Verehrte Kenner und Freunde philatelistischer Randgebiete,

in der letzten Ausgabe des BDPh Magazins "philatelie" vom April 2020 stellt uns der erfahrene und bekannte Philatelist Helmut Oeleker ein neues Sammelgebiet "Mythen in Tüten" vor. Für einige unter uns ist dieses Gebiet nicht ganz so neu, da wir uns schon länger damit beschäftigen und da auch schon so manches "Tüten-Schätzchen" gerettet haben. Bislang waren es aber wirklich nur einige Insider die sich diesem wahrscheinlich stark unterschätzten, bzw. nicht beachteten Randgebiet der Philatelie gewidmet haben. Wie so oft sieht das im Ausland auch anders aus, so sind z.B. die im Englischen "Phila-bags" genannten Tütchen in den USA durchaus eine geschätzte Ergänzung zu herkömmlichen Sammlungen.

Zu den Einzelheiten dieser "Phila-bags" informiert uns Helmut Oeleker sehr ausführlich in seinem interessanten Artikel in der philatelie den ich jedem interessierten Sammler nur empfehlen kann.

Da ich mich selbst schon sehr lange, seit ca. 50 Jahren, mit diesem Gebiet beschäftige möchte ich dazu mal ein paar Beispiele zeigen. Hier noch eine aus meiner Jugendzeit original verschlossen erhalten gebliebene Briefmarkentüte, wie sie in den 1960/70er Jahren von Esso beim Tanken von mindestens 20 Litern Kraftstoff dem Kunden überreicht wurde:



Der philatelistische Inhalt, die Marken, waren zwar meist sehr bunt, aber natürlich nicht unbedingt philatelistische Raritäten. Für die damaligen Jungsammler aber durchaus ganz spannend. Aus einer mir u.a. noch mit Originalinhalt erhalten gebliebenen Tüte kann ich dazu dieses Beispiel zeigen:



Auch in unserem Nachbarland Österreich gab es solche Produkte, hier von der Kronen-Zeitung:



Heute ist es aber nicht mehr der Inhalt dieser Phila-bags der unser philatelistisches Interesse erweckt, sondern vielmehr die verschiedenen Tütchen selbst. Diese erzielen in Kennerkreisen teilweise inzwischen schon recht interessante Preise, sind sie doch kaum mehr zu erhalten, da sie meist als uninteressant entsorgt wurden.

Wie so oft bei wachsendem Interesse an philatelistischen Produkten und damit einhergehenden steigenden Preisen, sind auch gleich Fälscher dabei auf diesen Zug aufzuspringen. Schon vor einiger Zeit wurden auf Verkaufsplattformen im Internet solche gefälschte Phila-bags zu vermeintlichen Schnäppchenpreisen und der Verlockung einer sehr schnell steigenden Preisentwicklung angeboten und auch verkauft. Meist handelt es sich dabei um Produkte aus Fernost.

Informationen dazu bekam ich von dem, abseits einer breiten Öffentlichkeit arbeitenden BbpPP [1]. Innerhalb diesem gibt es den AK (Arbeitskreis) IEPB (International Experts on Phila Bags). Darin arbeiten zwei sehr versierte Experten, die Herren Glenn Miller (GM) und Glen Fiddich (GF) an der Erkennung und Prüfung besonderer Merkmale dieser Phila-bags. Als besonders fälschungsgefährdet und auch schwer zu prüfen hat sich dabei gerade das gezeigte Esso-Tütchen erwiesen. Beide Experten raten dazu diese Tütchen nur geprüft zu erwerben. Die Prüfung erweist sich dabei als nicht ganz einfach. Der Experte muss dazu das Tütchen vorsichtig an einer Längsseite auftrennen, sich von den, dann nur unter einem Mikroskop erkennbaren (mir leider nicht verratenen) besonderen Merkmalen, überzeugen. Dann wird das Prüfsiegel und das Namenszeichen (in dokumentenechter Tinte) angebracht und das Tütchen wieder vorsichtig verschlossen. Zu erkennen ist das Prüfzeichen dann, indem man das Tütchen gegen eine starke Lichtquelle hält.

So sieht es im Original, am noch geöffneten Tütchen, aus:



Hier geprüft GF, Glen Fiddich.

Zum Schluß kann ich auch noch beide Origialprüferzeichen hier zeigen, die mir heute am 1.4. zur Verfügung gestellt wurden:



Oben GF, Glen Fiddich, unten GM, Glenn Miller.

Also aufgepasst beim Kauf von "Phila-bags"!

Viele Grüße und bleibt gesund,
Peter

[1] Bund besonderer philatelistischer Produkte Prüfer (gegr. am 1.4.1994 im brandenburgischen Schilda) - spezialisiert auf die Echtheitsprüfung besonderer philatelistischer Nischenprodukte, wie z.B. Aufkleber philatelistischer Messen, Zähnungsschlüssel etc. und eben auch der "Phila-bags"
 

Peter, willst du uns in den April schicken?
 

@ filunski [#1]

Hallo Peter,

ein wunderschöner Beitrag zur "Feier des Tages".

Besonders die Herrn Miller und Fiddich haben mich überzeugt. :)

Danke und Grüße
Michael
 

@ Jahnnusch [#2]

Keineswegs! Alles todernst, wo denkst du hin? ;-)

@ Michael Mallien [#3]

Danke! :-)

Bleibt gesund und vergesst nicht ganz den Humor!
Peter
 

@ filunski [#1]

in den USA durchaus eine geschätzte Ergänzung zu herkömmlichen Sammlungen.

Stimmt. Als USA-Sammler habe ich eine ganze Reihe solcher ungeöffneten Tüten in einem speziellen - luftdicht verschlossenen - Kasten, da sie sich unter Einfluß von Sauerstoff zersetzen. Ich kann sie deshalb nicht scannen und zeigen.

Peter, hast Du Deine eingeschweißt, weil sie noch so gut erhalten aussehen?
 

@ filunski [#1]

Hallo Peter,

da hat Dich aber wer aufs Glatteis geführt, denn das Originalprüfzeichen von Glen Fiddich sieht so aus:



Hier ein Exklusivbild vom Prüfstempel:



Liebe Grüße,
harald
 

@ filunski [#1]

Die Untersuchung unter dem Mikroskop ist sehr umständlich und zeitraubend!

Es ist jedoch viel einfacher mittels der bewährten Prüfessenz "Old Number 7" der Marke Jack Daniel`s, Lynchburg, Tennessee U.S.A. ein genehmes Prüfergebnis zu erhalten.

Die echten und sehr gesuchten Prüfstücke vor 1980 weisen recht schnell bzw. recht zügig Zersetzungserscheinungen auf. Insofern verzichtet man auf jegliche Signierung und erstellt ein Live-Video-Attest!

So und nun ein April-Wine!
 

Endlich ein neues Sammelgebiet:

Philatütelie

Es müssen unverzüglich informiert werden:

- Schwaneberger Verlag: Das schreit nach einem neuen Katalog (in mindestens 12 Bänden).
- Albenhersteller
- Zubehörhersteller: Als Pendant für eine Briefmarkenpinzette bietet sich allerdings eine Grillzange an.
- Zeitschriftenverlage: Eine neue Zeitschrift für Philatütelie muss her!

Einen philatütelistischen Prüferbund gibt es gottseidank schon.

Übrigens: Massenware nennt man bei den Phila Bags: "Bagatellen".



Mit philatütelistischen Grüßen
Quincy
 

Und auch der organisierten Philatütelie kann man nicht vorwerfen, keine angemessene Jugendarbeit gemacht zu haben.

Schon frühzeitig wurde mit "Robbi, Tobbi und das Philatüt" die junge Zielgruppe angesprochen.

Tütelü,
Klemens
 

Hallo zusammen,

freut mich, mit meinem Aprilscherz die Fantasie aller bislang unentdeckten "Philatütelisten" und "Bagatellen-Sammler" beflügelt zu haben.

Leider habe ich damit aber unbewusst und in Unkenntnis ernsthafter "Philatütelisten", diesen empfindlich auf die Füße getreten. Dies war nun überhaupt nicht meine Absicht und ich entschuldige mich bei diesen und auch allen eventuell noch zu Unrecht Verunglimpften in aller Form dafür! :-(

Als Zeichen meiner Demut und zur Wiedergutmachung veröffentliche ich noch, fast zum Abschluss dieses denkwürdigen Tages, die mir vom Vorsitzenden dieser philatütelistischen Untergrundbewegung zugegangene E-Mail, worin er zu Recht seinen Unmut ausdrückt:

"Werter Sammlerfreund Obermaier,

ich bin entsetzt, in welcher Form Du ... deinen Schabernack mit ernsthaften Tütensammlern betreibst! Bisher habe ich es nicht an die große Glocke gehängt, dass ich zum Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Tüten für philatelistischen Gebrauch (ArGe TfphG) gehöre, die genau aus dem von Dir vorgegebenen Grund ausschließlich im Untergrund arbeitet. Die ArGe TfphG-Mitglieder wollen nicht von ignoranten Stempelfuzzies und Briefmarkenschleckern verspottet werden.

Um eurem Spott den Wind aus den Segeln zu nehmen, zeige ich die Vorder- und Rückansicht einer Tüte. Deren Design in den 1920er Jahren von meinem Urgroßonkel Kurt Kayssner entworfen wurde. Dem Gründer der unvergessenen, zu dieser Zeit weltweit größten Sammlervereinigung Concordia CA.

In diesem Sinne noch einen schönen April"



Dem gibt es nichts weiter hinzuzufügen.

Viele Grüße,
Peter
 

Danke für den schönen Aprilscherz, aber Spass beseite:

K...tüten (Spucktüten) aus Flugzeugen werden gesammelt, und für solche von exotischen Gesellschaften auch Geld bezahlt.

Die Tüte kann natürlich der Fluggast mitnehmen, wenn er sie nicht braucht. Die Sicherheitskarte bleibt aber brav in der Sitztasche beim Aussteigen.

Und Briefmarkensammler sammeln auch Verpackungsmaterial, z.B. von Rollenpackungen. Und ich musste mir von einem Modelleisenbahnfreund erzählen lassen, dass der Karton wertvoller als die Lok sei.
 

Hallo,

dann kann ich auch mal von meiner Nebenbei-Sammelleidenschaft erzählen: ich sammle HKB - Hundekotbeutel. Nicht, dass ich dafür Geld zahlen würde, aber man schaut halt bei Spaziergängen und im Urlaub nach diesen Beuteln. Insgesamt habe ich derzeit allerdings wohl nicht mehr als 20 Stück (die ich bei Gelegenheit mal vollständig einscanne).

Hier ein paar Beispiele aus Prag, Porto, und dem Berliner Umland:




Grüße,
Stefan
 

@ BeNeLuxFux [#12]

Als absoluter HKB-Laie vermute ich, dass die HKBs nur in der Erhaltung "postfrisch" gesammelt werden. Tauschst Du auch HKBs?

Oder muss ich da besser beim BdHkbs (Bund deutscher Hundekotbeutelsammler) nachfragen? :D
 

Auch beim BDSpTS (Bund Deutscher Spucktütensammler) wird das Sammeln postfrischer Exemplare eindeutig bevorzugt, ebenso beim BÖSpSS (Bund Österreichischer Speibsackerlsammler).

Allerdings sind echt gelaufene Belege jetzt durch die Coronakrise-bedingten Einschränkungen des Flugverkehrs schlagartig selten geworden. Vielleicht bekommen jetzt Schnäppchenjäger Appetit (!) darauf.

Gruß
Quincy
 

@ drmoeller_neuss [#13]

Na ich hoffe doch, dass HKB in beiden Erhaltungen gesammelt werden, man wirft Briefmarken ja auch nicht weg, nur weil sie ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend gebraucht wurden. Allerdings muss man wohl für HKB in Erhaltung "gebraucht" mehr Platz im Album einrechnen.

Liebe Grüße, harald