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Thema: Schweiz: Fälschungen erkennen: Endlich eine Basler Raute auf den ersten Bundesmarken
Richard Am: 11.05.2019 09:54:08 Gelesen: 3169# 1 @  
Schweiz: Fälschungen erkennen: Endlich eine Basler Raute auf den ersten Bundesmarken

Von Fredy Brauchli, Kommission zum Schutz der Philatelie

Jahrelanges Suchen schien sich gelohnt zu haben: Endlich war eine Entwertung mit der seltenen Basler Raute gefunden – auf einem attraktiven Briefstück, samt Befund. - Freude herrschte beim spezialisierten Sammler, allerdings nicht sehr lange.

Es war ein lang gehegter Wunsch, eine Entwertung mit einer sogenannten Basler Raute auf einer Rayon-Ausgabe erwerben zu können. Als Basler Raute bezeichnet man jene 14-linige Eidgenössische Raute, die als einzige zwei gleich lange Mittellinien aufweist. Im Stempelwerk ist sie als Nr. 73 abgebildet und in der neuen Bezeichnung trägt sie die Nummer 63 der Stempelgruppe 3. Mangels vertiefter Studien konnte mir niemand verbindlich Auskunft geben, ob es diese Entwertung erst auf Strubelmarken oder bereits früher gab. Also suchte ich sehr lange, bis endlich in einem Auktionskatalog im Frühjahr 2016 ein attraktives Briefstück mit einer Mischfrankatur und der gesuchten Entwertung angeboten wurde.



Gross war die Freude, als es bei der Auktion klappte und mir das schöne Briefstück zugeschlagen wurde. Zweifel an der Echtheit kamen bei mir keine auf, denn das Fragment war vorderseitig zweimal visiert und mit Typen- und Drucksteinangaben versehen. Im dazugehörenden Befund (2007) wurde denn auch die Echtheit von Marken und Abstempelung bestätigt.

Als «gebranntes Kind» wollte ich an einer künftigen Ausstellung keine Diskussionen über die Echtheit des Briefstücks führen. Also legte ich es samt Befund Urs Hermann zur Ausfertigung eines neuen Attestes vor. Er äusserte mir gegenüber spontan, dass er kein gutes Gefühl habe. Und die Bestätigung traf nur kurze Zeit später ein. Sie war für mich niederschmetternd: Marken echt, Basler Rauten falsch, FRANKATURVERFÄLSCHUNG.



Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, dass die Orts-Post rückseitig drei dünne Stellen aufwies, die teils mit Papiermasse verstärkt waren. Die hellblaue Rayon selbst war zwar fehlerfrei, jedoch war sie vom Erstprüfer falsch bestimmt worden. Es handelte sich um eine Marke des Drucksteins C2 und nicht vom Stein B3. Gemäss Forschung wurden die Rayon I-Marken des Drucksteins C2 frühestens ab Mitte April 1852 verwendet, also zu einer Zeit, wo es keine 2 ½ Rappen Frankaturstufen mehr gab. Ferner stellte Urs Hermann fest, dass die Basler Rauten auf dem Briefstück nicht der Originalgrösse entsprachen, sondern der absichtlich leicht veränderten Abbildung im Stempelhandbuch von Andres/Emmenegger. Fazit gemäss neuestem Attest: «Frankatur-Verfälschung, um eine fehlerhafte Orts-Post-Marke aufzuwerten und eine seltene Frankatur vorzutäuschen.»

Wenn Verbandsprüfer in Attesten und Befunden die Echtheit bestätigen, haben Auktionatoren grundsätzlich keine Veranlassung, dies anzuzweifeln. Zumindest kann man ihnen keinen Vorwurf machen, wenn sich später etwas anderes herausstellt, wie im vorliegend beschriebenen Fall. Es liegt also beim Sammler, derartige Trouvaillen kritisch zu hinterfragen.

Bisher sind mir keine erwiesenermassen echten Entwertungen mit Basler Rauten auf den ersten Bundesmarken bekannt. Gemäss Stempelwerk soll die 14-linige Basler Raute auch erst auf Stubelmarken existieren.

Dass diese Frankatur-Verfälschung hier thematisiert wird, hat einen besonderen Grund: Im Frühjahr und Herbst 2017 entdeckte der Autor wiederum ein Briefstück mit einer Orts-Post und gleicher Entwertung, versehen mit Visum, Typenbestimmung und passendem Attest. Also wiederum ein Beleg mit einer 2 ½ Rp.-Frankaturstufe.



Im Frühjahr 2018 wurde sodann ein anderes Briefstück mit einer Rayon-Halbierung und Basler Raute bei einem weiteren Auktionshaus versteigert. Auch in diesem Fall, mit Visum, Typen- und Drucksteinbestimmung und Attest, ein Beleg mit einer 2 ½ Rp. Frankatur.



Beide Fragmente dürften mittlerweile in spezialisierten Sammlungen liegen und die Erwerber wohl keine Zweifel an deren Echtheit haben. Aufgrund der mehrfach übereinstimmenden Merkmale, erscheint mir eine Überprüfung jedoch dringend empfohlen. Im ersten Fall muss fast angenommen werden, dass versucht worden ist, eine fehlerhafte ungebrauchte Orts-Post Marke durch eine seltene Abstempelung aufzuwerten. Im zweiten Fall dürfte ebenfalls eine fehlerhafte (oben angeschnittene) Rayon I mit gleicher Absicht verwendet worden sein.


Mit freundlicher Genehmigung des Autors Fredy Brauchli von der Kommission zum Schutz der Philatelie und Hans Schwarz, Chefredakteur der SBZ Schweizer Briefmarken Zeitung. Erstveröffentlichung: SBZ September 2018.
 
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