Thema: Numismatik in der Presse (Vereine)
Richard Am: 19.03.2009 22:58:12 Gelesen: 13387# 1@  
Wenn das jüngste Mitglied im Verein schon 55 Jahre alt ist - Vereinigung der Münzsammler hat Nachwuchssorgen

Von Volker Röpke

Newsklick.de (28.02.09) - Jede Leidenschaft hat ihren Anfang. Bei Karl Kalms begann alles mit einer Kassette aus dem Besitz seines Urgroßvaters. Er hatte keinen Schlüssel für die Kiste. Also brach sie ein Schlosser auf. Der Inhalt: viele alte Münzen, ein Schatz.

Das war vor 40 Jahren. Seitdem sammelt er Münzen. "Ich habe mich auf Braunschweiger Welfen-Münzen konzentriert", sagt Kalms (75). Er sitzt an einem Tisch im Stadthallenrestaurant Löwenkrone. Die Riege der Kenner ist heute acht Personen groß, inklusive Kalms.

Er ist Vorsitzender des Numismatischen Abends, der Vereinigung der Münzsammler in der Stadt. Die Personen am Tisch sind acht der 14 Mitglieder, der jüngste von ihnen ist 55, der älteste 88. Ihr Verein, bereits 1888 gegründet, scheint im Sterben zu liegen.

"In den 60er, 70er Jahren waren wir mal 90 Mitglieder", meint Kalms. Doch der Nachwuchs fehlt. Vor eineinhalb Jahren kam das letzte Neumitglied. Am Vereinsleben nahm es nur kurz teil, es ist inzwischen verstorben. Damit nicht genug: Zwei weitere Mitglieder starben seit Weihnachten. "Das macht uns wirklich Kummer", sagt Kalms.

Mitgliederschwund – für Kalms’ Sammlerkollege Friedrich Schulze ist das ja ein Problem aller Vereine. "Ich habe letztens einen Dorf-Gesangsverein gesehen und gedacht: Wenn da jetzt ein 65-Jähriger eintritt, zieht das den Altersschnitt mächtig nach unten."

Er findet, dass es heute zu viele andere Möglichkeiten gibt, um sich zu zerstreuen. Und die Bereitschaft, in einem Verein auch mal Pflichten zu übernehmen, sei eben gesunken. Karl Kalms dagegen sagt: "Wenn die alten Knacker hier anfangen zu fachsimpeln, denken die jungen Leute vielleicht: Was soll ich hier?"

Das Fachsimpeln in der Löwenkrone beginnt so: "Können Sie sich die mal angucken?" Einer hat eine Münze mitgebracht. Kenner-Blicke streifen das seltene Stück. Ärgerlich, das Licht ist schlecht, doch das trübt die Expertisen nicht. Wer sich mit Münzen befasst, kennt sich auch mit den Epochen aus, aus denen die Geldstücke kommen.

"Ich habe geschichtlich eine Menge gelernt, seit ich mich mit Münzen beschäftige." Karl Kalms hat einen roten Kopf, er glüht, wenn er über sein Hobby spricht.

Das Schicksal eines Sammlers ist, dass er fast nie fertig wird. "Nur ganz wenige haben Sammlungen komplett", sagt Kalms. Zuweilen passiere es, dass Sammler ihre Schätze am Lebensende ins Museum geben, damit sie nicht auseinandergerissen werden.

Professor Wolfgang Leschhorn arbeitet für das Herzog-Anton-Ulrich-Museum. Der Althistoriker und Münzfreund sagt: "Wir haben in den vorigen acht Jahren Münzsammlungen im Wert von 200 000 Euro bekommen. Die Erben haben gesagt, sie können damit nichts anfangen."

Vereinstreffen jeden vierten Mittwoch im Monat, 19 Uhr, Löwenkrone.

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