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Thema: Alliierte Besetzung SBZ Allgemeine Ausgaben: Mi. 214 d - totgeprüft
Carsten Burkhardt Am: 10.11.2022 07:50:39 Gelesen: 2395# 1 @  
Beiträge [#1] bis [#6] redaktionell ausgegliedert aus dem eher allgemeinen Thema "Prüfung von Briefmarken: Vergleichbarkeit Prüfer/Prüferverbände ?", damit unser Mitglied Carsten hier im neuen Thema seine Beispiele benennen und (auch mit Prüfern aus allen Verbänden) diskutieren kann

<<Nach meiner Erfahrung ist sie eher berufen, Fehlprüfungen der eigenen Leute so zu erklären, dass objektiv keine sichere Prüfung möglich war. Ich könnte hier einige Beispiele nennen>>

Richard meint, ich soll doch mal ein Beispiel nennen. Von mir aus, jede Woche eins:

Das Thema, was mir seit Jahren auf der Seele brennt, ist die Streichung von SBZ 214 d. Bei der Neukatalogisierung der Köpfeserie 2011 nach jahrelanger Prüfaussetzung kam es zur Streichung von zwei Varianten und gemäß der durch Herrn Geigle geschaffenen Regel "keine Vermehrung der Varianten" zu zwei neuen, damit sich die Zahl nicht erhöht.

214 d war die letzte Farbe vor dem Wechsel des Wasserzeichens, ich dachte, es würde ausreichen, als Vergleichsmarke die farbgleiche 329 za und die von den anderen Varianten abweichende UV-Farbe anzugeben. Die Vergleichsmarken aller damaligen BPP-Prüfer hatte ich persönlich kontrolliert. Die neue Farbe war postfrisch sehr selten, startete mit Auktions-Zuschlägen über 1000 Euro. Es waren nur wenige postfrische bekannt. Eigentlich alles gut.

Plötzlich tauchten aber bogenweise von einem BPP-Kollegen signierte Marken dieser Farbe auf. Signiert? Hoppla! Die ist doch extrem selten. Ich rief ihn an und fragte, wo die herstammen. "Das sind Bögen von Jens". Da ich dessen Bogensammlung zwei Jahre zuvor aufgearbeitet hatte, wusste ich, das dort nur Bögen in der c-Farbe waren, keine d. "Ich brauche die UV-Farbe nicht, ich erkenne sie auch so." war dann die Antwort auf meinen Einwurf, dass man das doch unter UV eindeutig sieht.

Lange Rede kurzer Sinn: Beide BPPs hatten ihre Steckkarten korrekt vermessen eingereicht. Dort stimmten die Farbreihen von hell nach dunkel, unter UV und alles war korrekt beschriftet. Aber einer der beiden hatte anschließend seine Farben nach eigenem Gusto neu gesteckt und bei c und d eine Hell/Dunkel-Trennung vorgenommen.

Die einen waren bei ihm dann Orange, die anderen Braun. Ich kann das wieder so bestimmt sagen, weil ich nach vielem Hin und Her irgendwann dann doch noch einmal die Steckkarten zum Nachmessen bekommen hatte: Auf der Karte für die Verbandsprüfstelle war alles korrekt. Auf der etwas kleineren Prüfkarte war es Kraut und Rüben, alles bunt durcheinander, aber sauber nach Helligkeit unterschieden: Die hellen c, die dunklen d.

Somit existierten von 214d zwei verschiedene Prüfungen:

- Prüfer 1 (VP): weniger als 5, alle mit Attest,
- Prüfer 2 (VPEX): weniger als 20, alle mit Attest,
- Prüfer 3 (BPP): weniger als 10, alle mit Attest,
- Prüfer 4 (BPP): mehrere Hundert, alle mit einfacher Signatur.

Inzwischen hatten alle noch einmal die Köpfe zusammengesteckt und es fand sich noch ein weiteres Kriterium zur Trennung de beiden Farben:

214 c ist im Seitenlicht stumpf
214 d schimmert silbrig glänzend.

Als die Sache schlussendlich vor die BPP-Verbandsprüfstelle kam, spielte wahrscheinlich die größte Rolle, wie man mit den Hunderten Falsch BPP-geprüften Marken umgehen sollte. Das Ergebnis kann jeder im Michel nachlesen: wird aufgrund von Abgrenzungsproblemen nicht BPP-geprüft, sie wurde in 214c eingegliedert.

Inzwischen sind wieder mehr als 5 Jahre ins Land gegangen, beide damaligen Kontrahenten im BPP sind nicht mehr dort Mitglied. Eigentlich könnte man die Sache zu einem guten Ende für die damals geschädigten Käufer der richtigen, nun deutlich entwerteten 214 d bringen. Aber durch die falsche Entscheidung der Verbandsprüfstelle ist die Farbe tot, wie eigentlich mit solchen Entscheidungen alle Leute verprellt werden, die jemals Geld für bessere Farben ausgegeben haben.

Um noch einmal zum Themen-Titel zurück zu kommen: Die 4 im Gebiet tätigen Prüfen hatten sich alle abgestimmt. Die Farbreihen waren identisch, aber nicht durch die Arbeit der BPP-Verbandsprüfstelle, sondern durch die Kommunikation der Prüfer untereinander. Als die Verbandsprüfstelle angerufen wurde, kam aufgrund deren Tätigkeit das Schlimmstmögliche heraus, neudeutsch das worst case scenario.

Viele Grüße
Carsten
 
stephan79 Am: 10.11.2022 09:24:26 Gelesen: 2356# 2 @  
@ Carsten Burkhardt [#1]

Welche der beiden "Verbands"prüfstellen ist gemeint? Denn schließlich werben VP und VPex damit, die einzigen Institutionen zu sein, welche sich "Verband" nennen dürfen.

Ich vermisse an Ihrem Abarbeiten, salopp Bashing genannt, an der Institution BPP das sachlich begründete Herausstellen, warum ich als Sammler und Kunde bei Ihren "Verbänden" besser aufgehoben wäre, als beim BPP. Jegliche Ihrer Ausführungen enden meinem Empfinden nach damit, wie schlecht der BPP doch prüft. Die Formulierung Ihrer Einlassungen führen bei mir jedoch nicht dazu, das Vertrauen in die von Ihnen präferierten Verbände zu fördern.
 
Altsax Am: 10.11.2022 10:49:23 Gelesen: 2314# 3 @  
@ stephan79 [#2]

"Ich vermisse an Ihrem Abarbeiten, salopp Bashing genannt, an der Institution BPP das sachlich begründete Herausstellen, warum ich als Sammler und Kunde bei Ihren "Verbänden" besser aufgehoben wäre, als beim BPP"

Das, was hier als "Bashing" bezeichnet wird, findet sich gerade in diesem Beitrag nicht. Es geht auch nicht darum, ob einer der beiden Prüfvereine besser ist als der andere. Gut oder nicht gut können immer nur einzelne Prüfer sein. Die Prüfervereinigungen haben lediglich die Aufgabe, bei der Aufnahme neuer Mitglieder deren Qualifikation sicherzustellen und die Mitgliedschaft dann zu beenden, wenn den gestellten Anforderungen nicht (mehr) entsprochen wird.

"Bashing" findet seitens des BPP gegenüber anderen Prüfvereinigungen durchaus statt, vorwiegend mit dem Hinweis darauf, daß bei ihnen Prüfer Mitglieder sind, von denen sich der BPP einst getrennt hatte. Daß dann seitens dieser Verbände Fehlleistungen von BPP-Prüfern explizit benannt werden, ist verständlich. Daß die Verbandsprüfstelle des BPP eine Institution ist, die der Klärung von Meinungsverschiedenheiten zwischen BPP-Mitgliedern geschaffen wurde, nicht aber zu deren Schutz vor Haftungsansprüchen Dritter, ist auch klar. Ganz sicher ist sie nicht geeignet, ein objektives Urteil bei Diskrepanzen zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Prüfervereinigungen abzugeben.

Wer eine Prüfung braucht, um die betreffenden Stücke verkaufsfähig zu machen, tut gut daran, einen BPP-Prüfer (soweit für das Gebiet vorhanden) zu beauftragen, weil die allgemeine Anerkennung von solchen Prüfungen höher ist als bei denen von Nichtmitgliedern.

Wer durch eine Prüfung lediglich für sich selbst Sicherheit haben will, sollte sich über Arbeitsgemeinschaften des betreffenden Gebietes vorinformieren. Dort wird man auch den geeigneten Prüfer benennen können. Das muß nicht in jedem Falle ein BPP-Mitglied sein.

Beste Grüße
Altsax
 
Torsten_Kl Am: 10.11.2022 13:25:17 Gelesen: 2246# 4 @  
@ TeeKay

Es soll auch Menschen geben, die Briefmarken geerbt haben und so quasi zu einem neuen Hobby gekommen sind.

Es geht nicht darum, ob oder wann ich verkaufen will. Ich will einfach nur den Erhaltungszustand von Briefmarken und damit letztendlich ihren heutigen Wert wissen.

Ich stelle für mich fest, dass der BPP weiterhin das Maß der Dinge zu sein scheint. Neben vielen anderen Beiträgen finde ich den Hinweis mit den ARGE gut und werde sicher dort bei Bedarf nachfragen.

Ich danke allen, die sich zu meinen Fragestellungen geäußert haben!
 
Attila Am: 10.11.2022 17:10:17 Gelesen: 2144# 5 @  
@ Altsax [#3]

Was muss ich tun, wenn ich Briefmarken prüfen möchte, die keinen Prüfer im BPP haben? Bei den ungarischen Stempeln ist das für mich kein Problem, da ich sie zum Beispiel in Ungarn selbst prüfe. Das Seltsame ist, dass, wenn ein Prüfer seine eigene Briefmarke verkaufen möchte, oft angenommen wird, dass jemand eine Briefmarke nur deshalb als wertvoller einstuft, um sie zu einem guten Preis zu verkaufen.

Den Einkäufern kommt gar nicht in den Sinn, dass die Ehrlichkeit des Prüfers eine Grundvoraussetzung ist. Wenn Sie so etwas tun, verlieren Sie Ihre Authentizität.

Die andere Frage ist, dass es Konsequenzen geben sollte, wenn ein Prüfer einen sehr großen Fehler macht. Leider kenne ich ein AIEP-Prüfer, das seit Jahrzehnten gefälschte Briefmarken zertifiziert und bis heute nicht ausgeschlossen wurde, obwohl darüber berichtet wurde. Auch bei bestimmten Stempeln bestand die Möglichkeit, dass er selbst der Fälscher war. Ich wiederhole, nicht BPP, nicht VPEX, nicht VP, nicht VÖB und nicht MBSZ-Mitglied, sondern AIEP.

Es war nur eine kleine Reflexion, die ich aufgeschrieben habe.

viele Grüße
Attila
 
Carsten Burkhardt Am: 10.11.2022 18:24:45 Gelesen: 2109# 6 @  
@ stephan79 [#2]

Hallo,

man kann die Geschehnisse nur versuchen, so objektiv darzustellen, wie möglich. Wenn das als Bashing angesehen wird, kann ich es auch nicht ändern. Dass hier immer lediglich der BPP am Pranger steht, hat damit etwas zu tun, dass er allein für die Neukreationen und Streichungen von Varianten im Michel verantwortlich zeichnete in der Vergangenheit. Wenn ich Zeit finde, bringe ich das nächste Beispiel. Die nächsten Tage sind leider ziemlich voller beruflicher Termine.

Und um noch einmal an das Thema zu erinnern: Vergleichbarkeit geht nur über Abstimmung der Prüfer untereinander. Der BPP als Institution verwehrt hier die Kooperation, die Prüfer untereinander sprechen sich ab. Schwarze Schafe gibt es überall.

Da oben immer wieder zum Thema gemacht wird, dass es fragwürdig sei, wenn ein Händler zum Eigenbedarf auch prüft, verweise ich nur auf Prüfer, die auch Händler sind oder Auktionatoren. Und die findet man in allen Verbänden. Geigle voran.

Viele Grüße
Carsten

Beiträge [#1] bis [#6] redaktionell ausgegliedert aus dem eher allgemeinen Thema "Prüfung von Briefmarken: Vergleichbarkeit Prüfer/Prüferverbände ?", damit unser Mitglied Carsten hier im neuen Thema seine Beispiele benennen und (auch mit Prüfern aus allen Verbänden) diskutieren kann
 
Attila Am: 11.11.2022 01:20:17 Gelesen: 1976# 7 @  
@ Carsten Burkhardt [#1]

Das Thema ist für mich sehr interessant, auch wenn ich mich noch nie mit der Problematik der Farben von SBZ-Briefmarken beschäftigt habe. Deshalb habe ich keinen Michel, der dieses Material enthält. Wenn möglich, würde ich mich freuen, diese eine oder zwei Seiten in einer E-Mail zu erhalten.

Ich verstehe das Problem nicht ganz. Wenn ich falsch liege, korrigiere mich gerne!

Wir haben wohl einen ähnlichen Fall. 1921 Westungarn I. Auflage. Hier war eine kleine Auflage (nur 200 komplette Sätze). Später oder innerhalb weniger Tage wurden Aufdrucke auf anderen Grundmarken mit den original Druckplatten gedruckt. Zuvor haben andere Prüfer diese als echt gekennzeichnet. Da die Folgedrucke ca. Ich habe 50-60% (8.000-10.000 Stück), daher kann ich die Unterschiede leicht erkennen. Leider haben wir am MBSZ kein Spektralphotometer, mit dem wir entsprechende farbmetrische Messungen durchführen können. Unsere Kenntnisse der klassischen Drucktechniken reichen jedoch aus, um dies mit Hilfe einer 10-fach Lupe zu entscheiden. (Lachen Sie mich deswegen nicht aus! :D ) Echte Stempelprüfung ist nicht unbedingt eine technische Frage, sondern vor allem eine drucktechnische.

Wenn Sie Ihre Fälle sehen, kann das Problem ähnlich sein. Ich verstehe die 4 Prüfungen nicht ganz, aber der 4. Fall mit der Benotung des gleichen Prüfers ist nicht unbedingt schlecht. Das kann schlimm sein, muss es aber nicht! Das kann ich nicht beurteilen, SBZ Briefmarken sind mir nicht bekannt.

In unserem Fall steht meine Nominierung komplett im Gegensatz zur Nominierung früherer Prüfer. Die 69 Bogen die ich habe und die anderen 2.000-3.000 Briefmarken sind meiner Meinung nach einheitlich. Es spielt keine Rolle, wer ihnen in den letzten 100 Jahren was gesagt hat. In einem solchen Fall ist also auch diese Fremdheit möglich.

viele Grüße
Attila
 
Altsax Am: 11.11.2022 09:23:42 Gelesen: 1902# 8 @  
@ Carsten Burkhardt [#6]

"Dass hier immer lediglich der BPP am Pranger steht, hat damit etwas zu tun, dass er allein für die Neukreationen und Streichungen von Varianten im Michel verantwortlich zeichnete in der Vergangenheit."

Das Problem bei den Farben - und nicht nur dort - ist doch, daß die Michel-Redaktion keine klaren Katalogisierungsregeln vorgibt, sondern alles den externen Sachbearbeitern überläßt, die sie vorzugsweise aus dem Kreis der das Gebiet vertretenden BPP-Prüfer rekrutiert.

Nach welchen Kriterien Katalogfarben gebildet werden, ist aber auch seitens des BPP nicht geregelt. So kommt es, daß der Willkür Tür und Tor geöffnet sind. Als Sachsensammler weiß ich davon ein Lied zu singen.

Grundsätzlich gibt es zwei Ansätze zur Farbdifferenzierung:

a) Die Farbwirkung (entweder auf das Auge oder auf Meßgeräte)
b) Die Berücksichtigung von (farbgebendem) Material und Drucktechnik.

Attraktiver für den Sammler ist das, was er auch sieht, also die Farbwirkung.
Aus philatelistischer Sicht weitaus interessanter ist natürlich das, was von der Druckerei beeinflußt ist, also die Farbzusammensetzung und die technischen Verhältnisse beim Druck.

Michel berücksichtigt im Vorwort die Version b) insofern als er schreibt:

"Solche Farbunterschiede werden nur dann berücksichtigt, wenn sie verschiedenen Auflagen zugeordnet werden können..."

Erkennbare Konsequenzen auf die Katalogisierung hat das allerdings nur in Ausnahmefällen. Das ist auch verständlich, weil vor allem im klassischen Bereich erhebliche Unterschiede innerhalb von Auflagen auftreten können.

Aus Sicht der Katalogherausgeber mag es sinnvoll sein, die Katalogisierung im Einklang mit dem das Sammelgebiet vertretenden BPP-Prüfer zu halten. Wenn der aber fern der aktuellen Forschung und ohne Zusammenarbeit mit der zuständigen Arbeitsgemeinschaft agiert, wird dieses Verfahren fragwürdig und u.U. für das Sammelgebiet schädlich.

Insofern hat derartige Kritik absolut nichts mit BPP-Bashing zu tun. Die Michel-Redaktion sollte den einfachen Weg der Bindung an die BPP-Püfer verlassen und die Arbeitsgemeinschaften in die Katalogisierung einbeziehen. Der erhöhte Abstimmungsaufwand wäre durch eine dadurch erreichbare Qualitätssteigerung des Kataloges mehr als gerechtfertigt.

Beste Grüße
Altsax
 
Carsten Burkhardt Am: 11.11.2022 11:50:56 Gelesen: 1839# 9 @  
Es wäre schön, wenn es so einfach wäre.

Als wir 2009 mit der Forschung fertig waren, hatte ich noch Illusionen, dass irgendjemand irgendwann einmal sachorientiert handeln würde. Leider haben sich von Jahr zu Jahr mehr Abgründe aufgetan, welche Interessen alles tangiert sind und welche Machtfrage hinter jedem Buchstaben im Michel steht.

Altsachsen mag ja noch relativ neutral sein, denke ich. Aber ein hochpolitisches Sammelgebiet wie die DDR ?

Viele Grüße
Carsten
 
drmoeller_neuss Am: 11.11.2022 12:15:57 Gelesen: 1819# 10 @  
@ Carsten Burkhardt [#9]

Solange es noch genügend Sammler gibt, die auf der Farbenwelle mitreiten, wird es Diskussionen um teure oder seltene Farben geben. Es soll sich niemand beschweren, wenn eine Farbe aus dem Katalog gestrichen wird. Man muss nicht nach Farben sammeln.

Man könnte als Prüferverband einfach sagen, "es werden keine Farben geprüft" und die ganzen Schlammschlachten wären zu Ende. Eine Prüfung muss die Echtheit einer Marke feststellen, d.h. ob und wie viel von dem Material original ist, und ob der Stempel echt ist. Mehr nicht.

Hinter den "Farbprüfungen" steht natürlich ein gutes Geschäft. "Teure Farben" rechtfertigen höhere Prüfgebühren.
 
Altsax Am: 11.11.2022 13:54:31 Gelesen: 1766# 11 @  
@ drmoeller_neuss [#10]

Ganz so einfach ist es nicht.

Natürlich profitieren die Prüfer von der Katalogisierung seltener und mit hohen Katalognotierungen versehenen Farbvarianten.

Natürlich hat das schon Katalogsachbearbeiter zur "Entdeckung" weiterer Varianten verlockt.

Grundsätzlich sind die Farben aber Gegenstand des Interesses ernsthafter Sammler, und das völlig unabhängig von deren Katalogisierung und Bewertung.

Niemand muß "nach Katalog" sammeln, aber wer nach Farben sammelt, hat die aus der Katalogisierung abgeleiteten Preise zu bezahlen, wenn er keine Lücken haben will.

Aufgabe der philatelistischen Forschung ist es, die Ursachen des Auftretens der existierenden Farbvarianten zu ergründen und vor allem die Möglichkeiten nachträglicher Veränderungen herauszufinden, seien sie nun "natürlich" entstanden (beispielsweise durch falsche Lagerung, Umwelteinflüsse oder farbverändernde Bestandteile in der Druckfarbe, dem Papier oder der Gummierung) oder manipulativ herbeigeführt.

Wer aus Papierart- und -dicke, Art der Gummierung und Zähnungsunterschieden unterschiedlich zu katalogisierende Varianten ableitet, darf vor den Farben nicht Halt machen.

Keinesfalls jedoch darf die Katalogisierung von der persönlichen Meinung und den Kenntnissen eines einzelnen Menschen abhängen, sei er nun Prüfer oder nicht. Wenn er dann noch der "Solidarität" seiner Prüfervereinigung trotz nachvollziehbarer Gegenargumente sicher sein kann, kann und muß die Kritik auch diese treffen dürfen.

Beste Grüße
Altsax
 
Carsten Burkhardt Am: 11.11.2022 16:33:26 Gelesen: 1722# 12 @  
Das zweite Beispiel (Das Ursprungsthema hieß: Vergleichbarkeit Prüfer/Prüferverbände)

DDR MiNr. 338 vb XII

Zu Erklärung für alle, die keine DDR-Spezialisten sind:

Bei Köpfe II gibt es zwei Druckereien. Die DWD (Deutsche Wertpapier-Druckerei) und die GW (Graphische Werkstätten), jeweils in Leipzig und VEB. Ende 1952 wurde der Druckauftrag der DWD weggenommen und an die GW gegeben. Die Auflagen der beiden Druckereien unterscheiden sich meist durch unterschiedliche Farben und Papiere. GW-Drucke habe ein abweichendes Druckbild.

Am Bogenrand sind sie durch einen großen Farbpunkt unter Feld 95 (DWD) bzw. das Druckereizeichen VEB Graphische ... (GW) zu erkennen. Damit lassen sich die Farben eichen.

So weit, so gut. Im Michel stehen die Drucke der DWD als a, die der GW als b. Beim 60-Pf-Wert war bis 2010 nur die Wz.-Variante XI katalogisiert. Dann fand ein Prüfer in einem großen Lot mehr als 10 Exemplare XII. Die Farbe stimmte, zur Sicherheit wurden die Kurven verglichen. Ich hatte seinerzeit auch eine Marke zum begutachten bekommen. Der Unterschied zwischen a und b ist im Kurvenverlauf sehr augenfällig. Die b-Farbe hat eim Abhang einen deutlichen Buckel, die a-Farbe nicht.

Sie wurde 2011 in den Michel aufgenommen und die ersten Zuschläge lagen um 700 bis 1000 Euro.

10 Jahre lang war Frieden.

Dann war die Notierung plötzlich nicht mehr im Michel.

Nachforschungen ergaben, dass Dr. Ruscher BPP eine Marke vorgelegt bekommen hatte, die nicht in die Farbreihe der b-Farbe passte und der BPP-Verbandsprüfstelle vorlegte. Die Marke war durch den BPP-Prüfer attestiert worden, der damals, 2010 die vielen Exemplare entdeckt hatte.

Dr. Ruscher hat noch nie eine Marke in XII gesehen, zweifelt die Existenz an. Und bekam Recht.

Ohne den Kollegen König BPP oder die Fachgruppe der ArGe DDR zu informieren, wurde die Variante kurzerhand komplett aus dem Michel entfernt.

Ich habe in den letzten Monaten Nachforschungen angestellt, größere eigene Bestände DDR 338 aufgearbeitet und die Farben weiter aufgeschlüsselt. Unter 1200 Marken fand ich keine einzige vb XII, allerdings kamen einige seltenere Kurvenverläufe hinzu, auch eine mit Buckel, aber gut zu unterscheiden von der Kurve von b. Auch mehrere Varianten von Verfärbungen konnte ich aufzeigen.

Nach meiner Auffassung ist die Variante XII in der b-Farbe aber trotzdem existent, die Messung von 2010 ist noch gespeichert und hielt einer Nachprüfung stand. Weitere Exemplare sollen mir in den nächsten Tagen vorgelegt werden.

Allerdings habe ich auch fehlerhaft als bXII bestimmte Marken vorgelegt bekommen, eine davon stammt sogar von mir. Damals hatte ich noch keine Berechtigung zur Prüfung von Köpfe II, deshalb lag nur ein Zettel daneben, kein Attest. Dabei handelte es sich um eine inzwischen als Verfärbung entlarvte Farbvariante.

Neben der Unterscheidung nach Farben (die Spektrophotometrie ist für verschiedene Prüfer ein Rotes Tuch bzw. wird aus hier nicht weiter zu erörternden Gründen abgelehnt) gibt es aber auch die Unterscheidung nach dem Druckbild. Für Verfechter dieser Theorie ist das Druckbild beider Druckereien eindeutig unterscheidbar. Druckbilder, in großen Mengen betrachtet, sind großen Schwankungen unterlegen, hängen ab von der Beschaffenheit des Striches und im Extremfall weniger zuverlässig als Kurvenbilder. Dazu ist allerdings die Forschung von meiner Seite her noch nicht abgeschlossen. Bisher ist für mich die Trennschärfe DWD/GW anhand des Druckbildes im Grenzbereich zu gering.

An der Stelle stellt sich die Frage: Was berechtigt die Verbandsprüfstelle des BPP, bei offensichtlicher Vorlage einer fehlerhaft geprüften Einzelmarke, gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Variante komplett zu streichen?

Damit entwertet sie alle Prüfungen, die irgendwann in den letzten Jahren durch Auktionen gegangen sind.

Der Prozess ist nicht zuende. Es bleibt abzuwarten, welche Reaktionen kommen, wenn die gemeinsame Verbandsprüfstelle VP/VPEX eine andere Stellungnahme veröffentlicht.

Ach ja, öffentlich. Dr. Ruscher hat mir gegenüber versichert, dass es zu der Entscheidung der BPP-Verbandsprüfstelle keine veröffentlichten Protokolle gibt.

Wie ich immer wieder betont habe, bleibe ich Optimist. Vielleicht kommt irgendwann doch einmal die Zeit, in der Fakten siegen.

Viele Grüße
Carsten
 
Altsax Am: 11.11.2022 17:28:54 Gelesen: 1700# 13 @  
@ Carsten Burkhardt [#12]

"An der Stelle stellt sich die Frage: Was berechtigt die Verbandsprüfstelle des BPP, bei offensichtlicher Vorlage einer fehlerhaft geprüften Einzelmarke, gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Variante komplett zu streichen?"

Die Frage muß grundsätzlicher gestellt werden:

Was berechtigt irgendein Gremium, noch dazu aus Nichtspezialisten bestehend, umstrittene Detailfragen eines spezifischen Sammelgebietes ohne Stellungnahmen ausgewiesener Spezialisten dieses Sammelgebietes, wie sie vor allem in den Arbeitsgemeinschaften vertreten sind, mit Gültigkeit für den Michel und damit für den breiten Markt zu entscheiden?

Oder andersherum: Wie sieht es mit der Sorgfaltspflicht eines marktbeherrschenden Katalogherausgebers aus, wenn er sich ausschließlich auf einen Gebietssachbearbeiter stützt und jedweden Änderungsvorschlag ohne eigene Prüfung unverändert an diesen Sachbearbeiter weiterleitet?

Nach meiner Überzeugung gibt es nur einen Weg zur Änderung dieses unhaltbaren Zustandes: Immer wieder sachlich und gut begründet auf entsprechende Fälle hinzuweisen und neue Erkenntnisse publizieren.

Nach meiner Beobachtung ist für viele, wenn nicht die meisten Sammelgebiete eine zunehmende Spezialisierung bei gleichzeiziger Abnahme der Anzahl von Allgemeinsammlern festzustellen. Es vermindert sich also der Bedarf an Katalogen, die für Allgemeinsammler konzipiert sind bei gleichzeitig erhöhtem Bedarf an sammelgebietsspezifischer Literatur. Früher oder später wird der Michel sein Geschäftsmodell darauf ausrichten müssen, wenn er überleben will. Das erfordert seine Orientierung am Wissen derjenigen, die aktuelle Forschung betreiben, ob sie nun Prüfer sind oder nicht.

Das Gleiche gilt für den BPP. Wenn er diejenigen seiner Mitglieder, die Forschung nicht zu ihren Aufgaben zählen, glaubt vor Vertretern anderer Ansichten schützen zu müssen, werden letztere sich anderweitig orientieren. Die Frage ist, ob diejenigen im BPP, die das sehr genau wissen, sich gegenüber den anderen auch durchsetzen wollen und können.

Beste Grüße
Altsax
 
Attila Am: 11.11.2022 22:18:57 Gelesen: 1613# 14 @  
@ Carsten Burkhardt [#12]

Schön ausführlich geschrieben. Jetzt verstehe ich die Frage etwas besser. Aber noch nicht genug.
 
Carsten Burkhardt Am: 24.11.2022 13:11:47 Gelesen: 1410# 15 @  
Hallo,

ich habe gestern drei geprüfte 338 vbXII von Jörg Schönherr VP erhalten. Die Nachmessung ergab, dass farblich alles korrekt ist. Das heißt, die Kurvenverläufe entsprechen 100%ig den zum Eichen benutzten Marken mit DZ1 und passen visuell in die erarbeiteten Farbreihen.

Scans der BPP-Atteste liefere ich im Lauf der nächsten Tage nach. Sie lagen der Sendung von Jörg bei.

Auch wenn es sich bei der einen zur Streichung vorgelegten Marke möglicherweise um eine fehlerhafte Prüfung gehandelt haben mag, liegen jetzt drei weitere Beweise für die Existenz von 338 vb XII vor.

Mithilfe dieser Beweise ist es möglich, die Verbandsprüfstellen VP/VPEX und BPP aufzufordern, ein abschließendes Urteil abzugeben.

Ich bleibe Optimist.

Viele Grüße
Carsten
 
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