Thema: Philatelie in der Presse - Aus den Vereinen
Richard Am: 06.07.2008 10:31:32 Gelesen: 1201946# 41@  
Ansichtskarten: Zeitgeschichte ohne Ende

Von Manfred Meis

Rheinische Post, Nettetal (05.07.08) - Ansichtskarten sind ein Spiegel ihrer Zeit: Erwin Zimmermann erzählte Geschichten hinter sehr alten Bildern beim Briefmarkensammlerverein Phila Kaldenkirchen. Gesammelt wurden anfangs Karten, nicht Briefmarken.

Obwohl er gut 500 Postkarten in seinen Kästen hat, sei er eigentlich kein „Sammler“, bemerkte Erwin Zimmermann. Sein Interesse gilt in erster Linie den Briefmarken. Doch wenn der Philatelist aus Breyell auf eine interessante Karte „aus der Zeit vor hundert und mehr Jahren“ stößt, greift er zu und versucht Geschichten zu ergründen, die sich hinter Zeichnungen und Bildern verbergen. Einige erzählte er den Freunden im Briefmarkensammlerverein Phila 68 in Kaldenkirchen.

Doch vorher wurde er grundsätzlich und definierte die Postkarte, die zunächst Korrespondenzkarte hieß und in Österreich erfunden wurde, als ein rechteckiges Steifpapier, auf dem Mitteilungen ohne Umschlag versandt wurden. Eine Seite war früher meist der Anschrift vorbehalten. Das änderte sich mit dem Aufkommen der Ansichtskarte, die zunächst aber auch nur teilweise bebildert war, um noch Platz für einen Gruß zu lassen.

Nicht erfasst

„Früher sammelte man Ansichtskarten und nicht Briefmarken, das kam erst später“, hatte Zimmermann herausgefunden. Das Sammelgebiet ist unendlich, weil es keine Kataloge gibt, in denen sämtliche Karten erfasst worden sind. Und deshalb kann es noch zu unverhofften Entdeckungen kommen, wenn Haushalte nach dem Tod sehr alter Damen und Herrn aufgelöst werden. Daran sind vor allem „Heimatsammler“ interessiert, zu denen unter den Zuhörern etwa Leo Peters (Kaldenkirchen) und Reinhold Döbler (Lobberich) gehörten. Zimmermann hatte Beispiele aus Düsseldorf, Erfurt und Essen: Hier wurde der „Gruß aus Essen“ aus dem Rohr einer Kanone herausgeschossen; die „dicke Berta“ von Krupp ließ grüßen.

Ein „heftiges Beispiel für frühe Judenfeindlichkeit“ war für Zimmermann eine Karte mit Geburtstagsgrüßen aus Frankfurt, das hier „Neu-Jerusalem am fränkischen Jordan“ hieß. Natürlich wurden früher Geburtstage, Verlobungen und Hochzeiten von Kaisern, Königen und Kronprinzen mit Karten gefeiert ebenso wie Gedenktage an siegreiche Schlachten. Das Deutsche Reich ließ vor allem seine Flotte postalisch auffahren: Da brachte eine Torpedoboot-Division die Wellen auf dem Rhein in Wallung. Hurra-Patriotismus gab es auch anderswo: „Ich habe ähnliche Karten aus der Schweiz“, so Zimmermann.

An eine technische Glanzleistung erinnerte eine Karte aus Deutsch-Ostafrika, die das Motorschiff „Hermann von Wissmann“ auf dem Nyassasee zeigte. Er wurde in der Meyer-Werft in Papenburg gebaut, anschließend zerlegt und in hunderten Kisten mit dem Schiff nach Daressalam und dann mit der Eisenbahn zum Nyassasee transportiert. Während des Ersten Weltkrieges war es eingefettet versenkt worden, wurde nachher wieder gehoben und instand gesetzt. „Es fährt heute noch“, hat Zimmermann kürzlich gelesen.

(Quelle: http://www.rp-online.de/public/article/viersen/586393/Zeitgeschichte-ohne-Ende.html)
 
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