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Thema: Abkürzungen im Amtsblatt des Reichs-Postamts
bekaerr Am: 19.09.2013 13:37:32 Gelesen: 4877# 1 @  
Hallo zusammen,

in den Ferien habe ich die Möglichkeit genutzt, in den Amtsblättern des Reichs-Postamts zu schmökern. An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich Werbung für die Philatelistische Bibliothek in München machen. Dabei werden bei den Nachrichten zu den Postanstalten immer wieder Veränderungen angezeigt:



Leider konnte ich bisher noch nicht herausfinden, welche Bedeutung jeweils die Buchstaben, bzw. Buchstabenkombinationen haben. Ganz wild erscheint die Angabe rechts unten bei Göttingen mit "Bruchstrich".

"Ag" interpretiere ich als "(Post-)-Agentur", aber was bedeutet der Rest?

Folgende Buchstanben/-Kombinationen habe ich festgestellt:

ZTN, H, L, F, FL, TpL, C/SL, BC, N/SL, BL

Diese Aufstellung ist sicher nicht abschließend. Wer kann helfen und diesen Code entschlüsseln?

Wer hat eine Portotaxe aus dem Jahr 1900 oder 1901? Dort müßte die Auflösung zu finden sein. Ich habe leider nur die Portotaxe von 1902, dort finden sich aber diese Buchstabenkombinationen nicht mehr.

Vielen Dank im Voraus!
Bernd
 
JohannesM Am: 19.09.2013 17:30:41 Gelesen: 4841# 2 @  
@ bekaerr [#1]

Hallo Bernd,

aus dem Verzeichnis der Post- und Telegrafenanstalten 1896, übrigens auch in München ausgeliehen und zufällig bei mir. :-)



Gruß Eckhard
 
bekaerr Am: 19.09.2013 19:35:28 Gelesen: 4816# 3 @  
Hallo Eckhard,

das ist ja super! Vielen Dank. ;-)

Interpretiere ich das richtig? Eine Postanstalt ZdA kann kein eigenständiger Postort sein? Analog zu den Posthilfstellen, die ja auch keine eigenständigen Postorte sind, Postagenturen hingegen schon.

Herzlichen Gruß,
Bernd
 
JohannesM Am: 19.09.2013 21:02:00 Gelesen: 4801# 4 @  
@ bekaerr [#3]

Hallo Bernd,

kommt darauf an, was man unter Postort versteht. Bei meiner Kreisstadt Halberstadt läuft das Hauptpostamt (Halberstadt 1) unter A1, also Postamt 1. Klasse, während Halberstadt 2 (Bahnhof) unter ZdA1 läuft. Mehr Postämter gab es damals nicht, aber später gab es noch Halberstadt 3 bis 5, die würden dann auch alle unter ZdA1 laufen.

Gruß Eckhard
 
Werner Steven (RIP) Am: 20.09.2013 16:43:21 Gelesen: 4768# 5 @  
Hallo Bernd,

deine Frage hat sich ja schnell beantwortet. Zum Allgemeinen hier eine alte Arbeit.

Zeittafel


1871, 16.04. Postamt
Postverwaltung (vorher Postexpeditionen 1 Klasse)
Postexpeditionen (vorher Postexpeditionen 2 Klasse)
Postagenturen (neu geschaffen, meist Postexpeditionen 2 Klasse)
1875, 05.01. Postamt I
Postamt II (vorher Postverwaltung)
Postamt III (vorher Postexpedition)
Postagenturen (unverändert)
1881 Posthilfsstellen
 



Begriffsbestimmungen

Ämter (Ä) und Amtsstellen (ASt ) der DBP Die Gliederung der DBP sieht für die Durchführung des Post- und Fernmeldedienstes in den Orten Ä und ASt vor, die den OPDn nachgeordnet sind: Postämter (PÄ), Zweigpostämter (ZwPÄ), Bahnpostämter (DBPÄ) Postscheckämter (PSchÄ), (PSÄ), Poststellen I (PST I), Poststellen II (PST II) sowie Posthilfsstellen (PHSt ) Zu den ASt zählen ZwPÄ, PST und PHSt Die PÄ und ZwPÄ nehmen im allgemeinen den Post- und Fernmeldedienst in den Orten wahr BPÄ, PSchÄ und PSÄ dienen besonderen Zwecken Die PST versehen den Post- und Fernmeldedienst in kleinen Orten, die PHSt sind Hilfseinrichtungen auf dem Lande

Postämter (PÄ) heißen im Bereich der DBP die Postanstalten größeren Umfangs

Postagenturen wurden bei der DRP 1871 eingerichtet Seit Anfang 1923 wurden PAg mit Vollbetrieb und PAg mit einfachem Betrieb (m e B ) unterschieden Die PAg waren PAnst mit geringem Verkehr, die nicht von Berufsbeamten, sondern von Privatpersonen im Nebenamt verwaltet wurden Sie dienten in erster Linie den Verkehrsbedürfnissen der Bevölkerung auf dem flachen Lande, es gab nur wenige PAg in den Städten Die PAg unterstanden als ZwPÄ in Bezug auf Verwaltungs-, Personal-, Betriebs- und Kassenangelegenheiten einem Abrechnungs-PA
Vom 01.04.1939 an erhielten die PAg die Bezeichnung "Poststelle"

Postexpeditionen gab es bei der früheren Preußischen Post und bei ihren Nachfolgerinnen, der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes und der Reichspostverwaltung, Sie waren hinsichtlich des Kassen- und Rechnungswesens dem nächstgelegenen PA zugeteilt, standen aber sonst unmittelbar unter dem GPA (General Postamt) Die Bezeichnung blieb auch nach Schaffung der OPDn im Jahre 1850 bestehen Die Unterstellung der Postexpeditionen unter die PÄ hörte jedoch auf 1871 wurden die Postexpeditionen I Klasse (besetzt mit Fachbeamten) in "Postverwaltungen" umgewandelt während die Postexpeditionen II Klasse (besetzt mit nebenamtlich tätigen Ortseinwohner) ihren Namen beibehielten (ohne Zusatz) 1876 (gelegentlich der Verschmelzung der Telegraphie mit der Post) wurden die Postexpeditionen umbenannt in "Postämter III Klasse deren Leitung Fachbeamte übernahmen

Postverwaltungen wurden bei der preußischen Postverwaltung die im Jahre 1821 eingerichteten Zweigpostanstalten genannt, die hinsichtlich des Kassen- und Rechnungswesens nicht selbständig, sondern einem PA zugeteilt werden Bei der Neuregelung des Postwesens 1850 fiel die Bezeichnung "Postverwaltung" weg 1871 wurden sie erneut eingeführt und den Postexpeditionen I Klasse beigelegt Als Post und Telegraphie vereinigt wurden (1.1.1876) wurden die bisherigen Postverwaltungen in Postämter II umbenannt, womit die Bezeichnung endgültig verschwand.
 

bekaerr Am: 21.09.2013 10:57:57 Gelesen: 4733# 6 @  
Hallo Werner,

vielen Dank für die wie immer sehr ausführliche Antwort in :-) Werner Steven [#5]

Der Punkt, an dem ich auf dem Schlauch stehe, wird von Eckhard in JohannesM [#4] schön getroffen:

Was versteht man unter einem Postort?

Leider war es mir bisher nicht vergönnt, eine amtliche Definition von "Postort" zu finden. Bis 1921 heißt es in den postamtlichen Quellen nur:

Ortssendungen sind Postsendungen an Empfänger im Orts- oder Landbestellbezirk des Aufgabe-Postorts.

Das heißt, der Postort definiert sich über seinen Bestellbezirk. Die Grenze des Landbestellbezirks stellt die Grenze des Postorts da, unabhängig von der Gemeindegrenze.

Erst ab 1.4.1921 findet sich eine genauere Definition:

Ortsverkehr ist der Verkehr innerhalb des Orts- und Landbestellbezirks des Aufgabe-Postorts. Die Grenze des Aufgabe-Postorts deckt sich mit der Gemeindegrenze.

Diese Definitionen sind unabhängig von der Klassifikation einer Postanstalt.Soweit so gut. Die Frage, die ich mir stelle: Kann man anhand der Klassifikation von Postanstalten (Ag, A III - A I) Rückschlüsse auf deren Eigenschaft als selbständiger Postort ziehen?

Dabei möchte ich folgende These zur Diskussion stellen und um vielfältige kritische Antworten bitten:

Egal, welchen Status eine Postanstalt hat (Ag, A III, A II, A I): Sobald sie ZdA oder ZA wird, verliert sie ihre bisherige Klassifikation und gleichzeitig die Eigenschaft als selbständiger Postort im gesetzlichen Sinne, wenn sie vorher ein solcher war.

Daneben findet sich auch immer wieder die Formulierung: "Postanstalt im gesetzlichen Sinne", z. B. bei Sautter: Die Geschichte der Deutschen Post, S. 37:



Ist der Ausdruck "Postanstalt im gesetzlichen Sinne" gleichzusetzen mit "eigenständiger Postort"?

Beste Grüße,
Bernd
 
bekaerr Am: 21.09.2013 12:31:49 Gelesen: 4727# 7 @  
Ergänzung zu [#6]

Soeben entdeckt (Auszug aus Amtsblatt 47/1904):



Hofstede mit Postamt III war eigenständiger Postort, wird nun umbenannt in Bochum 5, behält die Klassifikation A III. Ist Bochum 5 weiterhin eigenständiger Postort oder zum Postort Bochum gehörig?

Hintergrund meiner Frage: Es gab eine ganze Menge Postorte, die sich nur durch Nummern oder Zusätze unterschieden, dennoch aber jeweils eigenständig waren:

Borgholzhausen 1 und Borgholzhausen 2
Bleicherode 1 und Bleicherode 2
Wanne 1 und Wanne 2 (Ende 1902 wurde Wanne 2 ZdA Wanne 1)

Auch die Nennung eines größeren Hauptorts lässt keinen Rückschluss auf die Eigenständigkeit zu:

Bremen-Walle, Bremen-Schwachhausen und Bremen-Woltmershausen waren Anfang 1900 eigenständige Postorte.

Beste Grüße,
Bernd
 
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