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Thema: Oskar Klan über Wertentwicklung und Wertberechnung von Briefmarken
Richard Am: 22.02.2012 08:15:02 Gelesen: 15839# 1 @  
Interview mit Briefmarken-Fachmann Oskar Klan

von Michael Stauner aus Neusäß

http://www.myheimat.de (22.07.11) - auszugsweise - Die begehrtesten Briefmarken sind nicht immer die wertvollsten. Sie sind Sammelobjekte, aber nicht unbedingt eine Kapitalanlage. Eine pauschale Einschätzung, ob Briefmarken im Wert weiterhin steigen oder eher sinken, können viele Experten nicht treffen. Denn das hängt von den Sammlern und vor allem den Sammelgebieten ab. Derzeit sind Marken aus China hoch im Kurs. Sogar selbstklebende Briefmarken finden den Weg ins Album. Und doch gewinnt man den Eindruck, Briefmarkensammler sterben aus. Ein Interview mit Oskar Klan, Chefredakteur der Michel-Briefmarkenkataloge.

Guten Tag Herr Klan, wie wird denn der Wert von Briefmarken eigentlich berechnet?

Oskar Klan: „Eine Briefmarke hat den Wert, den die Sammler ihr zumessen. Dieser Wert kann bestimmt werden durch Händlerlisten und Zuschläge bei Auktionen. Dazu sind Unterlagen vorhanden. Im Allgemeinen wird der Wert einer Briefmarke von objektiven Daten bestimmt.“

Wie viel vom Katalogpreis wird denn tatsächlich bezahlt? Da ist die Rede von fünf bis zehn Prozent – ist das korrekt?

Oskar Klan: „Zunächst ist zu berücksichtigen, dass Katalogwerte bis zu fünf Euro einen hohen Anteil enthalten, der die Kosten der Dienstleistung des Briefmarkenhändlers wiedergibt. Das sind Bestimmen der Marke, Qualitätsprüfung, Einsortieren und Aussortieren aus dem Lager sowie ein Gemeinkostenanteil. Dafür muss ein Händler aus wirtschaftlichen Gründen den vollen Katalogwert verlangen, bei sehr gering bewerteten Marken auch mehr. Man kann solche Marken aber auch in einer Wühlkiste für z. B. zehn Cent pro Stück finden, weil die oben genannten Tätigkeiten nicht ausgeführt wurden.

Wie viel Sammler bezahlen ist von Sammelgebiet zu Sammelgebiet unterschiedlich und kann auch innerhalb eines Sammelgebietes variieren. Im Katalog genannt werden aktuelle Spitzenpreise für Marken in sehr guter Qualität. Die Deutschland-Kataloge werden bis zu zweimal im Jahr überarbeitet, Überseekataloge im allgemeinen im Abstand von mehreren Jahren. Bei boomenden Gebieten, das sind derzeit besonders asiatische Länder, aber auch häufiger. Bestimmte chinesische Marken werden derzeit deutlich oberhalb der Katalogbewertungen gehandelt. Daher gibt es hier im Oktober einen neuen Katalog.“

Sind Briefmarken als Kapitalanlage geeignet?

Oskar Klan: „Briefmarken sind Sammelobjekte. Ob sie als Kapitalanlage geeignet sind, hängt von der Entwicklung des Sammlermarktes ab. Prinzipiell sind sie nicht wirklich geeignet. Sie als Anlage zu verstehen, setzt enormes Wissen über Briefmarken voraus, sowie die Fähigkeit, Entwicklungen vorherzusehen. Die Kenntnis der MICHEL-Kataloge ist dafür die richtige und wichtige Voraussetzung.

Sterben Briefmarkensammler aus?

Oskar Klan: „Wenn man auf Briefmarkenmessen geht, kann man diesen Eindruck gewinnen. Im Internet wird der Markt jedoch von jüngeren Sammlern mitbestimmt. Der Umsatzanteil im Internet steigt im Einzelhandel generell, das ist bei Briefmarken nicht anders. Das inhabergeführte Ladengeschäft verzeichnet dagegen in allen Branchen einen starken Rückgang. Es gibt im Internet Plattformen mit einigen hunderttausend Briefmarkensammler, mit denen wir kooperieren.“

Wie lautet Ihre Prognose hinsichtlich der Wertentwicklung von Briefmarken?

Oskar Klan: „Das hängt davon ab, wie sich einzelne Gebiete entwickeln. Geraten Sammelgebiete in Mode, steigt auch der Preis. Mit dem Ende der Mode kann er aber wieder zurückgehen. Ich habe vorhin die Volksrepublik China erwähnt. Die Katalogwerte aus dem Katalog von 2009 sind bereits veraltet. Derzeit werden 120 bis 200 Prozent davon bezahlt. Deshalb wird der Katalog gerade für eine Neuauflage überarbeitet.“

(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.myheimat.de/neusaess/freizeit/sterben-briefmarkensammler-aus-interview-mit-briefmarken-fachmann-oskar-klan-d2047386.html )
 
bayern klassisch Am: 22.02.2012 17:40:36 Gelesen: 15779# 2 @  
Die Kenntnis der MICHEL-Kataloge ist dafür die richtige und wichtige Voraussetzung.

Wenn dem so wäre, wäre der am besten sammelnd, der die Michel - Kataloge auswendig kennt. Das halte ich für ein Gerücht - die wichtigen Informationen über viele Sammelgebiete stehen oft gar nicht in allgemeinen Katalogen, sondern in der Spezialliteratur bzw. werden in ARGEn und Fachkreisen publiziert.

Was im Michel steht, kann jeder nachlesen - und so demokratisch ist dann auch die Preisentwicklung. Die lose Marke wird immer uninteressanter, weil sie gegenüber Belegen fast nur Nachteile hat. Deren Einschätzung ist aber, vor allem im Bereich der Klassik und Semiklassik, schwer mit Massenkatalogen beizukommen.

Beste Grüsse von bayern klassisch
 
Jahnnusch Am: 22.02.2012 17:55:11 Gelesen: 15773# 3 @  
Es gibt aber doch noch den altmodischen Sammler, der ein Vordruckheft hat, in die er die Marken mit Falzen fest heftet. Ich habe mal vor 40 Jahren die Behrndshefte gehabt, sind nicht teuer und wären für unsere Schulkinder eine erschwingliche Möglichkeit, sich mit Briefmarken zu beschäftigen.
 
bayern klassisch Am: 22.02.2012 18:48:55 Gelesen: 15756# 4 @  
Hallo Jahnnusch,

sicher gibt es die - aber die Preise werden nicht von Sammlern gemacht, die ihre Post um die Marken fleddern, sondern von den "Profis" oder großen Sammlern. Diese setzen Trends und die Masse folgt. Herr Klan sprach es ja mit China an.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
filunski Am: 23.02.2012 12:31:39 Gelesen: 15705# 5 @  
Hallo zusammen,

ich meine ausgerechnet China hier als Paradebeispiel für ein boomendes Sammelgebiet anzuführen ist irreführend und die aktuelle Situation der Philatelie nicht wiederspiegelnd.

Nämlich den generellen Rückgang des Interesses an der Philatelie als Hobby, dem Mangel an Nachwuchs und der dadurch überalterten Sammlerszene mit negativen Auswirkungen (wer schon seit 50 Jahren sammelt hat seine Gebiete normalerweise bis auf vielleicht fehlende Spitzenwerte voll und hat dadurch oft kaum mehr ein Interesse an Tauschtätigkeit oder ähnliche, gerade die Jungsammler motivierende Aktionen). Unwillkürlich damit verbunden natürlich auch ein Werterückgang der Sammelobjekte (einige Spitzenobjekte mal ausgenommen).

In der breiten Meinung der Bevölkerung, vor allem der Jüngeren unter 30 Jahren, wird die Philatelie kaum wahrgenommen, und wenn, dann eher belächelt.
Nur ein Beispiel am Rande dazu: mein Großneffe besucht die dritte Klasse der Grundschule im Einzugsbereich einer deutschen Großstadt und begeistert sich (noch) dank meiner Initiative für das Briefmarkensammeln. In seiner Klasse von knapp über 20 Schülern ist er der Einzige (!) und findet dafür auch keine(n) Gleichgesinnte(n). Als ich die dritte Klasse besuchte haben mindestens die Hälfte meiner Mitschüler Briefmarken gesammelt.

China als Sammelgebiet boomt ja nur deswegen, weil es in China selbst mehr Sammler gibt als Deutschland Einwohner hat und diese durch die in den letzten Jahren fortschreitende Liberalisierung in China selbst mehr finanzielle Mittel und auch Möglichkeiten haben um sie in ihr Hobby zu stecken. Deshalb kaufen sie jetzt auch diese chinesischen Marken welche vor vielen Jahren ins Ausland gingen zurück und setzen dafür oft ungeheure finanzielle Mittel ein. Auch werden lange nicht für alle chinesischen Marken Preise erzielt von über 100 bis 200 % sondern nur für bestimmte Jahrgänge und Werte.

Briefmarken und andere philatelistische Produkte stellen sicherlich keine gewinnbringende Kapitalanlage dar und wer dies glaubt sollte darin nur Finanzmittel einsetzen deren Verlust er verschmerzen kann.

Briefmarken und Philatelie sind ein Hobby (zumindest für uns Sammler), und wer danach verfährt, muss sich auch nicht über sog. Wertverluste und ähnliches ärgern.

Dass Händler, Zubehörhersteller und -lieferanten und natürlich gerade auch führende Katalogverlage (die das Ganze dann auch mal gerne "schön" rechnen!) das lieber anders sehen ist nachvollziehbar!

In diesem Sinne mit philatelistischen Grüßen,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.02.2012 14:30:40 Gelesen: 15671# 6 @  
@ filunski [#5]

Ziemlich zutreffend,

weil es in China selbst mehr Sammler gibt als Deutschland Einwohner hat

Nur bin ich mir nicht sicher, ob das alles "Sammler" bzw. Philatelisten sind. Es sieht oft so aus, als ob hinter den Aktionen eher Spekulationsformen oder Geldanlageformen zu vermuten sind. In China war (ich meine immer noch) Glückspiel offiziell verboten, da der "gemeine Chinese" aber schon fast spirituell dieser Neigung frönt, haben sich in der Vergangenheit, seit der - naja nennen wir es mal - Liberalisierung, immer mehr Chinesen den Aktien und sonstige Anlegeformen, als Ausgleich zugewandt. Ein paar kleinere Blasen sind da schon geplatzt. Das nächste Megablasenplatzen, die des Immobilienmarkts wartet schon, mit Auswirkungen bis in die tiefste deutsche Provinz.

Da stehen ja bekanntlich auf Pump gebaute Geisterstädte von der nachgebauten europäischen Kleinstadt mit einigen 10.000 Einheiten bis zu Hochhaus-Plattenbausiedlungen mit Millionen von Wohnnungen oder Megabürokomplexe, leer in der Pampas rum, siehe die von Albert Speer Junior [ernsthaft, es ist sein Junior...hi] gebaute German City (hier sollen aber inzwischen sogar 5 von den 50.000 Wohnungen bewohnt sein) [1], die Kopie "Neu-Hallstatt" [2] oder Thames Town etc. Der Markt für chinesischen Briefmarken wird sicherlich zu großen Teilen aus ähnlichen Beweggründen gesteuert. Was nicht heissen soll, dass die echte Sammlerszene zu vernachlässigen sein sollte, trotzdem beinflussen, wenn nicht sogar verfälschen, diese Entwicklungen das weltweite philatelistische Marktgeschehen. Eine ähnliche Situation hatten wir vor ein paar Jahren hier in Europa mit der Spekulationsblase um Europa- bzw. CEPT-Marken, nur im Kleinstformat. Zum Glück beschränken sich die chinesischen Investoren, aus mehr patriotischen Gründen, eher auf die Ausgaben Chinas und stürzen sich weniger auf die des Gweilo. ;-)

sollte ... nur Finanzmittel einsetzen deren Verlust er verschmerzen kann.

Das hatte schon mein alter Gemeinschaftskundelehrer auf'er Schule gesagt. Spielt (="Spekuliert") nur mit Mitteln, die a) Euch wirklich gehören und b) die wenn sie doch mal weg sein sollten, Euch nicht tangieren oder gar ins Unglück stürzen. Nie, never never ever, mit Geldern, die man wirklich braucht! Das gilt in weiten Teilen übrigens auch für ganz normale Geldanlagen, so wie mündelsichere, griechische Staatsanleihen oder solide isländische Bankpapiere. ;-)

8% Rendite bei einer 100%igen Sicherheit verschenkt keiner. Das wusste schon gute alte Pauker, mit seinen selbstgezimmerten Öko-Sandalen aus alten Autoreifen, verwaschenen Häkelpulli und Rastalocken, damals in den guten alten End-80ern.

Gruß
Thomas

[1]: http://io9.com/5850214/welcome-to-the-deserted-german-city-outside-of-shanghai
[2]: http://reisen.t-online.de/kopiertes-oesterreich-alpendorf-niemand-will-in-chinas-hallstatt-wohnen/id_53670068/index
[3]: http://www.cnngo.com/shanghai/play/shanghai-thames-town-327844
 
AfriKiwi Am: 23.02.2012 21:43:52 Gelesen: 15617# 7 @  
weil es in China selbst mehr Sammler gibt als Deutschland Einwohner hat

Es ist doch ganz praktisch zu erklären, wieso Michel und auch alle andere Kataloge alles was China betrifft überarbeitet wird.

Fast alles, was Chinamarken betrifft, wird aufgekauft. Das meiste sind chinesische Sammler und dann auch solche anderen, die schnell als Mittelmann daran profitieren wollen.

Preise in Kataloge werden steigen in Sympathie mit Sammlerbedarf - kein Zweifel.

Hochwertige Sammlungen werden Liebhaberpreise und Prüfer auf dem Gebiet werden überbelastet.

China mit alle Seitengebiete auf 400 Michelseiten ist vielleicht gerade genug für den Bildersammler.

Hier ist doch eher eine Gelegenheit, einen Katalog zu gestalten mit Zusammenarbeit dessen hiesigen Chinakataloges in anderen Sprachen zu gebrauchen Weltweit, statt jeder Katalogerzeuger im dunklen bewegt oder noch besser - gleich OnLine.

Meine 2 Yuan

Erich
 
22028 Am: 24.02.2012 08:31:57 Gelesen: 15583# 8 @  
weil es in China selbst mehr Sammler gibt als Deutschland Einwohner hat

Halte ich für masslos übertrieben, nur zu vergleichen mit der Aussage, dass es in Deutschland 3 Millionen Briefmarkensammler gibt.
 
AfriKiwi Am: 24.02.2012 10:15:14 Gelesen: 15558# 9 @  
@ 22028 [#8]

Vielleicht muß man den Satz weniger ernst nehnen als den Begriff.

Seit eine Dekade konnte man rechnen mit 10% sind Sammler im Westen. Diese Summe ist sicher auch gut reduziert.

Wenn man aber alle China-Sammler auserhalb von China nimmt ( Meisten davon würden Chinese sein) kommt schon die Summe zusammen.

Die Anfrage für China Material ist jedenfalls momentan merkbar.

Erich
 
22028 Am: 24.02.2012 12:28:26 Gelesen: 15539# 10 @  
Die VR-China hat ca. 1,30 Mrd. Einwohner, wovon ca. 10 % (130 Millionen) in den Ballungsräumen leben, was die größte Gruppe der potentiellen Sammler ausmachen dürfte. Wenn man davon noch die Kinder, Greise und Frauen (sorry, Ist nun mal ein fast nur Männer Hobby) abzieht, bleiben dann noch ca. 80 Millionen Sammler übrig?

Und dass es außerhalb Chinas Millionen von China Sammlern gibt halte ich für extrem übertrieben. Die derzeitigen Preise werden meiner Meinung nach nur von Investoren gemacht und Otto-Kleininvestor springt mit auf den Zug.
 
filunski Am: 24.02.2012 13:17:10 Gelesen: 15528# 11 @  
@ 22028 [#8]

"Halte ich für masslos übertrieben"

Stimmt, ist auch übertrieben und ein wenig ironisch gemeint! Ich wollte damit einfach auf die Bedeutung des chinesischen Inlandsmarktes hinweisen. Briefmarkensammler gibt es in China selbst aber durchaus mehr als wohl die meisten annehmen würden (angeblich ca. 20 Mio.). dazu auch folgender Artikel:

http://german.cri.cn/1833/2011/03/13/1s153575.htm

Der ganze China Boom ist natürlich von Investoren (meist in China selbst wegen der guten Gewinnaussichten dank der chinesischen Binnennachfrage) initiiert und derjenige "Otto-Kleininvestor" welcher auf diesen Zug mit aufspringt sollte aufpassen, dass er ihn rechtzeitig wieder verläßt!

Gruß,
Peter
 
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