Thema: Schwaneberger: Sind die Michel Kataloge zu teuer ?
Cantus Am: 16.02.2014 22:09:21 Gelesen: 21748# 15@  
@ Holzinger [#13]

Hallo,

grundsätzlich ist nichts verwerfliches darin zu sehen, Kataloge auch als digitales Erzeugnis zu vermarkten, dem aber den Vorrang zu geben halte ich für verfehlt. Die Masse der heutigen Sammler sind keine Internet- oder Computernutzer, sondern sammeln weiterhin im "stillen Kämmerlein", gehen zu ihren Vereinsabenden, tauschen nach gedruckten Katalogen und besuchen ab und zu ihren Briefmarkenhändler, Börsen oder Messen, um an neues Material zu kommen. Es ist schlichtweg ein Irrglaube anzunehmen, alle diese Sammler würden ihre althergebrachten Gewohnheiten aufgeben, um sich zukünftig beim Sammeln vorrangig auf Informationen aus dem Internet oder auch aus ihrem PC zu stützen, wenn sie denn überhaupt einen besitzen.

Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Sammlern oder auch Philatelisten, denen ihr PC oder das Internet zur Gewohnheit geworden sind und die diese Möglichkeit der Informationsvermehrung oder der Kontaktpflege nicht mehr missen wollen, ihre Zahl ist aber hinsichtlich der gesamten Sammlerschaft immer noch sehr klein. Wenn nun ein Verlag sich auf den Umsatz mit so einer kleinen digital orientierten Minderheit konzentrieren müsste, könnte er das Verlagsgeschäft angesichts des riesigen Volumens, das es da zu verwalten und zu organisieren gibt, gleich aufgeben. Dieses umso mehr, als viele fortgeschrittene Sammler in ihren jeweiligen Teilgebieten nach immer großfächigerer Spezialisierung verlangen.

Es ist ja bereits heute so, dass man z.B. bei Michel für einen kleinen monatlichen Betrag über's Internet auf Katalogdaten des Verlages zugreifen kann, das bringt mir aber z.B. nichts, denn ich brauche stets den gesamten Überblick, und dafür sind Druckwerke einfach besser geeignet.

Die oben gestellte Frage "Sind Michel-Kataloge zu teuer" ist meines Erachtens falsch formuliert. Davor müsste doch erst einmal gefragt werden, ob man denn ständig neue Kataloge braucht. Wenn nur alle drei bis zehn Jahre zu einem bestimmten Gebiet überhaupt ein Katalog benötigt wird, der auch alle Neuerungen listet, dann relativiert sich die Preisfrage recht schnell. Nun ist das leider so, dass viele sich an irgendwelche Katalogpreise klammern und dem falschen Glauben anhängen, das ließe sich dann als Wert ihrer Sammlung definieren, ohne zu bedenken, dass alle Katalogpreise nur Anhaltspunkte für die Bewertung unterschiedlichster philatelistischer Gegenstände sein können und sich letztlich an Angebot und Nachfrage im Handel oder bei Auktionen orientieren.

Um den unterschiedlichen Sammleranforderungen Rechnung zu tragen, ist Michel bei der Erstellung der Ganzsachenkataloge für West- und Mitteleuropa einen neuen Weg gegangen. Hier gibt es nun einen (gedruckten) Katalog für alle Ausgaben bis 1960 und einen zweiten Katalog für die Ausgaben danach bis in die heutige Zeit. Wer also nur Klassik sammelt, braucht auch nur einen der beiden in mehrjährigem Abstand erscheinenden Kataloge zu erwerben, spart damit Kosten und hat dennoch einen weitestgehenden Überblick über alle Ausgaben bis zum Jahr 1960.

So einen Ansatz könnte ich mir grundsätzlich auch bei Briefmarkenkatalogen vorstellen, wobei man hier wegen der immer wieder anzutreffenden Ausgabenflut durchaus auch eine Dreiteilung vornehmen könnte, z.B. Klassik bis Ende des 2. Weltkriegs, dann der Zeitraum bis zum Jahr 2000 und in einem regelmäßig jährlich zu aktualisierenden kleinen Katalogteil die Zeit danach. So könnte man die Kosten für die Durchschnittssammler überschaubar halten, denn nicht jeder ist so wie ich grundsätzlich an allen Briefmarken, an allen frankierten Belegen und an allen Ganzsachen der ganzen Welt interessiert, was natürlich eine etwas umfangreichere Bibliothek erfordert.

Um nun die eingangs gestellte Frage zu beantworten "Sind Michel-Kataloge zu teuer", kann ich weder mit ja noch mit nein stimmen. Ich bin der Meinung, dass die Kataloge für das, was sie insbesondere im überseeischen Bereich an Informationen und Abbildungen bereithalten, keineswegs zu teuer sind, aber auch die Europa-Kataloge sind durchaus ihren Preis wert. Dafür erwerbe ich die Europa-Kataloge im Schnitt nur alle sieben bis zehn Jahre, die Kataloge der außereuropäischen Staaten und Gebiete nur etwa alle zwanzig Jahre oder kaufe gebrauchte Exemplare preisgünstig ein. Und wenn es hier eine zeitliche Katalogteilung gäbe, dann würde sich möglicherweise für mich eine Neuanschaffung völlig erübrigen, was aber sicher nicht im Interesse des Verlages läge.

Sicher, wer nur deutsche Sammelgebiete pflegt und meint, unbedingt ständig neue Kataloge zu benötigen (was ich als unsinnig empfinde), der hat möglicherweise Probleme mit dem Preis z.B. eines Deutschland-Briefmarken-Kataloges, aber mit etwas veränderten Gewohnheiten bei der Katalognutzung und -auswertung dürfte sich dieses Problem recht schnell aus der Welt schaffen lassen.

Viele Grüße
Ingo
 
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