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Thema: (?) (1) Wertschätzung Briefe aus dem KZ Dachau
mscheibenpflug Am: 18.03.2020 14:00:41 Gelesen: 2380# 1 @  
Briefe aus dem KZ Dachau

Ich habe mehrere solcher Briefe aus dem KZ Dachau von 1943 und würde gerne wissen, was so ein Brief wert ist. Kann mir da jemand helfen?


 
joschka Am: 29.03.2020 15:13:43 Gelesen: 2276# 2 @  
@ mscheibenpflug [#1]

Guten Tag mscheibenpflug,

solche Sachen sind (zumal mit Inhalt!) nicht häufig und werden von Spezialsammlern gesucht. Dieser, hier gezeigte Beleg aus September 1941 ist zwar eine "gewöhnliche Normalverwendung", jedoch eben mit üblich, zensuriertem Inhalt.

Ein solcher Beleg ohne Inhalt sollte mit Euro 10 bis 15 schon sehr gut bezahlt sein.

Jedoch als Konvolut mit Inhalten, könnte sich der Preis (je nach Textaussagen und Relevanz) auch deutlich erhöhen.

Am besten wäre es, auch die anderen Belege hier einzustellen.

Wünsche Ihnen noch einen schönen Restsonntag!
 
10Parale Am: 29.03.2020 16:30:08 Gelesen: 2250# 3 @  
@ mscheibenpflug [#1]

Über den Handelswert zu solchen Briefen kann ich gar nichts sagen und verlasse mich auch auf die Aussagen von Joschka in [#2].

Besonders interessant finde ich die Anordnungen zum Schriftverkehr auf dem vorgedruckten Brief. Wir haben die Lagerzensur, eine Häftlingsnummer, wir erfahren, wo der Gefangene lebte (Block 6 ...) und dass er von Beruf Diplomlandwirt war.

Aus dem Text geht sogar hervor, dass der Insasse de Konzentrationslagers Geld erhalten hat, was er sehr gut gebrauchen kann.

Der Brief erhält also sehr viele Informationen, die Anlass sein könnten, tiefer zu forschen und Spezialisten zu Rate zu ziehen (z.B. die Leute, die sich heute mit Dachau beschäftigen). Weshalb war der Mann in Gefangenschaft, zu welcher Häftlingsgruppe gehörte er (Jude, Tscheche, Pole, Sowjet, Sinti-Roma, Geistliche u.v.m.).?

Jenseits eines materiellen Wertes besitzt der Brief einen ideellen Wert.

Liebe Grüße

10Parale
 
cilderich Am: 29.03.2020 22:45:22 Gelesen: 2194# 4 @  
Hallo,

es gibt einige sehr gute Literatur zu dem Thema. Hier wird vor allem aber Zeitgeschichte betrachtet und belegt. Teils über die Literatur aber z.B. Yad Vashem kann man auch einiges über die Insassen erfahren, eben nicht nur z.B. Schuschnigg, sondern auch die normalen Menschen.

In jedem Fall sollte man zur Einschätzung "Der SS Staat" von Kogon oder der "Buchenwald Report " lesen. Hier wird auch einiges postalisches erklärt. Zum Beispiel durften Juden gar nicht schreiben außer im Rahmen eines perfiden Projektes, denn jeder der schrieb, vor allem wie gut es ihm ginge, wurde kurz darauf ermordet. Sowjetische Bürger und im Grunde auch "Zigeuner " waren ebenfalls vom Postverkehr ausgeschlossen, ferner galt dies für "Sonderkommandos" oder "Nacht und Nebel" Internierte. Darüber hinaus durften eh nur 1, maximal 4 Poststücke pro Monat ausgetauscht werden (diese Regelung konnte jederzeit reduziert werden).

Viele der Texte waren umfangreich vorgegeben. Über die Tätigkeit im KZ oder das Erlebte durfte keinesfalls berichtet werden. Ferner ist Post häufiger aus größeren Lagern. Bei solchen wie Natzweiler oder Gross Rosen wird es schon schwieriger. Mittelbau Dora und angeschlossene Lager nochmals seltener. Generell ist Post ins Lager höchst selten, da üblicherweise nur der letzte Beleg aufgehoben werden durfte.

Vor kurzem wurde eine beeindruckende Sammlung detailliert, was der Thematik Aufschwung verschaffte und viele Stücke die erkannt wurden werden über Auktionen verkauft. Ein Brief, wie der gezeigte, sollte eigentlich mindestens 30 bis 50 Euro lukrieren. Bei dem Text kann es auch 100 werden. Mittelbau Belege sind eigentlich nicht unter 100 € zu bekommen usw.

Aber wie gesagt solche Stücke sollten nicht nur des Sammelns wegen zusammen getragen werden. Im Grunde gehören auch Belege aus Gefängnissen und Ghettos dazu, denn nicht selten war das eine zeitliche Abfolge. Ich habe dazu vor einiger Zeit mal einen Sachverhalt für das Ghetto Petrikau erläutert.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Gruss Johannes
 
joschka Am: 30.03.2020 22:27:15 Gelesen: 2124# 5 @  
Guten Abend cilderich,

besten Dank für Ihre Einlassung und die damit eingehenden neuen Erkenntnisse.

Vor ca. 25 Jahren hatte ich mich mit dem Thema KZ- und Ghettopost über einige Jahre näher beschäftigt und somit eine zeitgeschichtlich hochinteressante, kleine Sammlung aufgebaut.

Das Kölner Auktionshaus "Jennes & Klüttermann" war um 2000 Die beste Quelle für entsprechendes Material in Mengen und zu recht freundlichen Preisen.

Es gibt auch eine Art Handbuch über den Postverkehr KZ-Dachau von einem polnischen Autor und Spezialisten.

Jedoch und um beim Thema zu bleiben, wollen Wir auf weitere Belege hoffen, welche uns @mscheibenpflug eventuell noch nachreichen möchte.

Wie ich anfänglich anmerkte, könnten mehrere Belege (gar mit Inhalten)als "Korrespondenz" die dramatischen, furchtbaren damaligen Zustände zeitgeschichtlich dokumentieren.

Insofern handelt es sich dann wohl weniger um "lukrierbare" Handelsware.

Vorab dankend und mit besten Grüßen
 
cilderich Am: 31.03.2020 00:56:48 Gelesen: 2100# 6 @  
@ joschka [#5]

Hallo,

die Auktion, die ich meinte war vor ziemlich 1 Jahr bei Felzmann und lief unter dem Namen: System des Terrors ". Seit deren guten Erfolg sind die Preise dieser Stücke ganz ordentlich angezogen. Aber das schrieb ich ja schon.

Sehr gute Bücher stammen von Heinz Wewer auch mit sehr guten Abbildungen.

Soll ich auch Stücke zeigen? Allerdings ginge es dann eher über Dachau hinaus.

Herzliche Grüße

[Redaktioneller Hinweis: Wir haben hier kein Literaturthema. Das Buch oder die Bücher von Wewer sind im Forum schon mehrfach (!) vorgestellt worden. Das reicht aus.]
 
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