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Thema: Müssen Prüfer fehlerhafte Angaben aus dem Michel-Katalog übernehmen?
Markus Pichl Am: 04.05.2017 14:45:26 Gelesen: 3972# 1 @  
Hallo,

dem Sachbearbeiter, des nachstehend verlinkten Auktionsloses, ist ein Beschreibungsfehler unterlaufen.

https://www.philasearch.com/de/i_9225_108598/350_Saar/9225-A156-3783.html

Soll heißen, die im Attest niedergeschriebene Qualitätsangabe: "Leichte Eckzahnrundung oben links, sonst einwandfrei." wurde ausversehen nicht korrekt zitiert und es heißt stattdessen in der Losbeschreibung: "Die Qualität ist einwandfrei.". Nach meiner Meinung ein typischer Copy-&-Past-Fehler, wenn ein Sachbearbeiter mehrere Lose aus gleicher Prüfsendung hintereinander erfasst und zwischengespeicherte Textteile für das nächste Los wiederverwendet.

Dieser Beschreibungsfehler ist dennoch rettbar, durch entsprechende Ansage des Versteigerers bei Aufruf des Auktionsloses im Auktionssaal (schriftliche Bieter kann das Auktionshaus ebenso benachrichtigen) oder ganz einfach durch das Zurückziehen selbigen und korrigierter Neuaufnahme in der nächsten Auktion.

Jetzt ist mir aber, bei Ansicht des Auktionsloses, zusätzlich aufgefallen, dass die Beschreibung des attestierten Aufdruckplattenfehlers im Attest, nicht wirklich einen Sinn ergibt - auch wenn sie so im Michel-Katalog vorgegeben ist.

Im Michel-Katalog heißt es:

K I = Querbalken des "e" ausgebrochen, oberer Bogen des "e" noch geschlossen.

K II = wie K I, jedoch zusätzlich oberer Balken des "e" gebrochen.

Eine korrekte Beschreibung des Aufdruckplattenfehler K II müßte somit heißen:

K II = wie K I, jedoch zusätzlich oberer Bogen des "e" gebrochen.

Warum dem Attestaussteller, Herrn Braun BPP, dies augenscheinlich noch nicht aufgefallen ist, dass das "e" in diesem Aufdruck oben nun einmal einen Bogen und keinen Balken hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ich bin guter Dinge, dass der Attestaussteller über die notwendige Kompetenz verfügt, die fehlerhafte Beschreibung im Michel ändern zu lassen und/oder sie in Zukunft nicht mehr zu verwenden. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass Prüfer derart fehlerhafte Beschreibungen aus dem Michel in ihre Expertisen übernehmen müssen.



Nebenbei möchte ich vermerken, dass ich weder Einlieferer oder Sachbearbeiter von dem verlinkten und auch anderswo diskutierten Los bin.

MfG
Markus
 
quinte Am: 04.05.2017 15:49:13 Gelesen: 3921# 2 @  
@ Markus Pichl [#1]

zum Attest, das Datum bestreffend:

- woher weiß der Prüfer, dass die Uhrzeit 7-8 = N ist und nicht V ?
- wo erkennt der Prüfer den UB "a" ?
- abgesehen vom Datum, Tag und Jahr für mich leider nicht nach den Prüfdaten nachvollziehbar.
 
LK Am: 04.05.2017 16:18:33 Gelesen: 3897# 3 @  
@ quinte [#2]

Hallo,

dass der Prüfer zu diesem Ergebnis gekommen ist, kann mehrere Gründe haben.

1. Die Marke lag in einer Einheit vor (waagerechtes Paar), und wurde zwecks besserer Verkäuflichkeit getrennt.

2. Die Marke befand sich mit anderen Werten auf einem Brief, wurde abgelöst und dem Prüfer der Brief mit vorgelegt.

Dafür spricht auch das Stempelfragment links auf der Marke.

Ich habe selbst schon bessere Marken von überfrankierten Sammlerbriefen abgelöst, und den Brief zur besseren Beurteilung der Prüfsendung beigefügt.

Zur fehlerhaften Beschreibung:

Wer viel arbeitet, macht viele Fehler.

Wer wenig arbeitet, macht wenig Fehler.

Wer nicht arbeitet keine Fehler, und wer keine Fehler macht wird gelobt oder befördert.

Beste Grüße

LK
 
quinte Am: 04.05.2017 18:17:29 Gelesen: 3830# 4 @  
@ LK [#3]

Aha, danke für die Aufklärung!
 
Markus Pichl Am: 04.05.2017 18:58:45 Gelesen: 3809# 5 @  
@ quinte [#2]

Hallo quinte,

dass es sich um den Kreisgitterstempel "ST. WENDEL * * a" handelt, ist durch den Bruch in der unteren Sehne der Datumsbrücke erkenntlich.

"7-8 N" ist mir im Moment ein Rätsel, da ich selbst, bezüglich der Stundenzahlen, nur "7-8 V" nachvollziehen kann und ich auch nicht wüßte, warum man in St. Wendel die Uhrzeit "7-8 N" verwendet haben sollte? Rein theoretisch war die Uhrzeit mit "N" aber am Gerät wohl einstellbar.

Eine zeitgerechte Entwertung kann man im Vergleich mit weiteren datierbaren Stempelabschlägen prüfen. Optimal geht dies natürlich, wenn die Vergleichsabschläge vom selbigen Tag stammen und sich auf unverfänglichem Belegmaterial befinden. In der Regel müssen aber zeitnahe Abschläge zum Vergleich herhalten und nur der glückliche Umstand vermag es, dass einer vom selbigen Tag im Vergleichsmaterial vorhanden ist. Abgeglichen wird dann die Stempelfarbe und der Gerätezustand.

Am Bild sieht die Tageszahl eher nach einer "13" aus, könnte am Original aber auch eine "18" sein (das Bild ist zwar nicht schlecht, aber nicht sonderlich groß). Am Bild gefällt mir auch die Stempelfarbe nicht wirklich, aber auch dies kann täuschen. Zumindest wurden im Jahre 1921 zahlreiche sogen. Trübsbach-Briefe aus St. Wendel versendet und persönlich entwickle ich dann innerlich eine gewisse Skepsis gegenüber höherwertigen Marken, die aus solchen Orten stammen, in denen viele Briefe von Händlern versendet wurden.

Im Moment gehen wir einfach einmal davon aus, dass insgesamt drei Prüfer den Stempel bezüglich Echtheit richtig beurteilt haben.

Der Auktionator erhielt von mir vorhin eine entsprechende email und selbstverständlich auch einen Hinweis, auf den sich in unsäglicher Art entwickelnden Thread in einem anderen Forum. Dort wurde sogar zwischenzeitlich unterstellt, man habe mit Absicht eine falsche Losbeschreibung formuliert (was ein Wahnsinn!). Das Los ist auch schon nachvollziehbar zurückgezogen (man betätige den im Erstbeitrag stehenden Link).

Mittlerweile habe ich auch einen Abschlag von diesem Stempelgerät gefunden, wenn auch aus 1923, der die Uhrzeit "7-8 N" zeigt. Somit ist die Theorie bestätigt.

MfG
Markus
 
quinte Am: 04.05.2017 19:26:46 Gelesen: 3775# 6 @  
@ Markus Pichl [#5]

Auch Dir danke für Deine Ausführungen.

LK [#3] hat ja erklärt, warum der UB "a" mit angegeben wurde - doch: wäre es AUCH dann korrekt in einem Attest, den nicht sichtbaren UB anzugeben, wenn Stempelmerkmale "durch den Bruch in der unteren Sehne der Datumsbrücke" erkenntlich es vermuten lassen?
 
Markus Pichl Am: 04.05.2017 20:42:53 Gelesen: 3731# 7 @  
@ quinte [#6]

Hallo quinte,

wenn ein Stempelabschlag keine Merkmale hergibt, dass er durch solche einem bestimmten Stempelgerät zuordnungsbar wird, dann kann man als Prüfer nicht wirklich einen Abgleich vornehmen und den Stempel nicht als einen echten und zeitgerechten Abschlag prüfen.

Ausnahmen, mögen die Regel bestätigen. Diese Ausnahmen sind m.E. aber eher im klassischen Bereich zu suchen. Soll heißen, zeigt z.B. ein Teilabschlag eines nicht näher bestimmbaren Vierringnummernstempels auf einer Thurn und Taxis MiNr. 10 Merkmale, die typisch für echte Entwertungen sind, so kann man schon eher von einem echten Abschlag ausgehen, da in ungebrauchter Erhaltung die Marke um ein zigfaches seltener und teurer ist.

Letztendlich ist eine auf "echt" lautende Prüfung immer nur eine Annahme. Von Vorteil ist, wenn diese Annahme, aufgrund von vielerlei Merkmalen im Abgleich mit umfangreichen Vergleichsmaterial, mit einem höchs möglichen Prozentsatz verbunden ist. Dieser Prozentsatz endet, wie beim Vaterschaftstest, bei 99 Prozent und irgendetwas hinterm Komma. Je fälschungs- bzw. verfälschungsgefährdeter eine Marke ist, sollte der Prozentsatz für die Annahme "echt" weitaus höher liegen, als bei einer in Masse vorkommenden. Was als "prüfbar" gilt, hat sich im Laufe der Jahre, vor allem in Bezug von Stempelechtheit, immer weiter verschärft und dies aus gutem Grund.

MfG
Markus
 
bovi11 Am: 04.05.2017 20:54:52 Gelesen: 3719# 8 @  
@ Markus Pichl [#1]

Hallo Markus,

um die Eingangsfrage

Müssen Prüfer fehlerhafte Angaben aus dem Michel-Katalog übernehmen?

zu beantworten: Natürlich muß der Prüfer fehlerhafte Angaben aus dem Michel-Katalog nicht übernehmen.

Das gäbe auch wenig Sinn, denn wenn der Katalog fehlerhafte Angaben enthält, gibt es keinen plausiblen Grund, den Fehler zu übernehmen und weiter zu verbreiten.

Wenn der Prüfer beispielsweise neuere Erkenntnisse hat, muß er naturgemäß nicht warten, bis diese Eingang in den Katalog - Michel oder sonstwas - gefunden hat.

Grüße

Dieter
 
Markus Pichl Am: 04.05.2017 21:05:08 Gelesen: 3714# 9 @  
Hallo Dieter,

seit gut 20 Jahren versuche ich Prüfern zu erklären, dass wir nicht nach dem Michel-Katalog prüfen, sondern nach erforschten Erkenntnissen. Der Michel-Katalog darf das katalogisieren, was die Forschung hervorgebracht hat und geprüft ist.

Durchaus könnte ich jetzt einige Beispiele nennen, wo Prüfer abgewartet hatten, bis die zu prüfende Sache in den Michel-Katalog Einzug gehalten hatte. Selbst bei einer der bedeutensten Neuentdeckungen der letzten Jahre, fragte sich der BPP-Prüfer, der erstmalig diese Seltenheit attestierte, ob er diese denn schon vor Katalogaufnahme attestieren dürfte (ich hing damals fast unter der Decke, in dem entsprechenden Telefonat). Er klärte dies dann ab und attestierte vor Katalogisierung.

MfG
Markus
 
bovi11 Am: 04.05.2017 21:18:32 Gelesen: 3702# 10 @  
@ Markus Pichl [#9]

Um ein Beispiel zu Notopfermarken zu bringen:

Bis 1975 war im Michel die Notopfer Nr. 2 KW mit der Linienzähnung 13 ½ verzeichnet:



Bei der früheren Katalognummer 2 KW handelt es sich um die Fälschung eines Briefmarkenhändlers aus Hamburg. Die Linienzähnung L 13 ½ wurde aus Bögen der Nr. 1 W hergestellt. Es sind sogar Briefe mit dieser gefälschten Marke bekannt geworden, die von Salomon als echt attestiert wurden.
 
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