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Thema: Einfluß der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Philatelie
Briefmarkensammler Am: 02.02.2009 00:06:08 Gelesen: 14711# 1 @  
Nachdem die Finanzkrise nunmehr auf allen Ebenen in die Realwirtschaft durchschlägt, scheint eine markante Wirtschaftskrise wohl nicht mehr zu vermeiden. Erste konkrete Anzeichen, lassen sich aus der Arbeitslosenstatistik für den Monat Januar ablesen.

Mir stellt sich die Frage, wie sich die Krise auf die Philatelie auswirkt bzw. künftig auswirken wird ?

Einige Gedanken, die mir dazu gerade durch den Kopf gehen:

1.
Neuheiten-Sammler haben weniger Geld in der Tasche und werden daher weniger Neuerscheinungen nachfragen. Auch Händler werden weniger Lagerbestände modernen Materials aufbauen. Die Auflagen der Neuerscheinungen sollten aus diesen Gründen wohl weiter deutlich sinken.

Auf der anderen Seite könnte diese "Kaufzurückhaltung" auf längere Sicht jedoch durchaus Potential für Wertzuwächse zur Folge haben. Sammler und Händler die heute aus finanziellen Gründen Lücken in ihren Sammlungen in Kauf nehmen, werden nach Ende der Krise versuchen diese Lücken zu schliessen. Bei den niedrigen verfügbaren Auflagen müsste dies unweigerlich zu höheren Preisen für dieses Material führen.

2.
Unter dem Aspekt "Flucht in die Sachwerte" vermute ich insbesondere im gehobenen Bereich der Philatelie eine konstant stabile Nachfrage, die der generellen Kaufzurückhaltung entgegenwirkt. Philatelistische Spitzen werden wohl auch weiterhin ihren (hohen) Preis kosten, auch wenn aufgrund vieler Sammlungsauflösungen kontinuierlich gutes Material in den Markt drückt.

3.
Der Trend zu erstklassiger Qualität als "Normal-Qualität", wird sich wohl weiter beschleunigen. Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten, wenn sich viel Material auf dem Markt befindet und die Nachfrage unterdurchschnittlich ist, focussieren sich die Käufer auf die bestmögliche Erhaltung der jeweiligen Ausgabe. Marken mit Fehlern, Falz oder Signaturen (bei **) werden im Vergleich zur Top-Erhaltung daher wohl weiter an Wert verlieren.

Wie seht Ihr das ? Wie ändert sich Euer Sammel- und Kaufverhalten ? Wie bewertet Ihr Risiken und Chancen, die sich mit dieser in ihrer Dimension noch gar nicht absehbaren Krise ?
 
Jürgen Witkowski Am: 02.02.2009 00:58:51 Gelesen: 14699# 2 @  
@ Briefmarkensammler [#1]

Ich sehe bei meiner persönlichen Art und Weise zu sammeln und philatelistisch zu forschen überhaupt keine Veränderungen auf mich zukommen.

Neuheiten interessieren mich nicht im Geringsten, da können alle Postverwaltungen der Welt herausbringen, was sie wollen. Mir ist ein Absenderfreistempel auf einem Brief tausendmal lieber, als ein gebastelter Beleg mit Sondermarke und Sonderstempel aus Anlass des 181. Leberwurstmarktes in Ober-Kleinkleckersdorf.

Genau so wenig betrifft mich, ob für diese von interessierter Seite gepushtem Medieninteresse "Raritäten" wie Hepburn-Marke oder Mauritius-Brief nun 100.000 Euro oder 1.000.000 Euro bei Auktionen erzielt werden. Die Mär von der Briefmarke als Wertanlage und noch schlimmer, als der Aktie des kleinen Mannes stimmte schon vor hundert Jahren in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht. Sie hat sich aber scheinbar tief in die Hirne vieler Menschen eingeprägt. Das böse Erwachen kommt immer erst dann, wenn der Sammler oder gar seine Erben daran gehen, das angesammelte "Lebenswerk" zu Geld zu machen. Die Presse und weite Teile der Öffentlichkeit reduzieren, wie bei kaum einem anderen Hobby, ihren Fokus auf den finanziellen Aspekt.

Persönlich habe ich mehr Vergnügen daran, eine für wenig Geld oder besser noch im Tausch erhaltene Steckkarte von Bayern MiNr. 2 zu bestimmen, als mir diese öde Hepburn-Marke anzusehen.

Mich würde eine Erhöhung der Preise für Literatur viel härter treffen, als irgendwelche Preisentwicklungen auf dem Briefmarkenmarkt.

Ich denke, man sollte aus Spaß und Forscherdrang innerhalb seines persönlichen finanziellen Rahmens sammeln und die Erwartungen an eine spätere Wertschöpfung außer Acht lassen. Wenn er sich mit seinem Sammelgebiet gut vertraut gemacht hat, kann er sein Hobby möglicherweise dadurch refinanzieren. Wer eine Reise unternimmt und wieder zuhause ankommt, hat auch Geld ausgegeben, doch nur selten etwas in der Hand was er zu Geld machen kann. Aber er hat oft eine Menge Spaß gehabt.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
AfriKiwi Am: 02.02.2009 01:00:50 Gelesen: 14698# 3 @  
@ Briefmarkensammler [#1]

Nach meiner Meinung:

1. <<Bei den niedrigen verfügbaren Auflagen müsste dies unweigerlich zu höheren Preisen für dieses Material führen.<<

Anscheinend stimmt das nicht oder so wären Neuheiten in kurzer Zeit schon viel teurer beim Händler. Erst müssen die Lücken enstehen, dann kommt die Preiserhöhung. Ein Ausgleich damit ist das Tempo daß Sammler aufhören mit Neuheitenankauf als auch andere Einflüsse - mehr Internet, weniger Jugendsammler.

2. und 3.

Nicht jeder kann sich einen Picasso kaufen aber der Geldbeutelphilatelist kauft sich etwas in dieser Richtung. Ein Macksmack ist nichts für fortschrittener Sammler und sein Fund wird bestimmt durch die Wahl der Zeit.

Erich
 
Jürgen Witkowski Am: 02.02.2009 01:08:38 Gelesen: 14694# 4 @  
@ AfriKiwi [#3]

Picasso kenne ich, aber wer ist Macksmack? Selbst Google ist völlig ratlos!

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
AfriKiwi Am: 02.02.2009 01:16:36 Gelesen: 14689# 5 @  
@ Concordia CA [#4]

Hallo Jürgen,

Genau, Macksmack - ein geschmackloses oder kunstloses Bild.

Wer würde nicht den Unterschied sehen, der wäre auch kein Briefmarkensammler ?

>>Wer eine Reise unternimmt und wieder zuhause ankommt, hat auch Geld ausgegeben, doch nur selten etwas in der Hand was er zu Geld machen kann. Aber er hat oft eine Menge Spaß gehabt.<<

Das ist wohl so, aber ändere es etwas: Wer eine Reise unternimmt und wieder zuhause ankommt, kann viel erzählen, hat auch Geld ausgegeben, doch nur selten etwas in der Hand was er zu Geld machen kann aber mehr Ideen im Kopf und das macht oft eine Menge Spaß.

Erich
 
doktorstamp Am: 02.02.2009 05:19:48 Gelesen: 14678# 6 @  
@ Concordia CA [#2]

Lieber Jürgen

Im wesentlichen stimme ich dir zu.

Diese Krise macht sich aber schon bemerkbar, bekanntlich ist das Durchschnittsalter der Sammler um die Mitte 50, oft älter, und viele sind frühzeitig in die Rente gegangen. Wo sie einst noch am Anfang des Jahres 2008 von den Zinsen leben können (um ihre Rente etwas aufzupolstern), haben sie jetzt auf einiges zu verzichten, oder sie nehmen Geld aus der Kapitalanlage, was bei den meisten nicht auf die Dauer in Frage kommt. Folglich geben sie weniger für das Hobby aus, wiederum die Händler haben in den letzten 12 Monaten ihre Verkaufspreise auf 30 oder gar 50% des Katalogwertes umgestellt, feilschen kann man immer noch, immerhin der Umsatz nimmt ab, und wie gesagt die älteren geben weniger aus.

Durch diese Krise ist der Mittelgrund weg. In den Geschäften werden Rabatte bis zu 70% angeboten um wenigstens dem Umsatz gerecht zu werden, oder zumindest den Versuch zu machen. Wahrhaftig sterben die Städtezentren hier aus.

Stirbt das Hobby hierdurch aus, nein, keineswegs, man wird doch Mittel und Wege finden um ihm doch noch nachzugehen. Dem Handel jedoch wird es sicher nicht so glimpflich abgehen.

Bei den Auktionshäusern hier merkt man, noch erzielen Spitzenstücke gutes Geld, alles andere beibt unverkauft oder geht zu Spottpreisen weg. Manche Auktionshäuser haben ihre Provision erhöht, da bleibt einem nicht viel übrig.

Die Zahl der Arbeitslosen wird gefuscht, denn es gibt haufenweise welche wie ich, die zwar eine Stelle noch haben, aber keine Arbeit.

Spanien, Griechenland und andere beliebte und bevorzugte Touristenziele werden noch in diesem Jahr das "Wunder" der Krise erleben mussen.(bewüßt ohne ü geschrieben).

Wenn das ganze nur noch zwei Jahre dauern soll, da bin ich mir nicht so sicher.

denkend

Nigel
 
duphil Am: 02.02.2009 12:13:19 Gelesen: 14652# 7 @  
@ Briefmarkensammler [#1]

Hallo zusammen!

Ich habe mir auch einige Gedanken zu diesem Thema gemacht.

Mich selbst trifft der Punkt 1. überhaupt nicht, genauso wenig wie es Concordia CA (Jürgen) trifft. Neuheiten interessieren mich wirklich nicht. Und Belege der Sorte “aus Anlass des 181. Leberwurstmarktes in Ober-Kleinkleckersdorf“ sind auch nicht mein Ding.

Viele Sammler aus meinem Verein haben auch schon ihre Neuheiten-Abos gekürzt oder ganz gekündigt, was den Neuheiten-Wart nicht wirklich freut.

Sammlerstücke aus dem Bereich der „Spitzenphilatelie“ kann ich mir nicht leisten und brauche ich auch nicht. Ich würde die guten Stücke vermutlich sofort wieder verkaufen, um etwas anderes für meine Sammlungen zu erwerben.

Festgestellt habe ich auf Verkaufsveranstaltungen wie Messen und bei Besuchen von Großtauschtagen, dass die Preise für Standard-Material in durchschnittlicher Erhaltung immer mehr in den Keller gehen. Das selbe sieht man ja auch in Internetauktionen. Gute Ware bringt auch weiterhin gutes Geld und wird auch nachgefragt.

Für meine Sammelgebiete achte ich immer mehr und verstärkt auf „Spitzen“qualität, aber nur für mich, weniger wegen einem späteren Verkauf.
Das trifft besonders bei dem Motiv „Rotes Kreuz aus aller Welt postfrisch“ zu. Hier tausche ich seit einiger Zeit Falzmarken und Marken ohne Gummi gegen postfrisch aus, sofern mach- und bezahlbar.

Bei meinen Berlin-Briefen hätte ich gerne immer Belege wie frisch gemacht, doch da muss ich ab und an Abstriche machen, besonders bei seltenen Verwendungsformen.

Für die Erforschung des Sammelgebiets „Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes bis 1923“ nehme ich sowieso, was ich kriegen (und bezahlen) kann, denn da sind fast alle Belege Einzelstücke. Das gleiche gilt hier für Literatur.

Zusammengefasst kann ich (für mich persönlich) sagen, dass ich trotz und nicht erst seit der Krise nicht weniger Geld für meine Sammlung ausgebe, sondern anders und sicher auch gezielter.

Als Anlage habe ich meine Sammlungen nie gesehen, sondern sammle aus „Spaß an der Freud“.

Mit freundlichen Gruß
Peter
 
Carolina Pegleg Am: 03.02.2009 07:00:38 Gelesen: 14605# 8 @  
Ein sehr interessantes Thema. Alle sind natürlich weltweit von der Krise betroffen; hier geht es allerdings besonders drunter und drüber.

Wie sich die Krise direkt auf die Philatelie auswirkt, kann am Börsenbarometer nur schlecht abgelesen werden. Es gibt nur wenige börsennotierte Firmen in diesem Sektor. Jedenfalls ist mir ist nur eine öffentlich gehandelte Firma bekannt, deren Kerngeschäft Briefmarken sind, die britische Stanley Gibbons Group Ltd (SGI). Hier ein Link zu einer aktuellen Pressemitteilung:

http://www.reuters.com/article/companyNews/idUKTRE50J53C20090120?symbol=SGI.L&sp=trü

Interessant ist der gesamte Abschnitt weiter unten unter der Überschrift "Recession Proof?" Ich übersetze nur den letzten Absatz der Expertenmeinung:

"The actual collectible side of the business is quite resilient because stamp collectors are passionate about what they do and tend to continue collecting through thick and thin."

"Die eigentliche Sammelseite des Geschäftes ist ziemlich belastbar (= 'resilient' mag auch unverwüstlich heissen) weil Briefmarkensammler leidenschaftlich über ihre Tätigkeit sind und dazu neigen durch dick und dünn weiterzusammeln."
 
doktorstamp Am: 03.02.2009 10:08:01 Gelesen: 14590# 9 @  
@ Carolina Pegleg [#8]

Gestern lag die Stanley Gibbons Aktie um 87 p, von wegen nicht davon betroffen.

mfG

Nigel
 
Stempelwolf Am: 03.02.2009 23:41:43 Gelesen: 14541# 10 @  
Anscheinend geht das "kleine" Geld aus. Die Spaßbieter auf Internetauktionen vermehren sich rasant.

Beste Grüße
Wolfgang
 
Carolina Pegleg Am: 04.02.2009 02:16:20 Gelesen: 14529# 11 @  
Ich möchte da jetzt nicht zu tief einsteigen. Jedenfalls lässt sich aber aus einem einzelnen Tageskurs einer Aktie alleine nicht viel ablesen, auch wenn bei Pennystocks sicher immer grosse Vorsicht angebracht ist.

Ob eine Aktie billig oder teuer ist hängt nicht zuletzt von der Anzahl der ausgegebenen Aktien ab, also ob der Kuchen in 10 grosse, 100 mittlere, 1,000 kleine oder 10,000 winzige Stücke geteilt ist. Ob der Kuchen schmeckt, kommt nicht darauf an, in wie viele Teile er geteilt ist, sondern ob die Firma langfristig einen positiven Cashflow aus ihrem operativen Geschäft erwirtschaften kann.

Nach eigener Verlautbarung sieht Stanley Gibbons dies sehr positiv. Die einzigen beiden Analysten-Vorhersagen (wahrscheinlich sell-side Analysten, also wieder mit Vorsicht zu geniessen), die ich gefunden habe, lauten "buy" und das prognostizierte einjährige Kursziel ist 134 pence. Dazu kommt noch 4-5% Dividende, allemal besser als auf dem Sparbuch, die eine gewisse Sicherung gegen das Kursrisiko bringt. Das ist keine Börsenempfehlung. Es gibt sicher tausende bessere Firmen zu investieren als ausgerechnet SG. Ich habe es aufgebracht, weil es zum Thema passt. In einem Jahr können wir zurückschauen und sehen was geworden ist.

Andere Firmen die aus philatelistischer Sicht interessant sind, sind Pitney-Bowes, deren Hauptkonkurrent Neopost (sehr aktiv in Deutschland, haben auch m. W. die Schweizer Hasler übernommen), und stamps.com.

Die Betriebsrenten in Amerika laufen praktisch alle über Aktienfonds, deren Wert sich nun etwa halbiert hat. Viele Kollegen, Freunde und Bekannten mussten ihre Rentenpläne begraben und müssen nun noch ein paar Jahre dranhängen.
 
Henry Am: 04.02.2009 08:05:51 Gelesen: 14515# 12 @  
Wie aus den bisherigen Beiträgen entnommenwerden kann, sind bei der Lösungssuche zur Ausgangsfrage 3 Ebenen zu betrachten:

1. Handel, 2. Sammlerverhalten, 3. allgemeine Philatelie.

Die Auswirkungen der Krise auf den Handel wurde in den Beiträgen bereits dargestellt, da bedarf es keines "Senfes" mehr von meiner Seite.

Das Sammlerverhalten muss differenziert betrachtet werden. Die "Altgebiet"-Sammler wird es weniger betreffen, wie es Concordia CA und duphil erläutert haben. Diese Sammler werden durch Krisen wohl mehr nur durch die Auswirkungen beim Handel berührt.

Das Neuheiten-Sammeln wird aber etwas ausführlicher betrachtet werden müssen, weil es eben auch die Grundlage für die Philatelie ist, die nicht nur vergangene Krisen überstanden hat, sondern auch die jetzige und weitere überstehen wird. Die Folgen der derzeitigen Krise werden für das Neuheiten-Sammeln erst später sichtbar. Die Philatelie kommt um das Neuheiten-Sammeln aber nicht herum. Schon immer war es am billigsten, Dinge zu beschaffen, solange sie im Produktionszeitraum erworben werden können. Und "Neuheiten-Gebiete" werden auch mal "Alt-Gebiete". Ob wir das dann noch erleben, ist eine andere Frage. Das sollte bei der "Philatelie"-Betrachtung aber auch nicht an erster Stelle stehen.

Ich sehe daher die unter Punkt 1 und 3 gemachten Äußerungen in Beitrag 1 als zutreffend für Neuheiten-Sammler an, weil es einfach zwangsläufige Folgen sind.
Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass irgendwann das Sammelinteresse wieder steigt und damit mehr Nachfrage entsteht.

Gleichwohl denke ich, dass die "Flucht in Sachwerte" im Philateliebereich als Ausweg aus der Krise der falsche Weg wäre. Das Geldvolumen, das hier für einen Erfolg notwendig wäre, haben die allerwenigsten der durch die Krise betroffenen Sammler zur Verfügung. Und die, die es vorher hatten, spüren die Krise nicht in dem Maße, dass sie ängstlich sein müssten.

Mit philatelistischem Gruß
Henry
 
doktorstamp Am: 04.02.2009 12:09:48 Gelesen: 14500# 13 @  
@ Carolina Pegleg [#11]

http://www.asa.org.uk/asa/adjudications/Public/TF_ADJ_44921.htm

Es ist auch hier interessant zu lesen, zumal die Werbung der Firma Stanley Gibbons für irreführend erklärt war, und auch nicht die Wahrheit entsprach.

In deinem Link stand die Aktie mit £ 1, so 14 Tage später steht sie mit 87 p, was ein Verlust an Wert von 13% entspricht.

Als die Aktie noch £ 1 war bildeten fast 4 Millionen GBP 20% des Wertes der Firma jetzt wo die Aktie gen Süden geht bildet diese Summe fortan mehr als 20% des Wertes.

Sollten die Anleger keinen Gebrauch von dem garantierten Rückkauf in Anspruch nehmen wird es ja gut. Gibt es da einen "Run", sieht es nicht so gut aus.

SG meint ihre Anleger haben dies nicht nötig, so genau wissen die es aber gar nicht. Immerhin behält SG noch die Marken. Was sie dann auf dem freien Markt für einen Wert haben steht ja offen. SG kann ja sagen was sie wollen, und auf die Katalogpreise verweisen, Das Spielchen mit dem Puschen seitens SG von Katalogpreisen kann ja bald enden.

mfG

Nigel
 
Carolina Pegleg Am: 04.02.2009 15:48:45 Gelesen: 14482# 14 @  
@ doktorstamp [#13]

Das mit der irreführenden Werbung ist in der Tat schlechte Publicity. Worum es hier geht, für alle, die vielleicht nicht die Geduld haben sich das alles auf englisch durchzulesen:

SG ist nicht nur Kataloghersteller, Briefmarkenhandels- und Auktionshaus, sondern vertreibt auch Geldanlagen in klassische Briefmarken. In einer Werbung war eine Marke abgebildet, die in wenigen Jahren einen grossen Preissprung von 187 % erfahren hat, während die garantierte Rendite der Anleihe nur 4%-6 % beträgt. Zunächst war es irreführend bei der gezeigten Marke Wertsteigerungen anhand von Katalog- und nicht Marktwerten vorzurechnen. Weiter war es irreführend die Marke im Kontext der beworbenen Anleihen zu zeigen, da diese enormen Renditen untypisch sind und regelmässig nicht erwartet werden können. Das Versprechen einer garantierten Rendite von 4-6% wurde von der britischen Advertising Standards Authority nicht beanstandet. Das ist kurzgefasst der Inhalt von dem Link von Nigel, von September 2008.

Die Pressemitteilung vom 20. Januar 2009 in dem von mir in [#8] geposteten Link betraf eine Gewinnwarnung für 2008. Die Firma hatte in 2008 3,4 Millionen GBP an Briefmarken an bestimmte wichtige Investoren verkauft; diesen Kunden war allerdings ein einjähriges Rückgaberecht eingeräumt worden. Nach den Grundsätzen der Rechnungslegung können diese Verkäufe daher nicht in 2008 als Umsatzerlöse gezählt werden, sondern erst in 2009, wenn das Rückgaberecht ausläuft. Daraufhin ist der Aktienkurs dann - wie zu erwarten - runtergegangen.

Man muss hier vielleicht zwei Dinge auseinanderhalten. In dem Umfang wie institutionelle Anleger zur Diversifizierung auch Anlagen in Sachwerten - hier Briefmarken - halten und ihr Engagement insoweit möglicherweise wegen der Finanzkrise erhöhen oder erniedrigen, sind Briefmarken als Investitionsobjekt betroffen. Wenn es die angesprochene Flucht in die Sachwerte auf institutioneller Ebene gibt, dann profitiert davon SG, das die entsprechenden mit Sachwerten unterlegten Finanzprodukte zur Verfügung stellt. Banken, Versicherungen etc. kaufen die Marken ja nicht bei ebay. Insgesamt ist die Briefmarken-Finanzprodukt Sparte von SG sicher mit vielen Fragezeichen zu sehen.

Egal was sich auf der Investmentseite tut, davon getrennt ist der Sammlermarkt für Marken zu sehen, bzw. wird so von den Finanzanalysten gesehen, die SG beobachten. Darauf bezog sich mein oben wiedergegebenes Zitat aus der Meinung eines Brokers:

"The actual collectible side of the business is quite resilient because stamp collectors are passionate about what they do and tend to continue collecting through thick and thin."
 
AfriKiwi Am: 04.02.2009 21:49:21 Gelesen: 14453# 15 @  
@ Carolina Pegleg [#14]

Hallo Arno,

eine gute Auseinandersetzung die ich besser verstanden habe in Englisch in dem Link - leider mein Mangel mit deutschen Finanzbegriffen.

"The actual collectible side of the business is quite resilient because stamp collectors are passionate about what they do and tend to continue collecting through thick and thin."

In Kürze ist die Leidenschaft der Briefmarkensammler unveränderlich und seine Kaufbeschränkung kommt nur auf's Portemonnaie an.

SG ist schon lange am Rudern und m.E. nur Rhetorik um seine Kunden zu 'Informieren' und kommt schon auch durch diese Krise. Solche Rhetorik unterläßt keiner der abhängig ist von Kundschaft - wer sich das erlaubt, geht unter.

Erich
 
10Parale Am: 08.12.2015 22:09:06 Gelesen: 11351# 16 @  
@ doktorstamp [#6]

" Wo sie (die Rentner Anmerkung des Verfassers) einst noch am Anfang des Jahres 2008 von den Zinsen leben können (um ihre Rente etwas aufzupolstern), haben sie jetzt auf einiges zu verzichten, oder sie nehmen Geld aus der Kapitalanlage, was bei den meisten nicht auf die Dauer in Frage kommt."

Es ist interessant mal alte Eisen anzufassen und auf Ihr Wärmegehalt zu prüfen.

Habe heute (Dezember 2015) von meiner Bank eine Zinsinformation erhalten, Tagesgeld bis 100.000,-- Euro wird mit 0,5%, über 100.000,-- Euro mit 0,25% verzinst. Die Inflationsrate lag in Deutschland 2015 nach meinen Informationen im Durchschnitt bei 0,24 %. Im Prinzip lagern Sparer bei dieser kurzfristigen Anlageform ihr Geld ohne Zuwachs und ohne größeren Verlust.

Allerdings waren die Zeiten tatsächlich schon rosiger und der Blick ins Postsparbüchlein deutlich spannender. Ein ähnliches Prickeln kann ich heute nur empfinden, wenn ich mir meine philatelistischen Filetstückchen betrachte. Nee, liebe Bank, Geld sammeln lohnt sich nicht mehr!

Bundesrepublik Deutschland Michel Nr. 2618, 50 Jahre Deutsche Bundesbank auf einem Briefumschlag

Liebe Grüße

10Parale


 
22028 Am: 09.12.2015 05:58:15 Gelesen: 11313# 17 @  
@ 10Parale [#16]

Tagesgeld gibt es aktuell noch mit 1,10 % Verzinsung bei Einlagensicherung bis 100.000 Euro. Wenn man mehr Geld hat, muss man das halt auf verschiedene Banken aufteilen, so viele Bekannte habe ich aber nicht, die in die Kategorie fallen.
 
bayern klassisch Am: 09.12.2015 06:44:38 Gelesen: 11310# 18 @  
@ 10Parale [#16]

Hallo 10Parale,

die Inflationsrate wird bei uns seit Jahrzehnten manipuliert = nach unten gerechnet, weil der Warenkorb techniklastig gemacht wurde und allein dadurch mehrere Prozentpunkte nach unten gerechnet werden.

Wer unter 3% Nettorendite einfährt (nach Steuern), wird ärmer, auch wenn er es auf den ersten Blick nicht erkennt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
olli0816 Am: 09.12.2015 13:37:30 Gelesen: 11253# 19 @  
Das Festgeldrechnen bringt doch nicht wirklich was, weil es so gut wie nicht verzinst wird. So ein Konto ist nur was für eine Notgeldreserve. Wenn man mehr haben möchte, ist man heute leider gezwungen, entweder etwas mit Immobilien oder mit Aktien zu machen.

Was Briefmarken betrifft, eignen sie sich meiner Meinung nicht sehr gut als Anlageform. Sie geben keine Zinsen, es kostet, sie aufzubewahren und die Anzahl der Sammler in Deutschland scheint stetig zu sinken. Da Briefmarken im täglichen Gebrauch keine wirkliche Bedeutung mehr haben, ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich das ändern wird. So eine Firma wie Stanley Gibbons tut sich schon länger schwer und selbst die Jagd nach den wertvollsten Briefmarken ist längst nicht mehr so spektakulär, wie die Auktion der British Guyana gezeigt hat.

Ich war vor drei Wochen in Lissabon und habe zufällig am Sonntag in der alten Markthalle eine Briefmarken-/und Münzenmesse entdeckt. Man kam umsonst rein und etwa dreiviertel der Stände waren für Münzen und der Rest für Briefmarken oder sonstiges. Das zeigt schon den Stellenwert bei der Sammlerschaft.

Ich persönlich freue mich aber, dass Briefmarken tendenziell weniger wert werden. Ich kann heute für das gleiche Geld viel mehr bekommen und da mich ein Verkauf sowieso nicht interessiert, ist es mir auch egal, was der/die spätere Verkäufer/in damit erzielt. Da wird es bei den Aktien bestimmt etwas interessanter für die Erben. :)
 
Francysk Skaryna Am: 11.12.2015 09:34:48 Gelesen: 11183# 20 @  
Moin,

@ Briefmarkensammler [#1]

Neuheiten-Sammler haben weniger Geld in der Tasche und werden daher weniger Neuerscheinungen nachfragen.

In absoluten Zahlen mag das so stimmen. Aber im Detail wird es wohl eher darauf hinaus laufen, dass die breite Sammlerschaft gezielt kauft, sich spezialisiert. Aus philatelistischer wie auch aus praktischer Sicht gibt es weder für die Auflagehöhen wie auch für die vielen Parallelausgaben (nass- und selbstklebend) keinen wirklichen Bedarf. Baut man zum Beispiel seine Bund - Sammlung thematisch auf reicht es, nur die nassklebenden Marken in die Sammlung aufzunehmen. Damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen geringere Kosten und zum anderen geht man der Durchfettungsproblematik bei selbstklebendem Material elegant aus dem Weg. Das moderne Sammelgebiet Bund hat sich mehr oder weniger zu einem Scheichtum entwickelt.


@ Briefmarkensammler [#1]

Auch Händler werden weniger Lagerbestände modernen Materials aufbauen.

Oder genau das Gegenteil tun! Das hatte man in den 1980er Jahren erlebt, dass ein paar Werte aus modernen Dauerserien gezielt massenhaft aufgekauft wurden. Damit wurde das Material künstlich verknappt, was zu steigenden Preisen führte. Dann wurden die gehorteten Marken von den Aufkäufern wieder in den Markt geschmissen. Sammler, die komplett sein wollten, haben in jener Zeit unverhältnismäßig viel bezahlt, die Spekulanten haben jedoch zumindest über die Masse ihren Schnitt gemacht. Viele Sammler werden diese Phase sicher noch irgendwo im Hinterkopf haben.


@ Briefmarkensammler [#1]

Unter dem Aspekt "Flucht in die Sachwerte" vermute ich insbesondere im gehobenen Bereich der Philatelie eine konstant stabile Nachfrage, die der generellen Kaufzurückhaltung entgegenwirkt.

Ja, und die Spitzen setzen nach wie vor Akzente! Auch wenn die Erlöse zuweilen befremdlich wirken, so ist es doch auf der anderen Seite die beste Werbung für das Hobby Philatelie. Wie sonst kommt es derart breit in die Öffentlichkeit. Wir reden bei diesen Höhen aber von einer Spielart des Kapitalmarktes, den man auch auf dem Kunstmarkt beobachten kann. Man soll sich davon nicht abschrecken lassen.


@ Briefmarkensammler [#1]

Der Trend zu erstklassiger Qualität als "Normal-Qualität", wird sich wohl weiter beschleunigen.

Auf der Haben - Seite wird das der Fall sein. Dem steht aber auch eine Soll - Seite gegenüber! Niemand wird einen absolut einwandfreien Posthornsatz mit optimalster Gummierung, 120% perfekter Zähnung, allervollster Farbfrische, unsigniert mit aktuellstem Fotoatest Schlegel für 15% Michel anbieten.
Anders gesagt:

Gute Ware hat nach wie vor ihren Preis! Auch dann, wenn es Massenware ist. Der Knackpunkt wird sein, wie Sammler damit umgehen. Immer wieder sind Katalogmillionäre zu beobachten, die sich an den Michelpreisen reich rechnen. So dumm ist dann doch niemand, also liegen die Gründe ganz wo anders: Wie oft wird damit versucht, seine Ausgaben für das Hobby gegenüber der Familie zu rechtfertigen? Das böse erwachen kommt spätestens dann, wenn die Sammlung warum auch immer verwertet werden soll oder muß. Wer berät dann eigentlich die - oft unerfahrenen - Hinterbliebenen, wenn der Sammler nicht mehr da ist?


@ doktorstamp [#6]

Bei den Auktionshäusern hier merkt man, noch erzielen Spitzenstücke gutes Geld, alles andere beibt unverkauft oder geht zu Spottpreisen weg.

Hier sehe ich ein Risiko für den Ladenhandel. Der Kunde kommt mit der Erwartung, für 40% Michel seine Ware zu bekommen, zum Händler, erwartet dafür aber immer bessere Ware. Der Händler kann aber nur in einem gewissen Maße günstiger einkaufen, um den Preis zu halten. Irgendwann muß er entweder beim Aufkauf unredlich geringe Preise zahlen (wie sollen das eigentlich unerfahrene Erben beurteilen, ob sie gerade übervorteilt werden?) oder er ist irgendwann (zumindest aus kaufmännischer Sicht) Pleite, wenn er gutes und gesuchtes Material nicht mehr aufkaufen kann. Hier sollte man auch als Sammler seinem Händler gegenüber fair sein.


@ doktorstamp [#13]

Es ist auch hier interessant zu lesen, zumal die Werbung der Firma Stanley Gibbons für irreführend erklärt war, und auch nicht die Wahrheit entsprach.

So manche Beschreibung der heutigen Zeit ist nicht unwahr - aber blumig! Und leider denkt so manch einer nicht nach, dass er für 15% Michel eben nur Falzware bekommt. Hatte er etwas anderes zu erwarten? Und irgendwo verklausuliert stand es ja auch in der Angebotsbeschreibung. Lesen sollte man - und auch mal Mut zur Lücke haben!

Gruss
 
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