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Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt
Das Thema hat 937 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 28.07.2018 18:14:39 Gelesen: 490623# 413 @  
@ Heinz 7 [#412]

Hallo Heinz,

ich sehe auch keine sinnvolle Trennung zwischen Briefmarken und Ganzsachen - beide lassen sich noch in zahlreiche Untergruppen aufdividieren, ohne dass ihr identitätsstiftender Charakter dadurch tangiert würde.

Die von dir gezeigte Ganzsache ist schon optisch ein Genuß - um wie viel mehr muss sie das erst sein, wenn man dergleichen sammelt und nach Jahrzehnten solch eine Pretiose endlich angeboten bekommt? Da spielt das Geld, wenn man es hat, wohl keine große Rolle mehr.

Ich könnte mir daher vorstellen, dass beim Zuschlag vorne eine 6 stehen könnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 29.07.2018 18:24:13 Gelesen: 490119# 414 @  
@ Heinz 7 [#411]

Den Philatelisten, die sich wundern, dass der oben gezeigte Brief angeblich über 100 Jahre nie öffentlich verkauft wurde, kann ich versichern: Ich habe mich auch gewundert. Denn ich kenne diese Ganzsache und weiss, dass sie in berühmten Sammlungen enthalten war!

Wieder zuhause kann ich meine Bibliothek konsultieren. Und ich kann vermelden:



Dieser Brief mit Stempel 8. April ist DER ANDERE der zwei bekannten ANNAPOLIS-Ganzsachen! Er gleicht dem anderen Umschlag nicht "wie ein Ei dem anderen", aber doch ausserordentlich stark! 1895 entdeckte ein Briefmarkenhändler zwei dieser Umschläge, beide an dieselbe Adresse (Charles S. Carstairs, John Latour & Company, Philadelphia). Der eine ist gestempelt 20. März (1846 oder 1847), der andere 8. April (1846 oder 1847). Wichtig ist auch: die zwei Umschläge haben unterschiedliche Formate (112 x 71 mm bez. 120 x 71 mm)!

Die beiden Neuentdeckungen 1895 wurden verkauft an die Philatelisten W. A. Castle (20.3.) und Ferrary (8.4.). Das Exemplar 20.3. ging über in die Sammlung des Earl of Crawford und verschwand dann sehr lange von der Bildfläche. Noch im Jahre 1989 schrieb Christie's in einem Auktionskatalog:

"The March 20 cover has virtually disappeared from philately. It was owned by W.A. Castle, a collector in New York City (...) and was later exhibited by the Earl of Crawford at the 1906 International in London, according to Robson Lowe".

Wenige Jahre später muss der vermisste Umschlag wieder aufgetaucht sein, (nachdem er vielleicht 83 Jahre lang "untergetaucht" war), denn 2012 konnte Siegel das Exemplar aus der Sammlung Frelinghuysen verkaufen (siehe Beitrag 411+412).

Der Umschlag 8.4.1846 hingegen sorgte in den letzten knapp 100 Jahren verschiedentlich für grosses Aufsehen.

Mehr davon später.

Heute konnte ich immerhin den zweiten Umschlag, die zweite dieser phantastischen US-Postmaster-Raritäten, zeigen!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.07.2018 08:42:08 Gelesen: 489464# 415 @  
@ Heinz 7 [#414]

Der Umschlag von Annapolis war früh schon (und immer schon, seit seiner Entdeckung 1895) ein heissbegehrter Star. Wie viel Briefmarkenkönig Ferrary dafür bezahlen musste, ist meines Wissens nicht bekannt (er kaufte in als erster vom Briefmarkenhändler Burger). Rund ein Vierteljahrhundert war er im Besitz des Sammlers mit der grössten je bekannten Sammlung.

Am 5.4.1922 kam an der dritten Ferrary-Auktion diese Rarität zum Verkauf. Es war Los 537, beschrieben als "seule piece connue" (einzig bekanntes Exemplar) und war auf Fototafel 14 abgebildet. Man darf nicht sagen, de Beschreibung war falsch, denn der Umschlag vom 20.3. (Beitrag 411) hat ja ein anderes Format (120 x 71 mm), aber besser wäre gewesen, man hätte gesagt, dass nur ein weiteres Exemplar in leicht anderem Format bekannt sei. Ferrarys Ganzsache hat(te) die Masse 112 x 71 mm, was aber im Auktionskatalog von 1922 nicht erwähnt wurde.

Die Ferrary-Auktion zog die meisten der ganz grossen Sammler an, und damals gab es einige wohlhabende Amerikaner, die diese US-Rarität natürlich begehrten. Wie so oft war auch bei diesem Los Arthur Hind schliesslich der Käufer des Loses.

Interessant an den Ferrary-Auktionen ist sicherlich, dass meines Wissens ALLE Lose ohne Katalogwerte oder Schätzpreise angeboten wurden! Einige der Lose waren zum ersten Mal öffentlich an einer Auktion (so eben auch diese ANNAPOLIS-Ganzsache) und die Sammler mussten einen Wert erst finden.

Los 537 wurde zu einem Betrag von 26'000 Franz. Francs zugeschlagen, dies entsprach einem Gegenwert von CHF 14'375 (inkl. Aufgeld). Das war ein sehr hoher Wert und brachte diese Ganzsache auf Platz 50 aller Ferrary-Lose. Es war dies auch der höchste Preis für eine Ganzsache, auf den Plätzen 1-49 waren alles Briefmarken (einzelne oder Einheiten) oder Briefe.

Diese ANNAPOLIS-Ganzsache war auch bei späteren Verkäufen immer teuer...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 18:43:02 Gelesen: 476597# 416 @  
@ 10Parale [#222]

Vor rund einem Jahr haben wir über Österreichs Superstar gesprochen, die Zeitungsmarke 1856 mit Merkurkopf, zinnoberrot. Die Marke war von Theodor Haas 1905 auf Platz 16 der (regulären) Marken der Welt platziert, als 3. Marke von Europa. Der Blick in den (für uns wohl wichtigsten) Katalog für diese Zeit (Gebrüder Senf) zeigt uns einen Katalogwert von 2000 Goldmark für die Senf Nr. 14 (ungestempelt/1911). Wir haben auch gesehen, dass diese Marke als Ausnahme gestempelt noch teurer ist, als ungebraucht. 1911 wollte sich Senf nicht festlegen, und notierte beim Preis "-.-". Auch Kohl legte sich nicht fest (weder im "Illustrierten Briefmarken Normal-Katalog 1913 - Herausgabe 1912, noch im 10. Handbuch, 1914). Hugo Michel aber legte keck seinen ersten Europa-Katalog vor und bewertete Österreich Nr. 9 dabei wie folgt:

ungest: GM 1500
gestempelt: GM 5000 (!)

Interessant ist auch, dass im 19. Jahrhundert Senf hier konkreter war: Wir finden für die Zeitungsmarke Nr. 4 folgende Notierungen:

ungest: GM 2000
gestempelt: GM 4000

Warum er später die konkrete Bewertung für gestempelt wegliess, wissen wir im Moment nicht. Unbestritten war beim "Merkur zinnober" also immer schon die gestempelte Variante teuer als die ungestempelte.

Österreich hat aber zwei weitere teure Zeitungsmarken: Merkur gelb und Merkur rosa (beide 1851), sie sind ungebraucht höher bewertet als gestempelt, wobei für Marken mit Gummi erstaunliche Preisaufschläge vermerkt sind gegenüber Marken ohne Gummi.

Das hier gezeigte Angebot erregt nun sicher unsere Aufmerksamkeit:



LOS Nr. I Gelber Merkur, 1856, ANK Nr. 7 I b BRAUNORANGE, 6 kr, ungebraucht mit VOLLEM ORIGINALGUMMI

Sassone 250.000, Michel nur 2 Stück bekannt, ANK -.-, Ferchenbauer -.-.

Eines der seltensten Stücke der österreichischen und internationalen Philatelie und unikaler Glanzpunkt der großen Merkur- oder Klassiksammlung in herausragender Erhaltung. Ausführliche Atteste von Alberto Diena (1968), Fiecchi (1968), Botacchi (2014), Dr. Avi (2017), Steiner (2018) und Dr. Ferchenbauer (2018). Gelbe Merkure in ungebrauchter Erhaltung mit vollen Rändern und vollem Originalgummi sind äußerste Raritäten. Das vorliegende Stück ist in dieser Farbnuance das besterhaltene, wobei lt. MICHEL Katalog 2017 überhaupt nur 2 (!) Stück bekannt sind.

Wir reiben uns erstaunt die Augen: Sassone wertet diese Farbabart mit Euro 250'000? Es gibt nur zwei Stück dieser Marke?

Ist das eine Marke, die wir bisher vergessen haben? Da lohnt sich ein genaueres Hinsehen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 19:42:08 Gelesen: 476568# 417 @  
@ Heinz 7 [#416]

Nein - Wir haben die Marke nicht vergessen, bei unserer Betrachtung der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Ich habe vorgeschlagen, dass wir zuerst die Grundlagen kennenlernen, wie sie um 1910 galten. Und da sind die Grundlagen eindeutig.

Bei Haas wird der gelbe Merkur nicht erwähnt (1905) und ein Blick in den Senf 1911 zeigt uns auch, warum. Da wird die Marke nur bewertet wie folgt:

Senf Nr. 12: ungestempelt: 300 Goldmark - gestempelt: 200 Goldmark.

Das reichte nicht auf Spitzenplätze in den Listen Haas oder Schubert. Auch in anderen (späteren) Übersichten erscheint die Marke (meines Wissens) nie "ganz weit oben".

Warum ist denn eine solche Katalogbewertung (Sassone) möglich?

Lesen wir die Losbeschreibung der gezeigten Marke, so sehen wir: es ist eine Farbnuance; es ist nicht die Marke "gelb", sondern es ist braunorange.

Konsultieren wir einen Michel-Katalog, dann sehen wir Erstaunliches:

Österreich Nr. 7: (6 Kr) gelb, braunorange war 2010 bewertet mit Euro 35'000 (ohne Gummi), ungebraucht (mit Gummi) finden wir wieder eine "-.-" (im Katalog 2000/2001) waren beide Preise noch vermerkt (letzter Katalog mit DM-Bewertung):

*: DM 46'000
(*): DM 28'000

Das sind sicher respektable Werte,aber GANZ nach vorne reichen solche Bewertungen eben nicht. Somit kann man sagen: der "gelbe Merkur" sollte hier gar nicht besprochen werden.

Es ist immer eine heikle Frage, wie detailliert wir ohnehin seltene Marken noch unterscheiden sollen. Macht es Sinn, Grossraritäten noch nach Farbunterschieden oder anderen Unterscheidungsmerkmalen zu unterscheiden? Beispiele?

Zürich 4: Wir können 5 Typen unterscheiden
Hawaii-Missionaries: unterschiedliche Typen!
Mauritius 1850-Ausgabe: unterschiedliche Druck-Stati
u.s.w.

Wenn nun Sassone diese Farbnuance mit schwindelerregenden Euro 250'000 bewertet, wage ich es, die Sammler zu ermahnen, auch andere Kataloge heranzuziehen. Michel ist hier weniger "euphorisch" als Sassone. Ob es allerdings korrekt ist, "gelb, braunorange" in einer Zeile gleich zu bewerten, ist eine andere Frage.

Paul Kohl bewertete 1914 "gelb" sogar höher als "orange". Der Spezialkatalog von Ferchenbauer sah keine grossen Unterschiede:

Nr. 7: gelb = 60.000 Schilling
Nr. 7: dunkelgelb = 75.000 Schilling
Nr. 7: braunorange = 100.000 Schilling

Das sind alte Werte aus dem Ferchenbauer 1974, allerdings für gestempelte Werte:

Ungebraucht ohne Gummi war nur "gelb" bewertet (ÖS 125.000), mit Gummi stehen alle Bewertungen sowieso nur -.-

Wenn natürlich eine Farbnuance ungebraucht mit Gummi nur in 2 Exemplaren bekannt ist (siehe Losbeschreibung), ist ein Extra-Zuschlag schon angemessen.

Aber übertreibt Sassone hier nicht?

Ansichtssache.

Es gibt aber einen ANDEREN guten Grund, dem "Gelben Merkur" in unserem schönen Thema ein paar Zeilen zu widmen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 20:59:10 Gelesen: 476534# 418 @  
@ Heinz 7 [#416]

2008 war für Philatelisten ein wunderbares Jahr! Der königliche Sammlungsfund von Fort Belvedere brachte das älteste Briefmarken-Album der Welt zutage, das höchstwahrscheinlich 1854 entstand. Es war ein handgemachtes, einmaliges Briefmarkenalbum! Das erste GEDRUCKTE Briefmarken-Vordruckalbum kam bekanntlich "erst" 1862 heraus.

Noch sensationeller als das Album war allerdings der INHALT des Albums. Es beinhaltete Briefmarken der ganzen Welt von 1850-1854. Einige waren in einer sensationellen Qualität, da sie vermutlich mehr als 150 Jahre weitgehend ohne Lichteinfluss konserviert worden waren. Das Album stammte aus dem Königshaus von Queen Victoria.

Corinphila, Zürich, durfte im Jahr 2008 einige Seiten aus diesem sensationellen Briefmarken-Album versteigern. An der 155. Auktion (16.10.2008) wurde unter anderem folgendes Los angeboten:

2114: (6 Kreuzer / 30 Centesimi) sattgelb, Type Ib, sogenannter "Gelber Merkur" im ungebrauchten waagrechten Paar mit vollem Originalgummi (...)



Ausruf war stolze CHF 125'000.

Das Los war aber auch wunderschön und heiss-begehrt. Ungebrauchte Paare der Michel Nr. 7 waren bislang unbekannt!

Der Hammer fiel erst bei CHF 220'000! Dazu kam ein Aufgeld von damals 19.5 %, der Preis lag also bei CHF 262'900.

Das ist ein sehr hoher Betrag, und also haben wir doch einen guten Grund, diese seltene Briefmarke (Michel Nr. 7) in dieser Rubtik zu besprechen.

Wir dürfen nun gespannt sein, welchen Preis der "gelbe Merkur" braunorange (siehe Beitrag 416) erzielen wird. Er ist für diese Briefmarke aussergewöhnlich schön geschnitten (vollrandig); das ist wirklich eine grosse Ausnahme.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.09.2018 21:35:02 Gelesen: 476182# 419 @  
@ Heinz 7 [#416]

Okay, ich gebe es zu: die Briefmarken-Kunde ist nicht ganz einfach! Da will ich uns generell die "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" vorstellen, und gemäss Vorgehensplan mich wirklich an die Top-Stücke halten - und dann schweife ich doch wieder ab und bespreche auch Marken, die "auf den ersten Blick" nicht in dieses Kapitel gehören.

Stimmt schon, aber andererseits will ich die Leser doch auch auf Super-Stücke aufmerksam machen, die zwar "auf der Liste" nicht "ganz oben" rangieren, aber dann doch ganz exorbitante Preise erreichen. Zu recht? - Ganz generelle Aussagen sind kaum möglich, es kommt auf den Einzelfall an.

Ein gelber Merkur im postfrischen Paar [#418] verdient aber ganz bestimmt unsere Aufmerksamkeit, und selbst eine Einzelmarke kann hochinteressant sein (siehe die Farbnuance in [#416]. Ja sogar eine gestempelte Einzelmarke wie diese hier sollten wir beachten:



Dieses prächtige Stück stammt aus der Sammlung Zgonc und ist eine grosse Rarität. Bei einem Katalogwert von "nur" Euro 10'000 (Michel 2010) überrascht diese Aussage vielleicht (unsere Massstäbe sind hoch), aber: Sammler, aufgepasst!

DIESE Marke hat einen Teil-Stempelabschlag von VICENZA! Und Vicenza liegt nicht in Österreich, sondern in der Lombardei-Venetien! Dort waren diese Zeitungsmarken auch gültig. Solche Verwendungen sind aber äusserst selten.

Wer also das Glück hat, ein solches Stück zu besitzen, hat MEHR als "nur" eine Michel Nr. 7 gestempelt, er hat eine wertvolle Rarität!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.09.2018 16:22:47 Gelesen: 473426# 420 @  
@ Richard [#546]

Wir Philatelisten machen bei unserer Arbeit oft denselben (Schönheits-) Fehler: Anstatt unsere Studien zeitig mit einem Aufsatz abzuschliessen, und unser Wissen zusammenzufassen, tüfteln wir ewig an den letzten ungelösten Fragen herum! Wir sind Möchtegern-Perfektionisten und sehen nicht, dass wir mit unserem Zaudern und WeiterinsDetailforschen auch viele Sympathien verspielen: Freunde, die gerne unsere Kenntnisse kennengelernt hätten, wenden sich enttäuscht ab, weil sie nicht ewig warten können oder wollen.

Ich möchte nicht meine Leser länger warten lassen auf die "letzten Erkenntnisse" meiner Studien und riskiere nun eine erneute Standort-Bestimmung. Vielleicht (wahrscheinlich) sind die Erkenntnisse nicht komplett und vielleicht würde ich gerne später die eine oder andere Ergänzung anbringen, aber ich habe mich entschlossen, heute das Kapitel 1 meiner Studie abzuschliessen.

Welches waren die wertvollsten Briefmarken vor 106 Jahren (=1912)? Leser dieser Rubrik wissen, dass ich anhand zweier Studien des frühen XX. Jahrhunderts (Schubet 1912 und Haas 1905) diese Frage gerne beantworten möchte. Wir haben auch gesehen, dass die Studie Haas für meine Fragstellung die konkreteren Ergebnisse liefert als die Fleissarbeit Schubert (1912). Noch besser aber ist, wir verbinden die zweiten Studien miteinander - und ergänzen sie sogar! Nichts weniger habe ich versucht. Und komme nun zu einem ersten Abschluss.

Zur Erinnerung: Haas listete die Marken und die Fehldrucke auf, die sehr selten sind (gestempelt oder ungestempelt); Schubert hingegen schrieb alle hohen Katalognotierungen aus dem Senf 1912 ab. Viele dieser Marken wurden in den letzten Jahren in Wort und Bild vorgestellt.

Ich habe die ersten 22 Marken der Liste Haas aus seinem Buch von 1905 (Seite 477+478) vorgestellt. Doch schon seine Nummer 23 erreicht den Wert von 650 Goldmark nicht mehr, und dies wurde aus guten Gründen einmal als unterster Wert bestimmt, den eine Marke erreichen müsste, um hier noch Berücksichtigung zu finden.

Haas schloss eine zweite Liste an: "die vierzig seltensten Fehldrucke". Aus dieser Liste können wir 18 Fehldrucke zu unseren regulären Marken hinzuzählen - und kommen so auf 40 Briefmarken!

Schubert hat uns aber Hinweise gegeben auf weitere teure Briefmarken und unsere Studien haben ergeben, dass viele Marken auf der Liste Haas fehlen. Er hat die Gründe dafür selber genannt: er wollte z.B. keine "Lokalmarken" auf seine Liste aufnehmen. Wir haben nun aber gesehen, dass gerade auf diesem Gebiet sehr viele sehr wertvolle Stücke existieren. Wenn wir diese Lokal-Marken mitnehmen, und unsere Betrachtung also auf ALLE wertvollen Postwertzeichen ausweiten, so komme ich (heute) auf 76 Postwertzeichen!

Ich kann heute die Liste dazu nicht posten, das werde ich baldmöglich nachholen. Aber die Zusammensetzung sei verraten:

Die 76 wertvollsten PWZ teilen sich auf auf
75 Briefmarken und
1 Ganzsache (siehe Beitrag [#411] bis [#415]).

Die 76 PWZ waren wie folgt auf die Welt verteilt:

26 Nordamerika
21 Europa
13 Mittel- und Südamerika
10 Afrika
4 Asien
2 Australien

52 Briefmarken
23 Fehldrucke von Briefmarken
1 Ganzsache

Das sind teils ganz neue Zahlen, das ist mir bewusst. Vor hundert Jahren waren die Postmeister-Marken der USA und der Confederate States sehr hoch bewertet (durchaus begründet!); Haas hat diese Marken weggelassen.

Welche Länder hatten denn die meisten wertvollen?

1.) 12 - USA-Postmeistermarken
2.) 7 - Confederate States of America
3.) 5 - Britisch Guiana und 5 - USA 1869-1901 (alles Fehldrucke!)
5.) 4 - Rumänien und 4 - Hawaii
7.) 3 - Afghanistan
(Summe 40)
Sonst hatte kein Land mehr als 2 Marken, die übrigen 35 Briefmarken verteilen sich auf 26 Länder.

Deutschland ist mit zwei Farbfehldrucken enthalten (Baden und Sachsen).

Wir verzeichnen also mehr sehr wertvolle Marken per 1912, als erwartet. Und nach 1912 kamen ja noch einige dazu. Ein paar der 76 ersten Marken sind heute nicht mehr in der Spitzengruppe, dafür kamen andere / neue hinzu. Wir können also auch in Zukunft noch einiges weiter studieren.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 23.09.2018 16:31:47 Gelesen: 473415# 421 @  
@ Heinz 7 [#420]

Hallo Heinz,

toll recherchiert - da hätte ich den Anteil Europas doch deutlich höher eingeschätzt, wohl auf das Niveau der Vereinigten Staaten von Amerika (VSA).

So lernt man durch dich immer wieder (sehr gerne!) dazu.

Danke für alles - Spitzenbeiträge durch die Bank, klasse!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 24.09.2018 20:33:43 Gelesen: 472081# 422 @  
@ bayern klassisch [#421]

Lieber Ralph,

es ehrt mich sehr, wenn Du, als ausgewiesener Vollblut-Philatelist, meine Beiträge lobst. Ganz herzlichen Dank dafür! Es ist mir Ansporn, meine Versuche fortzusetzen, dieses komplexe Thema weiter zu bearbeiten.

Wie oben erwähnt, ist die unten gezeigte Tabelle nicht "in Stein gemeisselt". Ich habe zwar in stundenlangen Studien die Tabellen von Haas und Schubert ausgewertet und wenn nötig Zusatz-Informationen gesucht, aber ich weiss, dass die untenstehende Auswertung auch Fragen zulässt. Ich hoffe, die meisten davon befriedigend beantworten (oder lösen) zu können. Andererseits bin ich auch gerne bereit, die Tabelle zu überarbeiten und später gegebenenfalls neu aufzulegen. Wichtig scheint mir, einmal eine Ausgangslage zu haben, von der aus wir fortschreiten können. Ich betrachte gerne die Folgejahre und erkunde, welche Veränderungen z.B. die nächsten 20 Jahre (1912-1932) brachten...

Ich freue mich auch darauf, z.B. den Beitrag von Ralf (buzones) aufzunehmen und zu überlegen, wie wohl "die teuerste Marke der Tschechoslowakei" sich zu den bisherigen Raritäten verhält (siehe sein Beitrag [#365]). Ein "Höhepunkt der neuen Erkenntnisse" wird sein, wenn wir die Ferrary-Auktionserlöse studieren - werden "neue Sterne geboren" und andere "Sterne" werden vielleicht verglühen? - Für immer? - oder haben sie später ein "Comebeack?"

Anbei also die 76 teuersten per 1912.





Ich habe die Liste aufgebaut, wie die Marken im Senf Katalog 1913 erscheinen würden. In Spalte H sehen wir die Seite im "Senf".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.09.2018 22:02:27 Gelesen: 471978# 423 @  
@ Heinz 7 [#422]

Am schönsten war, wenn eine Marke bei Haas gelistet war und diese im Senf-Katalog 1912 (oder 1913) bewertet war sowohl für ungebraucht wie auch für gestempelt. In vielen Fällen aber dies aber nicht gegeben! Oft fehl(t)en die Preise, und oft suchen wir eine teure Marke (nach Schubert/Senf) auf der Liste Haas vergeblich.

Mehrere der teuren Marken blieben im Senf unbewertet (bzw. "-.-"), doch gelegentlich fand ich in anderen Katalogen konkrete Hinweise. So konnte ich verschiedene Marken in meine Tabelle aufnehmen oder aus guten Grund daraus streichen.

Am meisten Lücken weist meine Tabelle zweifellos auf bei dem Thema Ganzsachen! Diese spielten zwar im XIX. Jahrhundert eine sehr wichtige Rolle, doch wurden sie anfangs XX. Jahrhundert mehr und mehr von den Sammlern und Händlern vernachlässigt. Mit schlimmen Konsequenzen für ihren Wert! Wir wissen, dass ca. 1890 die Ganzsachen in vielen Fällen durchaus ebenbürtig zu den Briefmarken waren (ihr Wert), Altmeister Lindenberg hat dazu eine interessante Studie geschrieben. Daraus sieht man, dass damals ein grosser Teil der teuersten Postwertzeichen nicht Briefmarken, sondern eben GANZSACHEN waren!

Ich habe auf meiner Liste 1912 der Postwertzeichen aber nur eine einzige Ganzsache aufgenommen, die Super-Rarität von Annapolis (US Postmeister-Marke 1846, siehe Beiträge 411-415). Zweifellos standen auch 1912 noch viele Ganzsachen mit sehr hohen Bewertungen in den Katalogen. Ich will aber in dieser Studie nur Wertzeichen aufnehmen, die auch im 20. Jahrhundert noch sehr hohe Preise erzielten. Ganz weglassen möchte ich aber die Ganzsachen sicher nicht! Darum nenne ich die obige Liste auch "Die wertvollsten Postwertzeichen" und nicht "Die wertvollsten Briefmarken", obwohl Richard vor 9 Jahren nur die "Briefmarken" in den Titel des Themas nahm. Wie schon verschiedentlich erwähnt, spielen die Ganzsachen aber in diesem Thema nur eine kleine Nebenrolle. Aber meines Erachtens eine wichtige!

Eine Frage an meine geehrte Leserschaft.

Was tun, wenn eine seltene Marke bei Haas UND bei Schubert fehlt? - Und wenn auch zeitnahe andere Kataloge keine verlässliche Informationen geben?

Ein Beispiel ist Bermuda, die ersten Postmeister-Ausgaben 1848 - 1860, siehe z.B. [#49].

Diese Marken scheinen in allen Katalogen bis mind. 1910 unbewertet zu sein (wenn sie denn überhaupt aufgeführt wurden!). Offenbar fanden auch schlichtweg keine oder fast keine Transaktionen mit solchen Marken statt; es konnte sich also Preise für diese Marken gar nicht erst bilden.

Mit einem Seufzer habe ich darum diese wunderschönen Briefmarken in meiner "Auswertung 1912" weggelassen. Ich verspreche aber, dass diese Marken später viel Aufsehen erregten und sehr sehr teuer bezahlt wurden und also SPÄTER die Aufnahme in "unsere Liste" mit Bravour schafften!

Ein anderer wichtiger Entscheid war gefordert!

Die Schweden 3 Skilling bco. gelb gilt heute für VIELE als wertvollste Marke der Welt



Hier sehen wir den Auktionskatalog von David Feldman, als die Marke 1996 versteigert wurde.

In diesem Fall scheint mir die Lage anders, als bei den Bermuda-Marken. Bei der Tre Skilling Banco wissen wir nämlich, dass die Marke schon 1894 für den sehr hohen Preis von GB£ 400 verkauft wurde! Konsequenterweise hätte die Marke dann auch in die Kataloge gehört - mit Preisangabe.

Warum all die Kataloge den berühmten Schweden-Fehldruck aber ignorierten, wissen wir heute nicht. Er fehlt bei Senf (und damit in der Studie Schubert). Und auch auf der Liste von Philatelie-Grossmeister Haas suchen wir den Fehldruck vergebens (er hätte meines Erachtens damals unter die "Top Five" gehört).

Dies scheinen mir Fehler gewesen zu sein. Darum habe ich die Marke auf meine Liste aufgenommen.

Wir werden das Vergnügen haben, zu prüfen, wann die Schweden 3 Skilling gelb aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wurde. Heute steht die Marke ohne Frage ganz ganz weit oben auf den (aktuellen) Listen.

Der Startpreis der Marke 1996 dieser Marke war eine MILLION SCHWEIZER FRANKEN !

Heinz
 
bayern klassisch Am: 24.09.2018 22:30:18 Gelesen: 471957# 424 @  
@ Heinz 7 [#423]

Lieber Heinz,

die 3 Skilling galt lange Jahre als fälschungsgefährdet, weil sie angeblich farbverfälscht sein sollte. Ich kenne leider nicht den neuesten Stand der Analyse - vlt. hat man sie daher weggelassen, um keiner Fälschung den Weg ins Goldene Buch der Philatelie zu ebnen?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 25.09.2018 23:01:35 Gelesen: 471475# 425 @  
@ bayern klassisch [#424]

Du hast recht, dass der Farbfehldruck angezweifelt wurde. 1974 wurde die Marke im Ehrenhof der "Stockholmia 1974" ausgestellt. Damals baten 9 schwedische Experten, die Marke genau untersuchen zu dürfen, was dann auch erlaubt wurde. 1975 kam Professor Diego Carlström "and others" zum Schluss, dass der Fehldruck echt ist.

Diese Info habe ich aus dem oben gezeigten Katalog.

Die Marke hat x-mal sehr hohe Preise erzielt. Seit 43 Jahren sind wohl auch die Kritiker und Zweifler verstummt. Wie die Situation um 1910 war, wissen wir heute wohl zu wenig.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 26.09.2018 11:11:24 Gelesen: 471363# 426 @  
@ Heinz 7 [#425]

Lieber Heinz,

danke für die profunde Auskunft mit den Daten - so genau hätte ich das nicht machen können.

Selbst als ich noch Jungsammler war, gab es Stimmen, dass sie evtl. nicht echt sein könnte und da reden wir von den 1970er Jahren.

Es mag durchaus sein, dass schon weit früher Zweifel geäußert wurden und sich dadurch der potentielle Wert/Preis nach unten verändert haben könnte.

Wenn sie aber echt ist (ich habe sie mal in natura gesehen, weiß aber nicht mehr wo und wann das war), dann ist sie sicher die Krone der Klassikphilatelie, obwohl es ja von jedem Farbenfehldruck mindestens einen ganzen Bogen gegeben haben muss, also das Auftauchen weiterer Exemplare nicht auszuschließen ist, wohingegen andere Weltraritäten in so geringer Stückzahl gedruckt bzw. in hoher Stückzahl zurückgezogen und vernichtet wurden, dass diese Befürchtung weniger besteht.

Liebe Grüsse und vielen Dank für dein sensationelles Engagement in diesem interessanten und wichtigen Bereich der Philatelie,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 27.09.2018 23:07:43 Gelesen: 471262# 427 @  
@ Heinz 7 [#422]

Im Thema "Vom Nutzen philatelistischer Literatur" habe ich die wohl wichtigsten Eckdaten zu den Maury-Katalogen gegeben, welche im 19. Jahrhundert für Frankreich die führende Stellung einnahmen (1870 bis Ende des XIX. JHs).

Ich habe einen der letzten Kataloge von Arthur Maury (er starb 1907), und zwar die Ausgabe 1904. Diese ist besonders interessant, weil sie fast gleichzeitig herauskam wie das phantastische Lehrbuch von Theodor Haas. Haas schrieb 1905 bekanntlich eine Einschätzung der seltensten Marken.

Schön am Katalog Maury ist, dass einige Briefmarken bewertet wurden, die im Katalog der Gebrüder Senf (Leipzig) nicht bewertet wurden! So können wir Quervergleiche ziehen!

@ Heinz 7 [#371]

Haas setzte auf die ersten 6 Plätze:(siehe unten, Vergleich mit Maury)

1) Guyane Anglaise - 1856 - 1 cent rouge - Maury No. 9a: Wert 10'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 209)
2) Guyane Anglaise - 1850-51 - 2 cents rose - Maury No. 0: Wert 6'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 209)
3) Hawaii 1851 - 2 cents bleu - Maury no. 1: Wert 8'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 218)
4) Maurice 1847 - 2 pence bleu - Maury no. 7: Wert 18'000 (ungestempelt) bzw. 15'000 (gestempelt) (Seite 282)
5) Maurice 1847 - 1 penny rouge - Maury no. 6: Wert 20'000 (ungestempelt) bzw. 10'000 (gestempelt) (Seite 282)
6) Roumanie 1858 - 81 parale bleu - Maury no. 3: Wert 10'000 (ungestempelt) bzw. 6'000 (gestempelt) (Seite 364)

Man sieht hier also interessante andere Ansätze als bei Senf, mit der blauen Mauritius als der teuersten Marke der Welt.

Bei den teuren Postmeister-Marken der USA hat Arthur Maury aber auch nur sehr lückenhaft informieren können; die meisten dieser Raritäten waren unbewertet oder überhaupt nicht katalogisiert.

Noch ein Wort zur seltsamen Nummerierung bei Maury. Arthur Maury gab seinen ersten kompletten Katalog schon sehr früh heraus (1865). Vermutlich war dort British Guiana 2 Cents gar noch nicht bekannt, darum erhielt der 4 Cent-Wert bei Maury die Nummer 1. Als dann später die 2 Cents bekannt wurde, gab Maury ihr offenbar die Nummer Null, damit die 4 Cents weiterhin die Nummer 1 bleiben konnte. Bei Mauritius war die Ausgabe von 1848 nummeriert mit 1-5, die Ausgabe 1847 (Post Office) aber mit Nummer 6+7.

Wir wissen auch von anderen Katalogen, dass eine einmal gewählte Katalognummer sehr oft - trotz neuen Erkenntnissen! - nie korrigiert wurde/wird!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.09.2018 19:42:20 Gelesen: 471202# 428 @  
@ Heinz 7 [#427]

Ich kann etwas bestätigen, das ich gestern erst vermutet habe.

Die Maury Nr. 0 von British Guiana (der 2 Cents Wert) wurde gemäss Literatur erst 1877 bekannt.

Das mag damit zusammenhängen, dass am 1.7.1850 das erste Postbüro eröffnet wurde, damals aber nur Briefporti von 4, 8 oder 12 Cents fällig waren (abhängig von der Distanz). (Quelle: "The Postage Stamps and postal history of British Guiana" von Townsend & Howe, 1970, Seite 406). Gemäss Tabelle kam die 2 Cents Wertstufe erst am 1.3.1851 hinzu ("City Post in Georgetown (short-lived)".

Townsend & Howe schreiben denn auch (Seite 19): "The values of the stamps which came into use on 1st July 1850 were 4 cents, 8 cents and 12 cents".

Eigentlich ist es dann auch logisch, dass die Kataloge diese Werte als Nummern 1,2,3 aufführen! Maury tat das auch, was also völlig richtig war und ist.

Was aber offenbar lange Zeit unbekannt war: (siehe Seite 19):

"A further duty (2 cents) came into use on 1st March 1851 as is shown by the notice which appeared in the Royal Gazette on 22nd February 1851 (...)".

Weiter lesen wir (Seite 20): "In the British Guiana Philatelic Journal of December 1921, Mr A.D. Ferguson stated that the first copy of the 2 cents circular was found by Mr N.R.McKinnon in 1877. It was therefore 26 years before an example was discovered."

Also - alles klar! Maury gab seinen ersten Katalog bereits 1865 heraus und notierte die Werte 4, 8 und 12 Cents korrekt mit den Nummern 1, 2 und 3. Der 2 Cents Wert hätte dann eigentlich die Nummer vier erhalten sollen, aber er war damals noch nicht bekannt/gesehen. Erst 26 Jahre nach der Ausgabe wurde die Marke entdeckt! Maury hatte die Nummer 4 dann aber längst an die Folgeausgabe: 1852 Segelschiff im Hochrechteck, 1 Cent, vergeben!

Offenbar wollte Maury dann 1877 nicht die Katalogisierung korrigieren, seine Nummern 4-44 (1852-1876) hätten alle eine Nummer "aufrücken" sollen. Stattdessen vergab Maury der neu-bekannten 2 Cents-Marke die Nummer Null und stellte sie an den Anfang des Landes.

Nicht ganz korrekt, aber verständlich. Andere Kataloge (wie Senf) nahmen die 2 Cents auch an den Anfang, was streng genommen nicht korrekt ist; nur die Nummer 4 ist "sauber".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.09.2018 20:10:38 Gelesen: 471192# 429 @  
@ Heinz 7 [#428]

Ich möchte hier einen der extrem seltenen Werte noch zeigen:



1877 wurden 4 Exemplare dieser Marke erstmals gefunden, 26 Jahre nach ihrer Herausgabe! Alle vier Marken wurden von McKinnon gekauft. In den nächsten 10 Jahren wechselte diese Marke dann 8 Mal den Besitzer! (Quelle: "Encyclopedia of rare and famous stamps", by Leon N. William, 1997).

Neben diesen vier aufgetauchten Exemplaren wurden dann noch drei Briefe bekannt, die alle aber nicht als Einzelfrankatur (City-Post) eingesetzt wurden, sondern immer im Paar, dies ergab das normale Briefporto von 4 Cents.

Die drei Briefe kamen ans Tageslicht:

1888: Brief von Demerara, 24. Oktober 1851
1896: Brief von Demerara, 5. August 1851 (der berühmte Miss Rose, Blankenburg-Brief) = Geschenk an die Kirche!
1897: Brief von Demerara, 26. November 1851

In den Beiträgen [#46] und [#151] habe ich zwei Briefe bereits gezeigt.

Seit nunmehr 120 Jahren ist meines Wissens die Anzahl der bekannten Stücke nicht grösser geworden: es gibt nur 7 Stück: 3 Briefe und 4 Einzelmarken (alle gebraucht (Unterschrift/Initiale des Postmeisters bzw. eines Postbeamten)).

Theodor Haas setzte diese Marke 1905 wie erwähnt auf Platz 2.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.10.2018 20:45:14 Gelesen: 470387# 430 @  
@ Heinz 7 [#429]

Einen tollen Fund habe ich in meiner Zeitschriften – Bibliothek gemacht. Von der Zeitschrift „Le Timbre-Poste“ schreibt Prof. Carlrichard Brühl: „(…) das von J.-B. Moens verlegte „Le Timbre-Poste“ (…) das ohne jeden Zweifel die führende philatelistische Zeitschrift des 19. Jahrhunderts gewesen ist“ (siehe Brühl, Seite 772)

In der Ausgabe Mai 1878 (16. Jahrgang, No. 185) auf Seite 38 fand ich den Hinweis auf die neuentdeckte British Guiana 2 Cents, schwarz auf rosa! Redakteur Louis Hanciau schreibt nicht eben begeistert über die Neuentdeckung. Im Gegenteil, er warnt die Sammler vor solchen Neuentdeckungen!



Im grossen „Catalogue prix-courant de timbre-poste, enveloppes, (…) etc. par J. – B. Moens, sixième édition » von 1883 ( ?) ist die Marke aber sauber katalogisiert (Seite 398) als (vermutlich neue) Nr. 1 von Guyane Anglaise. Dass die Marke erst 1871 herauskam, war Moens noch nicht bekannt, er listete die Marke zusammen mit den anderen 3 Werten (4, 8 und 12 Cents) im Jahre 1870 aus.

Es ist sehr nützlich, wenn man "den Stand des Wissens" im Nachhinein rekonstruieren kann!

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.10.2018 10:08:42 Gelesen: 470208# 431 @  
@ Heinz 7 [#411]

Ganzsache gut verkauft!



Die Postmeister-Ausgabe von Annapolis (Umschlag) ist fraglos eine Pretiose ersten Ranges in der Welt der Philatelie. Als eine der ganz wenigen Ganzsachen konnte dieses Postwertzeichen wertmässig mithalten mit den teuersten Briefmarken der Welt. Meines Wissens ist dies seit ca. 100 Jahren die wertvollste Ganzsache der Welt.

Dieser Umschlag existiert nur zweimal, wobei die Formate der beiden unterschiedlich sind und darum auch als "zwei Unikate" angesehen werden können. Beide Umschläge wurden erst 1895 entdeckt und wanderten sofort in berühmte Sammlungen. In den letzten 123 Jahren kamen die beiden Postwertzeichen nur selten auf den Markt. Der oben gezeigte Umschlag ([#411]) wurde jetzt erst zum zweiten Mal an einer Auktion öffentlich angeboten! Im 19./20. Jahrhundert war der Umschlag offenbar nie öffentlich zum Kauf angeboten, sondern wurde immer privat verkauft (gemäss Informationen Auktionskatalog)!

Gestern war es wieder soweit. In New York wurde die Ganzsache angeboten und verkauft.

Schätzpreis: US$ 300'000
Zuschlagpreis: US$ 390'000 + 18% Zuschlag = US$ 460'200

Das ist natürlich ein stolzer Preis. Es sei aber daran erinnert, dass an der Auktion im Jahre 2012 (als der Umschlag das erste Mal an einer Auktion war!) die Ganzsache noch deutlich teurer wurde: der Zuschlag war damals erst bei US$ 550'000, vgl.

@ Heinz 7 [#412]

Die Ganzsache war lange Zeit "von der Bildfläche verschwunden" (siehe Informationen von Christie's 1989)

@ Heinz 7 [#414]

Offenbar ruhte der Brief lange Zeit bei einem Raritätenhändler. Senator Peter Frelinghuysen hatte ihn dann gekauft. 2012 mochte Erivan Haub ihn nicht kaufen, aber vielleicht war er der Unterbieter? - - Nun, gestern gab es einen neuen Preis dafür.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.10.2018 23:58:23 Gelesen: 468744# 432 @  
@ Heinz 7 [#136]

Wir wissen, dass die Hawaii 2 Cents eine der wertvollsten B. der Welt ist. Bei Haas gelang erreichte sie 1905 Platz 3. Die Marke ist wirklich sehr selten, wie folgende Übersicht zeigt:

15 Exemplare, davon

- 1 ungebraucht
- 1 Brief mit Zusatzfrankatur (siehe [#167] und [#168]
- 1 Fragment, zusammen mit 13-Cents-Marke
- 12 gestempelte Exemplare, davon offenbar sogar 5 in Museen (*)

(* Auskunft gemäss Auktionskatalog).

Wenn die ungebrauchte 2 Cents-Marke zum Verkauf kommt, dann ist das schon eine grosse Sache, denn in den 167 Jahren seit 1851 war die Marke offenbar erst bei sieben Sammlern (*). An öffentlichen Auktionen war das gute Stück erst das fünfte Mal

- 1921 (ex Sammlung Ferrary)
- 1963 (ex Sammlung Burrus)
- 1995 (ex Sammlung "Honolulu Advertiser")
- 1997 Auktion Ivy & Mader, Pacific 1997
- 2018 (ex Sammlung William Gross)

Die ersten drei Verkaufsergebnisse habe ich in Beitrag 136 schon genannt. Der Preis 1997 ist mir nicht bekannt.



Nun wurde das Los geschätzt zu US$ 500'000 - 750'000. Der Zuschlag erfolgte dann bei US$ 525'000, dazu kommen die üblichen Gebühren (m.W. 18 % = US$ 619'500).

Der Preis war also tiefer als 1995.

Gute Nacht!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 17:23:40 Gelesen: 462341# 433 @  
@ Heinz 7 [#355]

Nachdem ich in Beitrag 355 die HEUTE wertvollste Briefmarke der Schweiz benannt habe, wagen wir auch eine Betrachtung zu den wertvollsten BRIEFEN der Schweiz. Einige Kandidaten für diese Bezeichnung haben wir bereits oben vorgestellt:

Beitrag 79: Brief mit zwei Züri 4 (8. April 1847)
Beitrag 86: Brief mit Rayon II mit Kreuzeinfassung
Beitrag 91: Brief mit Basler Taube und Frankreich-Frankatur
Beitrag 118: Brief mit Mischfrankatur Basler Taube (Paar) und Rayon II ("Renan-Brief")

Mit dieser Aufzählung sind wir aber noch nicht am Ende! Es gibt mehrere andere Briefe, die sich in den gleichen Grössenordnung aufhalten. Ich werde versuchen, diese nach und nach zu zeigen.

@ Richard [#546]

Richard hat bei der Einführung in das Thema auch die Basler Taube 1845 genannt. Diese Marke ist wirklich eine der berühmtesten und beliebtesten weltweit. Aber ganz so selten ist sie nicht, was sich natürlich auf den Preis auswirkt(e). Wir sahen, dass im Senf-Katalog 1913 die Basler Taube nicht extrem hoch bewertet war: CHF 300 ungestempelt, CHF 150 gestempelt. Das war zu wenig, um in den Studien Haas (1905) und Schubert (1912) auf den vorderen Plätzen zu landen.

Es gibt aber Briefe, die sehr teuer bezahlt wurden. Besonders Briefe, die nicht (nur) eine Einzelfrankatur aufweisen, sondern eine aussergewöhnliche Frankatur aufweisen, wie

- ein Paar (oder zwei Basler Tauben)
- eine Mischfrankatur mit einer anderen Marke (siehe oben)

wurden/werden regelmässig sehr teuer bezahlt.

Der nachfolgende gezeigte Brief ist nun sicher ein besonders Aufsehen erregendes Stück:



Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 17:50:58 Gelesen: 462322# 434 @  
@ Heinz 7 [#433]

Bei diesem Brief von 1850 zählen wir nicht weniger als 6 Basler Tauben! Die Basler Taube wurde grundsätzlich für den Kanton Basel herausgegeben; bei diesem Brief aber wurde ein Brief über die Kantonsgrenze (bis nach Kreuzlingen, Kanton Thurgau) versandt. Und dafür wurden 15 Rappen gefordert, die nicht mit Schweizer Bundesmarken, sondern mit alten Basler Tauben bezahlt wurden!

Dieser einmalige Brief war schon früh bekannt. Er war Teil der Georg Koch Sammlung, welche ab Juni 1908 in Paris versteigert wurde!

1908 - das liegt zeitlich nahe bei unseren "Studiengrundlagen" (Senf 1912 oder 1913). Es ist also bestimmt interessant, zu wissen, wie viel der Brief 1908 denn kostete.

Ich habe einen Nachdruck der Verkaufskataloge von Gilbert & Köhler, welche auch Preisnotizen enthält. An der ersten Auktion wurde als Los 854 tatsächlich der oben gezeigte Brief verkauft. Die handschriftliche Notiz deutet darauf hin, dass der Verkaufspreis FRF 1140 betrug. Und damit war dieser Brief tatsächlich ziemlich teuer.

Laut unabhängiger Quelle erzielte das Los einen Verkaufspreis von FRF 1254 (laut Zeitschrift "Echo de la Timbrologie, Amiens, 15.6.1908); das sieht wirklich nach Hammerpreis von FRF 1140 + 10 % Provision aus.

Es gibt nicht viele Lose, die 1908 bei den Koch-Auktionen einen vierstelligen Zuschlagpreis erzielten!

Heute kann man diesen Brief im Postmuseum in Bern bewundern.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 18:35:41 Gelesen: 462280# 435 @  
@ Heinz 7 [#214]

In Beitrag 214 habe ich gezeigt, dass um 1908 der Wert des Französischen Franc gleich lag wie der des Schweizer Frankens. Zwanzig FRF oder CHF galten damals = 16 Mark und 20 Pfennige.

Einen hohen Verkaufserlös erzielte Los 274 = "Mercure rouge foncé". Gemäss Notiz wurden FRF 1540 erzielt (vermutlich netto; +10 % = FRF 1694 brutto?). Ich habe schon erwähnt, dass der zinnoberrote Merkur (1856) einen Katalogwert von Mark 2000 hatte (ungestempelt) (Senf 1913).



Die Abbildung im Nachdruck des Kataloges ist nicht sehr deutlich, aber es scheint, dass die Marke ungebraucht war. Leider fehlt aber (im Textteil) das Zeichen "*" vor der Los-Nummer, das üblicherweise für ungebrauchte Lose angebracht wurde.

Aus diesen Vergleichen können wir aber sicher festhalten, dass 1908 der "Basler Taube-Brief mit den 6 Exemplaren" zwar teuer war, heute aber wohl noch bedeutend teurer wäre. Doch ist er käuflich nicht mehr zu bekommen. Gemäss Buch von Bach/Winterstein ist der Brief seit 1973 im Museum in Bern.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.11.2018 23:59:03 Gelesen: 461452# 436 @  
@ Heinz 7 [#435]

Hand aufs Herz: Wer kann die "richtigen" Preise für die Altschweiz-Marken benennen? Ich habe grosse Mühe, eine korrekte Tabelle auswendig aufzusagen, obwohl ich ja schon viele Jahre Interesse habe an den Schweiz-Pretiosen und obwohl ich die Auktionsergebnisse immer wieder mit grossem Interesse verfolge.

Um eine aktuelle Tabelle erstellen zu können, behelfe ich mir mit dem Schweizer Briefmarken Katalog 2018 des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes. Die Briefmarken 1843-1852, Zumstein Nr. 1-20 werden betrachtet. Wir verzeichnen dazu aber nicht "nur" 20 Preis-Notierungen, sondern ganze 36, da verschiedene Marken in zwei Varianten existieren; mit oder ohne Kreuzeinfassung oder ein paar wenige Abarten werden auch bewertet (z.B. verkehrt geschnittene Doppelgenf). Auch eine Ganzsache wird ausführlich bewertet; der Briefumschlag Genf, 1846, in drei Formaten, und dazu noch der Ausschnitt des Briefumschlages, als Marke verwendet (Zumstein Nr. 07; 1849).

Interessant an den Notierungen des SBK sind auch die Preise für Paare! Einzelne Marken sind im Paar extrem selten und die Paar-Preise schnellen in die Höhe.

Leider aber gibt der Katalog kein vollständiges Bild ab. Einzelne Preise fehlen; das macht Sinn bei Varianten, die NICHT EXISTIEREN (z.B. Doppelgenf als Paar auf Brief). Bei der Poste Locale ohne Kreuzeinfassung (ZSt. 14 II) aber fehlt ein Preis für "ungebraucht", weil "diese Marke kommt ungebraucht praktisch nicht vor". Ganzganz wenige Stücke gibt es aber. In der Iwan Bally-Sammlung waren gleich zwei Stücke enthalten (davon 1 auf Brief, unentwertet geblieben).



Nun, wir wollen nicht jammern, sondern die vorhandenen Informationen studieren. Immerhin haben wir 155 (von 216 theoretisch möglichen) Preise(n) vorgefunden.

Soviel vorweg: In 30 (von 36) Fällen haben wir Preisnotierungen für ungebrauchte Marken/Ganzsachen, in 6 Fällen haben wir nur Preise für gestempelt. In 28 der 30 Fälle ist "ungebraucht" teuerer als "gebraucht" (z.T. deutlich!) - nur 07 und 1 W sind ungebraucht weniger teuer als gestempelt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.11.2018 01:08:06 Gelesen: 461435# 437 @  
@ Heinz 7 [#436]

Drei Preise des SBK 2018 (von 155, siehe oben) sind moderat, nur je CHF 200.



Die Zumstein Nrn. 16 II, 17 II und 20, alle gestempelt mit CHF 200 bewertet, sind in vielen Schweiz-Sammlungen die einzigen Schweiz-Marken der Jahre 1843-1852.

Die Bewertungen auf Brief sind für diese drei Marken je CHF 400, die Bewertung je für ein Paar gestempelt ist je CHF 500.

Damit sind die neun tiefsten Preise genannt (Platz 147-155). Platz 102-146 sind eingenommen von Marken-Varianten mit Preisen von CHF 600 bis CHF 4'900. Aber 101 Preisnotierungen sind CHF 5'000 oder höher - darum wird die Luft für Schweiz-Klassik-Sammler, die ALLE Varianten suchen, extrem dünn.

Platz 48-101: Preise CHF 5'000 bis CHF 45'000
Platz 33-47: Preise CHF 50'000 bis CHF 80'000
Platz 22-32: Preise TCHF 100 bis TCHF 170

Das heisst also, dass nicht weniger als 21 Preise CHF 200'000 oder höher sind. (!!) Unter anderem ist ein Paar der Basler Taube auf Brief bewertet mit CHF 220'000.

Auf dem Spitenplatz stehen zwei Brief-Notierungen:

17 I - Rayon I hellblau, mit Kreuzeinfassung: siehe [#355]

Auf Brief ist diese Marke notiert mit CHF 550'000.

Denselben Ansatz verwendet SBK für ein Paar auf Brief der Nr. 11 (sog. "Neuenburg").



Ich kenne nur diesen einen Brief mit einem Paar der Nummer 11. Daneben gibt es noch einen Brief mit sogar DREI Marken Nummer 11. Beide "Neuenburg"- Briefe sind heute in der Sammlung von Joseph Hackmey.

Ah ja, der Katalogwert für diese 20 Marken (36 Nummern) in allen Varianten (= 155 Preise) beläuft sich auf CHF 10'054'300.

Da reicht nicht einmal ein Lotto-Haupttreffer.

Heinz
 

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