Thema: BPP / VP: Angestellte Prüfer oder Einladungen = Interessenkonflikte ?
drmoeller_neuss Am: 31.10.2014 10:39:09 Gelesen: 47212# 23@  
Ich finde es gut, wie fair und offen über diese Affäre diskutiert wird. Lobenswert ist, dass die Beteiligten nicht auf Tauchstation gehen, sondern ehrlich zu ihrem Handeln stehen.

Auf der anderen Seite ist diese Offenheit für mich erschreckend, ich zitiere noch einmal aus dem Beitrag des VPP-Prüfers Robert Brunel:

Es war ein Dankeschön für die Prüfarbeit zur erfolgreichen 139. Auktion (Horst Kühner Sammlung), zu der auch unsere Prüfer mit sehr vielen Attesten beitrugen. Ich denke die Rechnung für das Essen fällt im Vergleich mit den Prüfkosten nicht allzu sehr ins Gewicht.

Herr Brunel macht keinen Hehl daraus, dass dieses Abendessen als Zuwendung des Auktionshauses an die beteiligten Prüfer zu sehen ist. Zumindest laut des Berichtes auf der VPP-Seite hat es den üblichen Rahmen eines informellen Beisammenseins deutlich überschritten. Wenn der VPP geschrieben hätte, "ein gemütlicher Abend auf Einladung des Auktionshauses Dr. Reinhard Fischer brachte Prüfer und Briefmarkenhandel zusammen und gab Gelegenheit zum regen Meinungsaustausch", wäre das im Rauschen der Alltagsmeldungen untergegangen.

Der Aufwand für die Prüfung sollte mit der Prüfgebühr abgegolten sein. Wenn die Prüfgebühr im Durchschnitt zu niedrig ist, müssen die Prüfer bei ihrem Verband auf eine Änderung hinwirken. Um es etwas plump auszudrücken: Das 6-Gänge Menü hat nicht das Auktionshaus bezahlt, sondern das Geld wurde entweder bei den Kunden oder bei den Lieferanten abgeknapst. Sicherlich ist das Abendessen nicht der Korruptionsskandal des Jahres, aber ein fader Beigeschmack bleibt.

Wir müssen immer den Realitäten ins Auge blicken: Wir haben ein spezielles Hobby und unser Markt ist sehr klein. Da ist eine gewisse "Verfilzung" zwangsläufig. Jeder engagierte Sammler wird früher oder später zum Händler, bei Prüfern ist das nicht anders. Ich sehe nicht die Gefahr von "Gefälligkeitsprüfungen". Dank unseres überschaubaren Marktes werden Prüfer und Händler, die sich auf so etwas einlassen, schnell vom Markt verschwinden. Die berühmt-berüchtigte "Basler Prüfstelle" ist ein abschreckendes Beispiel und zieht auch anständige Händler in Misskredit, die mit deren Attesten ihre ansonsten einwandfreie Ware beschreiben.

Es besteht aber die Gefahr, dass Prüfsendungen eines Auktionshauses, dass sich in der Vergangenheit spendabel zeigte, bei der Bearbeitung bevorzugt werden. Um sich gar nicht erst solchen Gerüchten auszusetzen, sind alle Beteiligten gut beraten, auf Geschenke irgendwelcher Art zu verzichten.

Der VPP sollte Verhaltensrichtlinien erarbeiten, die die Annahme von Geschenken und Annehmlichkeiten regelt. Solche Richtlinien sollten keinen Spielraum für Auslegungen ermöglichen, daher sind Grenzen mit konkreten Euro-Beträgen zu nennen. Ich traue es dem VPP zu, hier vernünftige Spielregeln zu definieren. Gegen eine Tasse Kaffee oder die Einladung zum gemütlichen Imbiss hat keiner etwas einzuwenden. Übrigens: Ich sehe in der Benutzung einer Firmen-Emailadresse keine Zuwendung, die einen besonderen finanziellen Wert darstellt. Trotzdem halte ich das für ungeschickt, da man Hauptberuf und Nebentätigkeit sauber trennen sollte.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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