Thema: (?) (1180) Rohrpostbelege
Schmuggler Am: 15.08.2008 18:35:55 Gelesen: 1411260# 115@  
@ Concordia CA [#114]

Zurück aus HH und gleich zur Sache:

Der RU 2 wurde, entgegen der katalogisierten und gerne wiederholten Ausrede-Notiz, sehr wohl auch bei diesem Format falten- und knitterfrei befördert. :-))

Was immer der Inhalt gewesen sein mag, den das TA 2 hat die Marke entwertet, eine "Depesche" war es nicht.

Die Anschrift ist interessant; demnach gab es nicht nur eine "allgemeine" Telegrammannahme, sondern auch einen speziellen Bearbeiter für Telegramme aus Berlin an Zeitungen - hier Magdeburg.

Die Uhrzeiten in den Stempeln dürfen nicht ganz soooo ernst genommen werden, auch wenn diese in den wenigen Ausstellungssammlungen meist sehr liebevoll beschrieben werden: Es gibt eine interne Notiz von 1890, in welcher die Rohrpostbeamten "nochmals" darauf hingewiesen wurden, dass die in den Stempeln gezeigten Uhrzeiten (modern formuliert) " bis zu 10 Minuten" Toleranz aufweisen können. 1903 wurde diese Handhabung in der Rohrpost Betriebs-Ordnung (RBO) offiziell manifestiert.

Apropos: ALLE von Dir gezeigten Stempel sind in diesem Fall 1891 bereits mit Minutenangabe! Der Rahmenstempel mit der Inschrift "Ausgefertigt" wurde bereits 1880 eingesetzt - und hatte von Beginn an eine Minutenzeit, also grob 8 Jahre Jahre VOR der allgemeinen Rohrpost Minuten-Zeitangabe. Der gezeigte Doppelstempel vom HTA (blau) wird berechtigterweise z. Zt. als "Stempel der Postautomation" intern diskutiert, da man an einigen Belegstücken die automatische Zeitverstellung deutlich sehen kann: Die eine Minute entschwindet schon nach oben, die andere dreht sich noch von unten hoch. Siehe dazu auch das Posting #40 (Bild 4) und Posting #66 (Bild 2).

Im Telegramm- und Börsenwesen spielte die Zeit bereits damals eine sehr wichtige Rolle: Minuten konnten über Gewinn oder Verlust entscheiden. DAS war ja auch einer der wesentlichen Gründe in aller Welt für die Schaffung der Rohrpost! Die "Post", die wir heute sammeln, spielte eine ganz untergeordnete Rolle.
Dazu einige Zahlen, welche ich soeben im "Geschäftsbericht der Reichspost" von 1924 gefunden habe:

Berlin beförderte 1923 insgesamt 9,6 Millionen Rohrpostsendungen. Davon waren 2,5 Mill. "Briefe und Karten", der bescheidene "Rest" Telegramme .... (In der Briefpost wäre das Gesamtvolumen nicht einmal 1 Woche! ....)

München: 10.000 "Briefe und Karten" und 1.6 Millionen Telegramme.

Zusammenfassend: In Berlin betrug 1923 das gewöhnliche Rohrpostaufkommen ca. 30% aller Rohrpostsendungen, in München zu gleichen Zeit sogar nur ca. 7%. Wenn man dann noch die "automatischen" Rohrpostbeförderungen je nach Zeit abzieht, also die Flug-, Zeppelin-, Behörden- und Eilpost, verbleibt nicht mehr soooo viel "echte" frankierte Rohrpost aus Sicht eines Markensammlers :-(( und bestimmte Dinge sind und bleiben dann eben schlicht sauselten. Nur WAS das ist, das entscheidet das Wissen, Sammelverhalten und die Sehweise des Sammlers. :-))
 
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