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Thema: (?) (66) Oberschlesien - Marken, Prüfer und philatelistische Zukunft
Das Thema hat 85 Beiträge:
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Stefan Am: 03.06.2008 22:30:57 Gelesen: 72895# 1 @  
Hallo alle zusammen,

heute erhielt ich ein Buch, veröffentlicht 1922 mit dem Titel "Die Postwertzeichen Oberschlesiens" (Abstimmungsgebiet Februar 1920-Juni/Juli 1922) vom umstrittenen Prüfer Max Haertel. Er fasst als meines Wissens nach erster Sammler, Händler und Prüfer dieses Gebietes die Meldungen zu den Marken und Fälschungen dieser Ausgaben zusammen und veröffentlichte es als eine Art Handbuch (bzw. Büchlein). Der bekanntesten Briefmarkenvertreter dieses Gebietes dürfte die "Oppelner Notausgabe" sein.

Laut Vorwort erschien dieses Buch am 01.09.1922. Es beinhaltet auch einen Katalogteil in der Währung Reichsmark. Im Vorwort wird dort der Wechselkurs mit 1000 RM = 1 US-Dollar festgelegt, die deutsche Inflation machte es notwendig. Ich habe im Moment Schwierigkeiten, die Werthaltigkeit der oberschlesischen Marken im Jahr 1922 einzustufen; kurz, kann jemand sagen, wieviel 1922 ein US-Dollar wert war und wie viel Euro es in etwa (!) heute entsprechen würde?

Gruß
Pete
 
AfriKiwi Am: 04.06.2008 02:28:30 Gelesen: 72883# 2 @  
@ Pete [#19]

>>kann jemand sagen, wie viel 1922 ein US-Dollar wert war und wie viel Euro es in etwa (!) heute entsprechen würde?<<

Eine tolle Frage !

Vielleicht hilft dieses Link: -http://www.nowandfutures.com/us_weimar.html

Ich vermute daß sich preislich alles schnell geändert hatte in Monaten, wir beschrieben in '1923' und 1000 RM auch nur ein Schuss ins dunkle war.

Vielleicht hat jemand genaueres ?

Erich
 
Carolina Pegleg Am: 04.06.2008 03:33:56 Gelesen: 72880# 3 @  
@ Pete [#19]

"Kann jemand sagen, wie viel 1922 ein US-Dollar wert war und wie viel Euro es in etwa (!) heute entsprechen würde?"

Das ist nicht schwer. Ein US-Dollar in 1922 hatte dieselbe Kaufkraft wie US $12,79 heute (ermittelt durch Multiplikation der Inflationsraten von 1922 bis heute). Der Wechselkurs des Dollars gegen den Euro heute (3.6.) ist 0,647 Euro (immer traurig fuer mich das zu sehen). Damit: 1000 RM (1922) = US $1,00 (1922) = 8,27 EUR (heute).

Nun wuerde mich interessieren, ob eine der in dem alten Katalog mit 1000 RM bewerteten Marken heute real mehr oder weniger als EUR 8,27 kosten wuerde. Mein Tipp: Die Oberschlesischen Marken sind heute billiger zu kaufen als in 1922.

Natuerlich, um die Aussage von "Briefmarken als Aktien des kleinen Mannes" zu testen, muesste man nicht die Inflationsrate, sondern eine alternative Investitionsrendite zu Grunde legen. $1.00 investiert in 1922 zu 8% (z. B. langfristige Rendite von Investition in Aktien) unter Annahme von 15% p. a. Steuer waeren heute, 86 Jahre spaeter, $287 = 186 EUR. Mit anderen Worten, eine damals mit 1000 RM notierte Marke muesste heute mit 186 EUR ueber den Tisch gehen, damit sich der Kauf als finanzielle Investition gelohnt haette. Dieses Kriterium wird man beim Markenkauf damals wie heute allerdings niemals erfuellt sehen.

Interessanter ist daher vermutlich die erste Frage, ob die Bewertung der Marken von Oberschlesien wenigstens mit der Inflation Schritt gehalten hat. Mein Tipp ist, dass das Sammelinteresse an diesen Marken heute geringer ist als damals, und die Bewertungen daher inflationsbereinigt niedriger sind.
 
Stefan Am: 06.06.2008 05:44:05 Gelesen: 72841# 4 @  
@ Carolina Pegleg [#3]

Vielen Dank für die Info!

Eine kleine Auswertung des Büchleins schiebe ich hier noch nach und die inflationsbereinigten Preise ebenfalls. Nur soviel vorab, es wird interessant.

Gruß
Pete
 
Carolina Pegleg Am: 06.06.2008 06:51:05 Gelesen: 72837# 5 @  
@ Pete [#4]

Gern geschehen. Ich bin gespannt. Ich habe mich ja mit ein paar Tipps festgelegt. Mehr so zum Spass, um der Sache ein bischen Schwung zu geben.
 
Stefan Am: 06.06.2008 22:19:36 Gelesen: 72823# 6 @  
@ Carolina Pegleg [#5]

>>Ich bin gespannt. Ich habe mich ja mit ein paar Tipps festgelegt<<

Okay, dann möchte ich einmal anfangen, auch wenn es etwas umfangreicher wird. Zuvor aber einige Gedanken dazu: du schreibst, dass

>>Mein Tipp ist, dass das Sammelinteresse an diesen Marken heute geringer ist als damals, und die Bewertungen daher inflationsbereinigt niedriger sind.<<

Nachdem, was ich bisher in der Fachliteratur gelesen habe, war das Interesse besonders während der Abstimmungszeit (1920-22) selbst sehr groß, naturgemäß besonders im Deutschen Reich, aber auch in Frankreich als größter Anteil an der internationalen Kommission. Dies dürfte vor allem mit der Ungewissheit der seinerzeitigen politischen Situation zusammenhängen.

Wäre es nach der ursprünglichen Fassung des Versailler Friedensvertrages gegangen, hätte das Deutsche Reich das Gebiet Oberschlesien komplett und ohne (!) Abstimmung an Polen abgeben müssen. Deutscher und internationaler Einspruch ermöglichte zumindest eine Abstimmung in dem Gebiet, die sich nicht so ganz geplant, über ca. 29 Monate hinweg zog. In Allenstein, Marienwerder und Schleswig ging dies wesentlich zügiger vonstatten.

Bereits 1920 kamen die ersten Aufdruckfälschungen (Oppelner Notausgabe, Provisorien Mi-Nr. 10-12 + 10F u.a.) auf den Markt, ab 1922 verstärkt Aufdruckfälschungen des Plébiscite-Satzes Mi-Nr. 30-40, angeblich aus Paris. Sämtliche Fälschungen sind heute noch massenhaft vorhanden (teilweise sind meinen Erfahrungen nach bis zu 98% einer auf dem Markt befindlichen Markenausgabe Fälschungen) und führten im Laufe der Zeit dazu, dass das Sammelgebiet Oberschlesien immer mehr in Verruf geriet.

Allgemeines nachlassendes (politisches) Interesse an Oberschlesien (die in der Praxis durchgeführte Teilung erfolgte im Zeitraum Juni-Juli 1922) und aufkeimende Streitigkeiten zwischen diversen Prüfern, Händlern und Sammlern in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gaben dem Sammelinteresse quasi den Rest. Dem Buchautoren Max Haertel, der auch Prüfer war, wurde in den Briefmarkenzeitschriften der 20er Jahre vorgeworfen, wissentlich Fälschungen als echt zu signieren - eine richtige Schlammschlacht in der philatelistischen Presse.

Nach dem Tod Haertels (1935 oder Anfang 1936) verkaufte sein Sohn diverse Marken der Oppelner Notausgabe aus dem Nachlass mit entsprechendem Hinweis im Attest. Bisher aus dem Nachlass gesehene Marken sind allesamt Fälschungen.

1944 verschied der nächste Prüfer - Dr. Müller aus Leobschütz (Oberschlesien) - er ging als politischer Flüchtling und geschasste Person jüdischer Abstammung zusammen mit seiner Frau in den Suizid.

Die Signaturen beider Prüfer - Max Haertel und Dr. Müller - finden sich sehr sehr häufig auf Oberschlesienmarken und die Namen werden im Michel-Katalog erwähnt, dass man "Marken mit Prüfzeichen "Haertel", "Dr. Müller" und "Richter" unbedingt nachprüfen lassen." sollte. Dieser Hinweis erfolgt vollkommen zurecht, da sich auch Ansichten über echt und falsch in den letzten Jahrzehnten geändert haben!

Teilweise ist es schon eine Kunst, von einer katalogisierten Markenvariante ein Exemplar (egal ob Aufdruck echt oder falsch) zu finden, welches nicht signiert ist!

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts schritten einige Sammler zur Tat, versuchten das Sammelgebiet Oberschlesien neu zu beleben und gründeten die ArGe Oberschlesien im Verband des BdPh. Im Verlauf von 20 Jahren erschienen 20 kleinere Bücher, die zusammengefasst das Handbuch von Oberschlesien ergeben. Dies ist meiner Meinung nach die Grundlage schlechthin für die intensive Bearbeitung dieses Gebietes, da in den Beiträgen dieses Handbuches und der im Verlauf von 20 Jahren erschienenen Rundschreiben der ArGe zahlreiche detaillierte Hinweise über echt und falsch gegeben und Hintergrundwissen genannt werden. Vor allem die Herren Rolf Ritter (Kamen) und Prof. Dr. Urban (Neuss) haben die Veröffentlichung vorangetrieben. 1990 ging die ArGe Oberschlesien in die ArGe deutsche Ostgebiete über. Seitdem kommt es gelegentlich zu neuen Veröffentlichungen in den Rundschreiben dieser ArGe.

Als Preisgrundlage nenne ich hier das im Eingangsbeitrag erwähnte Handbuch von Max Haertel und ziehe als Vergleich den Michel Deutschland Spezial Katalog 2006, Band 1 zu Rate. Letzteres stellen wie bekannt im Allgemeinen keine Nettoverkaufspreise dar. Zu ersterem habe ich nirgendwo einen Vermerk gefunden.

Die nachfolgenden (Satz-)Preise beziehen sich auf gestempelte Marken. Im Katalogteil von Haertel sind auch ungebrauchte Marken als 1 Spalte bewertet, allerdings sehe ich kein Indiz, ob es sich um ungebrauchte Marken mit Falz oder postfrische Exemplare handelt.

Nach Haertel stellen 1000 RM = 1 US-Dollar von 01.09.1922 und nach dir 1 US-Dollar von 1922 = 8,27 € von heute dar.

Die billigste Marke nach Haertel wertet 0,30 RM (= 0,03 US-Cent von 1922 = 0,25 €-Cent von 2008) und die teuerste 15.000 RM (= 15 US-Dollar von 1922 = 124,05 € von 2008)

Mi-Nr. -> Preis nach Haertel 1922 -> Preis RM in Euro 2008 -> Katalogwert Michel Spezial Band 1 von 2006

1-9 -> 57,35RM -> 0,47€ -> 40,00€
10-11 -> 5,25RM -> 0,05€ -> 6,00€
12a -> 200,00RM -> 1,65€ -> 65,00€
12b -> 225,00RM -> 1,86€ -> 150,00€
10F -> 650,00RM -> 5,38€ -> 650,00€
13-29 -> 34,00RM -> 0,28€ -> 18,00€
30-40 -> 1225,00RM -> 10,13€ -> 350,00€
41-43 -> 49,50RM -> 0,41€ -> 24,00€

Insurgentenausgabe:
1A-7A -> 465,00RM -> 3,85€ -> 320,00€
1B-7B -> 350,00RM -> 2,90€ -> 220,00€

Dienstmarken:
Dienst 1-7 -> 28,50RM -> 0,24€ -> 15,00€
Dienst 8-20 -> 114,60RM -> 0,95€ -> 20,00€

Oppelner Notausgabe (Bsp.):
1 -> 2.000RM -> 16,54€ -> 1.200€
5 -> 6.000RM -> 49,62€ -> 1.000€
9 -> 7.500RM -> 62,03€ -> 1.200€
16 -> 10.000RM -> 82,70€ -> 1.200€
18 -> 5.000RM -> 41,35€ -> 1.200€
19-22 -> 11.200RM -> 92,62€ -> 4.300€
25 -> 6.500RM -> 53,76€ -> 10.000€
27 -> 4.000RM -> 33,08€ -> 10.000€
28 -> 1.500RM -> 12,41€ -> 4.000€
31 -> 15.000RM -> 124,05€ -> 10.000€
33 -> 8.000RM -> 66,16€ -> 10.000€

Neben der Mi-Nr. 33 für 15.000 RM listet Haertel 3 weitere Markenvarianten auf, die die höchste Katalognotierung von 15.000 RM (= heute entsprechend 124,05 €) verzeichnen:

- Mi-Nr. 11aU mit Plattenfehler "Pi." statt "Pf." im Markenaufdruck (Plattenfehler im Michel als ungezähnte Variante nicht gelistet und nach Literaturangangaben können davon höchstens 5 Stück weltweit existiert haben)

- waagerechter Zusammendruck der Mi-Nr. 25 + 5 (beide Oppelner Notausgabe) mit rotem bzw. blauem Aufdruck (im Michel keine Angabe, vermutlich von Haertel gelistete häufigste Fälschungsvariante - seinerzeit von ihm als echt beurteilt) und

- senkrechter Zusammendruck der Mi-Nr. 2 + 5 (beide Oppelner Notausgabe) mit blauem Aufdruck (im Michel keine Angabe, vermutlich von Haertel gelistete häufigste Fälschungsvariante - seinerzeit von ihm als echt beurteilt)

Als billigste Marke notiert Haertel für die gestempelten Marken Mi-Nr. Dienst 9 III und 11 III jeweils 0,30RM (III bedeutet Aufdruck waagerecht).

Bei den angegebenen Katalognummern handelt es sich, soweit nicht anders angegeben um die billigste Farb- bzw. Aufdruckvariante.

Man sollte der bei der Preiseinschätzung bedenken, dass die ersten Preise 1922 kurz nach der Aufteilung Oberschlesiens erschienen und seinerzeit noch mehr Material vorhanden war als 2006, für die die Michelnotierungen gelten.

Von 1922-2006 ist in 84 Jahren sicherlich einiges durch Sammler kaputt gegangen, was zur Materialreduzierung auf dem Markt herbeiführt. Hinzu kommt meinem Eindruck nach schwerwiegend auch die politische Entwicklung 1933-1945 - Krieg und Vertreibung im Jahr 1945 ließen sicherlich einiges an Material verschwinden.
Sudetenphilatelie wird sicherlich ähnliches über sein Sammelgebiet berichten können.

Ich sammle seit ca. 6 Jahren (seit der Umstellung von DM auf €) speziell dieses Gebiet und mein Eindruck ist, dass die tatsächlichen Verkaufspreise für gutes Material z.B. auf ebay aber auch auf Messen bzw. Fachhandel auf Tauschveranstaltungen nur eine Richtung kennt - den Preispfeil (teils steil) nach oben. Der Michel zieht nach, wenn ich mir als Vergleich die Katalognotierungen von 1996, 2001 und 2006 ansehe.

Seit einiger Zeit besteht auch nicht nur vor allem in Deutschland Interesse an den Ausgaben von Oberschlesien. Polnische Sammler entdecken zunehmend ebenfalls dieses Gebiet und reißen es aus seinem Dornröschenschlaf.

Französische Sammler können auch Interesse an Oberschlesien haben, da die (Ur-)Marken Mi-Nr. 1-43 in der Pariser Druckerei Atélier des timbres und nach französischem Vorbild hergestellt worden sind. Die Inschrift der Marken ist dreisprachig gehalten - deutsch, polnisch und französisch. Nebenbei: für die französische Markeninschrift von "Oberschlesien" = "Haute Silésie" spottete die deutsche Presse 1920 "Haut die Schlesier".

Zu guter letzt kommt noch, dass die Welt dank des Internets weiter zusammenrückt und sich der Kauf von Marken weltweit einfacher gestaltet als vor 10 Jahren oder mehr.

Gruß
Pete

Als Scan noch die Rückseite von 3 Preislisten, als Postkarte verschickt. Die obere Karte stammt laut Poststempel vom 17.06.1920: die untere Karte links vom 20.07.1920 und rechts unten vom 26.04.1922.

Die Karten stammen aus dem Abstimmungsgebiet selbst bzw. aus der nahen Umgebung.


 
Stefan Am: 10.06.2008 19:49:44 Gelesen: 72777# 7 @  
Im vorhergehenden Beitrag [#6] schrieb ich:

>>Dem Buchautoren Max Haertel, der auch Prüfer war, wurde in den Briefmarkenzeitschriften der 20er Jahre vorgeworfen, wissentlich Fälschungen als echt zu signieren - eine richtige Schlammschlacht in der philatelistischen Presse.<<

Wie im nachfolgenden Scan zu lesen, findet sich auch im Michel an mehreren Stellen eine Bemerkung über Max Haertel, ebenfalls auch über die Herren Dr. Müller und Richter:



Reihe 1-2: Prüfzeichen von Max Haertel, wobei die Dreiecke und "M.H." relativ selten zu finden sind. Am häufigsten sind meiner Ansicht nach die beiden verbliebenen roten Prüfzeichen zu sehen - 1x in Großbuchstaben (vor allem bzw. nur auf gefälschten Oppelner Notausgaben aus Haertels Nachlass ?) und 1x in Groß- und Kleinbuchstaben.

Reihe 3: Prüfzeichen von Dr. Müller/ Leobschütz - normalerweise in schwarz vorzufinden, seltener in blau und anscheinend sehr sehr selten in rot.

Reihe 4: Prüfzeichen von Herrn Richter - mir bisher nur bekannt auf gefälschten Oppelner Notausgaben, die, wenn gestempelt, einen nachgemachten (= neu hergestellten) Entwertungsstempel tragen.

Bei sämtlichen Marken handelt es sich um Aufdruckfälschungen, die teilweise dem derzeitigen BPP-Prüfer vorgelegen haben und als "Aufdruck falsch" signiert wurden.

Gruß
Pete
 
Jürgen Witkowski Am: 01.07.2008 15:47:22 Gelesen: 72710# 8 @  
@ Carolina Pegleg [#3]
@ Pete [#6]

Beim Sortieren meiner Heimatbelege bin ich heute auf eine Karte gestossen, die für eure Berechnung vielleicht hilfreich ist. Sie zeigt die Devisenschlusskurse vom 13. Dezember 1921. Die Zahlen kann ich allerdings nicht deuten. Da ist ein Finanz-Fachmann gefragt.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 
Stefan Am: 01.09.2008 20:30:43 Gelesen: 72481# 9 @  
Im Juni bzw. bis Mitte Juli 1922 erfolgte in Etappen die Übergabe des Abstimmungsgebietes Oberschlesien an das Deutsche Reich bzw. Polen. In beiden Fällen lagen im Normallfall Marken des betreffenden Staates vor, da die Übergabe der einzelnen Ortschaften vorab geklärt werden konnte, so dass reichlich Zeit für die Organisation des Postwesens in den betreffenden Gebieten blieb. Im Fall Polen wurden auch neue Stempel mit dem (neuen) polnischen Ortsnamen angeschafft. Die Marken des Abstimmungsgebietes Oberschlesien wurden nach der Übergabe des betreffenden Gebietes sofort ungültig, so dass keinerlei Mischfrankaturen zulässig waren.

Die Stadt Beuthen wurde in der ersten Juliwoche an das Deutsche Reich übergeben. Dies lässt sich auch philatelistisch dokumentieren:



Oberschlesien Mi-Nr. 26 mit Datum Montag, 03.07.22 sowie Deutsches Reich Mi-Nr. 158 mit Datum Samstag, 08.07.22

Die Dienstmarken von Oberschlesien wurden aufgebraucht. Wie im nachfolgenden Beispiel erkenntlich, verteilte die OPD Oppeln spätestens ab Oktober 1922 die Dienstmarken zu 5RM des Deutschen Reiches an die Behörden. In einer Behörde in Hindenburg waren augenscheinlich noch im Dezember 1922 Restbestände der 5RM mit Aufdruck für Oberschlesien vorhanden:



Deutsches Reich Nr. D33a als Paar mit Datum 12.10.22 sowie Oberschlesien Nr. D20b II mit Datum 07.12.22 (Stempel aus Hindenburg mit Unterscheidungsbuchstabe c) und Nr. D16 III mit Datum 05.02.23

Der Michel-Spezialkatalog bewertet Stempeldaten auf Dienstmarken Juli-Dezember 1922 pauschal mit 50% sowie mit Datum von 1923 pauschal mit 100% Aufschlag auf den Normalwert. Dennoch sind derartige Nachverwendungen meinem Eindruck nach selten zu finden. Unter mehreren 100 gestempelten Dienstmarken liegen mir gerade einmal 5 Exemplare vor, davon eine Marke von 1923 (siehe Scan, Marke mit Stempel von Beuthen).

Die Marken des Deutschen Reiches Nr. 158 und D33a fand ich heute zufällig beim Ausschlachten eines Dublettenbestandes gestempelter Inflationsmarken. Manchmal muss man einfach Glück haben :-)
In solch einem Fall können auch lose Marken eine kleine Geschichte erzählen, nicht nur Belege...

Gruß
Pete
 
cihs Am: 02.09.2008 13:39:46 Gelesen: 72454# 10 @  
Auch ich möchte ein paar OS-Dienstmarken, die nach der Abstimmungszeit aufgebraucht wurden, zeigen.



Die linke Marke wurde bereits im November 1922 in Berlin abgestempelt, die Mittlere im Februar 1923 in Breslau und bei der rechten Marke dauerte es bis Mai 1923 bis sie in Hindenburg abgestempelt wurde.

Gruß
cihs
(Sehr interessanter Beitrag)
 

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