Thema: Württemberger Nachbarorts- und Oberamtsverkehr bis 1919
wuerttemberger Am: 05.11.2013 20:00:30 Gelesen: 16893# 7@  
@ bekaerr [#1]

Hintergrund: Die Postrechte des Königreichs Württembergs gingen erst 1920 auf die Reichspost über. Dennoch verzichtete die Königl. Württembergische Post ab 1902 - anders als die Königl. Bayerische Post - ab 1902 auf die Herausgabe eigener Briefmarken und benutzte Reichspostmarken. (Ob diese eigentlich als württembergische Marken betrachtet werden müssten, da sie ja von der württembergischen Post verkauft wurden, ist eine andere Frage)

Die Formulierung ist zu ungenau und deswegen kommt es immer wieder zu Mißverständnissen. Genau heißt es: Übereinkommen zwischen der Kaiserlich Deutschen Reichs-Postverwaltung und der Königlich Württembergischen Postverwaltung betreffend Einführung gemeinsamer Postwertzeichen. Die Betonung liegt auf "gemeinsamer Postwertzeichen". Das mag zwar spitzfindig sein hat aber schon so manche Verwirrung erzeugt. Immer wieder kann man in der Literatur lesen, dass Württemberg damit sein Postregal aufgeben hätte. Nein, hat es nicht! Damit ist die Frage, ob die Germaniamarken auch württembergische Marken sind klar zu beantworten. Ja, das sind auch württembergische Freimarken! Die Einführung war vor allem auch auf Initiative der württembergischen Geschäftswelt betrieben worden, weil früher kleinere Beträge oft mit Briefmarken beglichen wurden. Auch der Verkehr mit dem Ausland sollte damit erleichtert werden.

Leider trägt die chaotische Katalogisierung des Schwaneberger Verlages zu diesen Mißverständnissen bei. Bei den Dienstmarken kann man bis 1920 mit der Katalogisierung noch leben, doch dann fängt das Chaos an: Die Überdruckausgaben "Deutsches Reich" sind unter den Dienstmarken des Deutschen Reiches katalogisiert. Auch die Ganzsachen zu je 10 Pfennig (DP 11 und DP 14) mit dem Überdruck sind unter Dienstganzsachen Deutsches Reich katalogisiert. Die darauffolgenden Dienstganzsachen zu 30 und 125 Pfennig DP 12 und 13 ohne den Überdruck "Deutsches Reich" sind logischerweise auch dort katalogisiert. Nur bei den Dienstmarken ohne Überdruck hat man diese wieder unter Württemberg katalogisiert, was postgeschichtlich einer Geisterfahrt gleichkommt. Diesen Mangel hat schon ein bekannter Händler - Dr. Hederer aus Lorch - in einer Preisliste von ca. 1930! moniert und den Senfkatalog und einige Albenhersteller ob ihrer richtigen Zuordnung gelobt, aber der Schwanebergerverlag behilft sich schon seit Jahrzehnten diesen Unfug als eine Art "Tradition" darzustellen. Man merkt eben hier, dass dies ursprünglich eine einfache Preisliste war.

Bei den Freimarken merkt man das Chaos erst bei den Ganzsachen, denn eine Katalogisierung der Germaniamarken bei Württemberg gibt es nicht. Es gibt einige Ganzsachen, die wurden nur von Württemberg herausgegeben und auch nur dort verwendet. Ein "schönes" Beipsiel ist die P 76 2 Pfennig Postkarte von 1908 für den Orts- und Nachbarortsverkehr. 1908 existierte diese Portostufe bei der Reichspost schon längst nicht mehr und eine Ausgabe hätte dort keinen Sinn gemacht. Die Karte wurde also von Württemberg ausgegeben und auch dort verwendet. Genau gleich verhält es sich mit den folgenden Karten zu 3 und 5½ Pfennig Ortsverkehr.

Ein anderes Beispiel sind die Postanweisungsumschläge. Diese waren nur innerhalb Württembergs gültig und können somit auch nur von Württemberg herausgegeben worden sein. Groteskerweise steht das auch noch auf den Umschlägen drauf "Postanweisung für den Verkehr innerhalb Württembergs", aber das hält die Redaktion nicht davon ab sie unter "Deutsches Reich" zu katalogisieren. Immerhin wurden die Nummern (AU47 bis AU51) beibehalten, denn sie waren ja schon einmal unter Württemberg geführt. :-(

Gruß

wuerttemberger
 
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