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Thema: Rohrpostbelege
Das Thema hat 1185 Beiträge:
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Schmuggler Am: 29.05.2008 11:46:26 Gelesen: 1413540# 61 @  
@ Concordia CA [#58]

Jetzt fangen die Themen an zu springen ... :-))

Also brav der Reihe nach und fast haargenau:

Bis 12/1889 wurden alle Rohrpost-Stempeltypen "gesteckt": Die Minuten-Zeitgruppe wurde mit "Leerzeile" oder "waager. Strich" und den römischen Ziffern I, II, oder III dargestellt, gleich welcher Rohrpost-Stempeltyp verwendet wurde.

Ab 1889 wurde die römische Minuten-Zeitgruppe erstmals in einem Rohrpost-Brückenstempel durch eine arabische Minuten-Zeitgruppe dargestellt und schrittweise wurde diese neue Zeitdarstellung in allen Rohrpost-Stempeltypen übernommen.

Das "V" für Vormittags steht immer hinter der Uhrzeit, ebenso das "N" für Nachmittags, denn um 12 Uhr Mittags (= noch "V") drehte sich die Zeit von Vormittags auf Nachmittags - einen Zeitbegriff von "14 Uhr" gab es zu dieser Zeit noch nicht. 1 Uhr V ist nach heutigem Verständnis eine Stunde nach Mitternacht, 1 Uhr N entspricht der heutigen 13 Uhr. Kurz: Genau wie Du es oben dargestellt hast.

Konnte ich Deine re- so verständlich beantworten?
 
Schmuggler Am: 29.05.2008 12:02:23 Gelesen: 1413538# 62 @  
@ Concordia CA [#60]

Ich stelle heute die Beantwortung Deiner Frage zurück, da es zu dieser Zeit (1883) in Berlin noch keine Brücken- und Gitterstempel gab. :-))

Wird sonst alles zu unruhig, komme aber bald darauf zurück.

Danke für die Bildumwandlung des Setzkastens - ich habs zwar auch versucht, aber ohne Erfolg :-((

Das es ein Setzkasten für die Rohrpost war, sieht man auch an den überwiegenden Leerfächern - die in der Briefpost natürlich alle aufgefüllt waren.

Nu aber an die häuslichen Pflichten!
 
Henry Am: 29.05.2008 20:45:52 Gelesen: 1413517# 63 @  
@ Concordia CA [#58]

Mische mich jetzt wieder in ein höheres Fachgespräch ein. Habe aber ein Verständnisproblem.

Nach den folgenden Erläuterungen müßte die Bezeichnung 11-N doch 2 3.00 - 2 3.15 bedeuten. Oder kann ich nicht rechnen?

Gruß
Henry
 
Schmuggler Am: 29.05.2008 21:12:55 Gelesen: 1413514# 64 @  
@ Henry [#947]

Bin zwar nicht Concordia, aber an dem Mit-denken und -rechnen auch nicht ganz unbeteiligt: Ja Henry, 11 N ist 23 Uhr. :-((

War doch nur ein Test an den Hintergrund, oder?! :-))
 
Jürgen Witkowski Am: 29.05.2008 21:14:08 Gelesen: 1413514# 65 @  
@ Henry [#947]

Du mischt Dich in keiner Weise ein. Aber mit Rechnen hat der von Dir aufgezeigte Fehler nichts zu tun. Es war ein Tippfehler von mir. Da habe ich vor lauter Einsen den Wald nicht mehr gesehen. Danke für die Richtigstellung.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
Schmuggler Am: 03.06.2008 18:35:23 Gelesen: 1413434# 66 @  
@ Concordia CA [#60]

Ab dem 1.12.1875 gab es 5 Stempel, welche nur in der Rohrpost verwendet wurden. Sie haben als Kreisstempel oben mittig eine römische I, II, VI oder V sichtbar und stehen für die 4 Telegraphenämter mit Rohrpostanschluß. Der 5. Stempel ist vom C 1 mit rechts einem kleinen x statt Stern in der Briefpost. Alle anderen Rohrpostämter verwendeten ihren gewöhnlichen Briefpost-Tagesstempel auch für alle Rohrpostsendungen.

1879 kamen die sogenannte Distributionskreisstempel, wie Du ihn im Beleg mittig siehst: "Rohrpostsendung aus dem Nordkreis (= N), welche mit der 19 . Fahrt des Tages (= 19) im Rohrpostamt R1 ankam". Die frühesten Stempel waren zwar gering anders, aber ab 1880 so wie beschrieben. Beide Stempeltypen konnten bis 3/1886 im Gebrauch sein - der neue Rohrpost-Kreisbrückenstempel für fast alle Rohrpostämter ist da. Denn:

Der Rahmenstempel links unten ist ein sogenannter "Ausgefertigt-Stempel" und soll aus der Telegraphie stammen. Letztendlich dokumentiert er für das Rohrpostamt in der Börse und im C 1, analog zu den Distributionskreisstempeln die Eingangs- oder Bestellzeit an den beiden Rohrpostämtern. Wie Du siehst, sind sie aber bereits mit einer Uhrzeit versehen. Ob die Uhrzeit noch gesteckt oder bereits gedreht wurde, ist bisher nicht bekannt geworden. Gleichwohl ist der Stempeltyp in vielen Varianten und diversen Stempelfarben bis ca. 1920 bekannt.

Interessanter wird es ab 1889, als auch die Rohrpost mit der Stempelautomation zu experimentierten begann:



Der Eingangsstempel vom PA 19 am 7.9.1889 um 10,46 Uhr V.

Die Minutenzeit (oder auch der "Rest"?) wurden permanent unter Strom gehalten und die Daten drehten sich entsprechend elektrisch weiter - durchaus vergleichbar mit einer heutigen Uhr mit Datums- und Minutenanzeige. Dieser Stempelautomat am PA 19 ist bisher nur von diesem Tag bekannt, andere Modell- und Stempeltypen waren teilweise bis 1920 im Gebrauch.
So KÖNNTE der Automat 1889 ausgesehen haben:



Die Abbildung ist hier jedoch "um 1900": Links der Postgut-Einschub, rechts die diversen Scheiben mit den gewünschten Daten - und schon sind "wir" mitten in der sog. Post-Stempelautomation. :-))

Demnächst mehr in diesem Theater!
 
Bodo35 Am: 05.06.2008 10:15:14 Gelesen: 1413380# 67 @  
Hallo,

das ist ein sehr interessanter Beitrag und ich habe hier eine Menge über Rohrpost mitbekommen. Habe meine Briefekisten mal durchsucht und einen Rohrpostbeleg gefunden. Hierzu meine Frage, es wurde hier gesagt das die Umstellung der Zeitangabe in den Stempeln ab 1889 erfolgte. Mein Beleg ist vom 26.3.90 und hat noch die alte Zeitangabe mit I. Wie lange dauerte die Umstellung? Zusätzlich weist mein Stempel vom P21 vor der 4 ein kleines "K" auf. Wofür steht das? Meine letzte Frage. Gibt es eine Übersicht über die Rohrpostämter in Berlin?

Ich hoffe ihr könnt mir diese Fragen beantworten.

Viele Grüße

Bodo35


 
reichswolf Am: 05.06.2008 12:03:58 Gelesen: 1413375# 68 @  
@ Bodo35 [#67]

Hallo Bodo35,

bei Wikipedia gibt es einen Artikel zur Rohrpost in Berlin, in dem auch Karten mit allen Rohrpostämtern gezeigt werden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Rohrpost_in_Berlin

Ganz unten findest du noch weitere Links, die durchaus lohnenswert sind.

Besten Gruß,
Christoph
 
Schmuggler Am: 06.06.2008 08:04:57 Gelesen: 1413357# 69 @  
@ Bodo35 [#67]

Guten Morgen,
mal ganz auf die Schnelle:

Die Umstellung im Stempel konnte im Einzelfall bis 1900 dauern, siehe Beitrag [#11]. Im Allgemeinen jedoch war die Umstellung bis 1898 beendet.

Das "k" kann ich nicht beantworten, möglicherweise ist es auch ein nur halbherzig abgeschlagener Zier- oder Ersatzstern.

Die allgemeine Frage nach der Anzahl der Rohrpostämtern ist gigantisch! :-)) Denn auch die Rohrpostämter und deren Leitungen unterlagen einer permanenten Veränderung und Anpassung: Was 1900 noch richtig war, kann 1920 bereits falsch und 1930 völlig unbekannt sein. Kurz: Grenze Deine Frage zeitlich ein und Dir kann möglicherweise geholfen werden. Wenn Du ALLE Rohrpostämter genannt haben möchtest, dann solltest Du Dich insgesamt auf ca. 200 Ämter innerlich vorbereiten.

Ab in den Tag!
 
Schmuggler Am: 08.06.2008 17:12:19 Gelesen: 1413309# 70 @  
Um die Zeit bis zum Fußballspiel zu überbrücken, hier noch einige Ergänzungen in optischer Form als leichte Kost:



Ab 1863 wurde die Paketpost in London mit Rollwagen und Luftdruck befördert, hier die 1. offizielle Fahrt, wie man an den würdigen Herren mit Zylinder und Bart unschwer erkennen kann. Die inoffizielle Eröffnung muß wenig früher erfolgt sein, denn in den Archiven ist verankert, dass der damalige 1. Präsident der privaten Beförderungsgesellschaft unter den skeptischen Blicken seiner Begleitung sich selbst per Rollwagen plus Druckluft befördern ließ.

Im Hintergrund das Schwungrad ("Fying Weel"), welches die verstellbaren Propeller für die Druck- bzw. Zug-Luft antrieb. In der Realität war dieses Schwungrad aber nicht an dieser Stelle aufgebaut.

Gab ein Postkunde seine Rohrpostsendung nicht am Rohrpost- sondern Briefpostschalter ab, konnte der Wertstempel mit völlig anderen Stempeln aus der Briefpost entwertet sein. Hier ein Beispiel aus der Post-Stempelautomation in Form eines der seltensten Bickerdike-Stempeltypen von Berlin:



Ebenso ist eine Aufgabe während einer Veranstaltung oder einem bestimmten Anlaß möglich. Eine Rohrpostsendung konnte in Berlin an jedem Postamt (außer Paketpost) aufgegeben werden und wurde der nächsten Rohrpoststation sofort zugeführt, um dann von dort per Rohrpost befördert zu werden:



Natürlich konnten auch Rohrpostsendungen "nach außerhalb", d.h. ausserhalb des damaligen Rohrpostnetzes befördert werden. Der Postkunde musste dann die entsprechende Rohrpostgebühr zahlen, plus das gewöhnliche Briefpost-Beförderungsporto der Sendungsart an den Bestimmungsort. Dort wurde die Sendung NICHT per Eilboten ausgetragen, wenn die Eilbestellgebühr nicht frankiert wurde. Wurde sie mit weiteren 25 Pfennig frankiert, wurde sie auch per Eilboten bestellt.



Das ging auch in andere Länder:



Apropos Österreich: Gleich gehts los - und noch einen schönen Sonntag.
 
Jürgen Witkowski Am: 18.06.2008 22:38:30 Gelesen: 1413227# 71 @  
@ Schmuggler [#70]

Auf deinen schönen Bickerdike-Stempel kann man richtig neidisch werden. Ein wirklich prächtiger Beleg.

Mit einem ganz alltäglichen Rohrpostbrief - Ganzsache MiNr.RU 6 - geht es wieder in den Alltag. Die Presse, in diesem Fall das Berliner Redaktionsbureau des Breslauer General-Anzeigers, war wohl eifriger Nutzer dieses schnellen Systems.

Aufgegeben am Postamt Berlin C 2, ging es zum Postamt Berlin W 35. Am 26.11.04 um 3.40 Uhr Nachmittags aufgegeben, kam der Brief schon 20 Minuten später am Zielpostamt an.

Der zweite Stempel auf der Vorderseite wurde wohl abgeschlagen, weil beim Stempel auf dem Wertzeicheneindruck die Uhrzeit nicht zu lesen war. Überhaupt schien die Stempelfarbe Mangelware zu sein. Der violette Zustellerstempel oberhalb von Straße und Hausnummer ist mehr zu erahnen, als zu sehen und der Ankunftstempel hätte aus Sammlersicht auch etwas mehr Farbe vertragen können.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 
Schmuggler Am: 20.06.2008 18:34:36 Gelesen: 1413183# 72 @  
@ Concordia CA [#71]

Der 2. Bickerdike-Stempel der Post-Stempelautomation von C 2 ist grundsätzlich nicht selten, auf Rohrpost dennoch auffällig und wahrlich keine Massenware. :-)) Damit aber kein Irrtum entsteht: Nicht alle gezeigten Belege sind aus meiner Sammlung, sondern aus meinem Archivbestand über die Berliner Rohrpost: Das "Zusammenspiel von Berliner Postgeschichte und die Rohrpost" kann eine ungeheuer spannendes Sammelgebiet sein - wenngleich es eine informative Ausstellung dazu nie geben kann, es ist einfach zu umfangreich und kein Juror kann ohne Spezialwissen die Ausstellungssammlung würdigen oder gar bewerten.

Die z. Zt. optisch und preislich "auffälligste" Rohrpostsendung ist ein Bahnhofsbrief mit gewünschter Rohrpostbeförderung aus dem Jahr 1905, welches dem Erwerber *tutticompletti* über 2.000 EURO Wert war:


 
Schmuggler Am: 20.06.2008 18:48:39 Gelesen: 1413179# 73 @  
@ Concordia CA [#71]

Bevor die Bickerdike-Stempelmaschinen eingesetzt wurden, sind weitere 10 Jahre zurück, bereits die Hoster-Stempel für 2 Jahre im Einsatz, welche in der Briefpost ebenfalls nicht "selten" sind - wohl aber in der Rohrpost, denn die Sendung mußte in einem bestimmten Augenblick an bestimmter Stelle sein - wie bereits oben ausgeführt :



Die 10 Pfennig Ergänzungsporto auf dem Rohrpostbrief ist das Porto für die Sendung von Berlin nach Kempten, in Berlin wurde der Brief per Rohrpost für 30 Pfennig befördert.

Zurück zum Bickerdike-Stempel, da in einer anderen Diskussion ebenfalls die Stempel-Postautomation im Gespräch ist: Das ist der 1. offizielle Bickerdike-Stempel nach der 1. Versuchsphase mit kurzem "Schweif":



und so sah die Stempelmaschine dazu aus, welche bereits elektrisch betrieben wurde:



Wer sich für die Stempelautomation interessiert, sollte sich die verschiedenen Bände von Kohlhaas/Ries aus der INFLA-Bücherei zulegen: Sehr preisgünstig UND informativ.

Am 23.12.1899 kam die sogenannte "Jahrhundert-Ganzsachenkarte", katalogisiert als P43, an der Verkaufsschalter. Auch sie konnte selbstverständlich per Rohrpost, gegen die entsprechende Ergänzungsgebühr, befördert werden:



Am 1.4.1900 begann der sogenannte "Nachbar-Ortsverkehr", d. h. eine Postkarte kostete nicht mehr 5 Pfennig und ein Brief 10 Pfennig Porto in diesem Gebiet, sondern nur noch 2 Pfennig für die Postkarte und 5 Pfennig für den Brief. Doch davon aber erst später! .-))
 
Bundpostfrischsammler Am: 26.06.2008 18:28:36 Gelesen: 1413110# 74 @  
Zum Stichwort "Nachbarortverkehr" ließe sich folgender Beleg zeigen:


 
Bundpostfrischsammler Am: 26.06.2008 18:30:46 Gelesen: 1413108# 75 @  
Oder dieser Brief:


 
Schmuggler Am: 28.06.2008 09:58:02 Gelesen: 1413073# 76 @  
Guten Morgen Bundespostfrischsammler,

erst einmal eine herzliches Willkommen auf diesen Seiten.

Das sind 2 SEHR schöne Belegstücke von Dir, welches das Thema "Nachbar-Ortsverkehr" für Porto und Gebühr aufzeigen - und absolut keine Massenware.

Magst Du das Thema hier noch was philatelistisch vertiefen und eventuellen Hintergrundlesern mit Lernwillen erklären/erläutern? Fände ich gut, denn dann komme ich mir nicht wie ein Alleinunterhalter in einem vollen Saal vor. :-))

Noch ein schönes Wochenende !
 
Jürgen Witkowski Am: 01.07.2008 17:09:58 Gelesen: 1413014# 77 @  
@ Schmuggler [#76]

Nach solchen ausgefallenen Belegen traut man sich mit den eigenen Rohrpostkarten kaum noch an die Öffentlichkeit.

Nichtsdestotrotz habe ich mal wieder etwas gefunden, zu dem ich auch gleich eine Frage habe.

Die Rohrpostkarte ist am 15. Juni 1891 gelaufen und hat die MiNr. RP 8 und ist nicht weiter ungewöhnlich. Weiter habe ich gelernt, dass bei den Stempeln ab 1889 die Minutengruppen von römischen Ziffern, wie im unteren Stempel, auf arabische Ziffern, wie in den beiden oberen Stempeln umgestellt wurden.

Nicht erklären kann ich mir die Buchstaben H.T.A. in den leider etwas verkantet abgeschlagenen Stempeln Berlin,W.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 
Bundpostfrischsammler Am: 01.07.2008 18:05:01 Gelesen: 1413009# 78 @  
Sofern mir die Zeit bleibt, kann ich gerne auch ein paar Dinge Erklären. Der völlige Experte ist jedoch unser "Schmuggler"

HTA steht für Haupttelegraphenamt. Das HTA war seit 1876 in Betrieb und lag in der Oranienburger Straße 73-76.

Es war ein Sternenförmiger Knotenpunkt für die Rohrpoststrecken in alle vier Himmelsrichtungen.
 
reichswolf Am: 01.07.2008 18:07:57 Gelesen: 1413007# 79 @  
@ Concordia CA [#77]

Hallo Jürgen,

HTA bedeutet Haupt-Telegrafen-Amt, siehe hier:

http://www.luise-berlin.de/berlinaz/index.html#nvl?Haupttelegraphenamt

Beste Grüße,
Christoph

---

Edit: Bundpostfrischsammler war schneller. :-)
 
Schmuggler Am: 05.07.2008 20:32:25 Gelesen: 1412952# 80 @  
@ reichswolf [#79]

Meine beiden Vorredner haben prinzipiell recht, ABER: Das "Rohrpostamt 1 im HTA" hatte den Eingang (und Anschrift) "Französische Strasse 33b+c", weil das HTA ein Eckgebäude war.

Es hatte zu dieser Zeit auch noch keinen Brückenstempel laut der Fragestellung von Concordia, sondern einen gewöhnlichen Kreisstempel "Berlin W" mit einer oben mittig gesetzten römischen I. (Brückenstempel finden erst ab 1886 in der Rohrpost Verwendung)



Hier als Ankunftsstempel links während der sog. kurzen blauen Phase.

Noch blauer und noch länger verwendete ist der Rohrpoststempel vom P64 (R 7) bekannt, wobei der Stempel in Schwarz unscheinbar aber erheblich seltener ist.



Zurück zum Thema Nachbar-Ortsverkehr:

Ergänzend zu obigem Beitrag, kann eine solche Sendung auch frankiert auf einem Kartenformular vorkommen:



Sollten aus irgendeinem Grunde die zusätzlichen 2 Pfennig Porto neben der Rohrpostgebühr für eine Postkarte fehlen, wurde die Sendung gegen die Rohrpostgebühr per Rohrpost befördert, aber dann der Briefpost übergeben: Diese taxierte in diesem Fall das fehlende Porto mit "4" hinzu. denn die Briefpost taxierte nach ihren Regeln mit "das doppelte des Fehlbetrages" - in diesem Fall eben 2+2=4 unübersehbar in der Farbe blau.



1906 endete das vergünstige Porto für "Karten" im Nachbar-Ortsverkehr, sie kosteten jetzt wieder 5 statt 2 Pfennig. Der Brief blieb unverändert und weiterhin bei 5 statt 10 Pfennig.

1909 gab es für die Rohrpost eine grundsätzliche Veränderung. Wurden seit 1877 alle Rohrpostsendungen aus Berlin, adressiert in die OPD Berlin, dort unentgeldlich immer sofort per Eilboten bestellt (so wie in der Stadt auch) so mußte ab 1909 zusätzlich zur Rohrpostgebühr und dem Porto noch die Eilbestellgebühr frankiert werden - wenn diese gewünscht wurde. Wurde diese Gebühr nicht frankiert oder taxiert, wurde die Sendung auch nicht per Eilboten in der OPD bestellt, sondern auf dem nächsten gewöhnlichen Briefpost-Bestellgang mit ausgetragen.

Alle Versuche, diese Mehrgebühr mittels Eilboten-Aufkleber "heimlich" zu umgehen, sind wohl gescheitert - entsprechend selten sind Belege mit allen frankierten oder taxierten Leistungen.

Doch davon das nächste Mal etwas mehr. :-))


 
Schmuggler Am: 06.07.2008 12:11:22 Gelesen: 1412939# 81 @  
Guten Tag.

Briefpostsendungen mit bezahlter Rohrpostbeförderung plus Beförderungsporto kann man gelegentlich beobachten, siehe vorherige Darstellungen nach Breslau bzw. Wien vor 1900. Mit einer zusätzlichen Eilbestellung am Bestimmungsort wird es ab 1900 extrem eng:



Die frankierten 65 Pfennig sind schnell bestimmt:

- 10 Pfennig Porto für eine Fernsendung eines Briefes an den Rand des Kurischen Haffs
- 30 Pfennig Rohrpostgebühr für die Rohrpostbeförderung in Berlin und
- 25 Pfennig Eilbestellgebühr in Cranz/Ostpreussen.

Scheinbar schwieriger wird es im nächsten Fall, denn es sind nur 60 Pfennig gezeigt:

- 5 Pfennig Porto für die Sendung eines Briefes in den Nachbar-Ortsverkehr
- 30 Pfennig Rohrpostgebühr in Berlin und
- 25 Pfennig Eilbestellgeld am 7.4.1910 in Nonnendamm im OPD-Bezirk.



In diesem Zeitfenster geschieht noch etwas Wesentliches: Unterfrankierte Rohrpostsendungen wurden bisher an die Briefpost abgegeben und dort mit dem "doppelten des Fehlbetrages" taxiert - wie oben mit der blauen "4" im Nachbar-Ortsverkehr gezeigt.

Aber bereits ab 1898 sollte die Rohrpost selbst taxieren: "Fehlender Porto- oder Gebührenanteil plus einmalig 10 Pfennig". Zu 99% hielt sich aber niemand an diese Regel, sodass richtig in der Rohrpost taxierte Sendungen extrem selten sind:



Ganzsachenkarte für die Auslandsverwendung (10 Pfennig), taxiert mit + 25 Pfennig für die fehlende Rohrpostgebühr: 15 Pf. fehlende Rohrpostgebühr plus 10 Pfennig Rohrposttaxierung = 25 Pfennig am 4.1.1908.

Ab 1909 wurde diese Rohrposttaxierung, parallel zu der nicht mehr "automatisch" ausgeführten Eilbestellung in dem OPD-Bezirk Berlin, rigeros in der Rohrpost umgesetzt: Es kommt ab dieser Zeit zu 99% nur noch die Rohrposttaxierung und nicht mehr die bisherige Briefposttaxierung ("doppelte des Fehlbetrages") in Anwendung.



Fehlendes Porto nach Grunewald (5 Pfennig) in den Nachbar-Ortsverkehr plus 10 Pf. Rohrposttaxierung = 15 Pfennig blaue Taxierung.

Diese Mehrgebühr für den Empfänger führte wohl zu Kundenreklamationen, denn kurz darauf (1909) kam der Taxierungs-Informationsaufkleber am Bestimmungsort in Anwendung. Erst handschriftlich



dann ab ca. 1910 in gedruckter Form, mit oder ohne handschriftliche Ortsergänzung.



Demnächst ein etwas mehr zum Thema "Die Reichsabgabe", sofern nicht andere Wünsche bestehen.
 
Bundpostfrischsammler Am: 08.07.2008 09:18:16 Gelesen: 1412898# 82 @  
Und einmal ein Beleg im Ganzen.
 


Schmuggler Am: 08.07.2008 09:43:42 Gelesen: 1412894# 83 @  
Am 26.6.1916 wird das zeitlich befristete ("bis auf Widerruf") Gesetz zur "außerordentlichen Reichsabgabe" veröffentlicht und ab dem 1.8.1916 umgesetzt.

Hintergrund zu diesem Gesetz war die Gegebenheit, dass der Haushalt der Reichspost als Folge des Krieges dringend konsolidiert werden musste: Nach einem noch riesigen Gewinn im Haushaltsjahr 1913 stürzte die Bilanz 1914 in einen leichten Verlust um bereits 1915 nur noch rote Zahlen zu schreiben. Die für 1916 vorauskalkulierten Kosten hätten auch der Staatshaushalt nicht mehr ausgleichen können. Der Bilanz-Rettungsversuch endet als Kompromiß in obigem Gesetz.

Dieses Gesetz führte zu den in den heutigen Porto- und Gebührentabellen genannten Werten. In der Rohrpost erhöhte sich die Beförderungsgebühr für Karte und Brief um je 5 Pfennig.

Die neuen Ganzsachen für die Rohrpost mit dem neuen Wertstempel zu 30 bzw. 35 Pfennig wurden vorläufig nicht hergestellt, da die alten Friedensdrucke noch in großen Mengen vorhanden sind; die alten Friedens-Ganzsachen wurden mit plus 5 Pfennig auffrankiert und den neuen Gebühren angepasst.



Ganzsachenumschlag der Rohrpost (30 Pfennig) mit 5 Pfennig Ergänzungsgebühr für die Reichsabgabe am 18.9.1916 im Rohrpostbezirk.



Ganzsachenkarte der Rohrpost (25 Pfennig) mit 5 Pfennig Ergänzungsgebühr für die Reichsabgabe am 25.9.1916 im Rohrpostbezirk. Die Frankatur wurde handschriftlich entwertet.

Die im "Haus der Philatelie" in Bonn archivierten Proben für die neuen Ganzsachen der Rohrpost sind aus September 1916, die z. Zt. frühesten bekannten Verwendungen aus dem Frühjahr 1917.

Die neue Briefmarke zu 35 Pfennig (MiNr. 103) ist erstmals ab Februar 1909 in Gebrauch.



Ein Ganzsachenumschlag des Admiralstab, ein sog. DRUB, mit der laufenden Nr. 193 aus Oktober 1918 und der eingedruckten Gebühr (Wertstempel) für die Rohrpostbeförderung zu 35 Pfennig.

Am 11.9.1919 wurde das "Gesetz zur ausserordentlichen Reichsabgabe" von 1916 pflichtgemäß widerrufen - um durch die Reichspost eine neue Porto- und Gebührenstruktur ohne Reichsabgabe zum 1.10.1919 anzukündigen.
 
Pilatus Am: 08.07.2008 21:40:51 Gelesen: 1412871# 84 @  
Und so hat sich mein Urenkel das vorgestellt. Hat er mir gestern grade verraten.

Gruß Pilatus


 
Jürgen Witkowski Am: 09.07.2008 21:19:16 Gelesen: 1412839# 85 @  
@ Schmuggler [#83]

Prima, dass du zwischen deinen Knecht- und Frondiensten in Haus und Garten immer mal wieder hier nach dem rechten siehst und für die Weiterbildung der geneigten Leserschaft Sorge trägst.

Meine neueste Beute aus der Rubrik Rohrpost wirft bei mir Fragen auf.

Die Fakten:

Rohrpostkarte MiNr. RP 13
Der Ziffernstempel mit der 11 ist ein Botenstempel.
Aufgegeben wurde die Karte am 24.6.02 1.30 N auf dem Postamt Berlin W62.
Der Ankunftstempel ist identisch mit dem Aufgabestempel.

Das Postamt W 62 lag (liegt immer noch?) in der Schillstraße im Bezirk Tiergarten. Es handelt sich um ein Bestell-Postamt.

Meine Fragen:

Wo liegt die Sinngebung einer Rohrpostsendung, die lediglich innerhalb des Postamtes bewegt wurde, bevor sie vom Boten zugestellt wurde? Hat sie jemals eine Rohrpostbüchse von innen gesehen?

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 

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