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Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
Das Thema hat 274 Beiträge:
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volkimal Am: 26.05.2019 11:55:13 Gelesen: 147167# 225 @  
Hallo zusammen,

am 14.02.1919 schickte Victor John diesen Ostergruß an seine Schwester in Berlin.



Man sieht, dass ein Paket mit Ostereiern zerbrochen ist und die Ratten sich über den Inhalt hermachen. Einer der deutschen Gefangenen zeigt das Malheur dem japanischen Bewacher – erkennbar an der Armbinde.



Am selben Tag gab Victor auch noch eine Karte an seine Eltern auf - der Vater hieß ebenfalls Victor. Wie man an dem Motiv der Postkarte sieht, sitzen die Insassen des Lagers auf den gepackten Koffern und warten nur darauf entlassen zu werden.

Es hat aber noch 5 ½ Monate gedauert, bis das Schiff mit 944 Heimkehrern am 30.07.1919 von Kobe aus in See stach. Während der Fahrt gab die mitgereiste Druckerei 6 Bordzeitungen heraus. Am 24. Februar traf die Hofuku Maru (= Reichtum und Glück) schließlich in Wilhelmshaven ein.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 04.06.2019 13:18:46 Gelesen: 146441# 226 @  
Hallo zusammen,

es folgen noch ein paar nichtphilatelistische Erinnerungsstücke an Victor John:



Am 26. Februar 1920 wird Victor John in Wilhelmshaven aus dem Militärdienst entlassen. Am 4. März meldet er sich in Berlin. Vom Hilfsausschuss für die Kriegsgefangenenheimkehrer erhält er am 23. März 300 Mark bar ausgezahlt. Schließlich heißt es am 3. April aus Berlin-Schöneberg „Anmeldung hat erfolgt“.



Am 16. September 1920 wird dem Seesoldaten im III Seebataillon in Tsingtau Victor John schließlich noch das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen.

Trude John erzählte weiter:

Bald war Victor in Berlin bei den Seinen; das ganze Haus in der Innsbruckerstraße hatte geflaggt. Unterwegs predigte Victor John seinen Kameraden immer: Die deutschen Mädels gefallen uns bestimmt sehr gut - fallt bloß nicht auf die erste Beste rein. Dennoch war Victor der erste der Heimkehrer, der verlobt war.

14 Tage nach der Rückkehr von Victor John heiratete in Berlin meine Cousine Anneliese John, eine der 4 bildhübschen Töchter des Malers Eugen John, der die jüngste Schwester meines Vaters zur Frau hatte. (Ein paar Generationen vorher hatte es schon einmal eine Hochzeit Stein/John gegeben.) Der Polterabend wurde groß am Sonnabend, den 18.3.20, in der geräumigen Atelierwohnung meines Onkels gefeiert. Jeder musste etwas zu Essen mitbringen, denn Lebensmittel gab es noch nicht ausreichend. Aber wir waren glücklich, dass der Krieg beendet war und feierten fröhlich. Ich war mit meiner Mutter dabei (mein Vater war verreist) und Victor mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern.

Die Hochzeit fand am Montag, den 20.3. statt, in kleinerem Kreise. Dazu war ich eingeladen, Victor und ein paar Freunde und Verwandte. Aber o Schreck! Am 20.3. fand der Kapp-Putsch statt, und nach Berlin fuhren keine Züge. Ich war verzweifelt, zu gerne wollte ich doch die Hochzeit mitfeiern. Da kam mir der rettende Gedanke: Mein kürzlich neubereiftes Fahrrad. Schließlich willigte meine Mutter ein, und ich radelte in Begleitung eines Angestellten von uns hurtig nach Berlin und kam sogar noch rechtzeitig zu der Haustrauung.

Noch auf der Hochzeit haben wir uns verlobt. (22 Wochen nach der Rückkehr Victors aus der Gefangenschaft bzw. 3 Tage nachdem wir uns kennengelernt hatten.) Wir haben eine so harmonische und glückliche Ehe in guten und in schweren Zeiten geführt, dass ich meinem Schicksal nur dankbar sein kann.




Nach der Hochzeit hat Victor John für seine Frau ein Album zusammengestellt: „Erinnerungen an unsere Hochzeitsfeier am 16. Oktober 1920“. Es ist unwahrscheinlich sauber geschrieben und zum Teil farbig illustriert. Victor und Trude John hatten zwei Kinder. 1921 kam die Tochter Ingeborg, genannt Inge, zur Welt, Drei Jahre später folgte der Sohn Lothar.

Soweit die Geschichte von Victor John.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 12.07.2019 20:08:22 Gelesen: 144375# 227 @  
Hallo zusammen,

mit dem letzten Beitrag habe ich die Geschichte von Victor John und die Kriegsgefangenschaft in Japan beendet. Da ich gerade in Ostasien war, werde ich auch in den nächsten Beiträgen überwiegend in Ostasien bleiben.

Walter Dübgen, der Schwager meiner Großeltern

Walther Dübgen ist am 26.03.1890 in Hamburg geboren. Er besuchte die Vorschule in Hamburg-Eilbeck und das Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek. Nach dem Abschluss der Schule mit dem „Einjährigen“ („Mittlere Reife“) absolvierte er eine Lehre bei einer Hamburger Schifffahrtsfirma.



Er fand eine Anstellung bei der Ostasienfirma Hugo C.A. Fromm, in der auch sein Bruder Adolf arbeitete. Von 1903 bis 1913 war er für die Firma in Hongkong tätig. Aus dieser Zeit stammt dieser Brief an seine Mutter, den er am 12. August 1910 in Victoria (Hongkong) aufgegeben hat.

Er scheint häufig nach Hause geschrieben zu haben, denn er hat sich dazu Briefumschläge mit der Anschrift drucken lassen. Im eingedruckten Absender stehen die chinesischen Zeichen 富林洋行. Die beiden letzten Zeichen bedeuten "ausländische Firma". Welchen Sinn die beiden ersten Zeichen haben ist mir bisher nicht bekannt.

Ab 1913 arbeitete Walther Dübgen wieder in der Hamburger Stammfirma. Die Firma Hugo C.A. Fromm, Glockengießerwall 18 in Hamburg war eine Import/Export-Firma. Nach China wurden Maschinen, Textilwaren und Chemikalien exportiert. Im Gegenzug wurden Häute, Matte, Öle, Tee und Landesprodukte nach Deutschland importiert.

Soviel fürs Erste, viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 21.07.2019 10:16:07 Gelesen: 143802# 228 @  
Hallo zusammen,

es geht weiter mit Walther Dübgen:

Im Februar 1915 wurde er zum Ersatzbataillon des Infanterie-Regiments 76 in Bremen eingezogen. Bis 1918 war er überwiegend an der Westfront eingesetzt. Ernennung zum Leutnant. Vom September 1918 bis zum Oktober 1919 war Walther Dübgen in englischer Kriegsgefangenschaft.



Ende 1919 fand er eine Anstellung bei der großen Hamburger Japan-Export-Firma Simon Evers u. Co. Dort wurde er 1920 zum Prokuristen ernannt. Am 21.12.1920 heirate er in Gramzow Kläre Hentschel, die Schwester meiner Großmutter. Diese Ansichtskarte von dem Schnelldampfer Europa schickten Walther und Kläre Dübgen an meine Großmutter.



Walther benutzte dabei eine Briefmarke mit einer Lochung seiner Firma. SECO = Simon Evers u. Co.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 31.07.2019 17:04:12 Gelesen: 143154# 229 @  
Hallo zusammen,

Kläre und Walter Dübgen hatten zwei Kinder, Heinz (* 1922) und Christa (* 1923). Aus der Sammlung von Christa Dübgen stammen diese Belege.



Diese Postkarte an ihre Eltern schrieb Christa am 12.05.1956. Sie besuchte gerade das UN-Gebäude. Sie schreibt: „Liebe Eltern! Zuvor habe ich gerade erst einen Brief an Euch abgeschickt, möchte Euch aber doch noch einen direkten Gruß von den U.N.-Gebäuden senden, die ich gerade besichtigte. Das war sehr interessant. Ich sitze hier im Postamt der UN, dessen Marken nur direkt von hier aus gültig sind. Später möchte ich ja gerne mal einer Versammlung beiwohnen, wofür man Karten bekommen kann. Auf den Zuhörerplätzen ist jeweils ein Kopfhörer, wo man auf Englisch, Französ., Spanisch, Chinesisch und Russisch einstellen kann…“



Die Karte trägt einen Maschinenstempel der Vereinten Nationen vom 14.05.1956.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 08.08.2019 10:05:03 Gelesen: 142574# 230 @  
Hallo zusammen,

es geht weiter mit Walther Dübgen:



Neben kleineren Geschäftsreisen führte ihn 1934/35 eine Firmenreise im Auftrag der Hamburger Japan-Export-Firma Simon Evers u. Co. nach Japan und rund um die Welt. Von der Reise stammt dieser Geburtstagsglückwunsch, den er an seine Tante Cläre Pfeiffer geschickt hat. Leider ist der Stempel nicht klar genug um den Aufgabeort zu erkennen. Die Ansichtskarte kommt aus Nikko, einer kleinen Stadt in den Bergen nördlich von Tokio.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 16.08.2019 12:58:10 Gelesen: 142125# 231 @  
Hallo zusammen,

diese großformatige Drucksache mit einer netten Buntfrankatur schickte Walter Dübgen am 08.09.1934 an meinen Großvater. Leider wurde sie mehrfach geknickt.

Oberhalb des eingedruckten Firmenabsenders hat Walther Dübgen einen Gummistempel mit seinem Namen abgeschlagen. Der Gummistempel unten links bedeutet Deutschland.



An der Zahl "34" auf der rechten Seite ist eindeutig zu erkennen, dass es die Jahreszahl sein muss. Wenn die Jahreszahl rechts steht ist das Datum nach unserem Kalender. Der Stempel ist also vom 08.09.1934 AD = 08.09. Showa 9 nach dem japanischen Gengō-System.

Das Porto von 6 Sen passt von 1925 bis 1937 zu einer Auslandsdrucksache mit einem Gewicht bis 150 g.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 22.08.2019 13:50:30 Gelesen: 141658# 232 @  
Hallo zusammen,

während des 2. Weltkrieges wurde Walther Dübgen im Juli 1940 zur deutschen Wehrmacht einberufen und war in Nienburg/Weser bei der Organisation für die französischen Kriegsgefangenen tätig. Dementsprechend haben die beiden folgenden Karten an Walther Dübgen die Anschrift Nienburg/Weser Oflag XB.

Für die Unterbringung von Kriegsgefangenen baute die Wehrmacht im gesamten damaligen Reichsgebiet zahlreiche Gefangenenlager auf. Die beiden hauptsächlichen Lagertypen waren Mannschaftsstammlager (Stalag) und Offizierslager (Oflag). Im norddeutschen Wehrkreis X, Sitz in Hamburg, sind drei Oflag eingerichtet worden: Oflag X A in Sandbostel, X B in Nienburg und X C in Lübeck.





Diese beiden grünen Eilnachrichtkarten hat Kläre Dübgen zusammen mit ihrer Tochter Christa 1944 aus Hamburg an ihren Mann geschickt. Eilnachrichtenkarten dienten dazu, Angehörigen nach Bombenangriffen schnell zu unterrichten. Voraussetzung für die portofreie Beförderung war es, dass der Ort im Wehrmachtsbericht genannt wurde. In der Regel erhielten sie keine Abstempelungen, da sie unmittelbar den Bahnposten zugeführt werden sollten.
Die Eilnachrichtenkarte mit grüner Umrandung und Beschriftung konnte nur an Soldaten, die in der Anschrift eine Feldpostnummer hatten, verschickt werden. Bei einigen Karten fehlt die grüne Umrandung auf der Mitteilungsseite. Die parteiamtliche Beglaubigung in dem auf der Anschriftenseite dafür vorgesehenem Feld war erforderlich, damit der Soldat Bombenurlaub beantragen konnte.

Walther Dübgen kehrte nach Kriegsende nach Hamburg zurück und nahm bei Simon Evers die Arbeit wieder auf. Die Firma war nach Ausbombung im Wiederaufbau. Erst mit dem späteren allgemeinen Wirtschaftsaufschwung begann auch hier ein neuerlicher Aufstieg der Firma.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 31.08.2019 13:53:09 Gelesen: 140766# 233 @  
Hallo zusammen,

am 9. August 1954 war ein kleines Familientreffen bei Dübgens in Hamburg. Diese Karte schickten Kläre und Walther Dübgen zusammen mit vier anderen Verwandten an meine Großeltern.



Großmutter hat später auf der Karte notiert „Bitte Datum ansehen. Karte hat Vater nicht mehr erreicht“. Großvater ist am 09.08.1954 gestorben. Genau an dem Tag haben die Karte geschrieben wurde.



Diese Karte aus Japan ging an Walther Dübgen bei der Firma Simon Evers u. Co. Die Karte wurde am 07.11.1960 in Shinagawa, einem der 23 Bezirke von Tokio aufgegeben. Vermutlich ist die Karte überfrankiert.

Wann man das Datum mit seinem Geburtsdatum 26.03.1890 vergleicht, so sieht man, dass Walther Dübgen schon über 70 Jahre alt war immer noch für die Firma arbeitete. Und das obwohl er unter beginnender Parkinson-Krankheit litt.

Viele Grüße
Volkmar
 
Baber Am: 01.09.2019 17:00:21 Gelesen: 140730# 234 @  
@ fogerty [#219]

Hallo Ivo,

in Kriegszeiten vertraut man niemandem auch nicht den sog. Verbündeten.

Der Nachrichtenverkehr wurde am 9. April 1940 in der „Verordnung über den Nachrichtenverkehr“ neu geregelt. Auszug der wichtigen Bestimmungen: „§ 1 Als Nachrichtenverkehr im Sinne dieser Verordnung ist u. a. anzusehen: Briefe, Drucksachen, Warenproben, Geschäftspapiere, Mischsendungen, Zeitungen, Maternbriefe, Postanweisungen, Briefe vom und zum Postscheckamt, Päckchen und Paketsendungen; der Brieftaubenverkehr. § 2 Der unmittelbare und mittelbare Nachrichtenverkehr mit dem feindlichen Ausland ist verboten. § 5 Der Nachrichtenverkehr mit dem nichtfeindlichen Ausland ist grundsätzlich zulässig. Es dürfen jedoch keine Nachrichten über die militärische, wirtschaftliche oder politische Lage übermittelt werden und keine Ansichtspostkarten, Blindenschrift, Sachaufgaben, Kreuzwort- und andere Rätsel sowie gefütterte Umschläge verschickt werden. Inlandsnachrichtenverkehr § 9 Der Inlandsnachrichtenverkehr kann aus Gründen der Kriegsführung durch das Oberkommando der Wehrmacht Beschränkungen oder Auflagen unterworfen werden. § 11 Der Nachrichtenverkehr des Deutschen Roten Kreuzes sowie der Kriegsgefangenen und Internierten ist durch besondere Bestimmung geregelt.“

Deine Postkarte war wohl in einem Brief, da sie keine Marke trägt. Warum ist sie aber in Vilshofen in Bayern gestempelt?

Fettdruck hervorgehoben von mir.

Gruß
Bernd
 
volkimal Am: 14.09.2019 15:47:41 Gelesen: 139703# 235 @  
Hallo zusammen,

auch nachdem Walther Dübgen aus der Firma Simon Evers u. Co. ausgeschieden ist, hatte er noch Kontakt nach Japan.





Der Brief an ihn wurde am 18.12.1961 in Tokio aufgegeben. Die Postkarte wurde am 17.05.1964 geschrieben und kam ebenfalls aus Tokio.

Am 9. Juni 1965 ist Walther Dübgen im Alter von 75 Jahren in Hamburg gestorben.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 21.09.2019 13:28:51 Gelesen: 139319# 236 @  
Hallo zusammen,

wie schon geschrieben hatten Walther und Kläre Dübgen zwei Kinder, Heinz (* 1922) und Christa (* 1923).



Heinz ist verheiratet und hat fünf Kinder. Die Tochter Almuth wohnt mit ihrem Mann in den USA. Heinz ist daher öfter in den USA um sie zu besuchen. Im Jahr 2000 hielt er sich mehrere Monate in den USA auf oder er war zweimal dort. Am 22.06.2000 schreibt er an seine Schwester: "Liebe Christa, nun habe ich den westlichsten Punkt meiner Tour erreicht. ..." Die Ansichtskarte vom Grand Canyon hat er in Terrebonne, einem kleinen Ort in Oregon aufgegeben.



Drei Monate später, am 25.09.2000 schickt er diesen Glückwunsch zum 77. Geburtstag aus Jackson (Mississippi) an Christa. Auf der Karte schreibt er u.a. "Wie steht’s mit der neuen Wohnung?" Christa will in die Senioren-Wohnanlage Feddersen Stiftung umziehen. Die Ansichtskarte stammt aus Bloomfield (Ohio). Er hat sie aber erst in Natchez (Mississippi) geschrieben und in Jackson (Mississippi) aufgegeben. Er scheint weiterhin viel unterwegs gewesen zu sein.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 03.10.2019 11:41:38 Gelesen: 138676# 237 @  
Hallo zusammen,

wie ich im letzen Beitrag schrieb, wollte Christa Dübgen in die Senioren-Wohnanlage Feddersen Stiftung umziehen.





Diese beiden Briefe aus Neuseeland gehen an die neue Adresse von Christa Dübgen. Die Absenderin wohnte in Hamilton im Waikato-Distrikt. Beide Briefe kommen aus dem Jahr 2001.

Im Jahr 2002 ist Christa Dübgen in Hamburg gestorben.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 12.10.2019 12:59:20 Gelesen: 137464# 238 @  
Hallo zusammen,

Almuth Dübgen hat den Amerikaner Geoffrey K. geheiratet und ist mit ihm nach Amerika gegangen. Diese Postkarte schickte sie aus Madison (Wisconsin) an ihre Tante Christa Dübgen. Leider ist die Karte nicht gestempelt.



Auf der Rückseite der Karte heißt es: „Hear ye, hear ye! Almuth Koby becomes U.S. citizen!“ Almuth bekommt also die amerikanische Staatsangehörigkeit. Die entsprechende Zeremonie ist am 14. Juni 1990 im Bezirksgericht von Madison.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 20.10.2019 09:58:01 Gelesen: 135872# 239 @  
Hallo zusammen,

der Mann von Almuth unterrichtet Germanistik an der Universität und hat mehrmals seinen Arbeitsplatz gewechselt.



Mit dieser Postkarte vom 22. Juli 1991 gibt die Familie ihren Umzug von Madison (Wisconsin) nach Lexington (Kentucky) bekannt.



Etwa ein Jahr später wechselt er erneut die Universität. Von Lexington (Kentucky) geht es nach Ann Arbor (Michigan). Auf dieser Postkarte heißt es „XXX will be teaching at the University of Michigan“. Die Mitteilung mit der Anschriftenänderung ist vom 13.06.1992.

Die „University of Michigan“ ist eine der renommiertesten Universitäten der Welt und die älteste Hochschule des US-Bundesstaates Michigan. Sie wurde 1817 in Detroit gegründet und zog 1841 nach Ann Arbor um.



Unterhalb der Briefmarke ist der Tintenstrahl-Text: "Kentucky bicentennial 1792 – 1992 Lexington, Ky 405 #1 06/13/92". Dieser bezieht sich darauf, dass Kentucky 1792 als 15. Staat den Vereinigten Staaten beigetreten ist. Im Jahr 1992 erschien auch eine entsprechende Briefmarke.

Normalerweise sind diese einzeiligen Tintenstrahler aus den 1990ern als "Bearbeitungsbestätigungs-/Kontrollaufdrucke" der OCR-Leseeinheiten. Es war aber nicht unüblich, dass für besondere Anlässe ein zusätzlicher Text eingefügt wurde. [1]

Viele Grüße
Volkmar

[1] Beiträge 80 bis 82: https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ME=207355#M80
 
volkimal Am: 27.10.2019 20:18:58 Gelesen: 135415# 240 @  
Hallo zusammen,

dieser Brief an Christa Dübgen von Almuth ist vom 16.11.1994.



Inzwischen ist die Familie schon wieder umgezogen. Sie lebt jetzt in Kent (Ohio). Ihr Mann arbeitet jetzt an der Kent State University. Obwohl es auch in Kent (Ohio) ein Postamt gibt, tragen alle Briefe von Almuth einen Stempel des Postamtes Akron (Ohio), so auch dieser Brief an Christa vom 06.04.2002.



Während der Brief vom 1994 noch an die Adresse Winterhuder Kai geht, tragen die beiden anderen Briefe an die Adresse der Senioren-Wohnanlage Feddersen Stiftung, in der Christa seit Ende 2000 lebt.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 09.11.2019 12:03:30 Gelesen: 134655# 241 @  
Hallo zusammen,

Almuth und ihr Mann haben drei Kinder: Sarah, Peter und Elisabeth. Diesen Brief schickt die 9-jährige Elisabeth am 22.05.2000 an ihre Großtante Christa Dübgen.





Auf der Rückseite ist ein Tintenstrahl-Aufdruck mit einem Datum und einer 8-stelligen Nummer. Dieser Aufdruck dürfte aus Großbritannien stammen. Dort kommen diese Pfeile bei normalen Tintenstrahl-Entwertungen britischer Briefzentren vor, inklusive des Datumsformats und der 8-stelligen Nummer. Zum Vergleich ein Beispiel vom Swindon Mail Centre.

Hiermit schließe ich das Kapitel über die Familie Dübgen ab. Mal sehen wen ich als nächstes vorstellen werde.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 23.02.2020 17:11:53 Gelesen: 126975# 242 @  
Hallo zusammen,

meine Urgroßeltern Ferdinand Werdermann und seine Frau Hedwig geb. Hecker habe ich schon in den Beiträgen [#27] bis [#48] vorgestellt.

Urgroßvater hatte 4 Geschwister. Von seinen jüngsten Bruder sind auch noch einige wenige Belege erhalten geblieben. Diese Postkarte schickte Urgroßvater an seinen Sohn Hermann (mein Großvater). Urgroßvater war gerade in Hamburg und wollte seinen jüngsten Bruder Wilhelm und dessen Frau Marie besuchen.



Urgroßvater schreibt am 11.06.1897:

Beinahe hätte ich bei all dem vielen Schönen, das ich hier zu sehen bekomme Deinen Geburtstag vergessen. Ich Denke, diese Karte wirst Du morgen noch bekommen.

Onkel Willy läßt uns lange warten. Er sitzt mit seinem Dampfer in Brunshausen. Wir haben heute Nachmittag wieder stundenlang nach ihm ausgeschaut an der Elbe. Wenn er nicht die Nacht kommt, wenn die Fluth ist, hoffen wir, kommt er morgen Nachmittag zur Fluthzeit. Heute sahen wir, wie ein großer Dampfer festfuhr….


Wilhelm Werdermann war damals bei der kaiserlichen Marine als Maschinist tätig. Er wurde gerade von einer Fahrt zurückerwartet. Von Wilhelm sind noch ein paar Dokumente erhalten geblieben.



Am schönsten finde ich den Staatsangehörigkeits-Ausweis von ihm. Dem Marinesoldaten, Maschinisten Friedrich Wilhelm Werdermann wird bescheinigt, dass derselbe und zwar durch Geburt die Eigenschaft als Preuße besitzt.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 11.03.2020 20:28:18 Gelesen: 125852# 243 @  
Hallo zusammen,

diese Ansichtskarte schickte Wilhelm Werdermann am 24.08.1910 aus Smyrna an seine Frau nach Hamburg.



Es scheint im Sommer heiß gewesen zu sein. Wilhelm schreibt:

„Mein liebes Frauchen! Dir und den Kindern die herzlichsten Grüße, habe soeben ein kühles Bad genommen.
Herzlich. Dein Manne“

1900, als der Staatsangehörigkeits-Ausweis für den Marinesoldaten Wilhelm Werdermann ausgestellt wurde war er immerhin schon 30 Jahre alt. Ob er 1910 noch bei der Marine war weiß ich nicht.

Wilhelm gab die Postkarte beim deutschen Auslandspostamt in Smyrna auf. Smyrna, das heutige Izmir, liegt ganz im Westen der Türkei an der Ägäisküste.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 28.03.2020 19:30:08 Gelesen: 125095# 244 @  
Hallo zusammen,

nachdem Wilhelm Werdermann aus dem Militärdienst ausgeschieden ist, fand er eine Anstellung als Ingenieur bei der Vacuum Oil Company. Zur dieser Firma heißt es bei Wikipedia [1]: 1899 wurde die deutsche Tochtergesellschaft Deutsche Vacuum Oil Company in Hamburg gegründet. Die Raffinerie in Wedel wird 1906 in Betrieb genommen, gefolgt 1911 von der Raffinerie in Bremen-Oslebshausen.



Wie man an diesem Briefumschlag sehen kann, besuchte Wilhelm Werdermann im Oktober 1911 den Firmensitz der Vacuum Oil Company in Philadelphia (USA). Von dort aus schickte er diesen Einschreibebrief an seine Frau. Schön, dass er dazu einen Firmenumschlag benutzte. Der Negativ-Einschreibestempel auf der Vorderseite ist zum Glück sauber abgeschlagen. Der Spruch oben links "the oil that lubricates most" heißt übersetzt "das Öl, das am meisten schmiert".



Auf der Rückseite sind zwei amerikanische Einschreibstempel. Einer ist vom Postamt Philadelphia Bourse Sta. (ich vermute Bourse station) vom 30.10.1911. Einen Tag später wurde ein amerikanischer Einschreib-Seepoststempel abgeschlagen. Am 7.11.1911 war der Brief dann in Hamburg.

Damit bin ich auch schon wieder mit dem kurzen Kapitel über Wilhelm Werdermann zu Ende.

Viele Grüße
Volkmar

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Socony-Vacuum_Oil
 
volkimal Am: 13.04.2020 09:49:37 Gelesen: 124130# 245 @  
Hallo zusammen,

über Victor John und seine Frau Gertrud (Trude) habe ich schon ausführlich berichtet (siehe Beiträge [#216] und folgende).

Jetzt fand ich in meiner Sammlung einen Brief von Susi Moraes an Elise John in Berlin-Steglitz:



Weder der Name Susi Moraes noch Elise John sagte mir etwas. Dass sie doch zur Familie von Victor John gehören, habe ich erst entdeckt, als ich das Album zur Hochzeit von Victor John mit Gertrud Stein (genannt Trude) durchsah - siehe [#226]. Dort fand ich diese Seite:



Zur Taufe von Victor Edmund Lothar John am 17. Januar 1925 waren beide eingeladen und haben im Gästebuch unterschrieben. Hier konnte ich auch erkennen, dass Susi Moraes den Geburtsnamen John hatte. Bei ihrer Unterschrift Susi John und bei der Anschrift des Briefes fällt sofort das ungewöhnliche „J“ auf. Vermutlich hat Susi John einen Portugiesen geheiratet, denn Moraes ist die altertümliche Form des häufigen portugiesischen Familiennamens Morais.



Der Brief wurde am 21.03.1938 in Lisboa norte, 2ᴬ Secção = Lissabon Nord, 2. Sektion aufgegeben. Im Teilsegment ist noch angegeben „=1ᵃ EXP.“

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 30.05.2020 14:46:35 Gelesen: 120901# 246 @  
Hallo zusammen,

ich habe einige Zeit überlegt, welches Kapitel meiner Familiensammlung ich als nächstes zeigen möchte. Ich habe mich für "Das Ende des Krieges und die Zeit danach" entschieden.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war für die Deutsche Bevölkerung sehr schwer. Es herrschte Hunger und alles war knapp. Viele Häuser waren zerstört und es fehlten Wohnungen – zumal die Situation durch die Flüchtlinge aus dem Osten noch verschärft wurde.

Besonders schlimm war, dass von vielen Angehörigen und Freunden nicht bekannt war, ob sie den Krieg überlebt hatten und wie es ihnen ergangen war. Dadurch, dass der Briefverkehr über Wochen oder Monate hinweg eingestellt war, und erst nach und nach wieder eröffnet wurde, lebten viele Menschen lange Zeit im Ungewissen, was das Schicksal ihrer Familie betraf.

Die drei Brüder Werdermann waren am Ende des Krieges in Deutschland, ihre Schwester Dora lebte dagegen in China. Großvater wohnte in Dortmund, Onkel Hans in Retzin bei Grambow (Pommern, in der Nähe von Stettin) und Gottfried in Zeuthen (Brandenburg, südöstlich von Berlin). Ihre Mutter Hedwig Werdermann war am Ende des Krieges zunächst bei ihrem Sohn Gottfried in Zeuthen und ab Ende September in Berlin im Altenstift.

Großvater war somit in der britischen Zone, Gottfried und Hans lebten dagegen in der sowjetischen Zone. Der Briefverkehr war zunächst vollkommen eingestellt, danach begann er innerhalb der Zonen. Der Briefverkehr von Zone zu Zone war aber noch nicht gestattet. Er kam erst Ende Oktober 1945 wieder in Gang. Der Briefverkehr ins Ausland war aber weiterhin noch nicht zugelassen. Das spielt aber hier keine Rolle, denn auf die Geschichte von Dora und ihren Kindern gehe ich später ein.

Das Kapitel "Das Ende des Krieges und die Zeit danach" ist nach meiner Meinung sehr interessant. Die Notzeit spiegelt sich in der Philatelie in Form von vielen Provisorien wieder. Bei den Belegen aus dieser Zeit sollte man aber auch immer die Texte beachten. Sie geben einen sehr guten Einblick in das Leben im zerstörten Deutschland. Aus diesem Grund gehe ich in diesem Kapitel besonders oft auch auf die Texte der Belege ein.



Diese Karte an Großvater hat Onkel Hans am 16.2.1945 in Löcknitz (Pommern) abgeschickt. Großmutter ergänzte sie später durch den Vermerk: "Eine der letzten Nachrichten vor dem Zusammenbruch". Da der Text der Karte in Stenografie geschrieben ist, kann ich ihn leider nicht lesen.

Die Situation in Deutschland wurde im Frühjahr 1945 immer schwieriger. Die Alliierten rückten immer weiter vor und überquerten am 7. März 1945 bei Remagen den Rhein. Ende März 1945 war das Ruhrgebiet vollständig eingeschlossen, die Verbindung zwischen Großvater (Dortmund) und seinen Geschwistern (Pommern bzw. Brandenburg) war unterbrochen.



Am 3. April 1945 schickt Onkel Hans diese Postkarte mit Antwortkarte (nächste Seite) an Pastor Wolff, den Leiter des Stephanstiftes in Hannover. Der Text der Karte ist hochinteressant, denn er gibt einen Einblick in die letzten Tage des Krieges. Er schreibt:

Sehr geehrter Herr Pastor! Persönlich kennen wir uns zwar nicht. Aber ich bin in sich steigender Sorge um meinen Bruder in Dortmund (Rostock) und Familie, von denen der letzte Gruß vom 11. Februar war. Und jetzt überstürzen sich die Ereignisse dort. Mußten, durften, konnten sie noch raus?? Sprach er bei Ihnen vor, oder in Altenau? Falls Sie jüngere Nachricht von ihm haben, wäre ich Ihnen für kurzen Bescheid sehr dankbar. Wie wird diese Passionszeit des Deutschen Volkes enden? Gott allein weiß es. Sein Wille geschehe!

Auch um Mutter in Berlin-Zeuthen muß man sich sorgen, während wir 25 km hinter der Front noch jede Nacht ungestört schlafen können. Aber die Koffer sind seit 6 Wochen gepackt. Wo soll man noch hinfliehen? Aber wenn der Befehl kommt, muß man mit Dorftreck losziehen. Post gibt es nur noch sehr wenig, meist über 14 Tage bis 4 Wochen alt. Soldaten "an der Front" können einen persönlich besuchen! Wir hatten 6-9 Verwandte meiner Frau aus Ostpreußen aufgenommen, jetzt mußten sie und alle Evakuierten fort, um Quartiere für Soldaten frei zu machen. Ob und wo sie landeten, wissen wir noch nicht. Viele Familien wissen nichts voneinander, die Soldaten leiden auch sehr darunter. Und trotz allem möchte man immer noch hoffen! Dankbar sind wir, das Osterfest noch zu Hause erleben zu können. Viele Grüße sendet Ihnen und Ihrer Familie, auch von meiner Frau.
Ihr Johannes Werdermann


Wie der Eingangsstempel des Stephanstiftes zeigt erreichte die Karte ihr Ziel erst am 20. November 1945. Es handelt sich hier um einen sogenannten "stummen Überläufer", d.h. die Karte ist noch während des Krieges abgeschickt, aber erst nach dem Ende des Krieges zugestellt worden, sie trägt aber keinen Zensurvermerk oder sonstige postalische Vermerke hierzu. Das einzige ist der private Eingangsstempel des Stephanstifts. Hannover wurde zwar erst am 10. April besetzt, also eine Woche nachdem Onkel Hans diese Karte abschickte. Wenn man die Beförderungszeiten in den letzten Kriegswochen betrachtet, so kann man dennoch ohne weiteres davon ausgehen, dass der private Eingangsstempel echt ist. Alfred Meschenmoser schreibt in seinem Werk "Überroller-Post 1945-1949" (S.17):

Philatelistische Kenner jener Zeit wissen, daß April-Post nur noch innerhalb einer begrenzten Region gelaufen sein kann. Einen weiträumigen Postverkehr gab es nicht mehr, April-Post ist normalerweise Überroller-Post.



Im Ortsstempel ist übrigens die Postleitgebietszahl (4) nachträglich eingesetzt. Das Postleitgebiet 4 = Pommern lag nach dem Krieg zum größten Teil in Polen. Die Bereiche in der sowjetischen Zone wurden im Juli 1945 dem Postleitgebiet 3 = Mecklenburg zugeschlagen.

Soviel für heute. Demnächst geht es weiter.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 30.05.2020 15:37:19 Gelesen: 120886# 247 @  
@ volkimal [#246]

Hallo Volkmar,

vielen Dank für das Teilen deiner Familiengeschichte - sehr interessant!

Viele Grüße,

Emiel
 
volkimal Am: 10.06.2020 20:58:03 Gelesen: 119899# 248 @  
Hallo zusammen!

Wie von Onkel Hans befürchtet, kam es zum Dorftreck, d.h. die gesamte Bevölkerung des Ortes Retzin (Pommern) musste vor den sowjetischen Truppen fliehen.



Auf dieser "Karte" an Großvater schreibt Onkel Hans:

Liebe Geschwister! Wir waren 14 Tage auf Dorftreck, viel erlebt und verloren. Seit 1.5. keine Zuteilung außer Brot und Kartoffeln, im Dorf keine Kuh kein Schwein! Ich war Ende August in Zeuthen, traf Mutter noch lebend an, trotz Ruhr. Am 29.9. ist sie ins Stift zurückgekehrt; ich will Ende Oktober wieder hinfahren, mir Traugotts Anzug zu holen. Tante Luise Dittmer starb, auch Rudolf Spindler am 30.6. Zeuthener und Markgrafs wohl auf, verloren nichts. Hildburg arbeitet in Friedersdorf für Kartoffeln. Berta überstand leichten Typhus. Ich unterrichte seit 1.9. in Ramin. P. Labs ist noch in Retzin, Familie in Greifswald. Hoffentlich seid ihr gesund und wohl. Herzliche Grüße auch von Berta Hans

Onkel Hans ist nach dem Dorftreck nach Hause zurückgekehrt, denn als Absender gibt er wieder Retzin bei Löcknitz an. Er lebte also in der sowjetischen Zone, während Großvater in Dortmund und damit in der britischen Zone wohnte. Der Briefverkehr zwischen den Zonen war zunächst verboten. Onkel Hans wollte aber nicht so lange warten, bis der Briefverkehr wieder freigegeben wurde. Er hat deshalb diesen einfachen Zettel einem Reisenden in die britische Zone mitgegeben. Dieser übergab ihn am 29.10.45 in Quakenbrück der Post allerdings ohne ihn zu frankieren. Der "Zettel" wurde als Postkarte behandelt und entsprechend mit 9 Pfg. Nachporto belegt (das Eineinhalbfache des fehlenden Portos).

Die "Karte" kam am 1. November in Dortmund an (Lebenserinnerungen Band 6, S.163). Es war der erste schriftliche Gruß von Hans, der Großvater nach dem Krieg erreichte. Es war aber nicht das erste Lebenszeichen, denn schon am 18. September notierte Großvater in seinem Tagebuch, dass er Nachricht von seiner Mutter und den Geschwistern habe.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 28.06.2020 13:19:35 Gelesen: 119195# 249 @  
Hallo zusammen,

am 29.10.45, dem Tag an dem der Gruß von Onkel Hans in Quakenbrück eingesteckt wurde, war die Post von der sowjetischen zur britischen Zone aber schon wieder zugelassen. Am selben Tag schickte Urgroßmutter aus Berlin diese Karte an meinen Großvater. Es ist übrigens ihre erste Karte in lateinischer Schrift. Vorher hat sie immer Sütterlin geschrieben, und das war nach dem Krieg nicht erlaubt.



Urgroßmutter schreibt:
Meine lieben Kinder! 27.X.45
Heute vor 6 Monaten war der letzte Brief von Dir, lieber Hermann geschrieben, der uns Ende März erreichte vor dem großen Angriff. Gestern hörte ich, daß jetzt man überall hin schreiben könne, da will ich Euch und Euern Mädeln innige Grüße senden und mitteilen, daß wir alle die schweren Monate mit Gottes Hilfe gut überstanden...
Mittelbar hörte Tante Clara von ihrem Hermann daß Friedburg in München gewesen sei, und Gerhard hatte an sie erwähnt, daß er von Euch Nachricht habe. Daraus schlossen wir, daß nichts Großes bei Euch geschehen sei, weil solches erwähnt worden sei. Gott sei Lob und Dank. Nun werdet Ihr sicher bald selbst schreiben.
Hans und Berta waren Ende April 10 Tage im Dorftreck. Er war am 19.X. ankommend über 4 Tage hier für sich und seine Frau Sachen zu holen, hoffentlich kam er gut heim. Wenn Ihr von Euren Söhnen nur bald gute Nachricht hättet...
Hans ist seit 1.Okt. im Nachbardorf als Lehrer. Berta kann vorläufig noch unterrichten. Er sagte, er habe mehrfach versucht, Euch zu schreiben. Wir hatten im Sommer alle die Ruhr, ich schwer. Dörte pflegte mich so gut es ging, ich fühle mich ganz wohl, wiege 92 Pfd. Nun seid innigst gegrüßt Ihr Lieben dort.
Gott befohlen Eure Mutter




Wie Urgroßmutter auf der Karte schrieb, hat Onkel Hans mehrfach versucht an Großvater zu schreiben. Von diesen Nachrichten sind außer der eben gezeigten "Karte" noch zwei weitere bei Großvater angekommen. Diesen Brief schrieb Onkel Hans am 23.9.1945 in Retzin. Er hat ihn dann einem Reisenden mitgegeben, der den Brief aber erst zwei Monate später am 29.11.1945 in Eckernförde aufgab.



Von einem Brief, den Onkel Hans am 14.10.1945 schrieb, kann ich nur den Text zeigen. Da ich nicht weiß, wo und wann der Brief aufgegeben wurde, kann ich nicht sagen, welcher Umschlag dazu gehört. In der Zeit, als die Post noch nicht zugelassen war, hat Onkel Hans in allen drei noch erhaltenen Karten bzw. Briefen in etwa dasselbe erzählt. In diesem vier Seiten langen Brief beschreibt er natürlich die Zeit nach dem Krieg am ausführlichsten.

Viele Grüße
Volkmar



 

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