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Thema: Telegraphenmarken: Deutsches Reich Telegraphen Ordnung
doktorstamp Am: 06.03.2010 09:19:43 Gelesen: 14513# 1 @  
Keine Ahnung wo ich sie her habe, dürfte dem einen oder anderen eine Hilfe sein.

mfg

Nigel

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(Nr. 846.) Telegraphen-Ordnung für das Deutsche Reich. Vom 21. Juni 1872.

Telegraphen-Ordnung für das Deutsche Reich.

§. 1. Bereich.

Den Bestimmungen gegenwärtigen Reglements ist die telegraphische Korrespondenz unterworfen, welche die Linien mindestens zweier der dem Deutschen Reiche angehörigen Verwaltungen berührt und entweder im Deutschen Reiche verbleibt oder mit dem Auslande gewechselt wird. [1]
Inwieweit die Korrespondenz, welche sich nur auf den Linien einer einzelnen Verwaltung bewegt, anderen Anordnungen unterworfen ist, wird von jeder Verwaltung besonders bestimmt.[2]
Den Bestimmungen gegenwärtigen Reglements ist auch diejenige telegraphische Korrespondenz unterworfen, welche sich nur auf den Linien des deutschen Reichs-Telegraphengebietes [3]incl. der innerhalb desselben gelegenen Eisenbahnen oder zwischen diesen und ausländischen Linien bewegt, soweit nicht in den nachfolgenden Zusätzen Abweichungen vorgeschrieben sind.

§. 2. Benutzung des Telegraphen.

Die Benutzung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht Jedermann zu. Jede Verwaltung hat jedoch das Recht, ihre Linien und Stationen zeitweise ganz oder zum Theil für alle oder für gewisse Gattungen von Korrespondenz zu schließen.
Die Aufgabe von Depeschen behufs der Telegraphirung kann nur bei den Telegraphenstationen (allenfalls brieflich) erfolgen. [214≡]

§. 3. Bewahrung des Telegraphengeheimnisses.

Die Regierungen werden Sorge tragen, daß die Mittheilung von Depeschen an Unbefugte verhindert und daß das Telegraphengeheimniß in jeder Beziehung auf das Strengste gewahrt werde.

§. 4. Dienststunden der Telegraphenstationen.

Die Telegraphenstationen zerfallen rücksichtlich der Zeit, während welcher sie für den Verkehr mit dem Publikum offen zu halten sind, in vier Klassen, nämlich:
a) Stationen mit permanentem Dienst (Tag und Nacht),
b) Stationen mit verlängertem Tagesdienst bis Mitternacht,
c) Stationen mit vollem Tagesdienst,
d) Stationen mit beschränktem Tagesdienst.
Die Dienststunden der Stationen ad b. und c. beginnen:
vom 1. April bis Ende September
um 7 Uhr Morgens,
vom 1. Oktober bis Ende März
um 8 Uhr Morgens.
Die Stationen ad c. schließen den Dienst
um 9 Uhr Abends.
Die Dienststunden der Stationen ad d. sind in der Regel, insoweit nicht für einzelne Stationen abweichende Bestimmungen getroffen sind, an Wochentagen (einschließlich der auf Wochentage fallenden Festtage):
von 9 bis 12 Uhr Vor- und
von 2 bis 7 Uhr Nachmittags;
an Sonntagen:
von 8 bis 9 Uhr Vor- und
von 2 bis 5 Uhr Nachmittags.

§. 5. Wohin Depeschen gerichtet werden können.

Telegraphische Depeschen können nach allen Orten aufgegeben werden, wohin die vorhandenen Telegraphenverbindungen auf dem ganzen Wege oder auf einem Theile desselben die Gelegenheit zur Beförderung darbieten.
Befindet sich am Bestimmungsorte keine Telegraphenstation, so erfolgt die Weiterbeförderung von der äußersten, beziehungsweise der von dem Aufgeber bezeichneten Telegraphenstation entweder durch die Post oder durch Expressen. [4]
Ist keine Bestimmung über die Art der Weiterbeförderung getroffen, so wählt die Adreßstation nach ihrem besten Ermessen die zweckmäßigste Art derselben.
Das Gleiche findet statt, wenn die vom Aufgeber angegebene Art der Weiterbeförderung sich als unausführbar erweist.
Auch ist die Aufgabe der Depeschen mit der Bezeichnung »Station restante« (resp. »bureau restant«) oder »poste restante« zulässig.
Depeschen, welche innerhalb des Deutschen Reichs verbleiben, können auch mit: »Bahnhof restant« bezeichnet werden. [215≡]

§. 6. Erfordernisse der zu befördernden Depeschen.

Das Original jeder zu befördernden Depesche muß in solchen deutschen oder lateinischen Buchstaben, beziehungsweise in solchen Zeichen, welche sich durch den Telegraphen wiedergeben lassen, deutlich und verständlich geschrieben sein.
Einschaltungen, Randzusätze, Streichungen oder Ueberschreibungen müssen vom Aufgeber der Depesche oder von seinem Beauftragten bescheinigt werden.
Obenan muß die Adresse stehen, dann der Text und am Schlusse die Unterschrift des Absenders.
Die Adresse muß der Art sein, daß die Bestellung an den Adressaten ohne weitere Ermittelungen, Rückfragen, Zweifel etc. erfolgen kann. Sie hat für die großen Städte die Angabe der Straße und der Hausnummer, oder in Ermangelung dessen die Angabe der Berufsart oder andere ähnliche Bezeichnungen zu enthalten. Selbst für kleinere Orte ist es wünschenswerth, daß der Name des Adressaten von einer solchen ergänzenden Bezeichnung begleitet sei, damit im Falle von Verstümmelungen des Eigennamens der Adressat am Bestimmungsorte aufgefunden werden könne.
Die Angabe des Landes, in welchem der Wohnort des Adressaten liegt, ist obligatorisch, mit Ausnahme der Fälle, wo dieser Wohnort eine Hauptstadt oder ein wichtiger Börsen- oder Handelsplatz ist.
Bei Depeschen nach kleinen Orten, besonders wenn deren mehrere gleichen Namens existiren, ist die genaue Bezeichnung der geographischen Lage erforderlich.
Bei Depeschen, welche für auf dem Meere befindliche Schiffe bestimmt find, muß die Adresse, außer den gewöhnlichen Angaben, noch die offizielle Bezeichnung und Nummer, sowie die Nationalität des Adreßschiffes enthalten.
Sollen dergleichen Depeschen durch die semaphorischen Stationen vermittelt werden, so muß die Adresse enthalten:
1. den Namen, event. den Charakter des Adressaten,
2. den Namen des betreffenden Schiffes unter Anführung des Wortes »bâtiment« vor, und des Wortes »signaux« nach dem Namen,
3. den Namen der semaphorischen Station, welche die Beförderung der Depesche vermitteln soll.
Es ist dem Absender gestattet, seiner Unterschrift eine beliebige Beglaubigung beifügen zu lassen. [216≡]
Die etwaigen Angaben bezüglich der Zustellung an den Adressaten, der bezahlten Antworten, der Empfangsanzeigen, der Kollationirung, der Nachsendung, der Weiterbeförderung etc. müssen unmittelbar hinter der Adresse, die etwaige Beglaubigung hinter der Unterschrift stehen.
Depeschen, welche die hiernach erforderlichen Angaben nicht enthalten, sollen zwar dennoch zur Beförderung angenommen werden. Die Folgen ungenauer, resp. unvollständiger Angaben sind jedoch jedenfalls vom Absender zu tragen. Derselbe kann eine nachträgliche Vervollständigung des Fehlenden nur gegen Aufgabe und Bezahlung einer neuen Depesche beanspruchen.
Depeschen, deren Beförderung streckenweise oder ausschliesslich durch Telegraphen der innerhalb des deutschen Reichs-Telegraphengebietes gelegenen Eisenbahnen stattzufinden hat, dürfen nicht mehr als 50 Worte enthalten.

§. 7. Gattungen der Depeschen.

Die Depeschen zerfallen rücksichtlich ihrer Behandlung in folgende Gattungen:
1. Staatsdepeschen,
2. Dienstdepeschen,
3. Privatdepeschen.
In Bezug auf die Abfassung der Depeschen sind zu unterscheiden:
1. offene Depeschen,
2. geheime Depeschen.
Offene Depeschen müssen in einer der weiter unten als zulässig bezeichneten Sprachen der Art abgefaßt sein, daß der Inhalt einen verständlichen Sinn hat.
Als geheime Depeschen werden angesehen:
a) diejenigen, deren Text aus Chiffern oder geheimen Buchstaben besteht,
b) diejenigen, in welchen Reihen oder Gruppen von Chiffern oder Buchstaben vorkommen, deren kaufmännische Bedeutung der Aufgabestation unbekannt ist;
c) diejenigen, welche in verabredeter Sprache abgefaßte, für die korrespondirenden Stationen unverständliche Sätze enthalten oder Worte, welche in keiner der als zulässig bezeichneten Sprachen vorkommen. [5] [217≡]

§. 8. Besondere Bestimmungen für Staatsdepeschen.

Staatsdepeschen können in beliebiger Sprache, auch chiffrirt, aufgegeben werden. Sie müssen als Staatsdepeschen bezeichnet und durch Siegel oder Stempel als solche beglaubigt sein.
Die Zusatzbestimmung zu § 9 gilt auch für Staatsdepeschen.

§. 9. Besondere Bestimmungen für Privatdepeschen.

Bei Privatdepeschen ist die Fassung in der Landessprache Regel. Sie können überdies in jeder anderen als zulässig bezeichneten Sprache abgefaßt sein.
Geheime Privatdepeschen sind gestattet, wenn sie zwischen Stationen zweier Staaten gewechselt werden, welche diese Art von Korrespondenz zulassen. [6]
Die semaphorischen Depeschen müssen entweder in der Sprache des Landes, in welchem die semaphorische Station, welche die Beförderung der Depesche an das Adreßschiff zu besorgen hat, gelegen ist, oder in Zeichen des allgemeinen Handelskodex abgefaßt sein. [7]
Depeschen, welche nur Börsenkurse, Waaren- und Getreidepreise etc. enthalten, werden nicht als geheime Depeschen angesehen ( cfr. §. 7. 2b. ).
Für Depeschen, welche streckenweise oder ausschliesslich durch Telegraphen der innerhalb des deutschen Reichs-Telegraphengebietes gelegenen Eisenbahnen zu befördern sind, ist die Fassung in deutscher Sprache Bedingung, soweit nicht für einzelne Bahnen und Stationen der Gebrauch fremder Sprachen ausdrücklich nachgegeben wird.

§. 10. Kontrole der Depeschen.

Der Aufgeber einer Privatdepesche ist verpflichtet, auf desfallsiges Verlangen die Aechtheit der Unterschrift seiner Depesche nachzuweisen.
Privatdepeschen, deren Inhalt gegen die Gesetze verstößt oder aus Rücksichten des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Inhalts steht dem Vorsteher der Aufgabestation, beziehungsweise der Zwischen- oder Adreßstation, oder dessen Stellvertreter, und in zweiter Instanz der dieser Station vorgesetzten Centralverwaltung zu, gegen deren Entscheidung ein Rekurs nicht stattfindet.
Bei Staatsdepeschen steht den Telegraphenstationen eine Kontrole der Zulässigkeit des Inhalts nicht zu. [218≡]

§. 11. Gebührenerhebung.

Bei Aufgabe der Depeschen sind sämmtliche bekannte Telegraphirungsgebühren im voraus zu entrichten. Von dem Adressaten sind außer den etwaigen Weiterbeförderungsgebühren zu entrichten:
1. die ganze Gebühr derjenigen Depeschen, welche durch die semaphorischen Stationen von einem Schiffe aufgenommen und weiterbefördert sind;
2. die Ergänzungsgebühr der nachzusendenden Depeschen ( cfr. §. 17 ).
In allen Fällen, wo eine Gebührenentrichtung bei der Uebergabe der Depesche stattfinden soll, wird diese dem Adressaten nur gegen Bezahlung des schuldigen Betrages zugestellt.

§. 12. Währung der Gebühren.

Die Gebührenerhebung erfolgt in der Landeswährung derjenigen Verwaltung, welcher die Aufgabestation angehört.
Die Entrichtung der Gebühren hat mittels Telegraphen-Freimarken oder baar zu erfolgen.
Die für die Gebührenerhebung maßgebenden Tarife sind bei jeder Telegraphenstation zu erfragen.
Die nach dem Silbergroschen- resp. Kreuzersatze festgesetzten Gebührenbeträge werden, wenn der Aufgeber in anderer Münze bezahlen will, möglichst genau umgerechnet. Stellen sich hierbei Bruchtheile heraus, welche nicht darstellbar sind, so erfolgt die Erhebung mit dem nächst höheren darstellbaren Betrage.

§. 13. Beförderungsgebühren.

Bei der Feststellung der Gebühren ist stets eine einfache Depesche, d. h. eine Depesche, welche höchstens 20 Worte enthält, zu Grunde gelegt. Der auf die einfache Depesche anwendbare Gebührensatz erhöht sich um die Hälfte für je 10 Worte, oder einen Theil derselben, mehr.
Die Gebühren für die telegraphische Beförderung der Staats- und Privatdepeschen, welche innerhalb des Deutschen Reichs verbleiben, werden nach Maßgabe der direkten Entfernung nach folgendem Tarif erhoben:

Entfernung Gebühren
nach
Zonen. nach
geographischen Meilen. Norddeutsch. Süddeutsch.
Sgr. Fl. Kr.
I. gegen 11 - 18 5 – 17½
II. gegen 44 - 52 10 – 35
III. über 44 resp. 52 15 – 52½
 


[219≡]
Behufs Feststellung der Zonen ist das ganze Reichsgebiet dergestalt in viereckige Flächen zerlegt, daß jeder Breitengrad in 5, jeder Längengrad in 3 gleiche Theile getheilt und durch die Theilungspunkte Meridian- und Parallelkreise gezogen sind. Die dadurch entstandenen je 15 Vierecke werden Taxquadrate genannt.
Für eine jede Station bilden außer dem Taxquadrat dieser Station selbst die nächsten 4 Quadratreihen (Taxvierecke), mit Hinwegfall der 12 Quadrate, welche außerhalb des in dieses Taxviereck eingeschriebenen Kreises fallen, die erste Zone;
die nächsten 11 Quadratreihen, mit Hinwegfall der 168 Quadrate, welche außerhalb des entsprechenden Kreises fallen, die zweite Zone.
Für den Verkehr mit dem Auslande beträgt die Gebühr bis zur deutschen Grenze (unbeschadet jedoch solcher abweichenden Tarifbestimmungen, welche mit fremden Regierungen für den Verkehr mit den betreffenden Staaten vereinbart sind oder noch vereinbart werden sollten), ohne Rücksicht auf die Entfernung:
a) für Depeschen nach Italien, sowie für alle in Europa verbleibenden und über österreichische Linien zu befördernden Depeschen 16 Sgr. = 56 Kr. süddeutsch,
b) für alle anderen Depeschen 24 Sgr. = 1 Fl. 24 Kr. süddeutsch.
Zu dieser deutschen Gebühr treten die nach dem internationalen Tarif zu berechnenden ausländischen Gebühren.
Hierbei gilt als Regel, daß die Gebühren nach dem wohlfeilsten Wege zwischen dem Ursprungs- und dem Bestimmungsorte der Depesche zu berechnen sind, es sei denn, daß dieser Weg unterbrochen ist, oder daß der Aufgeber auf seiner Depesche einen andern Weg vorgeschrieben hat.
Eine solche Vorschrift ist dann nicht nur für die Berechnung der Gebühren, sondern auch für die Instradirung der Depesche maßgebend, insofern nicht die Unterbrechung des betreffenden Weges es verhindert, in welchem Falle jegliche Beschwerde unzulässig ist.
Im internen Verkehr Bayerns sowohl, als auch Württembergs, sowie im Wechselverkehr zwischen Bayern und Württemberg beträgt die Gebühr für eine einfache Depesche von 20 Worten ohne Rücksicht auf die Entfernung 17½ Kreuzer süddeutsch, die Gebühr für je weitere 10 Worte, oder einen Theil derselben, die Hälfte mehr.
Im internen Verkehr Badens beträgt die Gebühr für eine Depesche von 20 Worten ohne Rücksicht auf die Entfernung ebenfalls 5 Sgr. oder 17½ Kreuzer süddeutsch, die Gebühr für je weitere 10 Worte, oder einen Theil derselben, die Hälfte mehr. Ausserdem sind halbe Depeschen bis zu 10 Worten einschliesslich zulässig, für welche ohne Rücksicht auf die Entfernung 12 Kreuzer süddeutsch oder 3½ Sgr. zu entrichten sind. [220≡]

§. 14. Bestimmung der Wortzahl.

Bei Ermittelung der Wortzahl einer Depesche behufs der Tarifirung werden folgende Regeln beobachtet:
1. Alles, was der Aufgeber in das Original seiner Depesche behufs der Beförderung schreibt, wird bei Berechnung der Gebühren mitgezählt ( cfr. §. 6).
2. Das Maximum der Länge eines Wortes ist auf 7 Silben festgesetzt; der Ueberschuß wird für ein Wort gezählt.
3. Bei Verbindungen von Wörtern durch Bindestriche werden die einzelnen Wörter gezählt.
4. Wenn zwei Wörter mittelst Apostrophirung zusammengezogen sind, z. B. l’un, qu’il, l’Europe, so ist jedes der beiden Wörter besonders zu zählen.
5. Die Namen von Ländern, Städten, Ortschaften, Straßen, Plätzen, Boulevards etc., die Eigennamen von Personen, Titel, Vornamen, Partikel und Eigenschaftsbezeichnungen werden nach der Zahl der zum Ausdruck derselben vom Aufgeber gebrauchten Wörter gezählt.
6. Die in Ziffern geschriebenen Zahlen werden für so viele Wörter gezählt, als sie Gruppen von fünf Ziffern enthalten, nebst einem Worte mehr für den etwaigen Ueberschuß. Dieselbe Regel gilt für die Berechnung der Gruppen von Buchstaben, welche keine geheime Bedeutung haben.
7. Einzeln stehende Schriftzeichen, Buchstaben oder Ziffern werden je für ein Wort gezählt. Ebenso wird die Unterstreichung eines oder mehrerer aufeinander folgender Wörter für ein Wort gerechnet.
8. Zum Worttext der Depesche gehörige Interpunktionszeichen, Apostrophe, Bindestriche, Anführungszeichen, Parenthesen (Klammern) und das Zeichen für den neuen Absatz (Alinea) werden nicht mitgerechnet. Dagegen werden alle durch den Telegraphen nicht darstellbaren Zeichen, welche daher durch Worte gegeben werden müssen, als Wörter berechnet.
9. Punkte, Kommata und Trennungszeichen oder Bruchstriche, welche zur Bildung der Zahlen gebraucht werden, sind je für eine Ziffer zu zählen.
10. Die Buchstaben, welche den in Ziffern geschriebenen Zahlen angehängt werden, um sie als Ordnungszahlen zu bezeichnen, werden jeder für eine Ziffer gezählt.
11. Bei den geheimen Depeschen wird die Adresse, die Unterschrift und der Theil des Textes, welcher in gewöhnlicher oder in verabredeter Sprache abgefaßt ist, nach den gewöhnlichen Regeln gezählt.
Zur Ermittelung der Wortzahl des in Chiffern oder geheimen Buchstaben oder in einer nicht zulässigen Sprache abgefaßten Textes werden zunächst sämmtliche als Chiffern benutzte Ziffern, Buchstaben oder Zeichen im chiffrirten Text zusammengezählt, die Summe durch fünf getheilt und der Quotient als die für den chiffrirten Text zu taxirende Wortzahl angesehen. Der etwaige Ueberschuß zählt für ein Wort. Die Zeichen, welche die Gruppen trennen, werden mitgezählt, insofern der Aufgeber nicht ausdrücklich erklärt hat, daß sie nicht mittelegraphirt werden sollen. [221≡]

§. 15. Kollationirte Depeschen.

Der Aufgeber einer Depesche hat das Recht, die Kollationirung derselben zu verlangen. In diesem Falle wird die Depesche von allen Stationen, welche bei der telegraphischen Beförderung, beziehungsweise Aufnahme mitwirken, vollständig kollationirt.
Die Gebühr für die Kollationirung ist gleich der Hälfte derjenigen der eigentlichen Depesche.

§. 16. Empfangsanzeigen.

Der Aufgeber einer jeden Depesche kann verlangen, daß ihm die Zeit, zu welcher die Depesche seinem Korrespondenten zugestellt worden ist, telegraphisch angezeigt werde.
Hat die Depesche nicht bestellt werden können, so erfolgt statt der Empfangsanzeige die Mittheilung der Umstände, welche die Bestellung verhindert haben, nebst den nöthigen Angaben, damit der Aufgeber seine Depesche eventuell in die Hände des Adressaten gelangen lassen könne.
Die Gebühr für die Empfangsanzeige ist gleich derjenigen einer einfachen Depesche.
Der Aufgeber kann verlangen, daß ihm die Empfangsanzeige nach einem andern Orte als nach dem Aufgabeorte der Ursprungs-Depesche übermittelt werde, insofern er die dazu erforderlichen Angaben liefert.
Es kommt dann der Tarifsatz zwischen der Aufgabe- und der Adreßstation der Empfangsanzeige zur Anwendung.

§. 17. Nachsenden von Depeschen.

Der Aufgeber einer Depesche kann der Adresse den Zusatz: „nachzusenden" beifügen, in welchem Falle die Bestimmungsstation dieselbe sofort nach der vergeblich versuchten Zustellung an die angegebene Adresse weiter an den neuen, ihr in der Wohnung des Adressaten mitgetheilten Adreßort befördert, insofern sich dieser in dem gleichen Staate, beziehungsweise innerhalb des Deutschen Reichs befindet.
Der Zusatz „nachzusenden" kann auch von weiteren Adressen begleitet sein, und wird dann die Depesche successive an diese Adressen befördert.
Die Gebühr für das Nachsenden wird vom Adressaten erhoben.

§. 18. Depeschen mit verschiedenen Adressen.

Die Depeschen können adressirt werden:
a) an mehrere Adressaten in verschiedenen Orten,
b) an mehrere Adressaten in dem nämlichen Orte,
c) an den nämlichen Adressaten in verschiedenen Orten oder in mehreren Wohnungen in dem nämlichen Orte.
Depeschen, welche an verschiedene Adressaten, oder an einen und denselben Adressaten nach solchen Orten gerichtet sind, wohin die Bestellung von verschiedenen Stationen aus besorgt werden muß, werden als eben so viele einzelne Depeschen behandelt, als Adreßstationen angegeben sind und müssen in ebenso vielen Originalen aufgegeben werden. [222≡]
Soll eine Depesche von der Adreßstation behufs Bestellung an verschiedene Adressaten, sei es am Orte selbst, sei es durch Vermittlung der Post resp. eines Expressen, vervielfältigt werden, so wird sie nur als eine einzige Depesche behandelt und für die zweite und jede weitere Ausfertigung die Gebühr von 4 Sgr. etc. erhoben.
Im Wechselverkehr zwischen den deutschen Stationen ist die Vervielfältigungsgebühr nach dem Satze von 2½ Sgr. zu erheben.

§. 19. Frankirte Antworten.

Der Aufgeber kann die Antwort, welche er von dem Adressaten verlangt, frankiren.
Wird eine Antwort von nicht mehr als 20 Worten verlangt, so ist die Angabe beizufügen: „Antwort bezahlt" und für die Antwort die Gebühr einer einfachen Depesche derselben Beförderungsstrecke zu erlegen.
Will der Aufgeber für mehr als 20 Worte die Antwort vorausbezahlen, so hat er beizufügen: „Antwort bezahlt..... Frks......Cts." und diesen Betrag einzuzahlen.
Soll die zu frankirende Antwort nach einem anderen als nach dem Aufgabeorte der Ursprungs-Depesche übermittelt werden, so kommt für die Antwort-Depesche der Tarifsatz zwischen der Aufgabe- und der Adreßstation der Antwort zur Anwendung. Die Angabe des eingezahlten Betrages ist in solchen Fällen obligatorisch ohne Rücksicht auf die Wortzahl der verlangten Antwort. Der betreffende Zusatz muß dann lauten: „Antwort bezahlt nach ..... (Angabe des Ortes).....Frks......Cts."
Die Frankirung der Antwort darf das Dreifache der für die Ursprungs- Depesche erhobenen Gebühr nicht überschreiten.
Die Bestimmungsstation zahlt den Betrag der bei der Aufgabestation für die Rückantwort erhobenen Gebühr baar, in Depeschenmarken oder vermittelst einer Kassenanweisung an den Adressaten, dem es anheimgestellt bleibt, die Antwort abzusenden, wann, an wen und wohin er will. Diese Antwort wird angesehen und behandelt, wie jede andere Depesche.
Kann die Ursprungs-Depesche innerhalb 6 Wochen nicht bestellt werden, oder verweigert der Adressat ausdrücklich die Annahme der für die Rückantwort bestimmten Summe, so giebt die Bestimmungsstation dem Aufgeber hiervon Kenntniß durch eine Dienstnotiz, welche die Stelle der Antwort vertritt. Diese Dienstnotiz enthält die Mittheilung der Umstände, welche die Bestellung verhindert haben, und die nöthigen Angaben, damit der Aufgeber seine Depesche eventuell nachsenden lassen könne. [223≡]

§. 20. Quittung der Gebühren.

Bei Depeschen, für welche die Antwort, die Kollationirung oder die Empfangsanzeige bezahlt ist, wird über die erhobenen Gebühren Quittung ertheilt.
Ein Gleiches gilt von allen Staatsdepeschen, sowie von solchen Depeschen, welche nach außereuropäischen Ländern gerichtet sind, auch wenn weder Antwort, noch Kollationirung, noch Empfangsanzeige verlangt ist.

§. 21. Weiterbeförderungs-Gebühren.

Depeschen jeglicher Art, welche per Post weiter zu befördern oder poste restante zu deponiren sind, werden von der Ankunftsstation als rekommandirte Briefe zur Post gegeben, ohne Kosten für den Aufgeber und für den Empfänger, mit Ausschluß folgender Fälle:
1. für Depeschen, welche über das Meer hinaus zu senden sind, sei es in Folge Unterbrechung unterseeischer Telegraphenlinien, sei es behufs Erreichung solcher Länder, welche mit Europa keine telegraphische Verbindung haben, sei es, weil der Aufgeber die Beförderung per Post ausdrücklich verlangt hat, sind die hierfür entfallenden Postgebühren vom Aufgeber zu entrichten;
2. sollen Depeschen von einer an der Grenze gelegenen Station per Post in das benachbarte Gebiet weiterbefördert werden, so werden sie in einem gewöhnlichen Briefkuvert unfrankirt in den Brieftasten gesteckt und fällt das Porto dem Adressaten zur Last;
3. in gleicher Weise wird verfahren, wenn sich am Bestimmungsorte eine Telegraphenstation befindet, der Aufgeber jedoch die Weiterbeförderung seiner Depesche per Post von einer bestimmten Station aus verlangt.
Die Kosten für die Weiterbeförderung per Expressen werden in der Regel vom Adressaten erhoben. Der Aufgeber einer Depesche mit Empfangsanzeige hat jedoch das Recht, diese Weiterbeförderung zu frankiren, indem er einen von der Aufgabestation festzustellenden Betrag hinterlegt, worüber abgerechnet wird, sobald die wirklichen Auslagen durch die Empfangsanzeige bekannt sind.
Für die semaphorische Beförderung der Depeschen von den semaphorischen Stationen nach den Schiffen et vice versa ist eine besondere Zuschlagstaxe von 16 Sgr. = 56 Kreuzer süddeutsch pro einfache Depesche von 20 Worten zu den tarifmäßigen Gebühren zu entrichten.
Im Auslande findet eine Weiterbeförderung der Depeschen über die Telegraphenlinien hinaus in der Regel nur per Post statt. In welchen Staaten auch Weiterbeförderungen durch expresse Boten oder Estafetten zulässig sind, ist bei den Telegraphenstationen zu erfragen.
Bei Depeschen, die per Post weiterzubefördern sind, ist eine streckenweise Beförderung durch Telegraphen der innerhalb des deutschen Reichs-Telegraphengebietes gelegenen Eisenbahnen nicht, statthaft, und werden dergleichen Depeschen daher event. von der letzten Reichs -Telegraphenstation unmittelbar der Post zur Weiterbeförderung übergeben.
Die Bezahlung der Kosten für Weiterbeförderung per Expressen kann im Verkehr innerhalb des Deutschen Reichs bei allen Depeschen durch den Aufgeber oder durch den Adressaten erfolgen. [224≡]

§. 22. Zurückziehung und Unterdrückung von Depeschen.

Vor begonnener Abtelegraphirung kann jede Depesche zurückgefordert werden.
Die Gebühren werden in solchem Falle nach Abzug von 4 Sgr. etc. erstattet.
Hat die Abtelegraphirung bereits begonnen, so verbleiben die Gebühren für die bereits durchlaufene Strecke den betheiligten Verwaltungen; die übrigen ausländischen und besonderen Gebühren werden dem Aufgeber restituirt.
Das Verlangen, daß eine bereits abgegangene Depesche nicht bestellt werde, muß mittelst besonderer Depesche des Aufgebers an die Bestimmungsstation erfolgen, wofür die tarifmäßigen Gebühren zu zahlen sind. Von dem Erfolge wird ihm per Post Kenntniß gegeben. Verlangt der Aufgeber telegraphischen Aufschluß, so hat er die Antwort zu frankiren.
Die erlegten Gebühren für die Depesche, deren Bestellung unterdrückt wird, werden nicht restituirt.
Bei jedem derartigen Verlangen hat der Antragsteller das Ansuchen schriftlich zu stellen und sich als der Absender oder dessen Beauftragter zu legitimiren.
Im Wechselverkehr zwischen deutschen Stationen betragen die im Alinea 2 erwähnten Gebühren 2½ Sgr.

§. 23. Verfahren bei der Adreßstation.

Die Depeschen werden gleich nach der Ankunft bei der Adreßstation ausgefertigt, in Kuverts eingeschlossen, welche die vollständige Adresse der Depesche erhalten und mit dem Siegel der Station versehen.
Die nach dem Orte selbst gerichteten Depeschen werden so schleunig als möglich bestellt. Die nach anderen Orten bestimmten Depeschen werden, je nachdem sie durch die Post, oder durch Expressen weiterzusenden sind, mit möglichster Beschleunigung der Weiterbeförderungs-Anstalt in der erwähnten Weise zugeführt.
Wenn der Adressat seinen Aufenthaltsort verändert hat, so werden demselben die für ihn eingehenden Depeschen, auch wenn sie keinen Nachsendungsvermerk tragen, an den neuen Adreßort nachtelegraphirt, wenn er in einer bei der betreffenden Telegraphenstation niederzulegenden schriftlichen Erklärung das Verlangen der Nachsendung ausdrücklich ausgesprochen hat. Die hierfür entfallenden Gebühren bezahlt der Adressat bei Empfang der Depesche. [225≡]

§. 24. Bestellung durch Telegraphenboten.

Der Bote hat die Depesche nebst Empfangsschein ohne Aufenthalt nach der Wohnung des Adressaten resp. nach der in der Depesche bezeichneten Adresse oder nach der Post zu bringen und sich bei Abgabe derselben zu überzeugen, daß die richtige Zeit und Unterschrift in die Empfangsbescheinigung eingetragen ist.
Dem Boten ist die Annahme von Geschenken untersagt.
Zur Bescheinigung der Abgabe einer Staatsdepesche kann, wenn nicht eine besondere schriftliche Verfügung darüber getroffen ist, nur der Vorstand der betreffenden Behörde, oder in dessen Abwesenheit, sein Stellvertreter als berechtigt angesehen werden.
Privatdepeschen können in der Wohnung des Adressaten an diesen selbst, an ein erwachsenes Mitglied seiner Familie, an dessen Geschäftsgehülfen, Dienerschaft, Gast- oder Hauswirthe oder an den Portier des Hotels resp. des Hauses abgegeben werden, insofern der Adressat nicht für derartige Fälle einen besonderen Empfänger der Station schriftlich namhaft gemacht, oder der Aufgeber verlangt hat, daß die Zustellung nur in die Hände des Adressaten stattfinden solle. Ein derartiges Verlangen muß vom Aufgeber in der Adresse seiner Depesche ausgesprochen sein und wird alsdann seitens der Ankunftsstation auf dem Kuvert der Depesche wiederholt.
In allen Fällen, wo der Bote den Adressaten nicht selbst antrifft und die Depesche einem Anderen aushändigt, hat der Letztere in der Empfangsbescheinigung seiner eigenen Namensunterschrift das Wort „für" und den Namen des Adressaten beizufügen.

§. 25. Unbestellbare Depeschen.

Von der Unbestellbarkeit einer Depesche und den Gründen der Unbestellbarkeit wird der Aufgabestation telegraphische Meldung gemacht.
Ist eine Depesche unbestellbar, weil der Adressat in seiner Wohnung nicht angetroffen worden ist, die Depesche auch nicht an eine der im §. 24 Alinea 4 erwähnten Personen hat ausgehändigt werden können, so wird dieselbe bei der Adreßstation aufbewahrt, in der Wohnung des Adressaten aber eine bezügliche Anzeige zurückgelassen.
Hat sich innerhalb sechs Wochen der Adressat zur Empfangnahme der Depesche nicht gemeldet, so wird solche vernichtet.
In gleicher Weise wird mit Depeschen verfahren, welche die Bezeichnung tragen: »bureau restant« oder „Station restante".
Ist das Schiff, für welches eine semaphorische Depesche bestimmt ist, innerhalb 28 Tage nicht angekommen, so giebt die semaphorische Station dem Aufgeber hiervon am Morgen des 29. Tages durch eine dienstliche Meldung Kenntniß. Der Aufgeber kann, gegen Bezahlung einer besonderen Depesche an die betreffende semaphorische Station, verlangen, daß seine Depesche noch fernere 30 Tage behufs Beförderung an das Adreßschiff bereit gehalten werde u. s. f.
Geht ein solches Verlangen nicht ein, so legt die semaphorische Station die Depesche den 30. Tag als unbestellbar zurück. [226≡]

§. 26.Garantie und Reklamationen.

Die Telegraphenverwaltungen leisten für die richtige Ueberkunft der Depeschen oder deren Ueberkunft und Zustellung innerhalb einer bestimmten Frist keinerlei Garantie und haben Nachtheile, welche durch Verlust, Verstümmelung oder Verspätung der Depeschen entstehen, nicht zu vertreten.
Für Depeschen, welche durch Schuld der Telearaphenverwaltung gar nicht oder mit bedeutender Verzögerung in die Hände des Adressaten gelangt sind, sowie für solche Depeschen mit bezahlter Kollationirung, welche in Folge wesentlicher Verstümmelung erweislich ihren Zweck nicht haben erfüllen können, werden die gezahlten Gebühren zurückerstattet, sofern deren Reklamation innerhalb 2 Monate (bei Depeschen nach außereuropäischen Ländern, sowie bei Depeschen, für welche die Antwort, die Kollationirung oder die Empfangsanzeige bezahlt ist, innerhalb 6 Monate) vom Tage der Aufgabe der Depesche ab erfolgt.
Im Falle der Unterbrechung einer unterseeischen Telegraphenlinie kann der Aufgeber die Rückerstattung des Theiles der Gebühren, welcher auf die nicht telegraphisch durchlaufene Strecke entfällt, verlangen, nach Abzug jedoch der Kosten, welche etwa für die nicht telegraphische Weiterbeförderung verauslagt sind.
Die Erstattung der Gebühren kann versagt werden, wenn der Verlust, die Verspätung oder die Verstümmelung der Depesche einer Verwaltung zur Last fällt, welche den internationalen Verträgen nicht beigetreten ist und die Verpflichtung zur Gebührenerstattung abgelehnt hat.
Die Reklamationen sind bei der Aufgabestation einzureichen. Als Beweisstücke sind beizufügen: eine schriftliche Erklärung der Bestimmungsstation oder des Adressaten, wenn die Depesche nicht angekommen ist, die dem Adressaten zugestellte Ausfertigung, wenn es sich um Verstümmelung oder Verzögerung handelt.
Bei Reklamation wegen Verstümmelung muß nachgewiesen werden, daß und durch welche Fehler die Depesche der Art verstümmelt ist, daß sie ihren Zweck nicht hat erfüllen können.
Ein Aufgeber, welcher nicht in dem Staate wohnt, wo er seine Depesche aufgegeben hat, kann seine Reklamation bei der Verwaltung des Aufgabeortes durch eine andere Verwaltung anhängig machen. [227≡]

§. 27. Berichtigungsdepeschen.

In den im vorigen Paragraphen vorgesehenen Fällen bezieht sich die Rückerstattung nur auf die Gebühren derjenigen Depeschen, welche verzögert, verstümmelt oder nicht angekommen sind, nicht aber auf die Gebühren solcher Depeschen, welche etwa durch die Verzögerung, Verstümmelung oder Nichtankunft jener Depeschen nothwendig oder überflussig geworden sind.
Dagegen hat der Empfänger einer jeden Depesche das Recht, innerhalb der nächsten 24 Stunden nach Ankunft der Depesche die Wiederholung der ihm zweifelhaften Stellen zu verlangen, wofür zu entrichten ist:
1. die Gebühr einer einfachen Depesche für das deshalb an die Aufgabestation zu richtende Verlangen,
2. die Gebühr einer nach der Länge der zu wiederholenden Stelle berechneten Depesche.
Ein gleiches Recht wird dem Aufgeber bewilligt, wenn er Gründe haben sollte zu vermuthen, daß seine Depesche verstümmelt sei, vorausgesetzt, daß er den bezüglichen Antrag innerhalb der nächsten 24 Stunden nach dem Abgange seiner Depesche stellt.
Diese Gebühren werden von der Station sofort zurückvergütet, wenn aus der Wiederholung hervorgeht, daß der Sinn der ursprünglichen Depesche durch die Telegraphenanstalt verstümmelt worden ist. Für die berichtigte Depesche selbst werden die Gebühren nicht zurückerstattet.

§. 28. Nachzahlung und Rückerstattung von Gebühren.

Gebühren, welche für beförderte Depeschen irrthümlich zu wenig erhoben worden sind, oder deren Einziehung vom Adressaten nicht erfolgen konnte, – sei es, daß derselbe die Bezahlung verweigert hatte, sei es, daß er nicht aufgefunden worden war –, hat der Absender auf Verlangen nachzuzahlen.
Irrthümlich zu viel erhobene Gebühren werden dem Absender erstattet.

§. 29. Depeschenabschriften.

Der Aufgeber und der Adressat, falls sie sich als solche gehörig legitimiren, sind berechtigt, sich beglaubigte Abschriften der von ihnen aufgegebenen resp. an sie gerichteten Depeschen ausfertigen zu lassen, wenn sie das genaue Datum derselben angeben können und die Orginaldokumente noch vorhanden sind.
Diese Dokumente werden in der Regel 6 Monate lang aufbewahrt.
Für Depeschen nach außereuropäischen Ländern, sowie für solche Depeschen, bei welchen die Antwort, die Kollationirung oder die Empfangsanzeige vom Aufgeber bezahlt war, ist die Aufbewahrungsfrist auf 18 Monate verlängert.
Für jede Abschrift kommt die fixe Gebühr von 4 Sgr. etc. in Berechnung.
Im Wechselverkehr zwischen deutschen Stationen beträgt die Gebühr pro Abschrift 2½ Sgr. [228≡]

§. 30. Zeitpunkt der Einführung.

Die gegenwärtige Telegraphen-Ordnung tritt am 1. Juli 1872 in Kraft.
Berlin, den 21. Juni 1872.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Delbrück.
 

petzlaff Am: 06.03.2010 12:02:23 Gelesen: 14504# 2 @  
@ doktorstamp [#1]

Sehr schöner Beitrag!

In diesem Zusammenhang möchte ich gern einmal hinterfragen, wie Telegrafenmarken von der Mehrheit hier im Forum betrachtet werden. Für mich sind sie im Rahmen einer Ländersammlung neben Frei-, Porto- und Dienstmarken absolut gleichberechtigt, da sie die Gebühr für eine postalische Nachrichtenübermittlung als Dienstleistung quittieren. Leider berücksichtigen die gängigen Kataloge Telegrafenmarken meist nur dann, wenn sie "postalisch", also als Brieffrankatur gebraucht oder durch Aufdruck zu Freimarken umgestaltet wurden.

LG, Stefan
 
DL8AAM Am: 08.03.2010 16:38:26 Gelesen: 14461# 3 @  
@ petzlaff [#2]

Hallo Stefan,

In diesem Zusammenhang möchte ich gern einmal hinterfragen, wie Telegrafenmarken von der Mehrheit hier im Forum betrachtet werden.

Ganz klar wie "normale Briefmarken". Zwar sind es keine BRIEFmarken, aber wie Du schreibst sind es "postalische Marken". Zumindest solange die Post noch PTT war, so hiess/en die Post/en ja eigentlich " Post Telefon & Telegraf" korrekt. In etlichen Ländern heisst die Post sogar immer noch PTT. So zum Beispiel die spanische Post, die sich vollständig immer noch "Correos y Telégrafos" nennt. Also nicht mehr ganz PTT, die Telefonsparte haben die Spanier auch bereits ausgegliedert, die Telegraphen wollte den aber wohl keiner abkaufen.

Auf einigen Poststempeln findet man noch heute den Zusatz "Correos y Telégrafos". Habe aber leider keinen besseren auf die Schnelle gefunden:



Dafür passt der Beleg aber ziemlich gut in den Thread "Gebühr bezahlt - Vermerke aus aller Welt" (http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ME=24774 Beitrag 9 und 10):

Wobei der FPO-Stempel in der im Beitrag 9 genannten Abhandlung so in dieser Form direkt dort nicht beschrieben wird.

"Franqueo Pagado en Oficina" (FPO) Kasten-Handstempel (Gebühr bezahlt im Postamt) mit Zusatz des Ortshandstempels "Correos y Telégrafos" von "Maspalomas - 35" (35: Kanarische Inseln) vom 19.02.2010.

Gruß, Thomas
 
Marcel Am: 15.09.2012 22:38:53 Gelesen: 13447# 4 @  
@ petzlaff [#2]

Hallo Stefan,

ich würde die Telegraphiemarken als Fiskalmarken betrachten, da wie Du schon sagst die Gebühr für eine Nachrichtenübermittlung als Dienstleistung quittiert wird. Das Problem bei gelaufenen Telegraphiemarken ist es eine Unbeschädigte zu erhalten, da diese über die Faltung geklebt und vom Empfänger aufgebrochen (zerissen) wurden. Siehe Dir mein Beispiel an von einem kaiserlich deutschen Telegramm vom Amt Bad Blankenburg in Thüringen aus dem Jahre 191(?).



Schöne Grüße
Marcel
 
Marcel Am: 18.10.2012 11:16:06 Gelesen: 13316# 5 @  
Hallo, hier eine Telegraphenmarke zu 1 Mark von 1875.

In einem anderen Thread ging es um die Stempelfarbe Bayerns (bereits 2009). Dort schrieb bayern klassisch:

Ich denke, es ist ein Märchen, was die Telegraphen - Farbe angeht, denn Telegraphenmarken mit dieser blau - violetten Farbe habe ich noch keine gesehen. Diese müssten aber doch zuhauf blau - violett abgestempelt worden sein, wenn diese These tatsächlich zuträfe ...

Vielleicht kann bayern klassisch sich hierzu noch einmal äußern! Könnte es sich bei meiner gezeigten Marke,um diese verwaschenen violetten Spuren eines solchen Stempel handeln? Leider ist es eine Einzelmarke und kein Beleg. Danke im voraus!

Marcel


 
Sachsendreier53 Am: 23.11.2018 14:07:18 Gelesen: 7906# 6 @  
@ Marcel [#4]

Ein Telegramm (Telegraphie) aus Zeithain vom 9.8.1917, aufgenommen vom Amt Rabenau (Sachsen) am 10.8.1917. Die Siegelmarke wurde gebrochen, aufgeschnitten.

Die Telegraphiemarken würde ich nicht zu den fiskalischen Marken zählen.






Hier eine kleine Ausgabe einer blauen, Kaiserlich Deutschen Telegraphiemarke (um 1900)

mit Sammlergruß,
Claus
 
volkimal Am: 23.11.2018 14:53:30 Gelesen: 7896# 7 @  
@ Sachsendreier53 [#6]

Hallo Claus,

laut Häger (Lexikon der Philatelie) wurden Telegrafenmarken zur Verrechnung von Telegrammgebühren eingesetzt. Daher haben Telegrafenmarken normalerweise einen Werteindruck wie im Beitrag [#5]. Die Marken, die Du zeigst, sind für mich keine Telegrafenmarken sondern Verschlussmarken. Bei der saarländischen Verschlussmarke wird das besonders deutlich:



Rechts eine zufälligerweise nicht zerrissene Verschlussmarke.

Viele Grüße
Volkmar
 
taro Am: 24.11.2018 11:06:33 Gelesen: 7867# 8 @  
@ doktorstamp [#1]

Mittlerweile gibt es Scans und Transkription auch auf Wikisource [1] bzw. Wikimedia (Link über Wikisource)

[1] https://de.wikisource.org/wiki/Telegraphen-Ordnung_f%C3%BCr_das_Deutsche_Reich
 
volkimal Am: 24.11.2018 13:25:13 Gelesen: 7851# 9 @  
Hallo zusammen,

ich musste sie erst suchen. Hier als Ergänzung zum Beitrag [#7] drei Marken, die ich zu den Telegrafenmarken zähle.



Sie passen allerdings nicht zum Deutschen Reich. Die beiden ersten sind Telegrafenmarken MiNr. 5 und 7 des Norddeutschen Bundes. Die dritte Marke dürfte eine spanische Telegrafenmarke sein. Ich habe sie aber nicht im Katalog gefunden.

Viele Grüße
Volkmar
 
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