Thema: Erfahrungen auf Auktionen: Briefmarken im Kreislauf
Richard Am: 18.06.2012 08:48:52 Gelesen: 19652# 10@  
Dr. Reinhard Fischer vom gleichnamigen Auktionshaus hat durch den Philaseiten Brief von diesem Thema erfahren und uns dazu wie folgt geschrieben:

Den Artikel über die Auktionserfahrungen habe ich mit viel Freude gelesen. Heute bin ich selber Auktionator, aber ich habe ganz am Anfang, als ich noch ganz junger Händler war, ähnliche Erlebnisse gehabt. Der Artikel erinnert mich daran, dass ich mich vor über 20 Jahren selber immer über den Herrn mit der Fliege in der ersten Reihe (es war Hans Kleine-Ruse) geärgert habe, der mich fast immer überboten hat und offensichtlich voher gar nicht besichtigte, was er da ins so großen Mengen kaufte.

Heute weiss ich, dass Herr Kleine-Ruse ein Kommissionär war, der auch nicht aus Bösartigkeit einfach andere Bieter niedermacht. Die Kommissionäre arbeiten im Prinzip für jeden, der ihnen ihre recht kleine, aber in der Summe doch einträgliche Provision von meist so 1 bis maximal 4 % bezahlt. Der Kommissionär, der Herrn Hartung überboten hat, bietet auch nicht einfach nach Gefühl, wenn er sieht, dass jemand anderes auch bietet. Normalerweise haben nämlich einfach die Auftraggeber des Kommissionärs die Lose besichtigt, wobei der Kommissionär die Besichtigung auch als Dienstleistung anbietet, wenn das vom Aufwand her halbwegs machbar ist (z.B. bei Einzellosen).

Das Erlebnis, dass zuerst offenbar niemand das Los haben will und es dann den doppelten Ausruf bringt, hat man auch als Auktionator sehr häufig. Es hat einfach damit zu tun, dass ein erfahrener Auktionsbieter keine schlafenden Hunde wecken will und deshalb mit seinem Gebot häufig so lange wartet, bis der Auktionator schon das nächste Los aufruft. Man heuchelt also Desinteresse. Das ist auch einer der Hauptgründe für den Einsatz eines Kommissionärs: Es gibt nämlich wirklich Leute, die sich an die Gebote von bekannten Bietern dranhängen ("was Du brauchen kannst, kann ich sicher noch besser brauchen") und wenn dann ein Kommissionär bietet, weiss keiner, wer hinter dem Gebot steht.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Fischer
 
Quelle: www.philaseiten.de
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