Thema: Begriffsbestimmung Ganzsachen
Cantus Am: 12.06.2014 21:40:23 Gelesen: 9380# 12@  
@ dingo [#10]

Hallo Ingomar,

ich will ein wenig näher auf deine Frage eingehen "Der zweckfremde Einsatz, was ist mit allen Ganzsachen auf der Welt, ob alt oder neu mit der Zusatzfrankatur? Alles ein zweckfremder Einsatz? Was ist dann mit einer älteren Ganzsache noch Frankatur gültig nach Portoerhöhung?"

Alle Postverwaltungen der Welt legen regelmäßig die Gebühren für die angebotenen Postdienstleistungen fest, hier in Deutschland zur Zeit zum Beispiel 45 Cent für die Postkarte und 60 Cent für den einfachen Brief bis 20 g, jeweils für den Postversand innerhalb von Deutschland. Für exakt diese Postdienstleistungen werden - neben Briefmarken - auch Ganzsachen aufgelegt, also Postkarten mit einem Frankaturwert von 45 Cent und Briefumschläge mit einem Frankaturwert von 60 Cent. Diese Ganzsachen können dann korrekt nur so lange zweckentsprechend verwendet werden, als ihr Frankaturwert dem sonstiger gleichartiger Postdienstleistungen entspricht.

Ändert die Postverwaltung die Gebühren, erlischt damit für die Ganzsachen die Möglichkeit, zweckgemäß verwendet zu werden. Bei einer Minderung der Postgebühr würde dann die Verwendung der Ganzsache zu einer Überfrankatur führen, wird die Postgebühr erhöht, werden bei Verwendung der Ganzsache Zusatzgebühren erforderlich, meistens in Form von Zusatzfrankaturen. In wenigen Einzelfällen, insbesondere wenn die Postverwaltungen noch größere Mengen an unverkauften Ganzsachen auf Lager haben, wird amtlicherseits ein Zudruck neben dem bereits vorhandenen Wertstempel in dem Umfang angebracht, wie es durch die Portoerhöhung erforderlich geworden ist. Beispiele dazu fallen mir auf Anhieb bei Postkarten der Schweiz oder bei Einschreibeumschlägen von Großbritannien ein; man nennt solche Ganzsachen in den Katalogen = Aufbrauchsausgaben.

Ganzsachensammler versuchen stets, gebrauchte Ganzsachen so zu sammeln, dass sie nur für den vorgesehenen Zweck verwendet worden sind, also ohne irgendwelche durch Privatinitiative im regulären Postverkehr durchgeführte Veränderungen, insbesondere ohne Zusatzfrankaturen. Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe von Sammlern, die Ganzsachen nicht in ihrem vorgesehenen Verwendungszweck, sondern mit Zusatzfrankaturen für besondere Dienstleistungen wie z.B. Einschreiben, Eilsendung/Express usw. suchen. Bei diesen Sammlern tritt aber das reine Ganzsachensammeln in den Hintergrund, vorangig geht es darum, die korrekten Auffrankierung der Ganzsache entsprechend dem besonderen Verwendungszweck zu dokumentieren.

Beides hat nebeneinander seine Berechtigung und jeder kann grundsätzlich sammeln, was und wie es ihm gefällt, die Beurteilung des Wertes einer Ganzsache wird katalogmäßig jedoch nach klar definierten Normen vorgenommen. Ich zitiere dazu aus dem aktuellen Michel-Ganzsachen-Katalog für Europa:

"Die Qualität ist für die Beurteilung der Katalogpreise entscheidend. Alle Notierungen gelten für Stücke in handelsüblicher einwandfreier Erhaltung. Stücke mit Fehlern (Risse, fehlende Teile, Knicke),. starker Verstempelung, Zusatzfrankatur usw. sind wesentlich billiger..."

Ich hoffe, damit deine Frage ausreichend beantwortet zu haben. Falls gewünscht, suche ich Beispiele für zweckfremde Verwendungen mit Zusatzfrankatur, aber auch amtlicherseits vorgenommenen Wertstempelzudruck heraus und zeige das hier.

Viele Grüße
Ingo
 
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