Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 31.05.2014 11:10:37 Gelesen: 302420# 66@  
Hallo zusammen,

Familie Hübner wurde im Juni 1916 in Deutsch-Ostafrika von den Engländern gefangen genommen. Den größten Teil der Zeit waren Herr und Frau Hübner voneinander getrennt und in verschiedenen Lagern interniert. Im Missionsbericht vom Januar 1920 beschreiben Missionar A. Weltzsch und Gustav Hübner die erste Zeit sehr anschaulich 8,9:

Am 15. Juni 1916 wurden wir, 14 Männer, 16 Frauen und 25 Kinder, von der Brüdergemeinde-Station Rungwe, die unser erstes Konzentrationslager abgegeben hatte, mittels kleiner Lastautos an das Nordende des Sees nach Mwaja, ebenfalls eine Station der Brüdergemeinde, befördert. Hier sollten wir das Schiff erwarten, das uns über den See bringen würde...

Es folgt eine Beschreibung der fürchterlichen Fahrt über den Nyassa auf dem Missionsschiff „SS Chauncey Maples“, einem schwimmendem Eingeborenen-Seminar. Aufgrund der katastrophalen Verhältnisse wurde diese Fahrt später „die Sklavenfahrt“ genannt.



Nach solcher Vernachlässigung, ich möchte es lieber Drangsalierung nennen, waren wir froh, das Schiff am 25. Juni verlassen zu dürfen, an dem wir das Südende des Sees erreicht hatten. Ob es besser wurde? Ja und nein. Die furchtbare, Leib und Geist zermürbende Engigkeit lag hinter uns, aber vor uns schon – die erste Trennung von unseren Frauen und Kindern! Sie wurden bald nach unserer Ankunft in das etwa 15 km südlich gelegene, fieberreiche Fort Johnston gebracht, um hier in elenden Grasbuden ihren Weitertransport nach Blantyre abzuwarten, während wir Männer am Strande in einem langen Grasschuppen zurückbleiben mußten, bis auch unser Abtransport nach dem gleichen Ort 5 Wochen später erfolgte.

Brief von Herrn Hübner vom Gefangenenlager am Nyassasee an seine Frau im Lager Blantyre. Leider fehlt der Briefumschlag.



Im Brief schreibt Herr Hübner:

Lake Nyaßa, 16.07.1916
Heut am Sonntag eilen meine Gedanken besonders zu Dir und den Kindern, eine große Sehnsucht hat mich ergriffen und Sorge um die Zukunft – wann wird das Getrenntsein-Müssen ein Ende haben? Denke, gestern erhielten fast alle Herren von ihren Frauen, die in Blantyre sind, Briefe, nur von Dir bekam ich keinen, obwohl du schon eine Woche länger dort weilst…
Die letzten Frauen und Kinder sollen heute von F. Jonston abreisen, ob wir nun Aussicht haben werden euch zu folgen?...
Donnerstag den 20ten Eben sind wir in Zomba (?) angekommen....


Soweit der Anfang der Gefangenschaft. Familie Hübner kam nach und nach in viele verschiedene Lager. Näheres dazu beim nächsten Mal.

Viele Grüße
Volkmar
 
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