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Thema: Recht: Auskunftsansprüche gegen den Betreiber eines Internetforums
Richard Am: 06.04.2011 17:10:45 Gelesen: 4736# 1 @  
Auskunftsansprüche gegen den Betreiber eines Internetforums

Rechtslupe.de (04.04.11) - Privatpersonen haben ein nur sehr eingeschränktes Auskunftsrecht gegenüber den Betreibern von Internetforen hinsichtlich der Namen oder Anschriften von Nutzern dieser Seiten. In einem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall entdeckten die Inhaber eines Autohauses eines Tages auf einer Internetplattform, auf der man sich zum Thema Auto austauschen und Erfahrungsberichte einstellen konnte, Berichte über sich selbst. Durch diese Berichte fühlten sie sich diskreditiert und befürchteten geschäftsschädigende Auswirkungen. Sie wandten sich daher sofort an die Betreiberin des Internetforums, die die Beiträge auch umgehend entfernte. Darüber hinaus verlangte das Unternehmen aber auch noch Auskunft über die Kontaktdaten derjenigen Personen, die die Berichte eingestellt hatten, um rechtliche Schritte gegen diese einleiten zu können.

Dies verweigerte die Betreiberin der Internetplattform unter Hinweis auf den Datenschutz. Dies sahen die Inhaber des Autohauses anders. Zumindest nach den Grundsätzen von Treu und Glauben stünde ihnen ein solcher Anspruch zu. Im Übrigen lasse das Telemediengesetz die Auskunftserteilung zum Zwecke der Strafverfolgung zu. Diese Vorschrift sei auch auf Privatpersonen anwendbar.

Das Amtsgericht München, vor das der Rechtsstreit schließlich kam, wies die Auskunftsklage jedoch ab: Als Veranstalterin eines Internetforums, dass den Nutzern inhaltliche Dienste anbiete, unterfalle die Beklagte dem Telemediengesetz. Dort seien Auskunftsansprüche ausdrücklich geregelt und zwar in § 14 II TMG. Danach dürfe der Diensteanbieter auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich sei. Keine der Voraussetzungen sei jedoch im vorliegenden Fall erfüllt.

Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift scheide aus, da sich bereits aus dem Gesetz ergäbe, dass eine solche Erweiterung nicht möglich sei. § 12 TMG regele ausdrücklich, dass der Diensteanbieter die Bereitstellung der Daten für andere Zwecke nur ermöglichen dürfe, soweit eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf die Telemedien beziehe, dies erlaube oder der Nutzer einwillige. Eine solche Rechtsvorschrift existiere im vorliegenden Fall nicht. Deshalb könne auch auf den Grundsatz von Treu und Glauben nicht zurückgegriffen werden.

Der Auskunftsanspruch sei daher zurückzuweisen. Da die Klägerin sich auch staatsanwaltschaftlicher Hilfe bedienen könne, sollte sie durch die Berichte beleidigt oder verleumdet worden sein, sei sie auch nicht völlig rechtlos gestellt. Über ein Ermittlungsverfahren könne sie an die gewünschten Daten gelangen.

Amtsgericht München, Urteil vom 3. Februar 2011 – 161 C 24062/10 (rechtskräftig)

(Quelle: http://www.rechtslupe.de)
 
heide1 Am: 06.04.2011 17:43:04 Gelesen: 4726# 2 @  
@ Richard [#1]

Moin Richard.

Danke für den Beitrag, lesenswert.

Aber, was ist ein Amtsgericht - wir wissen doch Landgerichte zu schätzen, oder nicht?

Warten wir es ab - ich verfolge es mit Interesse, da es weiter geht.

Gruß Jürgen
 
drmoeller_neuss Am: 06.04.2011 18:11:17 Gelesen: 4708# 3 @  
Lieber Jürgen,

wir leben (noch) nicht in einer Bananenrepublik, und die Strafverfolgung ist immer noch den dafür vorgesehenen Behörden vorenthalten, wie Polizei oder Staatsanwaltschaft. Jeder kann diese kontaktieren, wenn er sich beleidigt oder verleumdet fühlt. Natürlich muss ein gewisser Anfangsverdacht bestehen. Dann wird aber auch ermittelt, und Dein Anwalt kommt über die Akteneinsicht auch an die Daten heran. Nichts anderes hat das Amtsgericht München entschieden.

Du kannst natürlich anderer Meinung sein, dass jeder Forenbetreiber seine eigene Rechtssprechung betreiben und entscheiden muss, wem er welche Daten herausrückt oder nicht. Wäre das nicht einfach, wenn jeder Hilfspolizist spielen könnte? Die Werbeindustrie hätte eine elegante Methode, um unter einem Vorwand an schwierig zu beschaffende Daten heranzukommen.
 
heide1 Am: 06.04.2011 18:22:15 Gelesen: 4701# 4 @  
@ drmoeller_neuss [#3]

Moin Uli,

dieses allgemeine Rechtswissen, was Du uns hier bietest, setze ich voraus.

Darum verstehe überhaupt nicht, was Du so sagen willst - habe ich mich denn so missverständlich ausgedrückt?

Der Rechtsstaat ist mir tatsächlich bekannt - man staunt. Aber, was willst Du mir denn nun sagen,

fragt Jürgen aus H
 
Postgeschichte Am: 06.04.2011 19:40:00 Gelesen: 4670# 5 @  
@ heide1 [#2]

Aber, was ist ein Amtsgericht - wir wissen doch Landgerichte zu schätzen, oder nicht?

Das Amtsgericht ist neben dem Landgericht die Eingangsinstanz der ordentlichen Gerichte. Selten auch das Oberlandesgericht. Hier erfährst Du näheres:

http://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht

Gruß
Manfred
 
Pommes Am: 06.04.2011 21:27:58 Gelesen: 4648# 6 @  
@ Postgeschichte [#5]

Ich glaube Jürgen meint eher: "Was gilt schon die Rechtsprechung eines Amtsgerichts" ? Allerdings ist das Landgericht auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Bevor in Deutschland nicht irgend ein Thema von einem Bundesgericht (in diesem Fall vom BGH) entschieden wurde, herrscht kaum Rechtssicherheit.

Inhaltlich aber wäre die Ansicht der Kollegen aus München wohl auch in höheren Instanzen bestätigt worden. Anzeige erstatten - soweit rechtswidriger Inhalt - und dann kommt man auch über die Akteneinsicht an die Daten, die hier eingeklagt wurden. Vorher könnte ja jeder Hinz und Kunz mal 'ne Anfrage starten.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
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