Thema: Harald Rauhut: Eine Auktion richtig vorbereiten, als Verkäufer und als Käufer
taro Am: 02.02.2014 12:32:22 Gelesen: 10723# 4@  
Hier nun der erste Teil des Transkripts des Vortrags von Harald Rauhut:

------------------------

Auktionen - gewusst wie ...

Dies können wir direkt in zwei verschiedene Teile trennen:

• Der Auktionskäufer
• und der Verkäufer, sogenannter Einlieferer.

Beginnen wir mit dem natürlichen Kreislauf, man beginnt als Käufer. Ich weiß ja auch, dass eine ganze Menge von Ihnen bereits bei mir Kunden sind, die ich schon mal gesehen habe. Sie kennen das möglicherweise in Teilen schon, aber wir fangen einfach mal mit dem Basiswissen an.

Die Wahl des richtigen Auktionshauses hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Was suche ich?
Möchte ich die Auktion persönlich besuchen?
Hat der Auktionator ein auf mich zugeschnittenes Spezialangebot?

Am einfachsten ist die Wahl eines Auktionshauses in räumlicher Nähe. Sie bestellen einen Auktionskatalog, dieser ist meist kostenlos erhältlich, studieren, ob etwas für Sie dabei ist, und können dann während der im Katalog veröffentlichten Besichtigungszeiten persönlich alle Sie interessierenden Lose besichtigen.

Lose: der Begriff hat nichts mit dem bekannten Glücksspiel zu tun, sondern so bezeichnet man die einzelnen Positionen, die zur Versteigerung gelangen. Es kann sich um eine Einzelmarke handeln, um eine Serie, aber auch um eine ganze Sammlung oder einen kompletten Nachlass. Alle diese Positionen sind im Auktionskatalog durchnummeriert und diese Positionen bezeichnet man als Los und die Nummern eben als „Losnummern".

Wenn Sie diese Lose besichtigt haben, und entscheiden, an der Auktion persönlich teilzunehmen, gilt es, abzuwägen, welche Lose man zu welchem Preis erwerben möchte.

Machen Sie sich eine Präferenz-Liste: bei Losen, die Sie unbedingt haben möchten, kalkulieren Sie etwas großzügiger, bei anderen setzen Sie sich ein strenges Limit um nicht in der Auktionshektik dazu verführt zu werden zu viel Geld auszugeben und das hinterher zu bereuen, und vermerken dieses Limit dann auf Ihrem persönlichen Auktions-Notiz-Zettel oder im Auktionskatalog.

Die Auktion beginnt, der Auktionator ruft die Lose auf, einzeln oder auch manchmal in „Zehnerblocks", damit es schneller geht und Sie nicht Ihren Jahresurlaub für den Besuch einer Auktion einplanen müssen.

Wenn ein Los Ihr Wunschlos ist, gilt es, mitzubieten, bis Ihr persönliches Limit erreicht ist.

Das große "Aber": der Zuschlagspreis ist nicht der tatsächliche Kaufpreis. Bitte berücksichtigen Sie die sogenannten "Aufgelder" und die Mehrwertsteuerregelungen, das ist das, was der Auktionator von Ihnen noch zusätzlich erhält. Meist wird auf den Zuschlagspreis eine Kommission von 15-20% erhoben, ausländische Kollegen haben teilweise auch schon bis 25 % an Aufgeldern. Einige Auktionatoren berechnen auf den gesamten Preis Mehrwertsteuer. Manchmal sind diese Lose auch nur mit einem Kreuzchen oder einem Kreis im Auktionskatalog bezeichnet – Sie müssen berücksichtigen: Ab dem 01.01.2014 hat sich die Mehrwertsteuer vom bisher ermäßigten Satz von 7 % auf sympathische 19 % erhöht. D.h. wenn Sie ein Los für 100 € kaufen + 20 % Zuschlag und dann kommen nochmal 19 % Mehrwertsteuer auf das Ganze drauf sind Sie bei 143 € Zuschlag – das ist schon ein Faktor, den Sie unbedingt berücksichtigen müssen.

Die meisten Auktionatoren verkaufen aber nicht mehr in eigenem Namen und für eigene Rechnung, sondern verkaufen als Vermittler. In diesem Falle fällt, wie bei einem Häusermakler auch, nur auf die Vermittlungsprovision die Mehrwertsteuer an.

D.h. Sie bezahlen 100 € Zuschlag, haben dann nochmal 20 % Aufgeld (als Rechenbeispiel) und nur auf diese 20 % Zahlen Sie dann die Mehrwertsteuer, sodass Sie das Los dann im Endeffekt 124 € bei 100 € Zuschlag kostet, also unvergleichlich preiswerter ist als bei der ersten Variante.

Zwischenfrage: Das heißt aber dann, dass Sie keine Eigenware verkaufen?!

„Die“ verkaufen dann für fremden Namen und fremde Rechnung, genau, also keinerlei Eigenware im versteigerungsrechtlichen Sinne. Ich will natürlich nicht verhehlen, dass sehr viele Auktionatoren auch Eigenware verkaufen, aber diese dann über eine möglicherweise zweite Firma, die die Einlieferung vornimmt. Doch versteigerungsrechtlich darf man entweder im eigenen Namen verkaufen, dann kann das Haus auch selber Ware besitzen, oder im fremden Namen.
Jedenfalls ist die Vermittlung die für den Käufer wirtschaftlich günstigste Variante.


All dies steht in den Versteigerungsbedingungen, die Sie im jeweiligen Auktionskatalog abgedruckt finden. Es empfiehlt sich, dies vorher genau zu lesen. Als "Faustregel" gilt: Ein Viertel mehr als der Zuschlag ist der Endpreis.

Wenn Sie etwas ersteigern, sollten Sie ein paar wichtige Grundregeln berücksichtigen:

1. Kaufen Sie bei einem bekannten, renommierten Auktionshaus. Achten Sie auf die Mitgliedschaft im BDB und APHV.

Wenn Sie zufällig die neue Zeitschrift Philatelie gelesen haben, dort ist sehr interessanter Artikel von Lars Böttger über Entwicklungen im Handel und bei Auktionshäusern[1]. Das was er da geschrieben hat ist kein Einzelfall. Es gibt halt eben sehr viele Scharlatane, die keine Hemmungen haben, verfälschtes, nachgummiertes Material zu verkaufen und wenn sie jemand einem der Berufsverbände angeschlossen hat, muss er einen Ehrenkodex unterzeichnen und sich verpflichten, so etwas nicht zu machen.

2. Kaufen Sie teure Marken, erst recht fälschungsgefährdete, nur geprüft, oder unter Prüfvorbehalt und lassen selber nachprüfen.

3. Fangen Sie nicht mit den teuersten Marken an. Lehrgeld bezahlt jeder und dies sollte man lieber im unteren Preissegment hinnehmen. Außerdem ist es bei einem neuen Sammelgebiet wichtig, ein "Gefühl zu bekommen". Dies kann man am besten, wenn man umfangreichere Partien und Sammlungen zu einem geringen Prozentsatz vom Katalogwert erwirbt.

Ich habe gerade linke Hand hier gesehen, sie haben Germania getauscht, das ist jetzt zum Beispiel ein sehr interessantes Gebiet aufgrund der vielen Farben. Wenn man ein bisschen Gefühl bekommen möchte – was ist selten, was ist nicht selten – es gibt ja auf Auktionen Germania Dublettenpartien die mit Tausenden von Marken und zu Bruchteilen des Katalogwertes angeboten werden. Das ist eine gute Gelegenheit zum Beispiel in solch ein Bereich einzusteigen. Man bekommt ein Gefühl und wenn man eine Farbe gefunden hat, die man unter vielen Tausend Marken nicht ein einziges Mal gesehen hat, dann kann man sich überlegen, ob es sich nicht lohnt, die gelegentlich mal einem Prüfer zuzusenden.

4. Vertrauen Sie nicht blindlings "Prüfungen". Der Begriff "Prüfer" ist nicht gesetzlich geschützt. Jeder darf prüfen! Man muss keine Prüfausbildung haben, nicht – jeder darf ein Attest für eine Marke die grün ist ausstellen in dem er schreibt: „Meiner Meinung nach ist die Marke blau“.

Es gibt zahlreiche honorige und längst verstorbene Prüfer wie Walter Engel, Franz Pfenninger, Horst Krause, Bothe, deren Urteile auch heute meist noch Bestand. Eine kompetent vorgeprüfte Marke hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, auch ein neues Attest zu erhalten.

Andere Prüfer wiederum, z.B. Georg Bühler, dessen Prüfzeichen in den letzten Jahren seines Lebens von jemand anderem verwaltet worden ist, Richter, Müller-Mark, Dub, hatten zwar ein enormes Fachwissen, aber hier änderte sich die Prüfqualität im Laufe ihres Lebens und eine Nachprüfung ist sehr empfehlenswert.

Es gibt Atteste zum Beispiel von Georg Bühler, die noch nach seinem Tode ausgestellt worden sind, also ein wahres Wunder und wenn Sie Atteste von Georg Bühler von 1997, 1998 oder gar von 1999 haben – der Mann war da schon Tot.
Hüten Sie sich vor neueren Attesten irgendwelcher ausländischer Prüfstellen. Es soll bei solchen "Attesten" auch schon vorgekommen sein, dass ein "halbes Brathähnchen gesundgeschrieben worden ist"! Verlässlich sind die Prüfer des Deutschen Prüferverbandes BPP (Prüfkosten ca. 3-4% vom Michel).

5. Saalbieter können übrigens in der Regel nur "versteckte", aber nicht klar erkennbare Mängel reklamieren.

6. Eine weitere Möglichkeit, sich über Lose zu informieren, sind Ansichtssendungen (bei Einzellosen) und Kopien. Zudem sind die Lose meist auch im Internet abgebildet, vielfach sind heutzutage auch schon ganze Sammlungen eingescannt und digital verfügbar.

Diese Prämissen gelten natürlich auch, wenn Sie nicht persönlich an einer Auktion teilnehmen, sondern schriftlich bieten.

Dies ist die zweite Möglichkeit der Auktionsteilnahme:

Sie beauftragen den Auktionator, mittels eines schriftlichen Gebotes, per Fax, brieflich oder per email, Sie zu vertreten und für Sie interessewahrend mitzusteigern. Der Auktionator vertritt Sie dann so, als wären Sie persönlich anwesend. Auch hier werden die gleichen Gebühren im Zuschlagsfalle erhoben. Allerdings sollten Sie zusätzlich einige Aspekte berücksichtigen, wenn Sie die Lose nicht vorher besichtigen können:

• Bevor Sie bei einem Auktionator Lose für 1.000,- Euro oder mehr zum 10fachen des Schätzpreises bieten, testen Sie erst an kleineren Losen, ob Ihre Gebote wirklich interessewahrend ausgeführt werden.

• Einzellose, die wider Erwarten nicht in Ordnung sind, können Sie innerhalb der in den Versteigerungsbedingungen aufgeführten Fristen zurückgeben. Bitte beachten Sie diese Fristen. Melden Sie eventuelle Prüfungen oder Nachprüfungen schriftlich an.

• Sammellose können nicht reklamiert werden. Wenn Sie ein solches Los erwerben, sollten Sie wissen, was Sie kaufen oder umgekehrt: Kaufen Sei ein Sammellos nicht unbesichtigt.

• Auch eine oft monatelang dauernde Nachprüfung entbindet Sie nicht von der Pflicht der Rechnungszahlung. Der Auktionator muss auch seine Einlieferer fristgerecht ausbezahlen.

• Berücksichtigen Sie beim Versand die Portokosten, z.B. bei größeren Posten. Wir hatten mal einen Sammler aus der Schweiz, der bei uns 300 kg alte Auktionskataloge, die wir gegen Gebot versteigerten, ersteigert hatte. Da waren die Portokosten theoretisch, wenn er es nicht abgeholt hätte, 800 € - im Verhältnis zu den hiesigen Zuschlägen war das ein eklatanter Faktor, gerade wenn Sie bei ausländischen Kollegen kaufen.

• Vergewissern Sie sich, dass der Auktionator den Versand versichert.

Schließlich gibt es noch einen dritten Weg, sich an einer Auktion zu beteiligen:

Sie bedienen sich eines Kommissionärs, der gegen eine geringe Gebühr, im einstelligen Prozentbereich, Ihre Interessen vertritt, Ihre Gebote ausführt und gelegentlich auch Sammellose für Sie besichtigt.

Auktionshäuser lassen in der Regel im Saal Untergebote von bis zu 10% zu, wenn ein Los nicht anderweitig beboten ist. Eine persönliche Auktionsteilnahme oder die Nutzung eines Kommissionärs kann Ihnen eine Ersparnis bringen. Anschriften von Kommissionären erfahren Sie über die jeweiligen Auktionshäuser.

Etliche Firmen bieten als vierten Weg der Auktionsteilnahme an, sich "Live" via Internet in die Auktion einzuschalten und per "Mouse-Klick" mitzubieten. Auch hier gelten individuelle Grundbedingungen, z.B. ein "Einkaufs-Maximal-Betrag", über den Sie sich vorher beim Auktionshaus informieren sollten.

Da eine Auktionsbeteiligung via Internet zum Nachteil der persönlich anwesenden Personen die Auktionen deutlich verlangsamt, halten viele Firmen jedoch davon noch Abstand, bieten aber zumindest die Möglichkeit, die Auktion via "Live-Stream" im Internet zu verfolgen.

Sicherlich sind mit diesen Ausführungen zur Käuferseite nicht alle Themen abgehandelt und Fragen geklärt. Generell hilfreich ist es, den Vorspann der jeweiligen Auktionskataloge genau zu studieren, hier finden sich wichtige Hinweise, Versteigerungsbedingungen, Gebotsfristen, unter Umständen Kommissionärs-Adressen und vieles mehr.

Ansonsten gilt: einfach den Auktionator fragen oder einfach nur so "Auktionsluft schnuppern", ohne zu kaufen, um ein Gefühl für die Abläufe zu bekommen.

Soweit die Käuferseite.

------------------------

Die Verkäuferseite kommt dann morgen :)

[1] Augen auf beim Briefmarken-Kauf: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, Philatelie, Ausgabe 440, Februar 2014, Seite 24 - 25
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/6342
https://www.philaseiten.de/beitrag/80100