Thema: Ganzsachen mit privaten Zudrucken
asrah_de Am: 06.06.2012 11:12:14 Gelesen: 268433# 202@  
Hallo Ingo,

vielen Dank für Deinen Willkommensgruß und Deine schnelle Antwort.

Die Dokumentation bereits existierender Zudrucke im Bereich der Ganzsachenphilatelie halte auch ich für erstrebenswert, aber "um jeden Preis", ohne Berücksichtigung der Begleitumstände?

Sicherlich kann und muß es jedem Sammler überlassen sein und bleiben, für welches philatelistische Material er welche monetäre Leistung zu erbringen bereit ist und was er in seine Sammlung aufnimmt.

Ich meine, die ernsthaft betriebene Philatelie muß sich Regeln und Grenzen setzten, hinsichtlich philatelistischer Spielerei, Sammel- und Dokumentationswürdigkeit.

Kann und darf da wirklich auch das Argument "spürbarer Lücken" in der eigenen Sammlung ein ausschlaggebender Faktor sein?

Bleiben wir am Beispiel der P1 Berlin aus dem Jahre 1949. Sollte ich heute beim Postamt die Karte mit einem aktuellen Tagesstempel, bei einer aktuell laufenden Messe mit einem Messesonderstempel versehen lassen oder gar einen selbst gefertigten Stempel anbringen, so wird (sicherlich) kein Sammler ernsthaft das "gute" Stück in seine Sammlung aufnehmen oder in sonstiger Form dokumentieren wollen.

Sollte ich aber auf eben dieser Karte aus dem Jahre 1949 heute meinen privaten Zudruck aus dem Jahre 2012 aufbringen, ist das grundlegend anders zu betrachten und sowohl sammel- als auch dokumentationswürdig im Sinne der ernsthaften Philatelie?

Meine Frage und Betrachtung der Bewertung von privaten Zudrucken auf den amtlichen Ganzsachen außerhalb der Gültigkeitsperiode bezog /bezieht sich nicht nur auf den monitären Aspekt (dies ist zuvor sicherlich nicht gänzlich deutlich geworden) und selbstredend bestimmt wie immer auch "Angebot- und Nachfrage" den Preis. Sie zielen aber auch auf die Frage, wie ist ein derartiger Zudruck hinsichtlich der Sammel- und Dokumentationswürdigkeit zu bewerten?

Gehört ergo vorbehaltlos jeder existierende, private Zudruck in die eigene Sammlung (Vermeidung einer Lücke - kann, wie schon erwähnt - nur Jeder für sich selbst entscheiden) und ist er im Sinne einer "umfassenden" Dokumentation stets zu katalogisieren? Oder bedarf es doch einer etwas kritischeren Betrachtung, in der sicherlich die Regeln und Grenzen zukünftig neu zu definieren bzw. anzupassen wären.

Erste Ansätze sind ja bereits vorhanden. So verweist Herr Scheffel in seinem Handbuch II (DDR) beispielsweise bei den sog. "Herkules - Kassel" Zudrucken auf "vermutlich nachträglich aufgebrachte Zudrucke eines Briefmarkenhändlers aus Kassel auf überwiegend mit Anschriften versehenen Karten, die bereits vorab gestempelt wurden". Ergänzend sei hier bemerkt, die Zudrucke stammen, nach Vorlage eines Belegexemplars, vom ehemaligen Postbediensteten Ritter aus Kassel.

Wie bereits im vorherigen Beitrag erwähnt, ist auch im NGK Berlin von Krause/Sehler ein Bild-Anhang mit Zudrucken in moderner Technik (Kopier- und PC-Zudruckverfahren) eingeführt worden. Aber eben - oder auch - gerade als Anhang, getrennt von den "herkömmlichen", standardmäßigen Zudruckformen (Originalzitat der Autoren: "Soweit erkennbar, werden diese im Kopier- oder PC-Druckverfahren hergestellten Zudrucke exemplarisch im Anhang aufgelistet").

Weshalb aber diese "gesonderte" Art der Katalogisierung und keine Einbindung in die fortlaufende Katalognummerierung? Eben doch eine "kritische" bzw. differenzierte Betrachtung / Bewertung (im weitem Sinne), was die "technische" Art der Ausführung des privaten Zudrucks bzw. den Ausführungszeitpunkt betrifft?

Letztlich sei noch erwähnt, dass die "Spielregeln" für private Zudrucke auf den Ganzsachen der DDR anders waren, als in Berlin bzw. beim Bund. Ohne Genehmigung von staatlicher Seite, waren private Zudrucke in der DDR unzulässig. Das schien aber ab etwa Mitte 1989 niemanden mehr zu interessieren. Diverse und immer neue Zudrucke mittels moderner Drucktechnik (Kopierer/Laser) gibt es auf dem Markt zu bewundern. Herr Scheffel verweist bei derartigen Stücken (insbesondere P107-P109) in seiner Internet-Datenbank ausdrücklich auf einen "wahrscheinlich mittels eines Laserdruckers hergestellten Zudruck".

Liebe Sammlergrüße
Detlev
 
Quelle: www.philaseiten.de
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