Thema: Harald Rauhut: Eine Auktion richtig vorbereiten, als Verkäufer und als Käufer
taro Am: 06.04.2014 11:21:31 Gelesen: 10219# 8@  
Hier nun der zweite Teil:
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Wenn Sie nun ein ganzen Leben gesammelt haben, oder aber "mit einem Gebiet fertig sind", lernen Sie die andere Seite der Auktionen kennen, die Verkäufer-Seite. Diese nennt man Einlieferer.

Auch hier gilt es, im Vorfeld abzuklären, wer der richtige Auktionspartner ist:

• Hat das Auktionshaus einen guten Ruf, gute Referenzen und Tradition, kennt es sich mit der Materie aus? Am einfachsten ist es natürlich, wenn man schon als Käufer positive Erfahrungen gemacht hat. Das heißt wenn man ein Gebiet spezialisiert zum Beispiel gesammelt hat und hat viel über ein Auktionshaus X gekauft, weil es dieses Gebiet auch immer spezialisiert anbietet, dann ist es unter Umständen nicht verkehrt, sich diesen Kollegen auch wieder als Verkäufer auszusuchen.

Beispielsweise gibt es einen Kollegen in Düsseldorf, der macht über Jahre hinweg sehr erfolgreich Zeppelin- und Flugpostauktionen, da sind Sie sicherlich zum Beispiel besser aufgehoben als bei mir. Andere Bereiche wie zum Beispiel Altdeutschland wäre vielleicht eine Überlegung, ob diese bei mir nicht besser aufgehoben sind.

• Wann findet eine Auktion statt? Brauche ich schnell Geld? Nehme ich eventuell einen Kollegen, der in unmittelbarer zeitlicher Nähe eine Auktion macht oder habe ich Zeit zu warten? Da sollte man sich auch vorher informieren.

• Dann natürlich – wenn Sie teure Sammlungen haben - wie werden die Sammlungen bzw. die Einzelstücke optisch präsentiert und beworben? Wenn Sie ein Auktionskatalog haben, bei dem die ganzen Abbildungen auf 50 % verkleinert oder gar schwarz-weiß sind, dann kommt natürlich die Schönheit der Stücke nicht so zur Geltung, als wie wenn der Katalog komplett farbig ist und die Stücke eins zu eins abgebildet werden.

• Kann der Auktionator das Thema auch mit dem richtigen Fachwissen bearbeiten? Auch da gilt, wenn man jetzt zum Beispiel eine Nepalsammlung hat, da wird jetzt nicht jeder Auktionator in Deutschland mit einer Nepalsammlung inhaltlich glücklich werden.

• Gibt es ein überzeugendes Verkaufskonzept: lieber einzeln oder lieber als komplette Sammlung anbieten? Ist die Sammlung breit gefächert und spricht man mit der Auflösung einen großen Interessentenkreis (= viele Bieter = hohe Preise) an, wird man diese detaillieren. Ist umgekehrt der Interessenten kreis sehr klein, weil vielleicht nur ein weiterer Sammler existiert wie z.B. bei einer Heimat-Sammlung, oder gibt es nur wenige Spitzenstücke, aber viele kleinere Stücke, ist ein Komplettangebot unter Umständen weitaus sinnvoller.

Um nochmal auf das Gebiet Germania zurückzukommen: Wenn Sie eine schöne Germaniasammlung haben, die kann man bedenkenlos vereinzeln, weil sie ganz viele Interessenten ansprechen: Den Deutsches Reich-Sammler, den Germaniaspezialsammler, den Deutschland-Generalsammler – eine Germaniasammlung wird völlig unkompliziert zu verkaufen sein. Wenn Sie aber beispielsweise eine Montenegro-Sammlung fortgeschritten haben, dann wird es wieder schwieriger, dann gibt es nur wenige Sammler, die bereit sind, auch für Spitzenstücke sehr viel Geld auszugeben, also lässt man unter Umständen eine solche Sammlung zusammen.

• Wie hoch ist die Provision? Gibt es Nebenkosten? Gibt es Rücklos-Kosten? Fällt Mehrwertsteuer auf die Provision an? Oder gibt es eine „All-lnclusive“-Provision?

• Was passiert mit eventuell unverkauften Losen, sogenannten Rücklosen? Bekomme ich die automatisch wieder zurück oder bietet der Auktionator sie noch ein weiteres mal an?

• Ist die Einlieferung - möglicherweise schon auf dem Postwege - voll versichert? Wenn ich eine Einlieferung übergebe, ist eine Einlieferung ab Übergabe Auktionator versichert oder wenn der Auktionator eine Einlieferung abholt ist sie ab Übergabe im Hause schon versichert. Das ist ein wichtiger Faktor.

• Und ganz wichtig: Wie schnell nach der Auktion wird der Erlös ausbezahlt? Üblich sind 5-6 Wochen nach der Auktion, in einigen Fällen auch 8 Wochen. Alles, was darüber hinaus geht, sollte bei Ihnen zur Frage führen: Warum eigentlich?

Sind all diese Fragen beantwortet, kommen wir zur Einlieferung:

Will man eine umfangreiche Spezialsammlung, unter Umständen auch sehr hochpreisig, detaillieren, hat es sich bewährt, über „Testeinlieferunqen" festzustellen, ob der Auktionator eine vernünftige Verkaufsquote hat und alles kaufmännisch korrekt abwickelt. Bevor Sie also jemandem, den Sie überhaupt nicht kennen, für 200.000 Euro Ware anvertrauen, können Sie ihm lieber erstmal für 10.000 Euro Ware geben – das ist nämlich auch schon eine schöne Einlieferung – und sich anschauen: Was macht der damit. Eine gut vorbereitete Einlieferung, mit genauer Aufstellung, Michel-Nummern, Katalogwerten und bei Sammlungen Beschreibungen zumindest der besseren Werte und möglicherweise auch mit Anregungen, erfreut jeden Auktionator, weil Bearbeitung und Kontrolle leichter sind. Auch der Einlieferer hat einen besseren Überblick und Kontrollmöglichkeiten.

Etwas schwieriger sind dagegen feste Preisvorstellungen, sogenannte "Limite", da gehen die Vorstellungen zwischen dem Auktionator und dem Sammler sehr, sehr häufig weit auseinander. Bei dem Sammler ist es meistens so, dass er sich doch häufig überlegt: „Was habe ich dafür bezahlt – und das möchte ich auch gerne wieder haben“. Das funktioniert nicht. Um es in einem Vergleich darzustellen: Wenn Sie für teures Geld ein Reitpferd gekauft haben, ein Leben lang durchgefüttert, werden Sie dennoch niemals auf die Idee kommen, alle eingesetzten Beträge beim Verkauf zurück zu erhalten. Es ist ein Hobby! Ein Hobby ist eben etwas, wo sie meistens Geld verlieren, wie in anderen Hobbybereichen auch. Sicher lässt sich durch finden besserer Farben, durch ein bisschen Sachverstand auch die Kostenquote in Grenzen halten, weil man auch mal an einem Stück Geld verdient. Aber machen Sie sich keine unrealistischen Vorstellungen: Das was jeder gesammelt hat, ist in Mengen, teilweise in riesigen Mengen am Markt verfügbar: Bund, Berlin, DDR und nur zu ganz kleinen Preisen verkäuflich. Katalogwerte beispielsweise von Dubletten der 60er, 70er und 80er-Jahre von 10.000, 20.000 Michel sind nur reine Augenwischerei – die Sachen sind meistens nicht für 1 oder 2 Prozent verkäuflich. ETBs, Zubehör, diese ganzen Postprodukte sind Plunder, die haben Heiz- aber keinen Sammel- oder wirtschaftlichen Wert. Das muss man mal ganz klar sagen.

Eine vernünftige Sammlung wird immer irgendwo ihren Wert halten, aber wenn der Katalogwert sich über die Menge und nicht über die Anzahl der Hochwertigen Stücke bestimmt, rechnen Sie nur mit 1, 2 oder 3 Prozent vom Michel.

Bei der Auflösung von Spezialsammlungen empfiehlt es sich, mit Preisvorschlägen zu arbeiten, aber die Ausrufpreise gemeinsam mit dem Auktionator zu erarbeiten. Sie möchten einen höchstmöglichen Erlös, der Auktionator zwar auch, aber ebenfalls die Chance, dass sich die Lose überhaupt verkaufen lassen. Viel zu niedrige Ausrufpreise bergen die Gefahr, dass bei einem großen Angebot oder einer zu kleinen Nachfrageseite die Lose zu billig bleiben, weil zudem auch der schriftliche Bieter keine reelle Orientierungschance hat. Zu hohe Ausrufpreise bringen Ihnen mangels Verkauf keinen Erlös, und dem Auktionator somit keine Provision. Sie führen nur dazu, dass das Material "verbrannt" ist, d.h. beim nächsten Angebot werden die Spezialisten denken, "das ist ja schon bei Firma X nicht verkauft worden, das will ich jetzt auch nicht". Der gesunde Mittelweg ist also die Ideallösung und es zeichnet einen wirklich guten und erfahrenden Auktionator aus, diesen Mittelweg auszutarieren.

Etwas anderes sind dagegen umfangreiche Nachlässe mit vielen Sammlungen und Teilsammlungen mit sogenannter ,,Allerwelts-Ware" (wie eben Bund, Berlin, DDR, Vatikan, Liechtenstein, Österreich, Schweiz) in der normalen Konstellation. Hier kann ein niedriger Preisansatz, eventuell gegen "Gebot", eine Vielzahl von Besichtigern anlocken und somit auch für einen guten Zuschlagspreis sorgen. Dennoch sollten Sie hier Ihre Erwartungshaltungen nicht zu hoch schrauben. Generell hilft es auch, mit einer vernünftigen Vorbereitung Enttäuschungen vorzubeugen.

Ein weiteres Thema: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass z.B. der Provisionshöhe seitens der Einlieferer eine viel zu hohe Bedeutung zugemessen wird. Durchschnitt sind ca. 15%. Eine Provision von 10%, nach unten, oder 20%, nach oben, sind übliche Abweichungen. ,,0%" Provision motiviert keinen Auktionator und ist kaufmännisch nicht vertretbar.

Entscheidend ist immer die Preis-/Leistungsrelation.

Ein Auktionator mit geringer Katalogauflage, wenigen Abbildungen und wenigen Besichtigern (= geringe Personalkosten für die Besichtigung) wird möglicherweise auch geringe Provisionen verlangen.

Wenn demgegenüber durch eine hohe Katalogauflage, bessere Präsentationen oder größere Besichtiger-Frequenz auch ein deutlich höherer Zuschlag zu erreicht werden kann, ist auch in eine höhere Provision besser investiert. Genauso nützt Ihnen als Verkäufer eine "billige" Provision wenig, wenn der Käufer ein deutlich erhöhtes Aufgeld bezahlen muss und dies in sein niedrigeres Gebot einkalkuliert.

Es muss also in der Gesamtheit passen, und dies ist meist der Fall, wenn man schon langjährige gute persönliche Erfahrungen hat.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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