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Thema: Briefmarkenflut, Nutzungsrückgang, Sammlerschwund - Aussichten der Philatelie
Das Thema hat 37 Beiträge:
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Baber Am: 21.11.2021 20:41:50 Gelesen: 6851# 13 @  
Der augezeichneten Analyse von Dr. Gärtner kann man eigentlich nur vollinhaltlich zustimmen.
Nachdem die Deutsche Post AG sicher auch diese Daten hat, verstehe ich die Ausgabenpolitik nicht. Das Postaufkommen aus dem privaten Postverkehr (und das sind doch die hauptsächlichen Käufer von Briefmarken) geht kontinuierlich zurück und die Markenproduktion in den Variationen: nassklebend, selbstklebend, in Rollen und Markensets usw. steigt. Für wen eigentlich? Für mich, und wenn ich mich umhöre bin ich nicht der Einzige, wirkt sie eher abschreckend und ich habe als Konsequenz wie Viele das Sammeln von Neuheiten eingestellt.

Vom BDPh hätte ich gerne einmal eine Stimme gegen die Neuheitenflut gehört, aber vergebens. So geht der Krug wohl so lange zum Brunnnen bis er bricht.

Gruß
Bernd
 
dietbeck Am: 21.11.2021 21:04:09 Gelesen: 6825# 14 @  
@ Baber [#13]

Da ist die Deutsche Post doch beileibe nicht die Einzige. Markenflut gemessen am Bedarf gibt es doch heute mehr oder weniger in jedem Land. Marken werden solange produziert wie es sich eben rechnet. Langfristig wird keine Postverwaltung Markenfluten rausgeben, wenn sich der wirtschftliche Gegenwert nicht (mehr) einstellt.

Siehe Island, das im Oktober 2020 als erstes aktuell bestehendes Markenland die letzten Marken herausgegeben hat. Und dort ist die Aussage, dass noch genügend Markenbestände da sind, die erstmal aufgebraucht werden. Wenn dann noch Bedarf sein sollte, dann werden bisherige Marken nachgedruckt. So hat man auch einen finanziell deutlich geringeren Aufwand, wenn je nötig.

Viele Länder lassen ja Ihre Ausgaben über Agenturen drucken, die dann teilweise selbst bestimmen, was verausgabt wird. Das sind dann nur noch bunte Bildchen für den jeweiligen Sammlermarkt, inzwischen sehr viel für den chinesischen Sammlermarkt. Sprich Guinea-Bissau, Guyana, Granada etc., buw. deren Agenturen, bringen Marken mit chinesischen Themen und Schriftzeichen. Und die Länder werden zufrieden sein, wenn da etwas für sie an Devisen abfällt. Natürlich werden die Marken keinerlei postalische Bedeutung in diesen Ländern haben bzw. diese gar nicht erreichen. Ist ja auch nichts neues, dass gab es schon in den 70ern mit den "Raubstaaten" der arabischen Fürstentümer und auch anderweitig. Möchte nicht wissen bei wie vielen Postverwaltungen z.B. Deutsche Sportler in Angebot waren.
 
Christoph 1 Am: 21.11.2021 21:20:05 Gelesen: 6804# 15 @  
@ Baber [#13]

Hallo Bernd

ich stimme Dir hier absolut nicht zu. Meiner Meinung nach besteht zwischen der Anzahl der Bund-Neuausgaben und der Zahl aktiver Philatelisten kein unmitelbarer Zusammenhang (mehr). Früher war das vermutlich anders. Ich kenne viele Abonnenten der Bund-Neuausgaben, die sind aber meist keine Philatelisten. Beispielsweise habe ich mehrere Verwandte (mittleren Alters), die schreiben ab und zu noch Briefe und frankieren diese dann eben gerne mit "schönen Briefmarken". Da kommt so ein Neuheiten-Abo gerade richtig. Auch ich selbst habe ein solches Abo, verklebe aber alle Marken für meine normale Tagespost. Große Werte bleiben allerdings manchmal übrig, die kann man dann an Sammler für 80% Frankaturwert verkaufen.

Und der Ruf nach einer Intervention des BdPh bei der Deutschen Post ist hier ebenfalls fehl am Platz. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, einen "Verein für Mercedes-Oldtimer" dazu aufzufordern, bei der Daimler Benz AG gegen die "Flut der aktuell neu verkauften Automobile" zu protestieren, oder?

Gruß
Christoph
 
filunski Am: 21.11.2021 22:53:57 Gelesen: 6742# 16 @  
Hallo zusammen,

ja sicherlich eine interessante Analyse, aber auch m.E. zu sehr auf die organisierte und althergebrachte Philatelie bezogen. Auch nur von dieser liegen ja (unzuverlässige ;-)) Zahlen vor.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter als Christoph [#12] und behaupte die Zahl der nicht im BDPh (und oft auch sonst nirgendwo) organisierten Sammler und Philatelisten aller Couleur ist viel größer als die der BDPh Mitglieder. Darunter gibt es durchaus auch jüngere Sammler für die eine BDPh oder überhaupt althergebrachte Vereinsmitgliedschaft überhaupt nicht erstrebenswert ist oder auch nur erwägt wird. Mir ist dies, nicht nur ob der starren von "erstarrten" und antiquierten Landesverbänden dominierten BDPh Szene durchaus verständlich. Wäre ich nicht wegen meiner verschiedenen ArGe-Mitgliedschaften und auch Vorstandsposten "gezwungen" im BDPh Mitglied zu sein, ich wäre es wahrscheinlich auch nicht (auch wenn diese Worte von meiner Person jetzt vielleicht bei so manchem alten BDPh-Funktionär Stirnrunzeln auslösen mögen ;-)).

Diese "unorganisierten" Leute hat die organisierte Philatelie, allen voran bei uns in Deutschland der BDPh, schon lange nicht mehr erreicht und wird deshalb im Laufe der kommenden Jahre wegen steten und demnächst immer schneller fortschreitenden Mitgliederschwunds immer mehr Richtung Nirgendwo verschwinden.

Zur sogenannten und von Manchen so empfundenen "Markenflut". Davon kann bei uns in Deutschland nicht die Rede sein, das Ausgabeprogramm, auch wenn es wie immer nicht allen und jedem gefällt (war auch schon vor 50 Jahren so), ist durchaus noch maßvoll und erträglich. Zumindest ich, auch ein Bund postfrisch Abo Bezieher (obwohl ich postfrisch überhaupt nicht sammle) freue mich jeden Monat auf die Neuausgaben, selbst dann, wenn mir persönlich nicht jede Marke gefällt. Solange die DPAG, für die im Übrigen Sammler und Philatelisten, zumindest in den oberen Etagen der DPAG, eher ein lästiges Anhängsel darstellen, damit immer noch Gewinn machen kann (die Markenausgaben kosten ja in der Herstellung nicht annähernd das was als Nominale drauf gedruckt ist) wird dieser Pfad noch weiter beschritten.

Es sind auch lange nicht nur Sammler die Neuausgaben kaufen und verwenden. Gerade die praktischen selbstklebenden Marken auf den Folienblättern werden gerne gekauft und als Frankatur verwendet. Sogar von kleinen und mittleren Betrieben, Kanzleien etc. für die sich oft die Anschaffung einer Frankiermaschine nicht lohnt. Selbst viele mir bekannte Postagenturen (im Einzelhandel) frankieren munter und gerne auch mit den nassklebenden Neuausgaben. Das "philatelistenunfreundliche" Gehabe und Gebären (nur noch Labelfrankatur, keine Marken mehr am Schalter) habe ich zumindest bisher nur bei den Postbanken erlebt (auch dort nicht immer und überall). Viele Sammler meinen bis heute noch, wenn sie zu ihrem "alten Postamt" gehen, müsste das noch so sein wie vor 30 Jahren. Diese ehemaligen Hauptpostämter sind schon lange keine Post ämter mehr, sondern heute Postbanken und werden längst von der Deutschen Bank betreut (und zunehmend immer mehr aufgelöst). Die vermeintlichen "Postler" darin sind Bankangestellte (legen da oft großen Wert darauf) und denen ist auch oft alles was mit Post zu tun hat (insbesondere Briefmarken) lästig und sie kommen dem entsprechend widerwillig nach. Auch das wird sich im Laufe der nächsten Jahre erledigen, wenn die letzte heute noch bestehende Postbank abgewickelt ist und alle Postaufgaben nur noch von den Agenturen, egal ob im Einzelhandel oder wie auch heute schon wieder zunehmend, von der DPAG selbst betrieben aus Containern heraus oder kleinen angemieteten Räumlichkeiten, erledigt werden. Noch hat die DPAG den Auftrag der flächendeckenden Postversorgung der gesamten Bevölkerung. Meine Erfahrungen mit diesen Postagenturen sind zum größten Teil durchaus positiv, steht und fällt mit den dort beschäftigten Personen. Aber auch dort fühle ich mich als Philatelist mit oft "exotischen" Sonderwünschen durchaus gut aufgehoben. Es hilft da aber auch sehr, freundlich und humorvoll aufzutreten und nicht dem Klischee des muffligen, alten "Briefmarkensammlers" zu entsprechen. Manchmal hilft es auch den dort beschäftigten Damen ein paar nette Worte zu machen und im Anschluss eine positive online Bewertung abzugeben.

Ich sehe das Ende der Philatelie noch lange nicht gekommen, nur eben die Erscheinungsform wird sich zunehmend verändern und man tut gut daran sich daran anzupassen, sich damit zu arrangieren und nicht den "guten alten Zeiten" hinterher zu jammern. ;-)

Viele Grüße,
Peter
 
uli Am: 22.11.2021 10:03:55 Gelesen: 6579# 17 @  
@ filunski [#16]

Ich scheine in einer anderen Blase zu leben ...

In den beiden Postfilialen in meiner Nähe (beides Anhängsel des lokalen Einzelhandels) arbeiten idR. ausschliesslich Männer (Damen nur als Urlaubsvertretung) und grummelig ist dort eher das Personal (ich würde gerne mal ein Foto schießen und posten). Dort gibt es auch schon seit min. 3 Jahren keine nassklebenden Sondermarken mehr, nur ein paar "Rollen-Blümchen" und hauptsächlich Selbstkleber und Label. Ganz ähnlich sah es auch an meinem vorherigen Wohnort aus.

Bzgl. der "gern verwendeten Briefmarken": Ich arbeite im Input-/Outputmanagement eines großen deutschen Konzerns. Dabei habe ich u.a. Einblick in den Posteingang, der im Normalfall zwischen 20.000 und 50.000 physische Briefe pro Tag beträgt. Es ist deutlich feststellbar, dass ...

... die tägliche Briefmenge im Posteingang kontinuierlich abnimmt, obwohl die Anzahl aller Kommunikationskontakte im Konzern zunimmt;
... die Menge der mit Briefmarken frankierten Briefe schneller abnimmt als die Briefmenge insg.; ich sehe zunehmend Label und Freistempler und vor allem steigt der Privatpostanteil (DVS, früher PostCon) bei der Firmenpost;
... die Menge der elektronischen Kommunikation (hauptsächlich email und Portal) spürbar zunimmt, vor allem in der B2B-, seit 3 Jahren stark zunehmend auch in der B2C-Kommunikation - und das ist sicher erst der Anfang einer absehbaren Entwicklung.

Das alles trifft in weiten Teilen auch auf meine private Kommunikation zu. Ich kann mir - nicht nur deshalb - die Zukunft gut so vorstellen, wie im Eröffnungsbeitrag beschrieben, auch wenn ich Details vielleicht etwas anders sehe.

Gruß
Uli
 
jmh67 Am: 22.11.2021 10:31:09 Gelesen: 6562# 18 @  
Zunächst einmal finde ich Georg Gärtners Analyse sehr treffend und stimme mit ihm in vielen Punkten überein. Über die Zukunft kann man zwar nur spekulieren, aber das ist eben Zukunft. Nun noch ein paar Kommentare von mir:

@ uli [#4]

Organisation? Ich habe selbst nie Anschluss an einen Verein gefunden, wäre also nach auch kein "richtiger" Sammler. Aber als rec.collecting.stamps im Usenet aufkam, fühlte ich mich doch schon als Teil einer Gemeinschaft, und heute heißen meine "Vereine" eben Philaseiten, Philaforum und Stamporama. Die sind so vielseitig, da verkrustet so leicht nichts.

@ filunski [#16]

Zum Thema Postagenturen: Wie meine Berliner Bekannten sagen - "et jibt so'ne, solche un denn noch janz andere." Ich bin in Postbank-Filialen meist freundlich und kompetent bedient worden, habe dafür im Einzelhandel öfter humorloses, unfreundliches und unkundiges Personal erlebt. Vielleicht ändert sich das langsam mit dem "Aussterben" der alten Postler.

Markenflut? Mag sein, dass es anderswo schlimmer ist, jedenfalls was die Anzahl der verschiedene Marken angeht, aber ich habe wie @ Baber [#13] den Eindruck, dass auch in Deutschland bisweilen am Bedarf vorbei emittiert wird. Dazu zählen Sondermarken mit "exotischen" Nennwerten und Blocks, die man nur mehr bei der Versandstelle bekommt und nicht selten auch vom Format her kaum auf die der Wertstufe entsprechende Sendung passen. Ich glaube auch nicht, dass so viele Groß- und Maxibrief-Werte in Zehner-Folienblättern ausgegeben werden müssen. Inkonsistenz in der Herstellung und mangelnde Qualitätskontrolle namentlich im vergangenen Jahr haben mir nun die Freude an den neuen Sonderausgaben ganz versalzen.

So viel in aller Eile.

Jan-Martin
 
uli Am: 22.11.2021 11:18:42 Gelesen: 6521# 19 @  
@ jmh67 [#18]

"Organisation? Ich habe selbst nie Anschluss an einen Verein gefunden, wäre also nach auch kein "richtiger" Sammler."

Nö, du bist einer. Du bist (warst) im Usenet aktiv, du bist (auch?) hier aktiv, du kommunizierst mit anderen Leuten zum Thema und das ist *für mich* etwas emminent wichtiges für unser Hobby. Ich hatte nirgends geschrieben, dass für mich eine Vereinsmitgliedschaft dazu gehört. Ich selber war auch noch nie ein Mitglied in einem Briefmarkenverein. Ich sehe hier wie Wolfgang Maassen auch eher die Zukunft in Foren und ähnlichen "lockeren" Verbünden, die das Internet als Basis für die Kommunikation haben.

Gruß
Uli
 
filunski Am: 22.11.2021 11:25:14 Gelesen: 6515# 20 @  
@ uli [#17]
@ jmh67 [#18]

"et jibt so'ne, solche un denn noch janz andere."

Hallo zusammen,

nochmals zu den Postagenturen, ich meine das Zitat von Jan-Martin trifft es ganz gut. ;-)

Meine Meinung und Worte dazu [#16] entsprechen meiner inzwischen langjährigen und vielfachen Erfahrung dazu in meinem meist ländlichen "Dunstkreis" im Leitgebiet 85, 91, 92 und vor allem 93. Dort fahre ich schon seit Jahren zu meiner Tagesstempel-Dokumentation sehr, sehr viele Postagenturen und -banken an und daraus resultiert meine geschilderte, überwiegend positive bis sehr positive Erfahrung. Dass es nicht überall so ist, ist mir auch klar und ich erfahre dies auch immer wieder von Freunden und (philatelistischen) Bekannten. Habe auch selbst auf Reisen schon schlechtere Erfahrungen gemacht, vor allem, ohne dies jetzt den jeweiligen Landsmannschaften ankreiden zu wollen, in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Trotzdem bleibt mein Gesamteindruck ein positiver und ich arbeite auch daran, dass es dort wo ich unterwegs bin so bleibt oder vielleicht sogar besser wird. ;-)

Viele Grüße,
Peter
 
opti53 Am: 22.11.2021 12:03:22 Gelesen: 6480# 21 @  
@ jmh67 [#18]

Hallo Jan-Martin,

Du hast geschrieben: Inkonsistenz in der Herstellung und mangelnde Qualitätskontrolle namentlich im vergangenen Jahr haben mir nun die Freude an den neuen Sonderausgaben ganz versalzen.

Lustigerweise sehe ich so etwas sogar wieder als Bereicherung des Sammelgebiets an. Die gleiche Marke als naßklebend, selbstklebend und noch vielleicht im Heftchen ist weniger aufregend. Aber Fehler zu finden, ist spannend. Wenn man sich den Feed "Druckzufälligkeiten Bund" anschaut, sieht man, dass es sich lohnen kann, die Marken genauer anzuschauen.

Viele Grüße

Thomas
 
jmh67 Am: 22.11.2021 13:26:17 Gelesen: 6413# 22 @  
@ opti53 [#21]

Lustigerweise sehe ich so etwas sogar wieder als Bereicherung des Sammelgebiets an. Die gleiche Marke als naßklebend, selbstklebend und noch vielleicht im Heftchen ist weniger aufregend. Aber Fehler zu finden, ist spannend.

Jein. Druckzufälligkeiten sind einfach Zufälle, kurios anzusehen, auch aufhebenswert, aber nicht systematisch. Feldmerkmale sind natürlich systematisch, aber ich versteige mich zu der Behauptung, dass man, wenn man lange genug sucht, für jede Marke in einem Druckbogen Merkmale finden kann, die ihre Verortung erlauben. Manche wird man freilich nur unter dem Mikroskop erkennen, aber es relativiert die Sache. Gehört freilich nicht strikt hierher.

Ich meine Inkonsistenzen in der Herstellung dessen, was eigentlich dieselbe Marke sein soll. In Notzeiten geht es manchmal nicht anders. Man denke an die "centu"-Überdrucke aus Litauen, wo die Druckerei nicht genug Typen hatte und sich irgendwie behelfen musste, oder die auf minderwertigem Papier gedruckten niedrigen Dauerserienwerte aus Frankreich im 1. Weltkrieg. Das sind Dokumente der Umstände einer Zeit. Aber heutzutage, wo wir quasi im Überfluss leben, sollte es möglich sein, Druckaufträge an zwei und mehr Druckereien so zu spezifizieren, dass man mit "Haushaltsmitteln" keine Unterschiede mehr feststellen kann. Ganz zu schweigen von verrutschten oder fehlenden Matrixcodes, vergessener Fluoreszenz, unpassenden Zeichen oder falschen Strichcodes auf dem Markenrand, wegen orthographischer Fehler zurückgezogenen Marken. Alles war vermeidbar, nichts war äußeren Zwängen geschuldet. Das ist nur noch peinlich, oder man wird zum Schelm und denkt Arges dabei. Jedenfalls sind das Wassergüsse auf das Flämmchen meines Interesses.

Jan-Martin
 
Richard Am: 22.11.2021 13:42:35 Gelesen: 6395# 23 @  
@ alle

Darf ich bitten zu den in Beitrag [#1] genannten Fakten, Thesen und vor allem den Zukunftsaussichten zu schreiben ?

Können wir die beschriebenen oder vermuteten Zukunftsperspektiven beeinflussen und auf welche Weise oder sind sie weitgehend (fast ausschliesslich) unabänderlich ?

Hatten und haben die philatelistischen Foren und Datenbanken im Internet einen Einfluss auf (a) die Zahl der Sammler und besonders (b) die Zahl der organisierten Mitglieder um warum ?

Wie wird die künftige Zahl der BDPh Vereine in Deutschland, der Schweiz und Österreich gesehen ? Seit Jahrzehnten gibt es keine Neugründungen mehr.

Schöne Grüsse, Richard
 
Baber Am: 22.11.2021 14:48:39 Gelesen: 6339# 24 @  
@ Christoph 1 [#15]

Hallo Christoph,

ich wollte damit nicht sagen, dass die Deutsche Post zu viele Sondermarken herausgibt, da sind andere Staaten schlimmer. Was mich stört ist das "drumherum" mit Doppelausgaben selbstklebend und naßklebend, Rollenmarken und Heftchenmarken. Markensets usw. In den letzten 10 Jahren von 2011-2021 verzeichnet der Michelkatalog knapp 800 neue Hauptnummern. Für diese Menge hat es zur Anfangszeit der Bundesrepublik von 1949 bis 1974 gedauert, also 25 Jahre. Und in dieser Zeit wurden bedeutend mehr Karten und Briefe, frankiert mit Briefmarken, geschrieben. Die Ausgabenflut ist ist aus meiner Sicht reziprok zum Bedarf.

Richard fragt was wir beeinflussen können. Als Einzelperson wohl wenig. Da aber die Briefmarkensammler Individualisten sind und jeder dazu eine andere Meinung hat, werden wir keine eindeutige Verbandsmeinung zusammenbringen.

Was mich wundert ist, dass beim Michel-Verlag nicht die Alarmglocken läuten. Wenn es so weitergeht, muss über kurz oder lang der Deutschland-Spezial Teil 2 geteilt werden, es bietet sich dann wohl an, einen DM-Teil und einen EURO-Teil herauszugeben. Dr. Gärtner befürchtet ja zu recht, dass es in 20 Jahren gar keine gedruckten Kataloge mehr geben wird, Also bewahrt eure alten Michelkataloge, sie werden mal sicher als antiquarische Bücher wertvoll.

Gruß
Bernd
 
dietbeck Am: 22.11.2021 19:54:45 Gelesen: 6196# 25 @  
@ Baber [#24]

Kleine Seitenbemerkung. Ich kenne einen Buchantiquarienhändler, der meint, der Markt ist völlig eingebrochen, da niemand mehr "alte Schinken" zu Hause stehen haben möchte. Da würde ich doch eher meinen, "alte" Michelkataloge sind und bleiben Ausschuss. Wenn, dann wird sich das ganze in die digitale Welt bewegen. Da kann ein Katalog so "dick" sein, wie er will.
 
achim11-76 Am: 22.11.2021 22:02:51 Gelesen: 6108# 26 @  
@ Baber [#5]

Theoretisch können alle Bund / Berlin Marken ausgegeben ab 1969 sowie die Dauerserien Brandenburger Tor und Deutsche Bauwerke aus 12 Jahrhunderten und die Olympia Sondermarkenserie Bund seit Juli 1990 in der DDR und dem später daraus entstandenen VGO benutzt worden sein..die waren damals ja noch "unbegrenzt" frankaturgültig.

Ich denke das die Sammler sich immer mehr spezialiersieren... so das reine Hauptnummern komplett bekommen wird warscheinlich immer mehr in den Hintergrund treten.
 
Tuffi Am: 23.11.2021 10:25:02 Gelesen: 5976# 27 @  
@ Richard [#23]

Hallo Richard,

den Darlegungen stimme ich vollinhaltlich zu. Eine Ergänzung: In NRW gab es eine Arbeitsgemeinschaft "Philatelistische Postgeschichte" in der sich die Heimatsammler des Ruhrgebietes regelmässig trafen. Diese Treffen finden inzwischen mangels Masse (die meisten Teilnehmer leben nicht mehr) nicht mehr statt.

Gruß Walter
 
Eric Scherer Am: 23.11.2021 10:38:15 Gelesen: 5965# 28 @  
@ dietbeck [#25]

Zum Thema "Buchantiquariat": Hier müsste es heissen "Der Markt ist für den spezifischen Händler eingebrochen". Ich denke, dass gerade der Internet-Markt für alte Bücher sehr gut läuft und da z.T. auch sehr hohe Preise gezahlt werden. Aber auch hier gilt: niemanden interessiert Massenware.
 
Ben 11 Am: 23.11.2021 10:40:30 Gelesen: 5960# 29 @  
@ Richard [#23]

Guten Morgen,

Können wir die beschriebenen oder vermuteten Zukunftsperspektiven beeinflussen und auf welche Weise oder sind sie weitgehend (fast ausschliesslich) unabänderlich ?

Jeder, der sich z.B. in einem Forum anmeldet und dort aktiv wird, lenkt bereits jetzt die Perspektiven in eine bestimmte Richtung.

Hatten und haben die philatelistischen Foren und Datenbanken im Internet einen Einfluss auf (a) die Zahl der Sammler und besonders (b) die Zahl der organisierten Mitglieder um warum ?

Ja, haben sie.
a) Wo suchen heute Menschen Informationen? Wenn sie z.B. auf eine interessante Briefmarke stoßen und das Interesse daran geweckt wird, kann ein Forum Antworten bieten. Mach einer bleibt dann vielleicht dort und wird aktiv weiter sammeln.
b) Die Art der Organisiertheit wird sich ändern, Mitgliedschaften in Forengruppen werden zunehmen, in Vereinen dagegen wohl eher abnehmen.

Wie wird die künftige Zahl der BDPh Vereine in Deutschland, der Schweiz und Österreich gesehen ?

Es wird keinen BDPh mehr geben, auch die Ortsvereine werden weniger. Briefmarken können über verschiedene Plattformen, Flohmärkte oder Antiquariate erworben werden und lösen die "Tauschtage" ab.
Arbeitsgemeinschaften werden bestehen bleiben, da sich Sammler überregional auf ihrem Gebiet austauschen. Jahrestreffen bieten den direkten Austausch an und treten an die Stelle der bisherigen Messen, zusätzlich wird in eigenen Zeitschriften oder über Webseiten publiziert.

Zum Schluss noch zwei Anregungen für Richard.
- eine Art "Forenzeitschrift" in Form eines Newsletters im pdf-Format könnte aktuell diskutierte Themen noch einmal bündeln und vertiefen. Vielleicht lässt sich auch mancher Beitragsschreiber als Autor eines dortigen Beitrages gewinnen.
- die Rubrik "virtuelles Album" zu einem virtuellen Ausstellungsraum erweitern. Hier können dann auch Priese vergeben werden für das interessanteste Ausstellungsthema des letzten halben Jahres, oder ähnlich.

Viele Grüße
Ben.
 
wheilmann Am: 23.11.2021 12:26:10 Gelesen: 5899# 30 @  
Hallo zusammen,

wenn Briefmarken-Vereine und Arbeitsgemeinschaften weiterhin ihre erarbeiteten Informationen in zu erwerbenden Büchern bereitstellen, werden auch diese Verweigerer der aktuellen Digitalisierung es schwer haben, weiterhin zu bestehen.

Ich bin auch ein Briefmarkensammler - nirgends Mitglied -, habe alle Informationen (alle Bücher) im pdf-Format auf meinem PC gespeichert. Was nicht vorhanden ist, danach suche ich im Internet - auch auf Philaseiten im Forum -, mein Bücherschrank ist leer.

Ich bin auch bereit für Informationen in digitaler, abrufbarer Form einen angemessenen Betrag zu zahlen.

Auch meine Briefmarkenbestandspflege findet am PC statt, in Excel, Briefmarken eingescannt und verlinkt, in die Alben gehe nur noch, um Stücke auszutauschen.

Das macht einen "heiden" Spaß im Ruhestand!

Gruß Wolfgang
 
Eric Scherer Am: 23.11.2021 13:00:17 Gelesen: 5881# 31 @  
Ich bin überzeugt, dass es den BDPh noch lange geben wird. Mehr sogar: es muss ihn geben. Nur über eine bundesweite Dachorganisation lässt sich die Vernetzung in der Philatelie, der Wissensaustausch, die Öffentlichkeitsarbeit und die interenationale Zusammenarbeit realisieren.
Wie viele andere Vereine steht auch der BDPh vor vielen Herausforderungen und die Zukunft lässt sich bestenfalls erahnen. Einfache Rezepte gibt es auch nicht, sonst geht der Non-Profit-Charakter verloren.

Am Ende bleibt für mich eines bestehen: Philatelie ist Teamwork und Networking. Und in vielen Punkte steht die Philatelie in Deutschland heute besser dar, wie in den vergangenen Jahrzehnten. Dazu hat das Internet genauso beigetragen, wie der Mut zu internationalen Gebieten, zur Nische und Spezialisierung, die Öffnung im Ausstellungswesen und vielen mehr. Der Auktionsmarkt floriert. All das sollte man nicht vergessen bei aller Schwarzmalerei.
 
22028 Am: 23.11.2021 18:12:26 Gelesen: 5729# 32 @  
@ Ben 11 [#29]

Es wird keinen BDPh mehr geben, auch die Ortsvereine werden weniger. Briefmarken können über verschiedene Plattformen, Flohmärkte oder Antiquariate erworben werden und lösen die "Tauschtage" ab.

Todgesagte leben lange..., und auf Flohmärkten Briefkarten anbieten und suchen, na ja..., es wird mit Sicherheit auch weiterhin Tauschtag, Vereine und auch den BDPh geben...

Auch meine Briefmarkenbestandspflege findet am PC statt, in Excel, Briefmarken eingescannt und verlinkt, in die Alben gehe nur noch, um Stücke auszutauschen.

Weiterhin, ich befasse mich als Aussteller intensiv mit meiner Sammlung..., nur sammeln und das nie weder ansehen, wem es Spaß macht? Da kann ich auch aus Katalogen ausgeschnittene Bilder von Briefmarken ins Album stecken...
 
Silesia-Archiv Am: 23.11.2021 19:46:14 Gelesen: 5616# 33 @  
Hallo,

nun habe ich auch Zeit gefunden um meine Meinung zu dem Aufsatz von Dr. Gärtner zu schreiben. Ohne direkt auf den Inhalt einzugehen, möchte ich meine eigene Meinung darstellen.

Weihnachten 1968 bekam ich von meinen Eltern ein Briefmarkenalbum geschenkt und ebenso ein kleineres Album mit abgelösten Marken von meinem Onkel. Das war der Startschuss meiner Leidenschaft. Meine ersten Marken waren die Jugendmarken 1969 (Pferde) und die beiden Flugzeugwerte. Ab diesem Zeitpunkt gab mir mein Vater Hinweise wann neue Marken erscheinen und ermutigte mich Zusehens Marken zu sammeln, weil es ihm als Beamter der Deutschen Bundespost (u.a. auch im Schalterdienst) damals offiziell verboten war als Postler Briefmarken zu sammeln.

Als 1973 die Musikinstrumente erschienen, war ich von diesem Marken sehr begeistert. Vor dem Postamt standen zu damaligen Zeiten zwei fliegende Händler, die auch bereits fertige goldglitzernde Ersttagsbriefe (FDC) anboten. Da war die Stunde FDC's zu sammeln für mich geschlagen, selbst meiner Mutter gefielen die so sehr, dass sie auch welche haben wollte. Hinzu kam, dass ich in diesem Zeitraum mein Praktikum bei der Deutschen Bundespost machte und so u.a. den Ablauf des Briefwesens kennenlernte, vom Briefkastenleeren, über sortieren und selber abstempeln bis wieder sortieren und austragen lernte ich alle Bereiche auch den Schalter kennen. Dies steigerte mein Interesse am Briefmarkensammeln und ich fuhr mit meinem Vater zu einigen überregionalen Briefmarken-Tauschtagen in der Nähe. So lernte ich auch Marken anderer Länder kennen und es wurde immer interessanter für mich Marken zu sammeln, mein Taschengeld war schnell aufgebraucht.

1978 lernte ich durch meinem neuen Job einen für mich damals schon älteren Herrn kennen, der ein begeisterter Sammler war und noch heute ist. Unsere Freundschaft um das sammeln wurde immer intensiver zumal er genau wie meine Eltern aus Schlesien kam. Noch heute sind wir in engem Kontakt wenn es ums Sammeln geht. Bis vor der Pandemie fuhren wir gemeinsam auf Tauschtage und Briefmarkenmessen. Zudem besorgten wir uns damals im Postamt am Bonner Bundeshaus die Berliner Ausgaben. Meine Leidenschaft des Sammelns wurde wieder gesteigert.

Als Azoren und Madeira anfingen eigenständige Briefmarken herauszubringen, meinte ein weiterer ehemaliger Kollege und Sammler, das müsste man jetzt sammeln, das bringt mal Geld. Ich ließ mich überreden, stellte aber nach einem halben Jahr dieses Sammelgebiet ein.

Da ich ab 1980 beruflich sehr viel mit aller Welt zu tun hatte, sammelte ich nun auch diese gestempelten Marken, die ich dann auf Tauschtagen einlöste. Ab diesem Zeitraum beschränkte ich mein Sammeln auf deutsche Briefmarken postfrisch und gestempelt, sowie FDC. Durch den Besuch von Briefmarkenmessen interessierte ich mich immer mehr für echt gelaufene Briefe und nahm diese in mein Sammelgebiet mit auf.

Noch lange Jahre vor der Wende lernte ich, auch einmal persönlich, einen Tauschpartner aus der DDR kennen und wir tauschten die Neuerscheinungen beider Deutscher Staaten aus. Selbst Weihnachten gab es die üblichen gegenseitigen Päckchen. Direkt nach der Wende warf dieser jedoch aus einem mir unbekannten Grund das Handtuch und ich suchte mir umgehend einen Neuen Tauschpartner mit dem heute noch in gutem Kontakt stehe. Nun war mein Sammelgebiet Deutschland komplett.

Aus Interesse am Sammeln nahm ich irgendwann europäische Dauerserien hinzu, die mich ähnlich wie die deutsche Dauerserie der Blumenmarken begeistern.

Noch heute sammle ich alle deutschen Neuerscheinungen in allen Varianten und werde dies, auch wenn mir oft die Motive nicht gefallen, weiter tun. Von Marken der Privatpost, die moderne Label-Freimachung, etc. was es da alles gibt, bin ich kein Freund und werde ich auch nie sein.

Auch wenn es manchmal an den Geldbeutel geht, ich habe Spaß am Sammeln und bedauere, dass die heutige Post die so gut geführten Philatelie-Schalter aufgegeben hat.

Die Pandemie brachte mich durch den Homeoffice dazu, meine Sammlung neu zu ordnen und überzählige Marken und Belege abzustoßen.
Auch wenn die Post einem immer mehr Knüppel zwischen die Beine legt und das beschaffen neuer Marken und Belege immer mehr auf Schwierigkeiten stößt, werde ich weiter sammeln solange es mir möglich ist. (In Weiden erhalten ich leider nicht das was ich möchte.)

Allen anderen Philatelisten viel Spaß beim Sammeln,
beste Sammlergrüße
Michael
 
Heinz 7 Am: 26.11.2021 13:21:40 Gelesen: 5051# 34 @  
@ Richard [#1]

Die von Dr. Gärtner zusammengetragen Informationen sind hilfreich und seine Schlussfolgerungen und Thesen aus meiner Sicht schlüssig.

Zu der von ihm festgestellten steigenden Zahl der Briefmarken-Neuerscheinungen möchte ich anmerken:

a) diese Feststellung ist in den philatelistischen Fachzeitschriften eine der festen Konstanten - seit vermutlich 150 Jahren! Doch die Aufrufe zur Mässigung brachten zwar hier und dort ermutigende Verbesserungen bei einzelnen Ländern, die aber - so scheint es - durch andere Gebiete wieder zunichte gemacht wurden. Zu meinem "ersten" Sammelgebiet Rumänien habe ich hierzu eine Studie gemacht, die ich an anderem Orte gerne publik mache. Soviel vorweg: auch für Rumänien muss der Neuerscheinungen-Sammler seit einigen Jahren massiv tiefer in die Tasche greifen, als noch im 20. Jahrhundert, obwohl Rumänien schon viele Jahrzehnte lang eine hohe Zahl an Neuausgaben verzeichnet.

b) es ist in der Tat schwierig für die grossen Massen von "Katalog-Sammlungen" (moderne Komplettsammlungen) immer wieder neue Sammler zu finden. Dies zeigt sich vor allem auf dem Markt: weil hier gilt: Angebot > Nachfrage, fallen viele Preise für "Katalog-Sammlungen" (moderne Komplettsammlungen) weiter.

Der "Nutzungsrückgang bei Briefmarken" muss meines Erachtens nicht unbedingt zu einer Krise des Sammelns führen. Es kann sogar dem Sammeln dienlich sein, wenn gewisse Verwendungen nicht mehr häufig erfolgen. So ist es heute mit Sicherheit schwieriger, eine Bedarfsverwendung vieler Briefmarken zu finden, als vor 40 Jahren.

Der "Sammlerschwund in den Vereinen" ist nicht zu leugnen und sicherlich bedauerlich, doch hat dieser seine Ursache auch in dem "Hype" der Jahre 1960-1980, als unzählige Sammler sich für Vereinsmitgliedschaften entschlossen. Die "Briefmarke als Wertpapier", als "Aktie des kleinen Mannes" befeuerte die Motivation, einen nicht unbeträchtlichen Betrag in Briefmarken zu investieren. Einige Vereinsmitglieder betrachteten ihre Bestände von Postfrisch- und ET-Viererblöcken (oder -Ganzbogen!) gar als "Altersvorsorge". - Mit fatalen Folgen. - Es gibt wohl keine unangenehmere Aufgabe für viele Vereinspräsidenten, als den trauernden Witwen von Vereinsmitgliedern erklären zu müssen, dass die Briefmarken, die zuvor für CHF 100'000 eingekauft wurden, heute nahezu als "Non-valeur" gelten.

Nun Antworten auf deine Fragen:

I. Können wir die beschriebenen oder vermuteten Zukunftsperspektiven beeinflussen und auf welche Weise oder sind sie weitgehend (fast ausschliesslich) unabänderlich ?

Die Megatrends können wir kaum umkehren und nüchterne Analysen helfen uns, vernünftig zu reagieren.

II. Hatten und haben die philatelistischen Foren und Datenbanken im Internet einen Einfluss auf (a) die Zahl der Sammler und besonders (b) die Zahl der organisierten Mitglieder und warum ?

Die philatelistischen Foren und Datenbanken haben meines Erachtens einen sehr positiven Einfluss auf das Interesse von Sammlern. Es ist heute problemlos möglich, sein Hobby gemütlich von zuhause aus zu betreiben - eine Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wurde. Viele Auktionshäuser haben die Online-Beteiligungen vereinfacht und einige Vereine ihre Vorträge als Video-Konferenzen organisiert.

Für die organisierten Mitglieder sieht die Situation meines Erachtens aber deutlich schwieriger aus. Wenn die Vereine "wegsterben" (um das drastisch auszudrücken), werden auch die Auswirkungen auf die Phila-Szene gesamthaft spürbar negativ ausfallen. Wer organisiert noch Grosstauschtage? Wettbewerbs-Ausstellungen? - - Der Erhaltung von Vereinen und Verbänden ist darum höchste Beachtung zu schenken.

III. Wie wird die künftige Zahl der BDPh Vereine in Deutschland, der Schweiz und Österreich gesehen? Seit Jahrzehnten gibt es keine Neugründungen mehr.

Die Zahl der Vereine wird drastisch abnehmen. Es wird eine "Konsolidierung" stattfinden. Aber Pessimismus generell ist nicht angezeigt. Die Philatelie ist so faszinierend und entspricht dem menschlichen Wesen perfekt (forschen, sammeln, zeigen...), sie wird nie untergehen. Aber die festen Strukturen werden durch flexiblere (teilweise) ersetzt. Private Interessenten ersetzen öffentlich organisierte. Vermögende Sammler gründen Stiftungen, welche manche Funktionen übernehmen, die früher bei den Vereinen lagen. - Eine Koordination aber wird schwierig sein.

Vor allem aber sollte meines Erachtens dem persönlichen Zusammentreffen der Philatelisten Sorge getragen werden. Viele Vereine boten ihren Mitgliedern unersetzliche soziale Kontakte - wie diese "gerettet" bzw. ersetzt werden können (wenn die Ortsvereine aufgeben) ist eine ernst zu nehmende Frage.

Heinz
 
Bendix Gruenlich Am: 27.11.2021 16:39:38 Gelesen: 4683# 35 @  
Ein erfreulicher Artikel - der ist mir schon in einer anderen Publikation aufgefallen ist, da gab es vor kurzem einen Link hier im Forum.

Aber als Kaufmann (der auch zur eiskalten Kalkulation und Analyse fähig ist) folgendes:

„Karton“-philatelie ist „böse“

....meiner Meinung nach ein typisches Sentiment, wenn eine Spekulation nicht aufgegangen ist. Nur weil ETB und FDC aktuell nicht gefragt sind (also zu einem Zehntel Ihres Einkaufspreises zu haben sind - das Zubehör gibt es noch gratis dazu), sind sie produktqualitativ nicht schlecht.

Es gibt die Originalmarke mit einem gut gestalteten Sonderstempel zum Thema. Bei den ETB gibt es auf der Rückseite noch einen wirklich tiefgehenden erläuternden Text. So etwas findet man auf einer Bedarfsverwendung übrigens vergeblich (probiert es mal aus, dreht die um, was seht ihr, wenn ihr Glück habt: den Absender).

Nein, wir finden ein typisches Angebot- / Nachfragephänomen vor. Die Anzahl der Sammler geht zurück, das überzählige Material geht in den Markt (das Material muss weg – es nimmt Platz weg). Der Preis sinkt. Und noch ein Aspekt: Es wird immer mehr - und damit zum echten physikalischen Problem - Bund hat nunmehr über 3.600 Hauptnummern.

Der ehemalige Käufer merkt, der Preis verfällt - also war die seinerzeitige Kaufentscheidung aus heutiger Sicher wirtschaftlich unvorteilhaft. Es ist leider menschlich, dass wir uns nicht eingestehen, dass wir auch von Zeit zu Zeit unwirtschaftliche Entscheidungen treffen. Weil der Fehler aber unmöglich bei uns liegen kann, muss es an der Qualität des Produktes liegen.

Das ist Wirtschaftspsychologie, aber leider falsch - die Qualität ist gut, das Produkt ist aber inflationär auf dem Markt. Deswegen finden wir heute die Ware im Karton (Wühltisch = geringwertig) vor.

Meiner Meinung nach gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:

a. Das Produkt schlecht machen - der weniger souveräne Weg und auch eine Fehlinterpretation – wer ein niedriges Preisniveau mit z.B. künstlerischer Inferiorität verwechselt, denkt nicht abstrakt genug bzw. vergleicht Äpfeln mit Birnen

b. Eingestehen, dass das eine Fehlinvestition war, wenn man denn die Erwartung hatte einen bestimmten Erlös zu erzielen - weg mit Schaden und gut ist - das macht der souveräne Kaufmann. Bei der rein wirtschaftlichen Überlegung haben Emotionen nichts zu suchen, die kann man unzweideutig in Geldeinheiten messen.

Für Fehlinvestitionen sind wir selbst verantwortlich, weil wir die Zukunft nicht gesehen haben (immer die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg).

Das ist ein nicht gerade liebenswerter, aber typisch deutscher Charakterzug - wir lamentieren über unsere Verluste und erzählen die Saulus zum Paulus-Geschichte mit Schwergewicht auf dem Passionsweg. Ja, wir Deutschen haben es immer schwer (fahren aber Mercedes).

Der Autor spricht vom „wahren“ Sammeln (deswegen habe ich mal im vorherigen Satz Elemente des Erweckungserlebnisses benutzt). Wahrheit gibt es aber in der Sammelfrage nicht, weil die Bedürfnisse / der Nutzen von Individuum zu Individuum variieren (da belehren uns zwar die Algorithmen von Big-Tech, dass sei nicht so, aber die machen den Fehler auch nur in USD zu rechnen). Schaut Euch die Heterogenität der Themen hier im Forum an – das ist bunt.

Wir sollten bedenken: in der Retrospektive hat schlechter Geschmack zu seinen besten Zeiten Freude gemacht. Denn: was habt ihr vor dreißig Jahren für Kleidung getragen und würdet ihr das mit derselben Überzeugung heute wieder tun? Und doch habt Ihr bestimmt eine gute Zeit gehabt, die Ihr nicht missen möchtet. Also sollte man seinen seinerzeitigen Geschmack nicht verteufeln.

Wir haben es hier im Forum schon oft gelesen: Investieren oder konsumieren wir? Also, erwarten wir dass unser eingesetztes Geld zurückkommt oder haben wir es verbraucht? Bei letzterem wäre das Geld dann weg.

Wir haben eine emotionale Beziehung zu unserer Sammlung, wir lieben die Motive, die Gebiete, die Themen, das Design.

Ich habe in letztem Dezember EUR 200 für zwei briefmarkenwirtschaftlich belanglose Kartons ausgegeben, die mich aber - ich glaube - mindestens 100 Stunden gut unterhalten haben. Das Geld sehe ich nie wieder, aber es war schön und hat ordentlich Laune gemacht.

Ich lade Euch ein, genießt Eure Sammlung und den Spaß! Und erzählt weiter, wieviel Freude Euch das gemacht hat.

So sammeln wir (meiner Meinung nach) richtig

Wir sammeln, was uns Spaß macht. Das ist heute dies und morgen das.

Als Kaufmann rate ich zu einer besonnenen Einkaufspolitik. Man muss es sich leisten können und das Risiko eines Totalverlusts ist hoch, bzw. einen nennenswerter Verkaufserlös nicht zu erwarten, wenn einem der eingesetzte Geldbetrag wichtig ist.

Gemeinsam oder einsam?

Ich freue mich, wenn Leute sich im Verein wohlfühlen. Gemeinsam geht mehr.

Aber ein Verein verlangt auch eine physische Präsenz, zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort mit ungewissen Erfolgsaussichten (sind auch die Leute da, die ich sehen will – sprechen die über mein Thema). Zeit ist knapp heutzutage (Familie, Freunde, Beruf, Sport) - so ist es kein Wunder, dass das die Vereinspräsenz am ehesten im Rentenzeitalter möglich ist.

Aber ist man im elektronischen Zeitalter jemals allein? Und bedarf es der physischen Präsenz, um nicht allein zu sein?

Metaphysische Fragen, auf die ein Kaufmann keine Antworten hat.

Zahlen 1950 - 2020

Sehr erfreulich für den Kaufmann sind die Gegenüberstellungen von Zahlen.

Zahlen lügen nicht, andererseits gibt es ja den schönen Satz des „Vertraue nur Statistiken, die Du selber gefälscht hat“. Ich finde die Zahlen der BDPh (incl. Jugend)-Graphen grundsätzlich überzeugend. Dagegen habe ich auch keine wissenschaftliche Entgegnung.

Aber mir fällt auf, dass der Steigerungsgrad des BDPh-Graphen im Vergleich zum Südwest-Vereins-Graphen deutlich steiler ist. Das würde bedeuten, dass in Deutschland ohne den Südwesten der Zugang an Sammlern deutlich stärker gewesen ist, als im Südwesten, wofür eigentlich kein kultureller Grund vorhanden gewesen sein kann (dafür sind wir in Deutschland zu gleichförmig). Der Autor spricht selbst von unterschiedlichen Berichtsstandards der Vereine und Landesverbände außerhalb des Südwestens, wohingegen die Zahlen des Südwestvereins als vollständig gelten.

Im Folgenden wird dann erst „der Sammler“ subjektiv definiert, es wird aber nicht klar, ob das dann auch die Definition der dann zitierten „Philatelie“ ist. Danach sieht es eher nicht aus.

Die Definition der „Philatelie“ wird leider nicht genannt. Die dortige Aussage aus 1987 besagt, dass ca. 6 % aller Sammler organisiert seien, 2000 dann 4 %. Wie beide Werte hergeleitet werden, wird nicht erläutert, das wäre aber interessant, um die Methodik bewerten zu können.

Die zitierte Aussage von H. Jakubek, nur 10 % seiner Kunden verstünden etwas von Philatelie, 90 % nicht, befriedigt aus analytischer Sicht nicht, weil die Definition für Philatelieverständnis fehlt. Ferner würde ich einen wirtschaftlichen aktiven Käufer auf jeden Fall auch als aktiven Sammler bezeichnen.

Interessanter finde ich die Zahl der Abonnenten der Post, hier wäre es wünschenswert die Zahlen für die untersuchte Zeitreihe heranzuziehen (also 1950-2020). Genannt werden aber nur die Jahre 1987, 2006 und 2014. Hätte man dann noch die Altersstruktur der Abonnenten, wären meiner Meinung nach in der Tat Aussagen zur Zukunft der Philatelie ableitbar (Sterbetafel aus der Versicherungswirtschaft hinzuziehen, den Abgang errechnen und die Zugänge der letzten fünf Jahre hinzuaddieren. Ich würde tippen, da würde man sehr gut sehen, wann Schluss ist).

Die Methode die Ausgabepolitik anhand eines Faktors Nominale der Ausgaben zur Inlandsporto zu ermitteln, finde ich gut nachvollziehbar. Allerdings wäre es ratsam, auch noch die Preissteigerung von Postdienstleistungen für den Internationalen Verkehr zu messen (die sind meiner Meinung nach hoch – bei den USA gibt es meines Wissens auch noch Eilmarken – hier hat die Verlagerung dieser Sendungsform durch die Deutsche Post zu deren Tochtergesellschaft DHL schon vor über einem Jahrzehnt zur Verlabelung geführt. Jetzt gehen wir aber wirklich in Richtung wissenschaftliche Arbeit - andererseits, wenn wir uns Gedanken über die Portosätze für überseeische Luftpost in Hintertupfistan im Jahr 1922 Gedanken machen.

Das wären noch ein paar erhellende statische Daten:

• Auflagenzahlen der Briefmarkenspezialpresse
• Umsätze des Briefmarkenhandels inkl. Auktionsumsätze pro Jahr (die müsste man dann noch indexieren)
• Aus den Angaben Auflagenzahl und Briefstücke ließe sich sicher auch noch ein Koeffizient ermitteln. Der wäre besonders aussagekräftig, wenn das pro Ausgabe gemessen werden könnte (das geht aber nicht ohne statistische Stichprobe – dafür dürfte uns heute das Material fehlen).

Die Zukunft / der Blick in die Glaskugel

Über deutsche Briefmarken gibt es ca. 50 neue Grafiken pro Jahr. Die sind einfach Top gemacht und große Kunst (übrigens, hat selbst der ein bisschen als Anarchist verschriene Josef Beuys immer gern mit Stempeln hantiert, die verdächtig an Poststempel erinnerten).

Also übers Mobiltelefon gibt es ohne Probleme ca. 500 neue Bildchen am Tag. Süße Katzenvideos sind der Renner, dauernd klingelt das Teil, weil ein Bekannter - Verwandter irgendwas mitteilt. Dabei gerne auch die tagesaktuelle Sendung des Buffetphotos aus dem Urlaub. Deko-Vorschläge von Freundin zu Freundin, Auftritte von Influencern (schöne Menschen, die einen in der Wirklichkeit einfach links liegen lassen würden, erklären einem - nur für Dich! - die Welt), Erotik, bunte Film-Clips auf höchstem Videospielniveau, Videospiele im Manga-Look, bizarr inszenierte Videos von „gemachten“ Ereignissen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit für den Betrachter 1:1.000.000 beträgt.

Ich fürchte, da kann die Briefmarke nicht mithalten – die staatlich geförderte Grafik entwickelt sich nicht so schnell. Dann ist der Brief auch noch die Schnecke der Korrespondenzmöglichkeiten. Man schreibt nicht mehr so häufig, das ist auch ganz schön herausfordernd. Und doch, es ist immer noch ein schöner und sehr verbindlicher Kommunikationsweg. Also, wohl nur noch was für Edelleute (gebildet, stilsicher, wohlhabend – da kann man sich den Anschein von Gestrigkeit leisten). Internationaler Warenversand per Brief ist ja auch schlicht gestrichen worden, bzw. eine Freimachung derselben per Briefmarke nicht gestattet.

Elektronisch ist halt schneller, unverbindlicher und i.d.R. auch kostenlos.

Aber so lange es Post noch gibt, sollten die Marken gut gestaltet sein. Ihr schreibt einen Brief bzw. versendet etwas und schreibt einen Zahlencode drauf oder klebt ein Label mit Strichcode drauf? Leute, das kann doch nicht Euer Ernst sein - gut, trocken Brot und Ravioli aus der Dose machen auch satt. Aber wer will so leben?

Dann mal zur Zukunft, das Orakel aus dem Rheinland sagt als kalter Kaufmann

- in zwanzig Jahren wird der Briefverkehr eingestellt (vielleicht sogar verboten, denn a) zu CO²-intensiv und b) nicht gut überwachbar, da hat man es mit e-mails doch leichter. Marken werden dann abgeschafft

- Briefmarken werden in der Zwischenzeit immer weniger zur Verfügung stehen. Die sind zu unpraktisch (da müssten doch die Schalterangestellten tatsächlich abends ihre Bestände zählen – nee, die Labelmaschine ist da viel praktischer, und zwei Minuten nach Dienstschluss ist man draußen)

- Briefmarkenvereine sind - wie Briefmarken - 19. und 20. Jahrhundert und die sind beide nun einmal vorbei

- eine elektronische Präsentation von Sammlungen ist möglich und in vielen Aspekten auch vorteilhaft (Zugänglichkeit über einen längeren Zeitraum – ja für die Ewigkeit, Tag und Nacht, Detailmöglichkeiten, Kommentarmöglichkeiten die einen Austausch eröffnen können, Entfall des Versandes, einfachere grafische Gestaltung)

- elektronische Präsentation bedeutet dann auch die Abschaffung der Notwendigkeit des Eigenbesitzes, denn ich kann ja Ausstellungsteile einfach kopieren - Originale bracht dann keiner mehr, wenn die Abbildungen gut sind. Die Sammlung passt auf einen kleinen Datenträger.

- Preisniveau Bund in DEM postfrisch EUR 25,00 (also dem heutigen Preis eines einfachen Auswärts-Abendessens mit Getränken), Berlin EUR 50,00 (mit allen Spitzen) – gleiches gilt für EUR-Marken nach Ihrer Abschaffung

- 95 % aller Sammlungen gehen in die Müllverbrennung (da muss man einfach nur mal eine Reportage der Wohnungsräumung eines Verstorbenen sehen – der Container kommt und in wenigen Stunden ist ein Lebenswerk ausgelöscht. Das ist hart, aber real.). Hier füge ich einfach mal eine subtile Grafik ein (Polen sollte als Markenland nicht unterschätzt werden)




- Mit Abschaffung des Briefverkehrs wird auch die Briefmarke ins Vergessen geraten (wie bei Telefonkarten - die waren aber auch grässlich)

- Ohne Registratur (Michel, Scott) haben wir deutlich weniger Kriterien, wie man sammeln kann. Das würde uns in vielen Aspekten überfordern.

- Restsammlerschaft - 5% des heutigen Niveaus

Also, das Ende naht, was ziehe ich daraus für Konsequenzen

- Absolut keine - ich zitiere nicht gerne rheinische Weisheiten, aber hier passt es: et kütt, wie et kütt (es kommt also, wie es kommt - typisches fatalistisches Mantra des Rheinlandes oder ein Zeichen, dass sich Euer rheinischer Gesprächspartner langweilt und das Thema wechseln möchte, oder dass Ihr auf ein Engagement Eures rheinischen Gesprächspartners hinsichtlich des soeben vorgetragenen Sachverhalts nicht zählen könnt - Ihr ihn also damit jetzt besser in Ruhe lasst. Ja, das Rheinland kann auch tiefgründig sein.)

- Auf diese genialen, kleinen Kunstwerke verzichten (Kunstsammlung und Wissensspeicher = kostbare Miniaturen - alleine meine bescheidene Sammlung spiegelt den Inhalt von mind. 1000 Museen wieder)? Niemals!

- Auf tolle Reisesouvenirs und Anekdoten verzichten? Kommt nicht in Frage!

- Alleine auf die selektierten Elektro-Bildchen der kommerziellen Anbieter vertrauen (die wissen was gut für einen ist)? Wohl kaum!

- Ich verzichte doch heute nicht auf ein Vergnügen, weil ich in 30 Jahren das heutige Vergnügen vielleicht nicht mit der gleichen Intensität empfinden könnte wie heute

Zur Briefmarken-Werbung:

- also die Post hat kein Interesse daran, weil der Tod der Marke meiner Meinung nach, schon beschlossene Sache ist (die hatten bei einer Gegenüberstellung der Freimachungsmöglichkeiten vor ein paar Jahren als einzigen Vorteil genannt, dass das die „sympathischste“ sei - das erinnert an? Na, was? Genau, eine Grabrede!)

- Die besten Botschafter sind wir selbst, jetzt müssten wir das nur noch so gut präsentieren, wie unsere Influencer-Freunde im Netz (sexy & eloquent – so funktioniert Werbung). Da könnt Ihr gerne drüber lachen. Aber schaut Euch eines dieser Herzchen an, schaltet den Ton aus und sprecht irgendwas Positives zu Briefmarken dazu, klappt auch mit TV-Werbung. Probiert das dreimal, dann sitzt der Text. Und ja, das funktioniert.

- Ihr sprecht mit einem Nicht-Sammler über Briefmarken? Erzählt ihm, wie toll das ist und nicht, dass ihr mit der wirtschaftlichen Entwicklung nicht zu Frieden seid.

- Beiläufig, wenn Besuch da ist, mal ein Album liegen lassen und dann sagen „Ach, Mensch die hab ich ganz vergessen, will da noch einen Aspekt überarbeiten.....“ - weil Eure Sammlung kostbar ist, weil das edel ist, weil das Eure Aufmerksamkeit und Arbeit verdient. Und wenn der Besuch dann, um freundlich zu sein, sich dazu herablässt, da hineinzuschauen, dann wegnehmen und für ihn unerreichbar, aber noch sichtbar platzieren.

- Gerne sage ich auch immer „Von den Angelsachsen lernen, heißt siegen lernen“ (ältere Ostdeutsche mögen das Zitat im anderen Kontext kennen) - Angelsachsen sind Meister des Marketing, wenn es sich lohnt. Dort wird ohne zu Zögern und ohne die geringste Selbstkritik über die Vorzüge des Produkts gesprochen, es wird rar gemacht, im Verkaufsprospekt wird kein schlechtes Wort verloren, die Vorzüge subtil gepriesen – das ist ganz weit von kontinentaleuropäischer Kultur entfernt, insbesondere der Deutschen. Wir wägen ab, stellen gegenüber, sehen Licht und Schatten, stellen uns eher selten in den Vordergrund, besitzen angeblich prinzipiell nichts, um was uns andere beneiden könnten. Bescheidenheit mag ja eine Zier sein - das Anglo-Marketing ist dafür aber erfolgreich. Der Beweis: wer beherrscht den Kunstauktionsmarkt? Wer macht aus einem schnarchigen Briefmarkenverein ein Erlebnis (Royal Philateletic Society). Und wodurch? Gutes Marketing, Zugangsbeschränkungen/hohe Gebühren/Rationierung und Smoking am Abend (Dowton Abbey für Sammler)!

- Sachen kostbar machen: Ihr wollt ein irres Beispiel? Schön – elektronische Dateien sind kopierbar. Jetzt entwickeln Marketing-Meister aus UK eine Datei, die nicht kopiert werden kann und speichern Kunst in diese eine Datei. Als Kaufmann sage ich - bravo, die wesentliche preissteigernde Eigenschaft perfekt herausanalysiert, nämlich die Einzigartigkeit bzw. Knappheit – und diese Eigenschaft in die elektronische Welt einfach hineinkopiert. Dürers Hase (Albertina Wien) ist Millionen Wert und unbezahlbar - aber die Abbildung des Motivs auf Briefmarke (Österreich Nr. 1308) soll dann wertlos bzw. Sondermüll sein? Dieser Tanz ums goldene Kalb nervt (ist teuer, muss dann auch gut sein / nächste Fehlsimplifizierung: nur teuer ist gut). Den gleichen Kunstgenuss (weil seit 500 Jahren grafisch faszinierend) kann man für wenige Cent auf Marke haben.

- Verschenkt nicht so bzw. zu viel. Denn was nichts kostet, hat für viele auch keinen Wert. Gebt nicht tausende von Marken an irgendwelche Jugendlichen, was die sowieso total überfordern würde. Anfixen geht anders - durch kleine Dosen, durch kostbar machen, durch eine gute Geschichte.

- Wer seinen Tod antizipiert (nämlich das Sterben der Philatelie), ist schon besiegt. Und für Besiegte gibt es bekanntlich keine Gnade.

Dann vermeide ich mal dieses Wort - und formuliere die Sammlerschaft mal so:

Wir sind geschichtlich, künstlerisch und naturwissenschaftlich interessiert, mit einer Bandbreite an Wissen, um die uns andere beneiden. Wir haben Kunst und Kultur von über 4.000 Jahren Menschheitsgeschichte und Natur auf kleinstem Raum in jeder denkbaren grafischen und geografischen Bandbreite auf dem Gebrauchsgegenstand Briefmarke / Brief zusammengetragen.

Enthusiasten treffen sich vor Ort oder in Online-Foren und stellen Themen zur Diskussion, die in jeder gewünschten Tiefe geführt werden kann.

Unsere Sammlungen sind stark privat und uns kostbar – aber auch jeder andere kann sich so etwas erarbeiten und nach seinem eigenen Wünschen zusammenstellen.

Die kommerzielle Szene (Tausch, Handel, Zubehör) ist rege, modern und erprobt und erlaubt eine Entwicklung nach eigenen Vorstellungen, selbst bestimmbaren Budget, auf jedem denkbaren Niveau.

In der Sammlerschaft finden sich viele lebenserfahrene Personen – nämlich mit allen Wassern gewaschene, begeisterte Menschen aus allen Gesellschaftsschichten.

Na, habt Ihr Euch wiedererkannt? Gut, ich habe natürlich weggelassen, dass wir auch ganz schön schräge Vögel sind.

Wie dem auch sei, ich wünsche Euch unverminderten Spaß beim Sammeln!
 
Frankenjogger Am: 27.11.2021 17:13:56 Gelesen: 4638# 36 @  
@ Bendix Gruenlich [#35]

Zuerst dachte ich, man, so ein langer Beitrag. Aber ich habe ihn trotzdem gelesen.

Du beschreibst vieles richtig und ich will das auch nicht kommentieren, sondern nur anregen, dass Andere, die wie ich denken: "So ein langer Beitrag", sich die Zeit nehmen sollten den Beitrag zu lesen.

Schönen Abend,
Klemens
 
Jahnnusch Am: 27.11.2021 19:14:55 Gelesen: 4556# 37 @  
@ Bendix Gruenlich [#35]

Ich habe den Beitrag auch gelesen. Meine Erkenntnis:

Ich versende Wunderkisten und manche Sammler können nicht genug davon bekommen. Ich kann aber nur bei 50 Sammlern eine Kiste pro Jahr versenden, sonst macht es mir keinen Spass mehr und es artet in Arbeit aus.
 

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