Thema: Die Stempel der Doremus Machine Co.
Carolina Pegleg Am: 17.05.2008 00:27:21 Gelesen: 14644# 1@  


Bevor ich mit der Vorstellung dieser Stempel beginne, ist eine Vorstellung meinerseits angebracht. Einige Mitglieder der philaseiten kennen mich möglicherweise aus einem anderen Internetforum. Ich habe hier auf den philaseiten bislang nur eine Existenz im Hintergrund geführt, die Diskussionen mitverfolgt, und gelegentlich an Nigels Englisch-Deutschem philatelistischem Wörterbuch mitgebastelt (allerdings bisher bei weitem nicht in dem Umfange, wie ich es mir selbst erhofft hätte).

Ich bin 40 Jahre alt und lebe im Südosten der USA. Briefmarken sammele ich seit vielen Jahren und mit der Zeit haben sich recht unterschiedliche Interessenschwerpunkte herauskristallisiert. Neben verschiedenen überwiegend "exotischen" Markensammlungen, die zumeist reine Katalognummernsammlungen ohne besonderes Spezialisierungsinteresse sind, sammele ich verschiedene Stempel, insbesondere Maschinenstempel, und habe in ein bis zwei Gebieten auch ein postgeschichtliches Sammelinteresse. Dieser "Mix" von Sammelinteressen, bei denen wechselweise Marken, Stempel oder die Postgeschichte im Mittelpunkt stehen, hält mich immer abwechslungsreich beschäftigt. Daneben arbeite ich daran den deutschen Schachtelsatz mit englisch inspirierter Wortwahl und Grammatik zu vervollkommen. Dies zumeist unter Auslassung von Umlauten, da diese sich hier nicht auf dem Keyboard finden und das einzelne Einflicken –zumal mit dem Laptop– eine "Quaelerei" ist. Eine Ausnahme mache ich für diesen Erstbeitrag, mit dem aber insoweit keine falschen Erwartungen erzeugt werden sollen.

Ehrlich gesagt, hatte ich bei Beginn der Forschung und Konzeption an ein anderes zuhause für diesem kleinen Beitrag gedacht. Mich beeindruckt der rundherum freundliche und hilfsbereite Ton auf den philaseiten sehr und dies ist meine Form der Anerkennung von Richard und dem philasseiten.de – Team.

Anstelle nun weiter von mir zu sprechen, möchte ich lieber eines meiner Sammelgebiete vorstellen: Die Doremus Maschinenstempel. Das Sammeln von Maschinenstempeln ist im deutschsprachigen Bereich nicht zu sehr verbreitet. Es ist daher vielleicht bereits der ersten Erwähnung wert, dass Sammlungen von Maschinenstempeln sich in aller Regel auf einen bestimmten Hersteller beziehen, ähnlich wie bei einer Länder- oder Motivsammlung das Ausgabeland oder das Briefmarkenmotiv der oberste Gliederungsgesichtspunkt sind. Das Denken in einer Sammelsystematik von Maschinenhersteller, Maschinenmodel, Stempeltype, Verwendungsort- und zeitraum und ggf. Varianten erscheint Sammlerfreunden, die sich mit diesem philatelistischen Spezialgebiet noch nicht so befasst haben, sicherlich merkwürdig. So ging es mir jedenfalls. Das Problem hier ist, dass das Ausgabeland oder Motiv jeder Marke praktisch auf die Stirn geschrieben ist, während der Maschinenhersteller als Ausgangspunkt jeder weiteren Kategorisierung und Diskussion zunächst einmal ermittelt werden muss. Das geht jedenfalls anfangs nicht von selbst; aber es gibt ja Literatur.

Nun, für diesen Beitrag ist die Arbeit gemacht und alle gezeigten Stempel wurden von möglicherweise verwechslungsfähigen Stempeln unterschieden. Die meisten Stempel dieser Firma sind allerdings so markant, dass dies wirklich nicht so eine grossartige Leistung darstellt.

Die Doremus Machine Co. wurde Ende der 1890er Jahre in Washington, D.C., gegründet. Die Firma gewann einen Auftrag zur Lieferung von Stempelmaschinen an die amerikanische Postverwaltung beginnend ab Januar 1900. Die letzten Maschinen lieferte die Firma in 1903 aus. Die Lieferung von Machinen beschränkte sich also nur auf drei Jahre. Alle Maschinen wurden allerdings von der US Post gekauft. Dies ist eine Besonderheit, denn bis zum Jahre 1913 wurden Stempelmaschinen von der US Postverwaltung in aller Regel von den Herstellern nur angemietet, und nicht gekauft.

Die Doremus-Maschinen waren handbetriebene Maschinen einfacher Konstruktion. Dies erklärt mutmasslich die Entscheidung der US Postverwaltung die Maschinen anzukaufen. Anders als bei den schnelleren elektrischen Maschinen waren Instandsetzungs- und Erhaltungsarbeiten an komplizierten Mechanismen nicht zu besorgen, so dass ein wesentliches Arguent für die Miete wegfiel.

Der Markt für diese handbetriebenen Maschinen waren kleinere Postämter, oder Zweigstellen grösserer Postämter, jeweils mit geringem Postvolumen, bzw. Poststellen die (noch) nicht über Elektrizität verfügten. Anfang des 19. Jahrhunderts war Strom bei weitem noch keine Selbstverständlichkeit. Insbesondere nicht in den Städten des "Wilden Westens" und auf dem Lande. Insgesamt schaffte die US Post 400-410 Maschinen dieses Types an. Man muss sagen, es handelte es sich um einen vollkommen Fehlkauf. Im Nachhinein gab die Postverwaltung unumwunden zu, dass die Kaufentscheidung ohne zureichende Praxistests erfolgt war. Die Leistungen der Maschine waren schwach. Es war keineswegs eine schnelle Maschine. Ein gusseisernes Handrad, horizontal montiert, trieb die Maschine an. Mit jeder vollständigen Umdrehung des Rades wurde ein Poststück eingezogen und gestempelt. Wegen der mangelhaften Konstruktion der Maschinen sind unklare und unvollständige Abschläge leider häufig.

Typischer unvolländiger Abschlag einer Doremus Maschine (Pulaski, Virginia, 1911):



In der Tat mag man sich Fragen, inwieweit mit den Doremus Maschinen überhaupt eine Erleichterung des Stempelgeschäftes verbunden war. Dies zumal die aus Schalterauflieferung oder Briefkastenleerung wild gemischten Sendungen ja zunächst von Hand alle so aufgestellt werden mussten, dass die Marke stets einheitlich in derselben Ecke zu stehen kam. Automatische Briefaufstellmaschinen gab es erst ab den 1960er Jahren.

Diese sehr spezifische Geschichte hat in vielfacher Weise Auswirkungen auf eine Sammlung dieser Stempel. Zunächst waren diese Maschinen von vorneherein nur bei kleineren Postämtern im Einsatz. Da ihre Verwendung keine riesige Erleichterung brachte, steht zudem zu vermuten, dass sie im Tagesgeschäft mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht stets eingesetzt wurde. Wuchs das Postvolumen am Ort an, so wurde die Doremus-Maschine häufig durch ein andere Maschine ersetzt. Alles dies hat Einfluss auf die Häufigkeit dieser Stempel. Da die US Post Eigentümer der Maschinen war, wurden die Maschinen bei Ersetzung häufig umgesetzt und kamen an anderen Orten zum Einsatz. Dies hat Einfluss auf die Anzahl der bekannten Verwendungsorte und -Zeiträume. In "späterer" Zeit wurden die Maschinen teils nicht mehr umgesetzt, sondern verblieben als Reserve am Ort. So waren im Jahre 1915 von den rund 400 zwischen 1900 und 1903 erworbenen Doremus Maschinen offiziell noch 315 im Einsatz. Tatsächlich ist eine Nutzung in 1915 und später aber nur für 175 Maschinen belegt. Die Lösung: bei einer grossen Anzahl Postämter, denen eine Doremus-Maschine in den amtlichen Unterlagen als "im Betrieb" notiert war, stand sie nur als Reserve nutzlos herum, da das Postamt über eine bessere Stempelmaschine verfügte. Abgelöst wurden die Doremus Maschinen in aller Regel durch handbetriebene oder (seltener) elektrische Maschinen der American Postal Supply Co., deren Trademark-Stempel im Flaggendesign wohlbekannt sind, oder dem handbetriebenen Model L der International Postal Supply Co.

Insgeamt gibt es sechs verschiedene Stempeltypen bei Doremus-Maschienen, d.h. bestimmte Kombinationen von Stempelkopf und Killern, die gemeinsam werksseitig geliefert wurden. Aufgrund von Vertauschungen kam es jedoch auch vereinzelt zu Mischtypen, auf die hier nicht näher einzugehen ist.

Fangen wir mit einem Beispiel eines Typ C Stempels an. Dieses sehr charakteristische Stempeldesign kommt bei 128 Städten während der Jahre 1901 bis 1907 vor. Leider besitze ich nur dieses eine Anschauungsstück aus Newark, NY aus 1903.



Die Typ D Stempel kamen ab 1902 in Gebrauch und waren bis 1910 in Benutzung. Wiederum handelt es sich um einen sehr charakteristischen Stempel (beispiel aus Bar Harbor, Maine, 1903).



Die Typ D Stempel waren bei 412 Städten im Einsatz. Sie wurden ab 1907 gegen solche in Typ E umgetauscht (Beispiel aus Dublin, California, 1910).



Die Umrüstung der Stempeltypen betraf im allgemeinen nur den Stempelkopf. Bei den Typ D Stemepln befindet sich das Jahr im Halbkreis am unteren Rand des Stempels, bei der Type E befindet sich das Jahr waagerecht unterhalb der Uhrzeit. Bei den Typ D Stempeln war das Jahr fest eingraviert und alljährlich im Januar musste der Stempelkopf ausgetauscht werden. Die Post sah dies als Verschwendung an und forderte, das Stempelköpfe mit Stecktypen für die Jahreszahl auszurüsten seien, was bei der Type E der Fall war. Zuvor, wenn bei Jahreswechsel ein neuer Stempel nicht vorlag, mussten sich die Amtsvorsteher zu allen Zeiten damit behelfen, die letzte Ziffer der Jahreszahl herauszubrechen. Dies erklärt, warum bei dem unten gezeigten Beispiel aus Mannington, W. Va., die letzte Ziffer der Jahreszahl fehlt.



Aufgrund des Ankunftsstempels kann geschlossen werden, dass es sich um 190(8) gehandelt haben muss. Bei diesem Postamt ist ab 1908 ein Typ E Stempel belegt. Offenbar hatte man davon abgesehen noch einen alten Typ D Stempelkopf mit neuerer Jahreszahl 1908 zu liefern, da ohnehin ein neuer Typ E Stempel geliefert werden sollte.

Die Typ E Stempel sind ebenfalls weit verbreitet und waren bei 491 Städten bis 1933 im Einsatz. Die vertikalen Balken der Killer bei den Stempeltypen D und E sind das hervorstechende Merkmal der Doremus Stempel. Es gab dieses ausser bei Doremus nur noch bei einem anderen Hersteller (Barr-Fyke, nicht häufig). Die Typen D und E waren weiter verbreitet und wurden länger verwendet als jede andere Doremus Stempeltype. Meine Sammlung hat so 80% D's und E's.

Die Anzahl der Balken im Killer schwankt zwischen 16 und 19, da an den Maschinen von Auslieferungsserie zu Auslieferungsserie kleinere Änderungen vorgenomen wurde. Leider kommen unvollständige Stempel sehr oft vor, da der Killerteil bei diesem Hersteller unverhältnismässig lang ist. Ich sehe einen Stempel, bei dem 14 Balken zu sehen sind, als in jeder Hinsicht vollständig und vollwertig an. Wenigstens 10 Balken sollten es aber schon sein.

Hier ein Exemplar aus Las Vegas, New Mexico (nicht Nevada) aus 1906. 13 Balken sind sichtbar, kann man also so durchgehen lassen.



Auch die Vorderseite der Postkarte ist durchaus sehenswert. Willkommen im noch Wilden Westen. New Mexico war damals noch ein "Territory" und wurde erst in 1912 Bundesstaat.



Die letzte Stempeltype ist die Type F. Sie ist aus dem Zeitraum 1911 bis 1925 aus 36 Städten bekannt. (Beispiel aus Brazil, Indiana aus 1911)



Wer aufmerksam mitgelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass die Typen A und B fehlen. Bei diesen beiden Typen sieht der Stempelkopf aus wie bei der gezeigten Type C. Der Killer hat sieben waagerechte Striche, wie bei der Type F. Bei der Type F ist der Abstand der Balken gering, 15mm, bei den Typen A und B gross, 22mm. Bei A sind sie durchgehend, bei B unterbrochen. Die beiden Typen waren bei nicht so vielen Postämtern in Gebrauch und auch nicht für sehr lange. Wenn ich davon mal Anschauungsstücke finde, zeige ich sie gerne noch nachträglich.

Dies war die Vorstellung der Firmengeschichte und der Standardstempel. Für die Machinen, die bei Zweigpostämtern, amerikanisch "Stations" genant, eingesetzt waren, gab es besondere Typen. Ich werde auch davon noch welche zeigen. Ergänzungen werde ich ausserdem noch etwas zu den Doremus Ankunftsstempel und zu Doremus Maschinen ausserhalb der USA. Nach der Schreiberei brauche ich aber jetzt erstmal eine Pause . . .

Wer meint einen Doremus Stempel zu besitzen, ist herzlich eingeladen diesen hier zu zeigen.


 
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