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Thema: Die Geschichte der Briefstempelmaschinen in Deutschland
Werner Steven (RIP) Am: 12.10.2011 16:24:54 Gelesen: 8574# 1 @  
Briefstempelmaschinen

Briefstempelmaschinen werden bei Postämtern mit starkem Briefverkehr verwendet. Sie sind bei der Deutschen Post seit 1898 eingeführt worden.

Geschichte: Bereits im Jahre 1875 hatte die bayerische Postverwaltung Versuche mit einer von dem Nürnberger Mechaniker A. Heinlein hergestellten Stempelmaschine für Fußbetrieb gemacht. Die Maschine lieferte zwar einen gleichmäßigen Stempelabdruck, erfüllte aber nicht die wichtigste Bedingung, eine schnelle Abwicklung des Stempelgeschäftes. Die Versuche wurden daher eingestellt. Das erste Land, das Briefstempelmaschinen überhaupt eingeführt hat, sind die Vereinigten Staaten von Amerika gewesen (Delphin-Maschine 1881). In Deutschland waren zuerst auch nur Maschinen amerikanischen Urspungs, die “Columbia”- und die “Bickerdike”-Maschine, im Gebrauch. Später wurden deutsche Erzeugnisse eingeführt, nämlich 1902 eine von Mix & Genest in Berlin ausgeführte Handstempelmaschine, 1907 die von dem Norweger Krag entworfene, von Schuch & Schütte in Berlin gebaute Maschine, 1909 die von Sylbe & Pondorf in Schmölln (Thüringen) hergestellte Maschine, 1915 die Universal-Stempelmaschine der Dapag in Staaken und 1925 die von Heinrich H. Klüssendorf in Berlin-Spandau gebaute “Standard-Stempelmachine.



Seit 1925 wird die Klüssendorfsche Maschine (s. Abb.), die zu den Halbstempelmaschinen gehört, hergestellt und von der Deutschen Post verwendet. Daneben ist zur Zeit bei der Bundespost noch eine Anzahl von Krag-, Sylbe- und Universal-Briefstempelmaschinen in Gebrauch..

Die vier Maschinenarten zeigen bezüglich des Transportes der Sendungen in der Maschine die gleiche Anordnung. Die zu stempelnden Sendungen werden in mehr oder weniger großen Stößen aufrecht stehend, mit der Freimarke nach unten links auf den waagerechten Anlagetisch gestellt und mit der Hand leicht gegen den Gummibelag der sich in waagerechter Richtung drehenden Anlagewalze gedrückt. Durch die Reibung des Gummibelags an dem Papier wird eine Sendung nach der anderen von dem Stoß abgezogen und von mehreren, sich ebenfalls in waagerechter Richtung drehenden Walzenpaaren aufrecht stehend durch die Maschine transportiert, wobei jede Sendung beim Durchgang zwischen dem aus Stempel und Gegendruckwalze bestehenden Walzenpaar mit dem Stempelabdruck versehen wird. Nach dem Durchgang durch die Maschine werden die Sendungen wieder zu einem Stapel zusammengefügt.

Die Standard-Briefstempelmaschine dient als Briefstempel- wie als Barfreimachungsmaschine und wird deshalb umfassender auch »Standard-Barfreimachungsund Briefstempelmaschine« genannt; mit ihr können alle vorkommenden Stempelarbeiten ausgeführt werden. Der Stempelkörper läßt sich mittels einer Kerbzahnkupplung leicht auf der Stempelwelle verstellen, wodurch sich der Stempel in beliebiger Entfernung vom rechten Rand der Sendung zum Abdruck bringen läßt.

Der Aufgabestempel hat den durch Normvorschriften festgelegten Durchmesser von 28,5 mm (s. Stempel). Eine genau arbeitende Trennvorrichtung sorgt dafür, daß auch bei gemischter Post (d. h. bei verschieden starken Sendungen) jede Sendung einzeln vom Stapel abgenommen wird. Es kann also nicht vorkommen, daß gleichzeitig zwei Sendungen durch die Maschine gehen, von denen eine dann ungestempelt bleiben würde. Eine Farbwalze regelt den Farbzufluß und sorgt für einen gleichmäßigen und sauberen Stempelabdruck.

Die Maschine kann bei gemischter Post bis zu 700 Abstempelungen in der Minute leisten. Neben einem Bedienungsplan, der in der Nähe der Maschine aufzuhängen ist, wird jeder Maschine eine Bedienungsanweisung mit technischen Beschreibungen und Abbildungen beigegeben.

Neuerdings werden die Stempelmaschinen mit einer Reibungskupplung ausgerüstet, die gegenüber der alten Kupplung mit Lederscheiben bedeutende Vorteile aufweist. Bei ihr sind die Reibscheiben so an das untere Ende der Stempelwelle verlegt, daß sie stetig in Öl eintauchen und dadurch dauernd gekühlt werden. Der Stempel erscheint stets einwandfrei an der gleichen Stelle; ein Verrücken ist nicht mehr möglich. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß im Gegensatz zu früher nicht mehr lose Einsatztypen verwendet werden, sondern verstellbare Typenrädchen. Datum und Zeit lassen sich daher schnell einstellen, ohne daß die Typen einzeln herausgenommen werden müssen.

Zur Vertiefung:
Rackow u. Andere: " Handwörterbuch des Postwesens", Frankfurt 1933, Hrsg, Bundesminister für das Post- und fernmeldewesen.
 
Jürgen Witkowski Am: 13.10.2011 16:00:33 Gelesen: 8513# 2 @  
@ Werner Steven [#1]

Einige der Informationen sind mittlerweile durch die aktuelle Forschung überholt. So wurde die Universal-Maschine bereits ab 1911 in vielen Orten im Probebetrieb verwendet und ab 1915 in großem Stil.

Zur Mix & Genest Handstempelmaschine habe ich hier noch einige Informationen:

http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?PR=16747

Die früheste deutsche Stempelmaschine war die Hinrichsen-Briefstempelmaschine aus dem Jahr 1866, die in Hamburg und Belin eingesetzt wurde. Sie wurde gefolgt von den ebenfalls deutschen Fabrikaten Haller und Hoster. Zum besseren Verständnis habe ich eine Zeittafel angefertigt.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 
Tuffi Am: 09.10.2021 15:16:43 Gelesen: 1701# 3 @  
@ Jürgen Witkowski [#2]

Sie wurde gefolgt von den ebenfalls deutschen Fabrikaten Haller und Hoster.

Im Gildebrief Nr. 237 der Poststempelgilde (Seite 35-37) von Oktober 2012 bzw. ihm Buch [1] wird ein Briefstück aus der Versuchsphase der Hoster-Briefstempelmaschine in Berlin vom 13.04.1883 gezeigt. Dies war der einzige bis dato bekannte Beleg (Briefstück) aus dieser sehr seltenen Erprobungsphase des Postamtes Berlin C2. Vor einigen Jahren tauchte auf einer Auktion ein vollständig erhaltener Beleg auf. Es handelt sich um das erste und bisher einzig vollständig erhaltene Exemplar. Beim Aufräumen fand ich die Kopie davon wieder. Das Original verweilt in einer der größten Sammlungen deutscher Maschinenstempel.



Stempelabschlag der Hoster aus Berlin vom 10.04.1883

Gruß
Tuffi

[1] Kohlhaas / Riese: "Die Geschichte der Briefstempelmaschinen der Deutschen Reichspost - Dritter Teil - Die Hoster-Briefstempelmaschinen" (Infla-Berlin Band 43, Seite 13)
 
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