Thema: Rohrpostbelege
Werner Steven (RIP) Am: 11.10.2013 16:13:26 Gelesen: 1115149# 908@  
Postgebühren



1876: Am 1. Dezember 1876 wurde in Berlin das Rohrpostnetz für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Zugelassen waren, außer Telegrammen, Briefe (bis 10 g.) und Karten im Stadtpostverkehr. Diese Sendungen mussten für die cylinderischen Briefbehälter geeignet sein. Geeignete Umschläge und Postkarten mit eingedrucktem Wertzeichen auf hellrotem Papier wurden bereitgehalten. Erhältlich waren die Ganzsachen bei allen hiesigen Post- und Telegraphenämtern, sowie bei den amtlichen Verkaufsstellen. Eine Verpflichtung für die Verwendung bestand nicht, wurde aber dringend angeraten. Eigene Briefumschläge oder Karten waren oben links, deutlich und unterstrichen mir der Bezeichnung “Rohrpost” zu versehen. Im Porto war die Eilzustellgebühr bereits enthalten.

Seit 1. Januar 1877 wurden die Sendungen auch über das Rohrpostnetz hinaus nach außerhalb Berlins weiterbefördert. Solche Sendungen wurden per Boten unmittelbar den betreffenden Bahnposten zugeführt und als gewöhnliche Briefe behandelt. Zum gewöhnlichen Porto für die Sendung kam die Rohrpostgebühr. Bei Eilbriefen fügte das Bahnpostpersonal den Eilbriefzettel bei.

Porto nach Außerhalb:

Briefe bis 10g 10 Pfg. Briefporto + 30 Pfg. Rohrpostgebühr.
Postkarten 5 Pfg. + 25 Pfg. = 30 Pfg.

Seit dem 3. März 1877 konnten Sendungen von außerhalb Berlins zur Beförderung in das Rohrpostnetz aufgegeben werden. Sie waren mit dem Vermerk "Rohrpost" zu versehen. Auch in diesen Fällen war neben der Rohrpostgebühr das übliche Porto zu zahlen. Es war die schnellste Besorgung der Sendungen innerhalb Berlins. Ausserhalb der Dienstzeiten des Rohrpostdienstes wurden dies Sendungen mit Eilboten zugestellt.

Versuchsweise wurden am 12. April 1877 Rohrpostkarten zu 50 Pf eingeführt.

Die Rohrpost-Betriebs-Ordnung von 1885 lag leider nicht vor. Am Porto hat sich aber offensichtlich nichts geändert.

1903 Rohrpostordnung

Eine Rohrpostordnung für Berlin erschien 6. August 1903. Das Briefgewicht war auf 20 g angehoben worden. Der Rohrpostbezirk Berlin umfasste die Bestellbezirke der Postämter in Berlin, Charlottenburg, Friedenau, Halensee, Plötzensee, Nixdorf, Schöneberg, Westend innerhalb des Charlottenburger Gemeindebezirks und Wilmersdorf.

Rohrpostsendungen wurden von der Rohrpostbetriebsstelle, auch die von außerhalb, durch besondere Boten zugestellt. Für Sendungen nach außerhalb konnte eine Eilzustellung, gegen Gebühr, verlangt werden. Als Rohrpostsendungen waren unfrankierte oder unzureichend frankierte Sendungen, Wert-, Einschreib- und Nachnahmesendungen sowie Briefe mit Zustellungsurkunde nicht zugelassen. Bei Sendungen aus dem Briefkasten und bei gewöhnlichen Postanstalten aufgegebenen Rohrpost-Sendungen bestand kein Anspruch auf Beförderung zum Rohrpost-Netz durch Boten. Den zustellenden Boten konnten Rohrpostsendungen kostenfrei mitgegeben werden.

Für Sendungen, die nur streckenweise mit der Rohrpost befördert wurden, wurde neben dem tarifmäßigen Porto eine Gebühr für die Rohrpostbeförderung verlangt.

Für unfrankierte Sendungen wurde ein Zuschlag von 10 Pf. erhoben.

1909 Rohrpostordnung und Änderungen

Nach der Rohrpostordnung für Berlin zum 30. Januar 1909 umfasste der Rohrpostbezirk Berlin die Bestellbezirke der Postämter in Berlin, Charlottenburg, Friedenau, Halensee, Plötzensee, Nixdorf, Schöneberg, Westend, Wilmersdorf sowie a) vom Bestellbezirk des Postamts in Boxhagen-Rummelsburg 1 den Teil innerhalb der Ringbahn, b) vom Bestellbezirk der Postagentur in Treptow bei Berlin die Grundstücke Treptower Chausee 15 bis 18.

Ab 1922 gehörten zum Rohrpostbezirk Berlin alle innerhalb Groß-Berlins aufgelieferten oder nach Großberlin gerichteten Briefe und Postkarten.

Zwischen dem 1. April 1916 und dem 1. Okt. 1919 wurden Rohrpostsendungen mit der Reichsabgabe von 5 Pf. belegt.

Ab 6. Mai 1920 wurde, bei un- oder unzureichend frankierten Rohrpostendungen (außer bei gebührenpflichtigen Dienstbriefe), das doppelte des Fehlbetrages und ein Zuschlag von 10 Pf. erhoben, der zum 1. April 1921 auf 30 Pf. und zum 1. Januar 1922 auf 50 Pfg., für gebührenpflichtigen Dienstbriefe auf 30 Pfg. erhöht wurde.

Inflationszeit

Zur Änderung der Rohrpostgebühren wurde zu 1. April 1921 vermerkt: "Rohrpostbriefe und Rohrpostkarten, die teilweise außerhalb des Rohrpostnetzes zu befördern sind, unterliegen auch im Fernverkehr keiner weiteren Gebühr. Sie sind wie Eilsendungen zu behandeln. In den Gebühren ist die Orts Eilbestellgebühr enthalten. Bei Eilbestellung nach Landorten ohne Postanstalt ist der Mehrbetrag von 1,50 Mark vom Absender zu erheben. Ist die Vorausbezahlung durch den Absender unterblieben, so ist der Unterschied zwischen den Orts-Eilbestellgebühr von 1,50 Mark und den wirklich erwachsenden Botenkosten vom Empfänger einzuziehen."



Seit dem 1. Juli 1922 "richtet sich die Gebühr einer Rohrpostsendung nicht mehr danach, ob die Sendung im Rohrpostbezirk verbleibt, sondern danach, ob sie den Geltungsbereich der Ortsbriefgebühr von Groß-Berlin überschreitet oder nicht. Die Rohrpostsendungen, bei deren Beförderung die Grenzen Groß-Berlins überschritten werden, unterliegen künftig höheren Gebühren als die, die innerhalb Groß Berlins aufgeliefert werden und zuzustellen sind. Die Gebühr für die Eilbestellung im Ortszustellbezirk ist in den Sätzen mit enthalten, für die Zustellung im Landbestellbezirk wird der Unterschied zwischen den Gebührensätzen für die Orts- und für die Land-Zustellung nach der Postordnung erhoben".




Am 1. Juli 1922 wurde in München eine Rohrpost eröffnet, es war Sendungen bis 100g zugelassen.

Vom 1. Oktober 1922 an galt: "Für die Beförderung von Rohrpostsendungen gleicher Art im Ortsbestellbezirk des Bestimmungs-Postortes werden erhoben: die Gebühr für die gewöhnliche Orts- oder Fernbriefsendung nebst der Eilbestellgebühr für eine Briefsendung im Ortszustellbezirk und ein Zuschlag für die Rohrpostbeförderung in Höhe der Gebühr für einen Ortsbrief oder für eine Ortspostkarte/' Oder "a) wenn Aufgabeort und Bestimmungsort innerhalb des Geltungsbereichs der Ortsbriefgebühr von Groß Berlin liegen, für die Rohrpostkarte 1,50+6+1,50= 9 Mark; für den Rohrpostbrief2+6+2 =10 Mark, wenn der Aufgabeort oder der Bestimmungsort außerhalb des Geltungsbereichs der Ortsbriefgebühr von Groß-Berlin liegt, für die Rohrpostkarte 3+6+1,50= 11 Mark, für den Rohrpostbrief 6+6+2 = 14 Mark." Für Postkarten mit Antwort, nur in München möglich, wurde jeweils die doppelte Postkartengebühr erhoben.

Die Rohrpostordnung (RGBI. I. S.303) zum 1. Juli 1923 bestimmte die Gebühren wie folgt: "Für die Beförderung von Rohrpostsendungen und für deren Zustellung im Ortszustellbezirk des Bestimmungs-Postorts werden erhoben:
1. die Gebühr für die gewöhnliche Orts- oder Fernbriefsendung gleicher Art nebst der Eilzustellgebühr für eine Briefsendung im Ortszustellbezirk und
2. ein Zuschlag für die Rohrpostbeförderung in Höhe der Gebühr für einen Ortsbrief gleichen Gewichts oder für eine Ortspostkarte. Für die Zustellung im Landzustellbezirk wird daneben der Unterschied zwischen den Gebührensätzen für die Eilzustellung im Orts- und im Landzustellbezirk nach der Postordnung erhoben. — Rohrpostsendungen werden bei der Beförderung außerhalb der Rohrpostbezirke wie Eilsendungen behandelt."

Seit dem 1. August 1927 war für Rohrpostsendungen, neben dem tarifmäßigen Porto, ein Zuschlag von 10 Pf. und eine Eilzustellgebühr, angegeben als Gesamtgebühr, zu erheben.

April-Juni 1932 — Rohrpostbriefumschläge ohne Freimarkenstempel als Formblätter zu 1 Rpf, ausgegeben

22.08.33 Betriebsdienst (Amtsbl. 77/31.6/1933)

Beförderung gewöhnlicher Briefe mit der Rohrpost zum Abgangsbahnhof. In den Rohrpostbezirken Berlin und München können gewöhnliche Briefsendungen von der Auflieferungs-Postanstalt nach der Bahnhofs-Postanstalt gegen einen Gebührenzuschlag von 10 RPF. mit der Rohrpost befördert werden, damit sie noch Anschluss an die abgehenden Züge erreichen. Die Sendungen tragen den Vermerk "In Berlin (München) durch Rohrpost". Sie werden mit einem Rohrpostleitvermerk versehene, d.h. mit der mit Rotstift niedergeschriebenen Nummer des für die Weiterbeförderung zuständigen Bahnhofs-PA, z.B. 40 für das Berliner Bahnhofs PA NW 40. Diese rot ausgeworfene Zahl ist, auch wenn sie nicht durchgestrichen ist, nicht als Nachgebühransatz anzusehen.

Seit dem 22. August 1933 konnten gewöhnliche Briefsendungen mit der Rohrpost in Berlin oder München befördert werden um den Anschluss an eine Bahnpost zu erreichen, Zuschlag 10 Pf..

15.07.1938
Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Postordnung (RGB 1, S. 881 — Amtsbl 77/273/38) [“Betrifft nicht das Land Österreich”, so das Gesetzblatt, im Amtsblatt findet sich dieser Hinweis nicht.]

Auf Grund des § 4 des Gesetzes zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung vom 27. Februar 1934 (RGB I, S. 130) verordne ich:

Artikel I Der Abschnitt II und III (§§ 52 bis 65 [Beförderungsdienst]) der Postordnung vom 30. Januar 1929 (RGB I, S. 33) werden aufgehoben. An Ihre Stelle treten folgende Bestimmungen “§ 52 Rohrpostsendungen, § 53 Luftpostsendungen und Abschnitt II Postreisedienst”. Damit werden Rohrpost- und Luftpostsendungen in die Postordnung aufgenommen. Der Reisedienst wird neu geordnet.

Artikel III
Die Verordnung tritt am 15. Juli 1938 in Kraft. Gleichzeitig wird die Rohrpostordnung vom 30. Mai 1923 (Reichsgesetzblatt I S. 303) aufgehoben
Der Absatz V befasst sich mit der Gebühr: " V. Für Rohrpostsendungen wird neben den sonstigen Gebühren ein Rohrpostzuschlag.erhoben. Soll die Sendung dem Empfänger durch Eilboten zugestellt werden, so ist auch die Eilzustellgebühr (§ 24) zu entrichten."

Bei dem “Gesetz über Postgebühren”, den “Gebührenänderungen im Postverkehr mit dem Ausland” und in der “Verordnung zur Änderungen der Rohrpostordnung” ist der Text fast immer gleich, es macht also wenig Sinn diese Texte zu wiederholen. Die Gebühren sind in der “Gebührenübersicht” dargestellt. Wie bei der Postordnung werden daher die Änderungen in den entsprechenden Text eingearbeitet.

Seit dem 1. August 1938 gilt dies auch im besetzten und annektierten Österreich für die Rohrpost in Wien.

Nachkriegstdeutschland

Der Rohrpostdienst wurde nach der Kapitulation Deutschlands am 1. Juni 1945 nicht wieder aufgenommen. Am 1. März 1949 wurde in Ersatz in Berlin der Postschnelldienst eingeführt. Zugelassen waren gewöhnliche Briefe und Päckchen bis 2 kg an Empfänger in Westberlin.

Als am 1. Dezember 1951 der "Postschnelldienst" durch den "Rohrpostschnelldienst" abgelöst wurde betrug das Höchstgewicht 100g. Der Versand von Päckchen war ausgeschlossen.

Für eilige Päckchen standen seit dem 16. April 1951 Orts-Eilboten bereit" [G. Steinbock]

Die Amtsblätter berichten von der Wiederaufnahme in München am 1. April 1953 und der, zunächst versuchsweisen, Aufnahme am 19. Mai 1953 in Berlin. Der Rohrpostzuschlag war mit 15 Pf. angegeben.

In einer Verordnung vom 22. Juni 1954 lesen wir, dass Massendrucksachen nicht durch Rohrpost befördert werden dürfen.

In der Postordnung vom 1.März 1963 war die Sendungsarten "Rohrpostsendungen" nicht mehr enthalten.

Möchtet ihr die Abschriften der einzelnen Ver- und Ordnungen etc?
 
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