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Thema: Augen auf beim Online-Briefmarken Auktionskauf – auf die AGB's achten !
Richard Am: 25.04.2023 09:45:22 Gelesen: 978# 1 @  
Augen auf beim Online-Briefmarkenauktionskauf – Worauf man in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Auktionshäusern achten sollte

Von Peter Janka, München

(pj, 10.04.2023] . Der Kauf von Briefmarken auf Auktionen wurde in den letzten Jahren durch das Internet revolutioniert. Es ist heute ein Leichtes, weltweit über die verschiedenen Auktionsplattformen oder via eigene technische Lösungen einiger Auktionshäuser live an Versteigerungen teilzunehmen. Die Filter- und Suchfunktionen auf den Auktionsplattformen erleichtern es, die gewünschten Marken aus dem großen Angebot der einzelnen Auktionsfirmen so genau wie möglich zu selektieren. Auch die Registrierung zur Teilnahme an den Versteigerungen ist einfach und meist innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen. Durch das umfangreiche Bild- oder Filmmaterial in immer besserer Auflösung ist eine eigene Besichtigung höherwertige Lose oder Sammlungen nicht mehr unbedingt nötig. Jeder Sammler kann heute ganz angenehm von zu Hause aus, die Lose am Bildschirm betrachten und seine Gebote vorab abgeben oder häufig auch online - live bei der Versteigerung mitbieten. Dieser neu gewonnenen Angebotsvielfalt stehen verschiedene Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) der Auktionshäuser gegenüber.

Obwohl die AGBs auch online verfügbar sind, werden sie nur selten gelesen. Dabei hält gerade das berühmte Kleingedruckte in den Geschäftsbedingungen Überraschungen parat, sollte es einmal zu Reklamationen über Echtheit, Qualität oder die korrekte Losbeschreibung kommen.

Die Erfahrung zeigt, lange sollte aber in keinem Fall mit einer Reklamation gewartet werden, da die Auktionshäuser häufig sehr kurze Reklamationsfristen haben. Hier sind 14 Tage die Regel, jedoch gibt es auch Versteigerer, die lediglich sieben oder 10 Tage für die Anmeldung einer Reklamation einräumen.
Hierbei ist zu beachten, dass meistens bereits mit Anzeige der Reklamation auch die entsprechenden Lose zurückgeschickt werden müssen. Das Los muss im Originalzustand und ohne jegliche Veränderungen retourniert werden; das bedeutet mit der ursprünglichen Loskarte und mit unbeschädigten Siegeln bei versiegelten Losen. Einzige Ausnahme besteht für das Anbringen von Prüfzeichen durch einen anerkannten Prüfer. Einem Käufer ist zu raten, das Los vor Rücksendung zu fotografieren, damit später der Nachweis über die korrekte Rücksendung im Originalzustand als auch über die beanstandenden Mängel geführt werden kann. Die Frist beginnt in der Regel mit Erhalt der Lose. Um einen Nachweis über die Einhaltung der Reklamationsfrist zu haben, empfiehlt es sich, die Sendungsverfolgung oder einen anderen geeigneten Eingangsnachweis aufzubewahren.

Bei wenigen Auktionshäusern beginnt die Reklamationsfrist jedoch bereits mit Beendigung der Auktion. Dies kann dazu führen, dass insbesondere bei Auktionshäusern außerhalb der EU der Zeitraum von der Rechnungsstellung, über die Zahlung, Versendung und zollamtliche Abfertigung bis zum Erhalt des Loses länger dauert als die Reklamationsfrist ist. Hierbei muss nicht unbedingt nach Übersee geschaut werden. Beispiel Schweiz: Hier sind Zeiträume von 3-4 Wochen bis zum Erhalt nicht unüblich. Ob ein solcher Fristbeginn bereits ab Auktionsende und nicht erst nach Erhalt rechtlich zulässig ist, sollte einmal juristisch geklärt werden; auch angesichts der oft langen Laufzeiten bis zum Rechnungserhalt und dem Eingang der Lieferung nach Abschluss der Auktionen kann sich der Verfasser nicht vorstellen, dass ein Abschneiden berechtigter Reklamationen ohne die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme einer AGB-Kontrolle standhalten würde. Bis dahin wird empfohlen, in solchen Fällen mit dem Auktionshaus eine längere Reklamationsfrist oder eine Frist, die erst mit dem Empfang beginnt, zu vereinbaren. Diese Ausführungen gelten für Versteigerungen, bei denen das Auktionshaus in fremden Namen und auf fremde Rechnung auftritt. Soweit das Auktionshaus in eigenem Namen und auf eigene Rechnung die Versteigerung durchführt, beträgt die Reklamationsfrist zwei Jahre, die in den AGBs lediglich auf ein Jahr verkürzt werden kann.

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen eine Reklamation ausgeschlossen ist. Nachvollziehbar ist das bei Sammlungen, Posten und Großlosen. Eine genaue Abgrenzung findet sich dazu nur selten in den AGBs. Lediglich ein Auktionshaus hat klargestellt, dass eine Reklamation bei einem Los mit mehr als einem Objekt ausgeschlossen ist. Meist lässt sich aber aus der Versteigerungsfolge oder auch aus den Überschriften der Auktionskataloge sowie der Losbeschreibung eine eindeutige Zuordnung zu Sammel- oder Einzellosen treffen. Häufig können Lose mit mehr als drei Marken wegen kleiner Fehler bzw. geringer Mängel einzelner Marken nicht reklamiert werden. Diese Einschränkung steht in vielen AGBs, jedoch fehlt es an einer Definition was ein kleiner Fehler oder geringer Mangel ist. Nicht nur bei Luxusstücken, die teilweise das Mehrfache von Prachtstücken erzielen, sind kleine Fehler bereits stark wertmindernd. Auch bei dem Erwerb von Markensätzen, deren wertvollste Einzelwerte diese Mängel aufweisen (z.B. ungebrauchte statt postfrische Stücke), kann das zu hohen Wertverlusten führen, die nicht reklamiert werden können. Diesen Reklamationsausschluss sollte jeder in seine Überlegungen bei der Auswahl der zu bietenden Lose einbeziehen. Nach Ansicht des Verfassers ist jedenfalls ein Ausschluss von erheblichen Mängeln ggf. auch juristisch problematisch.

In manchen Geschäftsbedingungen sind Einschränkungen enthalten, dass bei Untergeboten jegliche Reklamationen ausgeschlossen sind. Ein Auktionshaus hat diesen Gewährleistungsausschluss auf Untergebote sogar noch auf Gebotslose ausgeweitet. Dies bedeutet, dass mit dem Zuschlag auf der Auktion oder im Nachverkauf unterhalb des originären Ausrufpreises keine Reklamation mehr möglich wäre. Viele Auktionshäuser akzeptieren bereits bei Live Auktionen Untergebote, soweit keine regulären Gebote abgegeben wurden. Häufig wird im Nachverkauf sogar mit Preisreduzierungen von 10-20 % geworben. Im Gegensatz hierzu ist im Handel ein einseitiger Ausschluss der Gewährleistungsrechte bei reduzierter Ware nicht möglich. Ausnahme: Wenn die Ware bereits mit Mängeln angeboten wird. Bei Briefmarkenversteigerungen erfolgt regelmäßig die Zulassung von Untergeboten nicht aufgrund von Mängeln, sondern aufgrund fehlender Käufer zum ursprünglichen Ausrufpreis. Es besteht vor diesem Hintergrund zwar möglicherweise ein Zusammenhang zwischen Ausrufpreis und objektivem Wert, aber nicht zwischen Untergebot und Qualität der angebotenen Marken. Ob dieser Eintrag in den AGBs einer gerichtlichen Überprüfung standhält, ist deshalb durchaus fraglich. Jeder Käufer sollte sich genau die AGBs durchlesen, ob dieser Gewährleistungsausschluss enthalten ist und sich die Frage stellen, ob der reduzierte Kaufpreis den Verlust jeglicher Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Auktionshaus aufwiegt.

Leider werden auch auf Auktionen -trotz sorgfältiger Prüfung- Fälschungen angeboten, die beim Einlieferer bzw. beim Auktionshaus unentdeckt bleiben. Nur eine kleine Anzahl an Auktionshäuser gibt in ihren AGBs eine verlängerte Haftung von teilweise bis zu fünf Jahren für die Echtheit von Einzellosen. Lediglich ein Auktionshaus gibt sogar eine zeitlich unbegrenzte Garantie auf die Echtheit der angebotenen Briefmarken. Diese sammlerfreundliche Einstellung fehlt allerdings in der Regel. Meistens werden nur kurze Reklamationsfristen akzeptiert, so dass eine schnelle Beauftragung eines Prüfers unabdingbar ist. Nachdem bei kurzen Reklamationsfristen von sieben bis 14 Tagen es nicht ausreichend sein wird, ein Prüfungsergebnis zu erhalten, ist es in solchen Fällen zu empfehlen, beim Auktionshaus eine Verlängerung der Reklamationsfrist bis zum Erhalt des Prüfungsergebnisses zu beantragen.

Bereits auf Echtheit geprüfte Marken oder Briefe bedeuten aber nicht immer, dass sie tatsächlich echt sind, insbesondere wenn es sich um ältere Prüfungen / Atteste handelt. Die heutige Ausbildung und Ausstattung von Verbands- und Bundesprüfern hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich erweitert. Heute können Fälschungen und Verfälschungen besser entdeckt werden, als dies bei früheren Prüfergenerationen möglich war. Nicht jedes Auktionshaus veranlasst allerdings bei fälschungsgefährdeten Marken eine aktuelle Prüfung. Stattdessen werden auch wertvolle Marken und Briefe zu entsprechend hohen Preisen mit Attesten angeboten, die 20 Jahre, teilweise sogar noch viel älter sind. In einer kürzlich durchgeführten Auktion wurden Marken von Altdeutschland mit Attesten angeboten, die bis ins Jahr 1949 zurückreichten. Viele dieser Echtheitsnachweise haben natürlich auch heute noch ihre Gültigkeit. Allerdings ist die Gefahr einer Fälschung oder Verfälschung bei einem Altattest erheblich höher als bei einer aktuellen Prüfung. Dem Verfasser erreichten alleine in den letzten 12 Monaten zwei fehlerhafte Atteste von ehemaligen Bundes- und Verbandsprüfern, die durch Nachprüfungen aufgedeckt wurden. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass sich ein Attest nur auf den Zeitpunkt der Prüfung bezieht; neue Schäden durch Umwelteinflüsse oder falsche Lagerung sind dabei natürlich nicht berücksichtigt. Einige AGBs enthalten die Regelung, dass bei Abgabe eines Gebotes auf bereits von anerkannten Prüfern signierte oder attestierte Lose, die vorliegenden Prüfzeichen oder Atteste als maßgeblich anerkannt werden. Würde sich in diesem Fall das Los bei einer Nachprüfung als Fälschung herausstellen oder neue Mängel gefunden werden, wäre eine Reklamation nicht mehr möglich. Ob das auch für Prüfersignaturen, die bis in das 19. Jahrhundert zurück gehen auch gilt, wäre noch zu klären. Auch dieses Abschneiden jedes Gegenbeweises erachtet der Verfasser als AGB-rechtlich problematisch.

Viele Versteigerer sind nach ihren AGBs zudem nur bereit, eine neue Prüfung anzuerkennen, wenn bereits vor der Versteigerung dem Auktionshaus schriftlich mitgeteilt wird, dass bei einem erfolgreichen Zuschlag ein aktuelles Gutachten von einem anderen anerkannten Prüfer eingeholt werden soll. Zudem sehen vereinzelt AGBs vor, dass für eine Nachprüfung sogar zwei Gutachter beauftragt werden müssen. Einige dieser Auktionshäuser behalten sich vor, selbst den Gutachter auszuwählen. In einem Fall weigerte sich ein Auktionshaus aus dem Südwesten von Deutschland sogar das aktuelle Attest eines Verbandsprüfers mit dem Ergebnis einer Verfälschung anzuerkennen und verweist auf das bisherige 20 Jahre alte Attest eines umstrittenen und auch nicht mehr aktiven Verbandsprüfers. Ein Bieter, der wertvolle Marken ersteigern will und das vorhandene Prüfungsergebnis als nicht ausreichend erachtet, sollte deshalb frühzeitig die AGBs dahingehend prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Gebot unter Vorbehalt der Nachprüfung abgegeben werden kann. Zugleich sollte der Auktionator die Beauftragung des Prüfers vornehmen. Dieses Vorgehen spart erfahrungsgemäß Zeit und vermeidet Konflikte mit den Reklamationsfristen sowie bei der Prüferauswahl. Auch wären bei einem Versand an den Verbandsprüfer durch das Auktionshaus die Briefmarken versichert, da die Auktionshäuser eine zusätzliche Versicherung für Briefmarken abgeschlossen haben. Deutsche Versender, wie die Deutsche Post schließen eine Haftung für Schäden und Verlust bei Briefmarken in ihren AGBs aus. Die Kosten für die Nachprüfung sind gemäß den meisten AGBs vom Käufer zu tragen, auch wenn die Prüfung als Ergebnis eine Fälschung feststellt. Nur wenige Auktionshäuser übernehmen in diesem Fall die Prüfkosten. In den letzten beiden Monaten wurden vom Verfasser zwei Lose unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erworben. Einmal ein Brief von Lombardei-Venetien mit einem einwandfreien Prüfungsresultat lt. Prüfungsattest von Enzo Diena aus dem Jahr 1994. Die Nachprüfung erbrachte, dass die Marke auf dem Brief repariert war. Bei der zweiten Nachprüfung handelte es sich um eine Marke vom Deutschen Reich mit der Beschreibung „tadellos ungebraucht, ** wirkend, tiefst geprüft Bühler“. Die Nachprüfung erbrachte das Resultat, dass die Marke nachgummiert war. Es zeigt sich, wie notwendig eine Nachprüfung bei Zweifeln sein kann. Beide Auktionshäuser haben die Lose anstandslos zurückgenommen und kulanterweise auch die Prüfungskosten übernommen.

Die Reklamation von Mängeln ist durchaus anspruchsvoll. Hier wird auf die Ausführungen zu Reklamationen bei Fälschungen verwiesen und auf die nachfolgenden besonderen Einschränkungen aufmerksam gemacht. Fehler, die bereits aus den bereitgestellten Abbildungen des Auktionshauses erkennbar sind (Schnitt, Zähnung, Stempel, Zentrierung oder Verfärbungen), können nicht zum Gegenstand einer Reklamation gemacht werden. Hat eine Marke einen beschriebenen Fehler, ist eine Reklamation wegen weiterer Mängel nach den meisten AGBs ausgeschlossen. Für eine fehlerhafte Beschreibung des Loses wird häufig keine Haftung übernommen. Stellt der Stempel den wesentlichen Wert dar, können Mängel an der Marke nicht reklamiert werden. Alleine diese Reklamationseinschränkungen in diversen AGBs erfordern eine sehr sorgfältige Besichtigung und Überprüfung der angebotenen Lose. Viele Auktionshäuser bieten auf Anfrage weitere Bilder oder Scans von den Losen an. Wenn die vorliegenden Abbildungen noch Fragen offenlassen, sollte dieses Angebot jedenfalls bei höherwertigen Stücken unbedingt genutzt werden.

Bei berechtigter Reklamation gibt es in den AGBs Unterschiede, in welcher Höhe und mit wem die Rückabwicklung des Kaufes vorgenommen wird. In der Regel erstatten die Auktionshäuser den Zuschlagspreis und die Provision. Versand- und Prüfungskosten gehen meist zu Lasten des Käufers. Teilweise behält sich der Versteigerer vor, lediglich die Provision zurückzuzahlen und den Käufer mit seiner Reklamation an den Einlieferer zu verweisen. Hier kann sich jeder Bieter die Konsequenzen vorstellen, die eine Auseinandersetzung, z.B. mit einem Einlieferer mit Wohnsitz im Ausland, haben wird. Völlig unklar ist in solchen Fällen, ob überhaupt ein Rechtsverhältnis zum Einlieferer besteht, auf dessen Grundlage Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Ein Einklagen von Mängeln im Ausland ist im Regelfall mit so hohem Aufwand und Hürden verbunden, dass die Geltendmachung nur bei hohen Zuschlagpreisen überhaupt im relativen Verhältnis zur Erfolgswahrscheinlichkeit steht. Der Verfasser plädiert unbedingt dafür, dass die Abwicklung solcher Fälle über den Auktionator läuft, der den direkten Zugriff auf den Einlieferer hat.

Die AGBs der Auktionshäuser beinhalten große Unterschiede hinsichtlich der Reklamationsmöglichkeiten. Während das eine Haus großzügige Reklamationsfristen und einfache Rückabwicklung anbietet, kann dies beim nächsten Versteigerer ganz anders in seinen AGBs geregelt sein. Jeder Bieter sollte sich daher vor der Abgabe seiner Gebote mit den AGBs vertraut machen, um später, negative Überraschungen zu vermeiden. Sehr zu empfehlen wäre, vor der Auktion alle Unklarheiten mit dem Versteigerer zu klären, z.B. mit Anfragen zu zusätzlichen Bildern oder über ein Gebot mit dem Vorbehalt der Nachprüfung. Den Auktionshäusern wird empfohlen, regelmäßig ihre AGBs auf Rechtssicherheit zu überprüfen und kulanterweise auch Reklamationen zuzulassen, die formal nicht mit ihren AGBs übereinstimmen.

Peter Janka
München, den 10.04.2023
 
bovi11 Am: 25.04.2023 12:46:02 Gelesen: 920# 2 @  
@ Richard [#1]

Die meisten der in den oben dargestellten Schilderungen beschriebenen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, soweit sie Verbraucherrechte über die gesetzlichen Rechte hinaus einschränken. Das gilt jedenfalls für Auktionshäuser in Deutschland und meist auch in der Europäischen Union. Bei Drittländern mag das anders sein.

"Dabei hält gerade das berühmte Kleingedruckte in den Geschäftsbedingungen Überraschungen parat, sollte es einmal zu Reklamationen über Echtheit, Qualität oder die korrekte Losbeschreibung kommen."

Das nennt man dann überraschende Klauseln i.S. der Bestimmungen des § 305c BGB. Solche sind per se unwirksam.
 
drmoeller_neuss Am: 25.04.2023 16:22:08 Gelesen: 843# 3 @  
Die Überschrift "Online-Briefmarkenauktionskauf" ist sehr allgemein gehalten. Es gibt "Auktionen", bei denen die Lose nach Zeitablauf an den Höchstbietenden verkauft werden (zum Beispiel ebay, aber auch einige von Auktionshäusern durchgeführte Auktionen mit Gebotslosen) und klassische Auktionen, bei denen das Publikum nicht nur im Saal, sondern auch auch über die klassischen "Telemedien" wie Telefon, Internet oder schriftlich teilnehmen können. Bei klassischen Auktionen erteilt der Auktionator den Zuschlag, es handelt sich um eine klassische Versteigerung nach § 156 BGB. Für den Verbraucher ergeben sich unterschiedliche Rechte.

Die allermeisten Sammellose werden so beschrieben, dass ein Sachmangel eigentlich ausgeschlossen ist. "Nachlass Deutschland in zwei Umzugskartons" sagt gar nichts. Reklamieren kann man nur, wenn stattdessen 10 Alben mit bunten Bildchen aus Scheichtümern und Äquatorial-Guinea geliefert werden oder nur Ziegelsteine im Paket sind. Beschreibungen wie "Fast komplett" oder "unterschiedlich erhalten" lassen viel Interpretationsspielraum, wieviele Fälschungen und nachgummierte Marken in Sammlungen enthalten sein dürfen.

Auch viele Einzellose werden gerne schwammig formuliert. "Die Stempel sehen gut aus", sagt nichts über die Echtheit der Stempelabdrücke aus. "Nach unserer Meinung echt" heisst eben, dass es auch andere Meinungen geben kann, und insbesondere ein Prüfer zu einem anderen Ergebnis kommen kann.

Im übrigen kennt das Kaufrecht keine Ausnahmen bei Sammlungen, Posten und Großlosen. Die Einrede, der Käufer könnte Marken vertauscht haben und man könne das bei einer Rückgabe nicht kontrollieren, zählt nicht. Im übrigen müssen Online-Verkäufer damit leben, dass der Verbraucher sich auf das Fernabsatzrecht beruft und Posten ohne Angaben von Gründen zurückgibt.

Weiter fällt mir auf, dass die allermeisten Auktionshäuser für den Nachverkauf das Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht grundsätzlich ausschliessen. Das geht in Ordnung, wenn Rücklose nur nach persönlicher Besichtigung abgeholt werden können. Das ist kein Fernabsatz.

Auktionshäuser wie Rauhut legen aber der Rücklosliste eine Bestellkarte bei, mit der Rücklose ohne Besichtigung direkt zum Ausrufspreis bestellt werden können.

Der Nachverkauf ist in der Versteigerungsordnung (VO) vor gut zwanzig Jahren gestrichen worden, solche Verkäufe ausserhalb einer Auktion, zu denen natürlich ein Auktionshaus berechtigt ist, fallen dann unter das Fernabsatzrecht.

Das gleiche gilt für reine Online-Auktionen ohne Saalbeteiligung. Immer mehr Auktionshäuser gehen diesen Weg. Die Ausnahmeklausel des Fernabsatzrechtes nach § 312 Abs. 2 Satz 12 dürfte nicht greifen, wenn der Auktionator die Auktion über den Computer laufen lässt und eine persönliche Teilnahme des Bieters gar nicht vorgesehen und möglich ist.

Alle Auktionatoren, die ihre Auktionen klassisch im Saal durchführen, haben mit Online-Bietern keine Probleme, wenn der Bieter die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme gehabt hätte und nur aus Bequemlichkeit von zu Hause bietet.

Die meisten Auktionshäuser sind Mitglieder des Händlerverbandes APHV. Der Händlerverband ist gut beraten, dass seine eigenen Mitglieder hinsichtlich der AGBs "sauber" sind, wenn er weiterhin erfolgreich schwarze Schafe abmahnen möchte.
 
Droenix Am: 25.04.2023 16:43:53 Gelesen: 830# 4 @  
@ drmoeller_neuss [#3]

"Auch viele Einzellose werden gerne schwammig formuliert."

Aber genau da passieren sehr viele Missverständnisse. Ein Beispiel: In der letzten Zeit wurden einige Einzellose von Bayern mit Bleisulfidschäden angeboten. Auf dem Foto für Kenner sofort erkennbar, für Laien eher nicht. Im Text wird darauf nicht eingegangen, sondern auf das 20 Jahre alte einwandfreie Attest hingewiesen, das eine Marke ohne diesen Schaden zeigt. In den AGBs wird dann formuliert: "Bei fotografierten Marken ist für Rand, Zähnung, Zentrierung, Stempel usw. die Abbildung maßgebend." Damit ist der irreführende Verweis nicht ausschlaggebend bei einer Reklamation, denn der Bieter hätte sich das Foto genauer ansehen müssen. Eine Reklamation wird dann möglicherweise ins Leere laufen.
 
TeeKay Am: 09.06.2023 23:13:38 Gelesen: 562# 5 @  
AGBs sind das eine, wie die Auktionatoren damit umgehen, das andere.

Auktionator 1 schickt mir eine Rechnung. Ich kriege viele Rechnungen von Auktionen. War kein großer Betrag. Also erstmal überwiesen. Angekommen ist dann ein Los, auf das ich definitiv nicht bot aus einem Gebiet, das ich nicht sammle. Die Rechnung war bereits falsch. Eindeutig Auktionatorenfehler. Doch statt mir die Kosten der Rücksendung zu erstatten, wurde nur der Rechnungsbetrag erstattet. Bei Auktionator 1 gehe ich davon aus, dass die AGB stets zum eigenen Gunsten und Ungunsten des Kunden ausgelegt werden. Wenn dort nicht etwas absolut einmaliges angeboten wird, biete ich dort eher nicht.

Auktionator 2 scannt Beleg sehr hoch auflösend, beschreibt es aber falsch. Ich biete spontan während der Live Auktion nach Beschreibung. Bezahle, kriege das Los und stelle den Fehler der Beschreibung fest. Laut AGB kein Reklamationsgrund, da Fehler aus der Abbildung eindeutig hervor ging und die Beschreibung keine zugesicherte Eigenschaft war. Vermutlich habe ich sogar nach Ablauf der Reklamationsfrist reklamiert. Trotzdem wurde mir der Kaufpreis anstandslos erstattet. Bei Auktionator 2 gehe ich davon aus, dass die AGB eher zugunsten des Kunden ausgelegt werden. Hier biete ich sehr gern.

Im Übrigen sind Auktionen nicht mit normalen Fernabsatzgeschäften gleichzusetzen. Wie drmoeller_neuss schon sagte, finden diverse im Fernabsatz gültige Regeln bei Auktionen keine Anwendung. Der Kunde ist bei Auktionen teils deutlich schlechter gestellt.
 
bovi11 Am: 10.06.2023 07:43:14 Gelesen: 506# 6 @  
@ TeeKay [#5]

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist bei irreführenden oder mehrdeutig formulierten Geschäftsbedingungen immer von der verbraucherunfreundlichsten Auslegung auszugehen.

Das heißt, sie fallen dem Verwender einer solchen Klausel auf die Füße.

https://dejure.org/gesetze/BGB/305c.html

§ 305c

Überraschende und mehrdeutige Klauseln

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

 
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