Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: (?) (2) Altdeutschland Preussen Nachverwendete Stempel auf Deutsches Reich und danach
Stefan Am: 20.03.2022 16:36:47 Gelesen: 2467# 1 @  
Zu verschiedenen anderen altdeutschen Gebieten existiert jeweils ein eigenes Thema mit einer ähnlichen Überschrift (Bsp. Hannover und Sachsen). Für Preussen konnte ich im Forum keines finden.

Gemäß [1] stellt Preussen mit fast 4000 Katalognummern das mit Abstand umfangreichste Kapitel innerhalb des Buches dar und macht etwa die Hälfte des Buches aus. Preussische Handstempel wurden teils bis in die 1930er Jahre regulär im Postdienst weiterverwendet (Bsp. TUNTSCHENDORF), teilweise nachkriegsbedingt 1945 wieder aus der Mottenkiste geholt (Bsp. PEITZ, siehe [1], Seite 187).

Ein Handstempel taucht - philatelistisch beeinflusst - auch auf moderneren Belegen auf. Es handelt sich hierbei um den zweizeiligen Rahmenstempel (R2) aus Simmern (Feuser Nr. 3079), welcher sich nach [1] (Seite 22) in Privathand befindet.



Sendung per Eilboten vom 18.06.1963 von 654 Simmern nach 5995 Mühlenrahmede

Der mittlerweile datumslose R2-Stempel von Simmern wurde auf der Briefumschlagvorderseite zwei Mal abgeschlagen. Für den postalischen Gebrauch war dies nicht notwendig gewesen, daher explizit eine philatelistische Spielerei.

Gruß
Stefan

[1] Peter Feuser: "Nachverwendete Altdeutschland-Stempel / Spezialkatalog und Handbuch" (Ausgabe 1983)
 
Stefan Am: 20.03.2022 16:53:51 Gelesen: 2470# 2 @  
Nachfolgend ein kurioser Beleg aus Bad Lauchstaedt aus dem Jahr 1954:



Sendung vom 19.09.1954 aus Bad Lauchstaedt nach Bautzen

Neben dem üblichen Tagesstempel zur Briefmarkenentwertung aus Bad Lauchstaedt weist die Karte auf der Vorderseite (rechts oben) zusätzlich einen Stempelabschlag des preussischen zweizeiligen Rahmenstempels (R2) aus Lauchstaedt auf. Dieser wird in [1] im Kapitel "Preussen" unter der Katalognummer 1865 geführt und war auf jeden Fall bis zur Ausgabe Deutsches Reich "Pfennige" (also bis mindestens 1876, vermutlich noch darüber hinaus) postalisch in Gebrauch.

Die Karte umfasst inhaltlich eine Korrespondenz zu den Themen Tabakbestellung (Großhandel?) und Sonderstempel auf Beleg (also eigentlich nichts, was miteinander zutun hat). Der weiterverwendete preussische R2 ergibt auf dieser Karte kaum einen Sinn und ist dennoch vorhanden. Auf der Briefmarke DDR Mi-Nr. 424 sind Tages- und Monatsangabe sehr schlecht lesbar, in dem sauber abgeschlagenen Handstempel aus Preussen ist das gesamte Datum lesbar.

Sind weitere derartige Spielereien aus Bad Lauchstaedt bekannt? Lässt sich der handschriftliche Vermerk in rot ("Mit der ...") lesen?

Danke.

Gruß
Stefan

[1] Peter Feuser: "Nachverwendete Altdeutschland-Stempel / Spezialkatalog und Handbuch" (Ausgabe 1983)

[Redaktionell kopiert aus dem Thema "DDR: Stempel bestimmen"]
 
Stefan Am: 05.10.2022 20:30:41 Gelesen: 1829# 3 @  
Das in Beitrag [#1] erwähnte TUNTSCHENDORF lässt sich nun von meiner Seite auch philatelistisch in Form eines recht späten Exemplars belegen:



Zweikreisstempel (K2) aus Tuntschendorf vom 10.09.1934

Als Stempel"unterlage" wurde ein Exemplar der Deutsches Reich Mi-Nr. 547 verwendet, welche einige Tage zuvor am 01.09.1934 verausgabt wurde. Die rote Markenfarbe verstärkt noch den Gesamteindruck und bringt die schwarze Stempelfarbe besser zur Geltung. Der Autor Peter Feuser listet diesen Ortsstempel in [1] unter der Katalognummer 3341 und verweist darauf, dass dieser Stempel noch im Jahr 1935 in Gebrauch war. Stempelabschläge auf Preussen, Norddeutscher Postbezirk (NDP), Deutsches Reich Brustschild sowie Pfennige/Pfennig sind vergleichsweise nicht besonders hoch bewertet (15 bis 20 Punkte bzw. Preussen 50 Punkte) und vermutlich relativ häufig, dennoch muss man einen solchen Abschlag erst einmal finden :-)

Die Postanstalt wurde nach [1] im August 1864 eröffnet und das Stempelgerät war demnach im September 1934 bereits 70 (!) Jahre in Gebrauch gewesen.

Wer kennt Stempelgeräte (Tagesstempel) auf dem Gebiet des Deutschen Reiches, welche kontinuierlich länger in Gebrauch waren? M.W. handelt es sich hier um einen heißen Anwärter für einen der Treppchenplätze.

Gruß
Stefan

[1] Peter Feuser: "Nachverwendete Altdeutschland-Stempel / Spezialkatalog und Handbuch" (Ausgabe 1983, Seiten 475 und 678)
 
bayern klassisch Am: 05.10.2022 20:45:04 Gelesen: 1815# 4 @  
@ Stefan [#2]

Hallo Stefan,

"Mit der Reitpost" steht da. Das ist ein Terminus aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo die Postdienste in Briefpost (Reitpost) und Fahrpost (langsam) unterschieden wurden.

Perfekt geschrieben, aber zu der Zeit des Poststücks natürlich völlig sinnarm.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Stefan Am: 05.10.2022 20:59:33 Gelesen: 1814# 5 @  
@ bayern klassisch [#4]

Danke.

Bei dem Beitrag [#2] handelt es sich um eine Kopie des Beitrags (von Richard initiiert). Der Origialbeitrag erschien im Thema "DDR: Stempel echt oder falsch ?" in [1]. Dort wurde die Frage ausführlich in den Folgebeiträgen (Beiträge 43-47 und 49-50) beantwortet. Ursächlich für den Abschlag des alten preussichen Stempelgerätes war hier die am 18.09. und 19.09.1954 in Bad Lauchstaedt stattfindende Briefmarken-Werbeschau.

Gruß
Stefan

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ME=290976#M43
 
Stefan Am: 06.10.2022 18:56:04 Gelesen: 1751# 6 @  
Ergänzend zu Beitrag [#3] nachfolgend einige weitere Angaben zum Postort TUNTSCHENDORF:

Nach [1] handelt es sich hierbei um ein Dorf mit dem heutigen Namen Tłumaczów in Polen, ca. 100 km südwestlich von Wrocław (Breslau) unmittelbar an der Grenze zur Tschechischen Republik gelegen. Für das Jahr 1939 werden 906 Einwohner ausgewiesen. Von wirtschaftlicher Bedeutung waren neben der Landwirtschaft ein Steinbruch und ein Schotterwerk. Im Ort selbst war damit bis 1945 keine große Industrie vorhanden. Zusätzlich bedingt durch die Einwohnerzahl dürfte das Postaufkommen bis zum Ende des zweiten Weltkrieges recht klein gewesen sein. Seit Mai 1945 gehört Tuntschendorf regulär zur Republik Polen.

In [2] wird vermerkt, dass der preussische Poststempel von Tuntschendorf, welcher keinen Unterscheidungsbuchstaben aufweist, auch für das Jahr 1935 belegt werden konnte. In [3] wird aktuell ein Beleg vom 18.12.1935 angeboten:



Karte vom 18.12.1935 aus Tuntschendorf nach Fischen im Allgäu

Eine weitere (eher oberflächliche) Recherche über Google förderte zwei Links auf ältere Rundschreiben auf der Internetseite von Infla-Berlin zutage. Konkret handelt es sich hier um das Rundschreiben Nr. 103 von September 1976 der "Infla-Berichte" von Infla-Berlin [4] sowie das Rundschreiben Nr. 26 von Mai 1933 von "Der Deutsche Inflationsmarken-Sammler" [5].

In dem Rundschreiben Nr. 103 von Infla-Berlin in [4] werden in dem Artikel "Stempel-Veteranen auf modernen Marken" von Gottwin Zenker auf den Seiten 30 bis 35 (pdf-Seite 7 bis 11) nacheinander zwei frühere Veröffentlichungen zum Thema weiterverwendeter altdeutscher Tagesstempel ab 1900 beschrieben. Daraus resultierend ergab sich eine dritte, aktualisierte Liste, wonach der preussische Tagesstempel von Tuntschendorf auch noch im Jahr 1942 als belegt genannt wird. Ich möchte demnach nicht ausschließen, dass dieses Stempelgerät bis 1945 in Gebrauch war, vielleicht auch einige Zeit darüber hinaus unter polnischer Verwaltung (als Notmaßnahme, ggf. aptiert).

Die Postanstalt wurde nach [2] im August 1864 eröffnet und das Stempelgerät wäre nach [4] noch bis mindestens 1942 - ggf. auch bis 1945, also rund 80 (!) Jahre - in Gebrauch gewesen.

Das Rundschreiben Nr. 26 von "Der Deutsche Inflationsmarken-Sammler" in [5] führt auf Seite 427 (pdf-Seite 5) im letzten Absatz diverse Postorte auf, wo zu Zeiten der Germania-Ausgaben (1900-1922) altdeutsche Tagesstempel in Gebrauch waren, so u.a. auch der Postort Tuntschendorf. Dieser dem Tenor der Zeit (Mai 1933) sehr patriotisch gehaltene Artikel über die Germania-Ausgaben trieft zwar vor Propaganda, enthält dennoch einige andere lesenswerte Fakten rund um das Thema Germania-Frankaturen und eher ungewöhnlicher Stempel auf Germania.

Das Stempelgerät von Tuntschendorf wies zuerst eine 12h-Uhrzeitangabe auf, ...



..., welche später aptiert wurde. Das "V" für "Vormittag" bzw. "N" für "Nachmittag" wurde entfernt und die eigentliche Uhrzeitangabe scheinbar mittig neu zentriert. An dem vom 10.12.1922 gezeigten Beispiel war die 12h-Uhrzeitangabe noch vorhanden, während in [2] ein Exemplar vom 20.08.1933 gezeigt wird, welches eine 24h-Uhrzeitangabe aufweist. Demnach dürfte dieses Handstempelgerät entweder Ende der 1920er oder Anfang der 1930er Jahre entsprechend aptiert worden sein.

Auch die Poststempelgilde [6] hat sich bereits des Stempels im Gildebrief Nr. 242 von April 2014 angenommen und zeigt einen einwandfrei gelaufenen Beleg aus dem Jahr 1936. Einer dort erwähnten und mir nicht bekannten RPZ-Norm der Reichspost von September 1935 für Tagesstempel scheint der Verwendung dieses Tagesstempels aus Tuntschendorf im täglichen Postbetrieb widersprochen zu haben.

Gruß
Stefan

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/T%C5%82umacz%C3%B3w
[2] Peter Feuser: "Nachverwendete Altdeutschland-Stempel / Spezialkatalog und Handbuch" (Ausgabe 1983, Seiten 475 und 678)
[3] https://www.ebay.de/itm/313965156043
[4] https://www.infla-berlin.de/17_Daten/Berichte/GF/103.pdf?
[5] https://www.infla-berlin.de/17_Daten/Berichte/DIS/DIS-26.pdf?
[6] https://stephan-juergens.de/2014_gildebrief_242.php (Seite 92)
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.