in Luxemburg. Wenn ich in Deutschland meine "Postes Relais"-Stempel zeige, ruft das höchstens ein müdes Schulterzucken hervor. Auch das muss ich als Aussteller berücksichtigen, wenn ich ausstelle.

Ich komme wieder zurück zum Aufbau: Juroren werden gedrillt, nach den wichtigen Informationen zu sehen. In der Postgeschichte sind das die Routen und die Tarife (für Stempelsammlungen gelten etwas andere Regeln). Was überflüssig ist und nicht gerne gesehen wird sind Angaben zur Michel-Nr., Nennwerte von Marken oder offensichtliche Merkmale, sofern keine Routen und Tarife genannt werden (Zitat Prof. Henrik Mouritsen: "Oma-Erklärungen"). Seltene Stücke sollten auf den ersten Blick erkennbar sein. Ganz wichtig ist die Synopsis, in denen Du Dein Exponat und Deine eigene Forschung erklärst bzw. neue Erkenntnisse hervorstreichst.

Und ich verrate ein weiteres Geheimnis: "Don't irritate the Jury" - nie die Juroren irritieren. Wenn der Titel schon Schreibfehler enthält, die Seiten billig wirken, mit Blattschutzhüllen aus dem Discounter gearbeitet wird, wenn auf den Blättern grosse Wappen prangen, der Juror aber schon im zweiten Rahmen komplett den Faden verloren hat, weil die Blattüberschriften fehlen, die Marken teils mit dunklem, teils mit durchsichtigen Hawidstreifen befestigt sind und die Belege schief und krumm auf den Blättern hängen, dann muss das Material echt knallermässig sein, um das zu kompensieren (das waren alles Beispiele aus der Praxis). Eine gute Präsentation rettet ein Exponat nicht, aber ohne sie geht es einfach nicht. Die erfolgreichen Aussteller haben das verinnerlicht (siehe die Präsentationen "Fit for IBRA 2023" auf Youtube).

Beste Grüsse!

Lars

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hintertupfingen
 
Quelle: www.philaseiten.de
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