Thema: Philatelie in der Presse - Auktionen (Sammelbeitrag)
Richard Am: 25.04.2008 11:46:04 Gelesen: 134036# 4@  
Eine der wertvollsten Sammlungen der Welt

Gießener Allgemeine, Gießen / jri (22.04.08) - Ein Briefmarkensammler aus Gießen hat vor genau 100 Jahren neue Standards in der Geschichte der Philatelie gesetzt. Georg Kochs General-Sammlung »Deutschland und die Welt« wurde bei einer Auktion in Paris für die damals gewaltige Summe von etwa 320 000 Reichsmark versteigert - nach heutigem Ermessen weit über eine Million Euro.

Die Liebhaber von Postwertzeichen staunten nicht schlecht über die fantastischen Raritäten aus dem Besitz des Gießeners, die ihnen das Auktionshaus Gilbert & Köhler im Jahr 1908 in der französischen Hauptstadt im traditionsreichen Hotel Drouot präsentierte. Wie die AZ recherchierte, lebte Koch in einer Villa in der Ludwigstraße 61 in Gießen. Er war von Beruf Ingenieur und starb im Jahr 1925. Seine Sammlung gilt bis heute als eine der bedeutendsten Briefmarken-Kollektionen der Welt.

Zu Kochs ebenso imposanten wie wertvollen Briefmarken-Schätzen gehörten der legendäre Baden-Fehldruck »9 Kreuzer« schwarz auf grün (statt rosa), Bayerns berühmter Kehrdruckblock des »Schwarzen Einsers« oder Oldenburgs einzigartige ungebrauchte Einheiten. Alleine diese Oldenburger Marken wechselten bei einer späteren Auktion in den 80er-Jahren für 1,2 Millionen D-Mark den Besitzer. Es waren sechs Sechserbögen mit den Werten »Ein Viertel Groschen«, »Ein Drittel Groschen«, »Ein Halber Groschen«, »Ein Groschen«, »Zwei Groschen« und »Drei Groschen«. Die Briefmarkensammlung des Gießeners hatte einen derartig großen Umfang, dass der Original-Auktionskatalog aus dem Jahr 1908 103 Seiten stark ist. Bereits 1904 hatte Koch für seinen großartigen, elf Alben umfassenden Altdeutschland-Teil eine 22 Seiten dicke Beschreibung drucken lassen. In der Philatelistischen Bibliothek in Frankfurt können diese beiden historischen Dokumente eingesehen werden.

Wer war dieser Mann, der vor über 100 Jahren eine so wertvolle und bedeutende Sammlung aufbaute und der im Nachschlagewerk »Geschichte der Philatelie« von Carlrichard Brühl als »führender Sammler seiner Zeit in Deutschland« bezeichnet wird? Viel ist über Georg Koch nicht bekannt. Aus alten Gießener Einwohnerverzeichnissen im Stadtarchiv geht hervor, dass er im Jahr 1852 in Nieder-Weisel bei Butzbach geboren wurde. Koch muss offenbar schon vor dem Verkauf seiner Briefmarkensammlung sehr vermögend gewesen sein. »Er hat mutmaßlich selbst einen sechsstelligen Betrag investiert, um in den Besitz der Marken zu gelangen«, sagt Björn Rosenau, Experte für Postgeschichte und Regionalredakteur der Zeitschrift »Das Archiv«, die von der Deutschen Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte herausgegeben wird.

Köchin und Dienstmädchen im Haus

Dass Koch viel Geld besaß, zeigt auch die stattliche Villa in der Ludwigstraße, die der Ingenieur bereits im Jahr 1883 bauen ließ. Dort beschäftigte Koch sogar eine Köchin und ein Dienstmädchen für seine Familie mit sechs Kindern. Dies ist ebenfalls dem Stadtarchiv zu entnehmen. Kochs Frau Anna, geborene Foelling, zog nach dem Tod ihres Mannes zu ihrem ältesten Sohn Dr. Curt Koch, einem Frauenarzt, in die Westanlage 20. Dann verliert sich im Stadtarchiv die Spur der Familie. Die Koch-Villa in der Ludwigstraße, aus künstlerischen und städtebaulichen Gründen ein Kulturdenkmal, ist heute im Besitz einer Versicherungsgruppe. »Ich wüsste nicht, dass heute noch Nachkommen von Georg Koch in Gießen leben«, sagt Hans Köhler, langjähriger Vorsitzender des Briefmarkensammlervereins Gießen und ein intimer Kenner der Briefmarkenszene. Der über 80-jährige Senior sammelte seine ersten Marken bereits im Jahr 1936 - es waren Sondermarken der Olympischen Spielen in Berlin.

Bemerkenswert ist, dass Georg Koch seine wertvolle Sammlung in nur zehn Jahren zusammengetragen hat. Denn erst im Jahr 1897 trat der Gießener als Mitglied Nr. 1396 in den deutschen Philatelistenverband ein und begann seine »Jagd« auf die Marken, die er nach dem Prinzip »Vom Guten stets das Beste« auswählte. Dies geht aus den »Vertraulichen Korrespondenzblättern« hervor, einer Mitgliederzeitschrift der damaligen Briefmarkenvereine. Damals war das Angebot an Briefmarken zwar noch relativ »übersichtlich«, denn vor 100 Jahren gab es weltweit nur etwa 15 000 bis 17 000 unterschiedliche Postwertzeichen - ein winziger Bruchteil der heute vorhandenen Menge.

Die Sammlung »ex Georg Koch, Gießen« ist jedoch bis heute eine der edelsten Provenienzen in der Philatelie geblieben. Erst vor wenigen Wochen wurden erneut kleinere Stücke aus Kochs einstigem Besitz, darunter ein maisgelber Viererblock »9 Kreuzer«, bei einer Auktion in Wiesbaden unter den Hammer gebracht - und zwar von Deutschlands ältestem Briefmarken-Auktionshaus Heinrich Köhler, das schon 1908 in Paris die Koch-Sammlung versteigert hatte und das in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. »Es ist schön zu sehen, wie gewisse Marken immer wieder zu uns zurückkommen, und zwar auch noch nach 100 Jahren«, freute sich Köhler-Geschäftsführer Dieter Michelson. Die Jubiläums-Auktion erbrachte übrigens einen Rekordumsatz von 10,4 Millionen Euro - den höchsten Betrag, der jemals auf einer Briefmarkenversteigerung in Deutschland erzielt wurde.

(Quelle: http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Stadt/Uebersicht/Eine-der-wertvollsten-Sammlungen-der-Welt-_arid,33090_regid,1_puid,1_pageid,113.html)
 
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