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Thema: USA wollen Weltpostverein verlassen
swk-ler Am: 17.10.2018 23:14:06 Gelesen: 3452# 1 @  
"Die US-Regierung gab in Washington die Absicht bekannt, ein 144 Jahre altes internationales Postabkommen der Vereinten Nationen aufzukündigen."

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/handelsstreit-usa-kuendigen-internationales-postabkommen-a-1233828.html
 
DL8AAM Am: 17.10.2018 23:45:27 Gelesen: 3429# 2 @  
Das geht primär gegen den chinesischen eCommerce-Bereich, was man teilweise wirklich auch sehr gut verstehen kann, denn es kann irgendwie nicht mit "nicht rechten Dingen zugehen", wenn man sich über ebay (wie ich kürzlich wieder) einen Auto-12 Volt-USB-Adapter für 1,12 € inklusive Versand zuschicken lassen kann. Hier in Europa geht das hauptsächlich über die Auslandsniederlassungen der (privatisierten) deutschen, französischen und belgischen Postanstalten etc. Die amerikanische Post, die USPS, als bundesstaatliche Behörde kann das nicht, sie legt deshalb bei jeder dieser Lieferungen aus China kräftig drauf.
 
Cantus Am: 18.10.2018 01:16:36 Gelesen: 3414# 3 @  
Ähnliches trifft wohl auch auf Deutschland zu. Ich habe kürzlich bei Ebay.de hineingeschaut und nach einem "elektrischen Klavier" oder Ähnlichem gesucht. Dabei fiel mir eine Anzeige auf, wonach ich so ein Ding für 1,18 Euro zuzüglich 0,80 Euro für den Versand kaufen könne - mit Bezahlung über PayPal, die dabei noch 5% von den 1,98 Euro = 0,10 Euro einbehalten. Das Gerät ist zwar noch nicht hier, aber für 2 Euro wollte ich das Ganze einfach mal ausprobieren.

Etwas Ähliches hatte ich schon Anfang 2018 erlebt. Da hatte ich bei einem scheinbar deutschen Anbieter verschiedene Samentütchen zu je 1 Euro gekauft, das entspricht in etwa auch den Preisen in Gartenmärkten. Zugeschickt wurden sie aber in 5 verschiedenen Flugpostsendungen, alle aus der VR China. Das kann sich keine Firma leisten, da muss also Absicht der chinesischen Regierung dahinterstecken. Das Ganze scheint Methode zu haben und wenn die deutsche und auch die anderen europäischen Regierungen nicht gegensteuern, wird das zur Zerstörung der europäischen Wirtschaft führen.

Viele Grüße
Ingo
 
DL8AAM Am: 18.10.2018 11:57:08 Gelesen: 3330# 4 @  
Ingo,

mit dem entscheidenden Unterschied, dass bei Lieferungen für den europäischen Markt eben die europäischen, privatisierten Postanstalten und nationalen UPU-Mitglieder, selbst in der "Lieferkette" mit drin stecken. Die meisten betreiben ja in China "Auslandspostämter", sprich Niederlassungen, die die Warensendungen direkt in China einsammeln (lassen) bzw. konsolidieren und dann als Frachtsammelsendungen nach Europa transportieren. Die Deutsche Post AG betreibt mit der DHL Aviation eine der größten Flugzeugflotten der Welt und besitzt übrigens neben der DHL Aviation noch etliche weitere Fluggesellschaften in aller Welt. Die "offizielle" UPU-Einschleusung (oftmals sogar die Vereinzelung der Sendungen) für die (selbst zustellende) "Last Mile" wird dabei irgendwie über die Frachtkosten "kompensiert".

Die staatliche amerikanische USPS, die ja in der "Tiefe des Landes" (oftmals als einzige) als Bundesbehörde aktiv ist (die Beantragung von Reisepässen ist u.a. so eine "Bundessache", die von der Post mit abgewickelt wird), ist (und wird) aber eine traditionelle, hoheitliche Post (bleiben), die dort irgendwie schon eine "soziokulturelle" Aufgabe hat. Selbst wenn eine Privatisierung angedacht werden sollte (was nicht ist), wäre dieses schon auf Grund der Fläche des Landes (und der Besiedlungsdichte im Hinterland) kaum kommerziell sinnvoll zu bewältigen. Unsere "Spreewaldruderboot-" und "Halligdraisinenbahnbriefträger" sind nette Folklore, die man sich wegen der schönen Bilder in der Öffentlichkeit mal eben "gönnt" und als Totschlagargument der kompletten Privatisierung des Postbereichs dient bzw. etwas das bei der nächsten Portoerhöhung pressewirksam vorgeführt wird.

Wobei der entscheidene Faktor bei den USA aber eben der im Artikel angesprochene Passus "Die ursprünglich von 1874 stammende und insgesamt 192 Staaten umfassende Regelung wurde laut dem Bericht der New York Times 1969 so angepasst, dass arme und Entwicklungsländer - inklusive China - deutlich besser gestellt sind als wohlhabendere Staaten in Europa und Nordamerika." ist. Damals als Entwicklungshilfe für kleine Postanstalten, die nicht "auf Augenhöhe" mitspielen konnten, eingeführt, sich heute aber ins komplette Gegenteil verkehrend. Die USPS bezahlt sozusagen der chinesischen Exportwirtschaft deren Transportkosten und ist somit (über die UPU-Vertragsverpflichtungen) indirekt für den Niedergang der eigenen heimischen "Produktion" (und "Handels-Infrastruktur" kleiner Orte im Hinterland) mit verantwortlich.

Das ist zwar etwas vereinfacht gesagt, aber im Kern (natürlich auch neben anderen Dingen) doch so ziemlich zutreffend. Und das greift nicht nur beim inzwischen veralteten und von der "Postprivatisierungwelle" komplett überholten UPU-Vertragswerk. Stichwort WTO, WB, IWF etc. Das hier nun die amerikanische Politik irgendeinmal (endlich) gegensteuern wird, war schon lange absehbar oder gar nötig. Nur wollte es sich eben bisher keiner mit der "Weltöffentlichkeit" anlegen bzw. man agierte in vermeindlichen wichtigeren "Dingen". Hier macht irgendwie "America First" schon einen Sinn. Irgendwie...

Und übrigens im Artikel steht nicht, das die USA die UPU verlassen will, sondern dass sie das UPU-Vertragswerk an die neue Postwelt anpassen wollen.

Gerade wegen dieser modern-postalischen Situation sind Belege aus dem chinesischen eCommerce-Bereich aktuell auch eines der spannendsten philatelistischen Bereiche der Philatelie überhaupt. Echter Bedarf, echtes Leben (gut "keine Buntenbildchen-Briefmarken"), irreste Laufwege und kaum bis absolut keine öffentlich dokumentierte "Handlungsanweisungen" etc. der beteiligten Postanstalten und deren Logistiker - und keiner beachtet bzw. beackert diese Bereiche. Literatur? Artikel? Fehlanzeige? Spannend!
 
Francysk Skaryna Am: 21.10.2018 17:00:37 Gelesen: 3192# 5 @  
Moin,

es mag ja richtig sein, dass Anpassungen im Regelwerk der UPU vonnöten sind. Aber es ist natürlich eine Frage des Stils, wie das ganze vonstatten geht. Es geht - einmal mehr - um einen Deal. Die BBC hat dazu einen Beitrag veröffentlicht [1]. Demnach ist die Ausrittserklärung die Bühne für ein besseres Geschäft. Um ein faires System, von dem hochrangige Regierungsbeamte gegenüber Reportern sprachen, hätte man sich schon beizeiten kümmern können. Aber der Herr im Weißen Haus setzt den Beteiligten einmal mehr die Pistole auf die Brust. In China sieht mal großer globaler Exporteur den größte Nutznießer des aktuellen Systems. Die Rabatte belasten die Finanzen des US-Postdienstes und erleichtern den Versand gefälschter Waren. Soweit die Argumentation.

Womöglich liegt die Ursache für die plötzliche Reaktion eher in dem Umstand begründet, dass sich außer US Postal Service Unternehmen wie Amazon und FedEx über die Rabatte für ausländische Versender beschwert haben. Das tun sie zwar schon länger, aber das aktuelle System ermöglicht Ländern bereits jetzt die Möglichkeit, eigene Tarife für größere Pakete festzulegen. Es geht den USA um Änderungen für Pakete mit einem Gewicht von weniger als 2 kg.

Wie stichhaltig das Argument also ist oder ob es um die Verdrängung lästiger Konkurrenz geht - das mag jeder selbst entscheiden. Sollte es hart auf hart kommen heisst es wohl - wie die New York Times schreibt [2] Return to sender.

Warten wir es ab.

Gruss

[1] https://www.bbc.com/news/business-45894346
[2] https://www.nytimes.com/aponline/2018/10/19/world/europe/ap-eu-switzerland-us-postal-problems.html
 
dietbeck Am: 07.06.2019 13:48:14 Gelesen: 2981# 6 @  
USA verlässt Weltpostverein ?

In der neuen DBRevue wird auf Seite 64 geschrieben, dass die USA erwägen, aus dem Weltpostverein auszutreten. Begründung ist, dass einzelne Staaten wie China bei bestimmten internationalen Postgebühren begünstigt würden.
 
bignell Am: 07.06.2019 15:07:28 Gelesen: 2946# 7 @  
saeckingen Am: 07.06.2019 15:10:44 Gelesen: 2941# 8 @  
Deswegen dürfen seit 1.4 bei der Deutschen Post AG im internationalen Versand keinerlei Waren mehr in Briefsendungen enthalten sein.
 
DL8AAM Am: 23.09.2019 05:31:55 Gelesen: 2606# 9 @  
Zum Sonderkongress der UPU vom 24. bis 26. September 2019

https://orf.at/stories/3137359/
 
swk-ler Am: 26.09.2019 10:43:47 Gelesen: 2517# 10 @  
Kompromiss auf Sonderkongress: USA bleiben im Weltpostverein

Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/weltpostverein-usa-deutsche-post-1.4616665
 
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