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Thema: Verkauf von fotokopierten „Briefmarken“ bei eBay
Richard Am: 09.02.2013 08:09:17 Gelesen: 7072# 1 @  
Verkauf von fotokopierten „Briefmarken“ bei eBay

Von Lars Böttger

Sie heißen „dubiosphila2012“, „nachlass_fundgrube_2010“ oder „grille-2012“. Sie verkaufen alle als Privatpersonen bei eBay. Allerdings kann man als Sammler dort keine echten Briefmarken erwarten, auch keine klassischen Fälschungen, sondern moderne Fotokopien und Reproduktionen von etwas, das wie eine Briefmarke aussieht.

Die Marken stammen angeblich aus einem Nachlass. Da der Anbieter kein Prüfer ist, bietet er die „Briefmarke“ vorsichtshalber als Fälschung an. Das bedeutet bei eBay, dass er sein Angebot unter dem Attribut „Reproduktion“ verkauft. Damit sind der BDPh-Bundesstelle Fälschungsbekämpfung die Hände gebunden. Sie kann nicht tätig werden.

Im Angebot ist alles vom Bayerneinser, Sachsendreier bis hin zur Audrey Hepburn. Die Kopien erzielen nur einen Bruchteil des Wertes der echten Marke. Aber das macht nichts, da die Gestehungskosten der Kopien so niedrig sind, dass sich bei einer angeblichen Bayern Nr. 1 ein erzielter Verkaufspreis von 20 Euro immer noch lohnt.



Abb. 1-4: Zuerst die Kopie, dann die echte Marke, die Unterschiede sind sofort erkennbar

Wenn man die gezeigten Bilder ansieht, dann wundert es einen, dass die Verkäufer überhaupt Abnehmer finden. Nicht die Bildqualität ist miserabel, sondern die Reproduktion. Billigste Farbkopien, denen man die Herkunft ansieht.

Den Verkäufern macht es nichts aus. Auch die Kunden sind höchst zufrieden mit der Ware: Mit „Alles Super“, „Alles bestens, wie beschrieben“ oder „schnelle Lieferung“ werden die Angebote positiv bewertet. So sind schnell mehrere hundert Verkäufe zusammen und ein paar tausend Euro verdient.

Wenn sich die negativen Bewertungen häufen, weil Sammler merken, für welches Buntpapier sie teuer bezahlt haben, dann wird das Konto geschlossen und die Einsicht in die Bewertungen verschwindet. Die Verkäufer haben auf „privat“ umgestellt und damit die negativen Kommentare verdeckt. Sie warten dann zwölf Monate und können dann das alte Konto wieder nutzen. In der Zwischenzeit wird das nächste eBay-Konto aufgemacht und der Spuk geht weiter.

Sie fragen sich jetzt, was tut der BDPh dagegen? Der BDPh hat sich schon im Sommer 2012 dafür bei eBay eingesetzt, dass generell der Verkauf von Fälschungen von Briefmarken und Belegen bei eBay verboten wird. Leider wurde der Brief nicht beantwortet. Aufgrund der für einen Profi relativ niedrigen Einnahmen haben anscheinend Finanzämter auch keine Lust, den Verkäufern über die Mehrwertsteuer das Spiel zu verderben.

So kann man derzeit nur den Rat geben, dort nicht zu kaufen. Die Reproduktionen sind so schlecht, selbst 1 Euro dafür ist noch zu viel. Wenn kein Umsatz mehr gemacht wird, dann stirbt auch das Geschäftsmodell.

Lars Böttger ist Fälschungsexperte im Vorstand des BDPh. Dieser Beitrag ist bereits in der Verbandszeitschrift "Philatelie" erschienen.
 
Wolffi Am: 09.02.2013 08:25:34 Gelesen: 7062# 2 @  
Ich hatte die auch schon mal bei eBay gesehen, und war erstaunt über die Anzahl der Verkäufe und die Preise, die damit erzielt werden.

Was ich nun gar nicht verstehen konnte, waren die durchweg sehr positiven Bewertungen, die andere Interessenten dazu verleiten, auch so ein "Schnäppchen" zu kaufen.
 
Lars Boettger Am: 09.02.2013 10:09:34 Gelesen: 7009# 3 @  
@ Wolffi

Z.T. werden die Marken "gepusht", d.h. von dem Anbieter mit einem anderen Konto im Preis hochgetrieben. Das funktioniert oft ganz gut, manchmal erhält man aber auch die eigenen Marken und bewertet dann positiv. Die anderen Marken werden von Ausländern und Sammlern gekauft, die weder die Beschreibung, noch die Bilder richtig angesehen und gelesen (und verstanden!) haben. Da riskiert man gerne 20 oder 30 Euro. Bei den Hepburn-Marken waren die Resultate sogar dreistellig.

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Wolffi Am: 09.02.2013 10:42:55 Gelesen: 6984# 4 @  
Hallo Lars,

der Account "sammelnundseltenes2013" wurde wohl schnell wieder geschlossen.

Wenn gepusht wird, bleibt auch manchmal ein Verkauf hängen. Da so Menschen positive Bewertungen benötigen, folgt in der Regel auch noch eine solche. Damit kann man Zusammenhänge (andere Accounts) manchmal ganz gut zuordnen.

Unter http://toolhaus.org/ kann man da ganz nette Zusammenhänge erkennen.

Wolfgang
 
Lars Boettger Am: 09.02.2013 14:57:07 Gelesen: 6916# 5 @  
@ Wolffi [#4]

In dem Thread "aus alter Sammlung" im StampsX-Forum wurde die Geschichte ausführlich behandelt: http://www.stampsx.com/forum/topic.php?id=5299&highlight=&page=1&

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Wolffi Am: 09.02.2013 15:32:42 Gelesen: 6898# 6 @  
@ Lars [#5]

Vielen Dank für den Hinweis, Lars,

den Beitrag dort hatte ich heute gefunden und war entsetzt darüber, dass der Sumpf ja noch viel tiefer ist, als ich nach dem Beitrag von Richard hier angenommen habe.

Mit eBay braucht man aber nicht zu diskutieren oder versuchen, etwas zu bewegen - aus jedem Auge quillen dort nur die Dollarnoten. Alles, was so Dinge betrifft, erhält meist nur den Kommentar: Wir stellen nur die Plattform.

Erst wenn eine breite Masse Kenntnis nehmen und sich entrüsten würde, fürchten die um ihr Image (und ihre Dollars) und kommen so ganz, ganz langsam in Bewegung.

Wir sind dort mit mehreren Accounts als gewerbliche Verkäufer (nicht Philatelie) unterwegs, und bekommen so über spezielle Foren schon etwas mehr mit. Schon mehr als einmal sind meine Halsschlagadern bedrohlich angeschwollen. :-)

Leider sehe ich für den konkreten Fall wenig Hoffnung: Bei richtiger Formulierung wird nichts illegales gemacht, und wenn man eine Fliege tot schlägt, kommen 5 neue zur Beerdigung.

HG Wolfgang
 
Lars Boettger Am: 09.02.2013 16:51:59 Gelesen: 6874# 7 @  
@ Wolffi [#6]

Ich muss auch selbstkritisch sagen, dass wir als BDPh-Bundesstelle Fälschungsbekämpfung dort nicht früh genug aufgepasst haben. Wir hatten die Regel, das Angebote als "Reproduktion" schon unseren eBay-Richtlinien genügten. Das funktionierte auch so weit ganz gut. Aber an solche Fälle hatten wir dabei nicht gedacht. Mittlerweile bestehen wir auf die Kennzeichnung als Fälschung und die Beschreibung als Fälschung. Ansonsten werde die Angebote an eBay gemeldet und von eBay-Sicherheit gelöscht.

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Gisi Am: 09.02.2013 17:32:10 Gelesen: 6851# 8 @  
@ Lars Böttger [#7]

Lars,

es müsste doch möglich sein, bei e-bay mit einer Petition diesem üblen Handwerk Einhalt zu gewähren. Wenn alle Philaseiten- und stampx-Mitglieder so eine Petition mit Unterschriften einreichen, könnte ich mir vorstellen, dass eine Regelung geschaffen werden könnte, welche das Einstellen von vermutlichen Fälschungen untersagt. Oder lebe ich in einer "Traumwelt"?

Gruss,
Gisi
 
Vernian Am: 09.02.2013 21:26:16 Gelesen: 6793# 9 @  
@ Gisi [#8]

Sorry ja, wohl eher einer Traumwelt. Es sei denn, man bekommt den richtigen zu greifen, der Verständnis UND etwas zu Bewirken hat.

LG

Vernian
 
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