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Thema: Betschuanaland: Gefälligkeitsstempel oder Verfälschung ?
0nickyet Am: 18.04.2015 15:15:35 Gelesen: 9740# 1 @  
Hallo,

hier habe ich ein sonderbar attestiertes Objekt:

Es handelt sich um ein 5 Shilling-'Seahorse' von Bradbury und Wilkinson, mit dem Aufdruck für Bechuanaland (heute Botsuana), das als 'echt' und 'einwandfrei' beschrieben wird.

Das Sonderbare daran:

Die Marke wurde erstmals im Juli 1920 in Umlauf gebracht, doch der Stempel ist vom 9. März 1918. Farbvergleiche schließen auch aus, dass es sich um einen Waterlow-Druck handelt (der einzige, der im März 1918 bereits in Umlauf gewesen wäre).

Was ich nun frage:

Wie gerechtfertigt ist es, einen solchen Verwendungsnachweis als "Gefälligkeitsentwertung" zu interpretieren, und als "echt" zu attestieren? Handelt es sich nicht eher um eine offenkundige Verfälschung?

Ob sich der Stempel nun zu einem späteren Zeitpunkt in Privathand befand, oder was seinerzeit auf dem Postamt von Lobatse vor sich ging, lässt sich ein gutes Jahrhundert später sicher nicht mehr klären. Erfahrene Meinungen würden mich interessieren.

Gruß,
Jürgen



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[Redaktionelle Ergänzung: Betschuanaland (Botswana): http://de.wikipedia.org/wiki/Betschuanaland ]
 
doktorstamp Am: 18.04.2015 17:35:28 Gelesen: 9694# 2 @  
@ 0nickyet [#1]

Hallo Jürgen,

die Marke von Waterlow gedruckt ist heute nach einer Umnummerierung Stanley Gibbons 84, die erst im Umlauf 1914 gelangte. Die bildgleiche Marke von Bradbury & Wilkinson SG 89 kam erst im Juli 1920 in den Umlauf. Zuvor, und eigentlich an 2. Stelle kommt die 5/- Marke von De La Rue SG 87(Ausgabe 8.19). Die angegebenen Daten beziehen sich jeweils auf die frühst bekannten Verwendungen in Bechuanaland.

Im neuen SG Katalog vom 2015 wird auf Falschstempel aus Lobatsi mit den Daten vom 6 MAY 35 und 6 MAY 39 hingewiesen.

Ich habe es mehrmals betont, und nochmals hier; wer Marken eines anderen (fremden) Landes sammelt, verwendet am besten immer die landeseigene Literatur, und folglich sind die Kataloge auch damit gemeint.

Die Attestierung hätte besser formuliert werden können, vor allem da diese Werte oft schwere Bankbriefe zierten.

Sie steht z.Z. im Katalog mit £ 375 in gestempelter Erhaltung.

mfG

Nigel
 
hajo22 Am: 18.04.2015 17:53:38 Gelesen: 9681# 3 @  
@ 0nickyet [#1]

Wahrscheinlich bin ich doof, aber wie kann man auf der Marke ein Stempeldatum erkennen?

VG, hajo22
 
0nickyet Am: 18.04.2015 19:02:01 Gelesen: 9651# 4 @  
@ doktorstamp [#2]

Hallo Nigel,

das weiß ich alles, und widerspricht meinen Ausführungen nicht. Wie du selbst schreibst, sind die De La Rue-Marken in Bechuanaland auch erst nach dem Stempeldatum in Umlauf gekommen. Meine Informationen entstammen neben Stanley Gibbons und dem South African Stamp Colour Catalogue vor allem dem Bechuanaland-Handbuch von H.R. Holmes und diverser anderer, vor allem südafrikanischer Literatur.

Nur das alles beantwortet meine Frage nicht: Wie angemessen ist die Begutachtung einer Entwertung vom März 1918 auf einer Marke von (frühestens) Juli 1920 durch einen Prüfer als "Gefälligkeitsstempel? Der Stempel ist ja offenkundig nicht zeitgerecht. Ist das, vielleicht auch im Falle anderer Kolonialmarken des britischen, französischen, portugiesischen ... Imperien üblich, oder habe ich hier eine sehr spezielle Auffassung eines Prüfers?

@ hajo22 [#3]

Auf der Marke ist das Datum deutlich erkennbar, ich wollte nur den Scan nicht zu groß machen.
 
doktorstamp Am: 18.04.2015 19:59:10 Gelesen: 9625# 5 @  
Im Attest steht nicht, welche Firma diese Marke druckte, abgesehen von der Michelnummer, ausser die von Waterlow kämen die anderen nicht in Frage. Mehrere Marken des Commonwealths wurden im Laufe der letzten Jahren mehrmals von SG umnummeriert.

Wenn die Gefälligkeitsentwertung sich als solche entpuppen sollte, d.h. die Marken entstammen entweder DLR oder B&W, kann es nur um eine Rückdatierung handeln, und heute wird sie als eine Fälschung eingestuft. Wenn die Marke ein Erzeugnis der Firma Waterlow ist, möge die Entwertung zeitgerecht sein.

Gewißheit hier kann nur eine erneute Prüfung verschaffen.

mfG

Nigel
 
0nickyet Am: 19.04.2015 08:59:01 Gelesen: 9552# 6 @  
Es handelt sich um einen Druck von Bradbury und Wilkinson.

Der Attest gibt - unabhängig von Umnummerierungen in deutschen Katalogen - selbst 1920 als Erscheinungsjahr an, und bezeichnet die Entwertung als "Gefälligkeitsstempel". Das heißt, dass der Prüfer unabhängig von Katalogumnummerierungen die Asynchronität von Marke und Stempel erkannt hat, er schreibt es ja ausdrücklich hin (was sonst hätte den Stempel als "Gefälligkeit" identifizieren sollen?).

Kennt jemand ähnliche Fälle? Ist so etwas mitunter üblich, weil beispielsweise in Kolonien durchaus denkbare Praxis? Das würde ich gern wissen.

Die Idee, die Marke noch einmal einem Prüfer vorzulegen, halte ich für aberwitzig. Was das bringt, sieht man ja.
 
22028 Am: 19.04.2015 12:22:53 Gelesen: 9491# 7 @  
Dr. Knopke prüfte m.W. den ganzen Commonwealth, das ist ein extrem großes Gebiet. Bei dem Wert der Marke würde ich eine neue Prüfung bei der RPSL in Betracht ziehen.

Evtl. kann ja ein RPSL Mitglied die Marke einsenden, da gibt es Sonderkonditionen für Mitglieder.
 
0nickyet Am: 19.04.2015 14:02:15 Gelesen: 9459# 8 @  
@ 22028 [#7]

Die RPSL ist auch für fragwürdige Urteile bekannt und gibt nicht immer Auskunft, durch wen die Prüfung eigentlich durchgeführt wurde, ich würde eher die BPA wählen.

Aber meine Frage richtet sich nicht auf die Echtheit. Die Marke ist zweifelsfrei echt, der Stempel existierte, ist aber nicht zeitgerecht. An beidem besteht anhand ausreichend vorhandenen Vergleichsmaterials kein Zweifel.

Meine Frage bezieht sich auf die Üblichkeit oder Unüblichkeit deutscher Prüfer, eine nicht zeitgerechte Entwertung als "Gefälligkeitsstempel" zu bezeichnen. Ist das ein Sonderfall, oder kommt das häufiger vor?
 
22028 Am: 19.04.2015 16:12:45 Gelesen: 9427# 9 @  
@ 0nickyet [#8]

Jeder Prüfer hat mal einen schlechten Tag so dass ich sagen werde, dass so etwas immer wieder mal vorkommt. Beim "Attest" von Knopke kommt aber noch hinzu, dass er das scheinbar nach seiner Zeit als Verbandsprüfer ausstellte, es somit keine Garantie auf Fehlprüfung gibt.

Und für Commonwealth, war er da überhaupt Verbandsprüfer? Daher würde ich die Marke zumindest mit einen guten Attest von einem Prüfer Deines Vertrauens versehen lassen.
 
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