Thema: Wann gehören Sammlermarken in die Tonne ?
Lars Boettger Am: 22.10.2011 08:50:46 Gelesen: 30181# 37@  
@ Günther [#32]

Und was passiert dann? Er wird vereinnahmt, mit vom Handel geschriebenen Sammler ABCs hingebogen und ist plötzlich stolzer Besitzer von Abos, kauft unsinnige uninformative Kataloge und sammelt im Vordruckalbum - und schon ist er auf Masse und Vollständigkeit programmiert. Um das zu erreichen kauft er maßlos überteuerten, wertlosen Schrott zu angeblichen Sonderpreisen und hat Abos für millionenfache Massenmarken – was sich für ihn ungünstigstenfalls nach 10, 20 oder 50 Jahren als pure Geldvernichtung herausstellt.

Briefmarkensammler denken in monetären Dimensionen. Das führt dazu, dass man gerne etwas verdammt (weil es in den eigenen Augen keinen Wert hat), was anderen Spass macht. Mein Grönland- und Färöer-Abo bei Sieger war teuer, hat mir aber Spass gemacht. Die Marken sehe ich immer noch gerne an. Ich bekomme heute wahrscheinlich nur noch einen Bruchteil des Geldes, das ich vor 20 Jahren investiert habe. Auch die Motivalben meiner Großmutter blättere ich ab und zu durch, wohlwissend, dass die arabischen Raubstaaten, die dort in grosser Zahl vertreten sind, fast ausschliesslich für Sammler hergestellt wurden.

Mir ist auch klar, dass die Sammlungen, die ich aufbaue, später beim Verkauf keinen Mehrertrag erlösen, sondern nur mit Verlust zu verkaufen sind. Aber das wird durch Erkenntnisgewinn überkompensiert. Mein Fälschungshandbuch zu Luxemburg wurde gerade veröffentlicht, das Buch über die Besetzung im 1. Weltkrieg durch Deutschland und danach durch Frankreich und die USA wird in zwei-drei Jahren fertig sein. Danach ist es gut möglich, dass ich die entsprechende Sammlung wieder auflöse.

Würde man diesen Sammlern sagen, daß nicht prüfbare Briefmarken, also gestempelte, deren Stempel nicht lesbar sind, genau so wertlos sind wie postfrische Massenmarken der letzten 55 Jahre, daß man Marken mit Falz, auf der Suche nach einem Dummen, zwar überall angeboten bekommt, sie aber kein Händler je zurückkaufen würde, nicht der „Schriftwechsel“ der Sammlerpost philatelistisch beeinflußt ist, sondern diese Machwerke wie ETB, Schmuck-FDC und vieles andere der Branche, dann bräuchte man sich keine Gedanken darum machen, was „in die Tonne“ gehört.

Lesbare Stempel sind nicht immer echte Stempel, Stempelfragmente nicht immer unprüfbar. Deine Aussage ist grundsätzlich richtig, aber Stempel muss man sehr differenziert betrachten. Was spricht gegen Falzmarken? Da ist wenigstens die Gummierung mit hoher Sicherheit echt. Bei klassischen Marken sollte die Gummierung entfernt werden, wenn man die Marken erhalten will.

ETBs und FDCs "Machwerke" zu nennen ist m.E. typisch deutsches Sammlerverhalten. In Frankreich, Belgien oder Luxemburg werden diese Postprodukte gesammelt. Natürlich sind die Preise nicht besonders hoch, aber versuche mal, hier "komplett" zu werden. Gerade in den letzten 10-15 Jahren ist nicht mehr so viel produziert und gekauft worden, das kann schon schwierig werden - dagegen sind die 60er, 70er, 80er-Jahre noch in grossen Mengen vorhanden.

Die Entscheidung, was man sammelt und wieviel man dafür ausgibt, die trifft jeder von uns selber. Ich gebe mich aber keiner Illusion hin, was das Altpapier in meinem Zimmer wert ist...

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
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