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Thema: Licht schädigt Ihre Briefmarken und Belege - geben Sie acht !
Richard Am: 14.10.2015 09:16:34 Gelesen: 2629# 1 @  
Licht schädigt Ihre Briefmarken und Belege - geben Sie acht!

Von Prof. Dr. Erhard Mörschel

Haben Sie in ihrem Wohnzimmer, das sie vor mehreren Jahren tapeziert haben, einmal ein Bild von der Wand genommen? Die Tapete hinter dem Bild ist meist viel farbkräftiger und leuchtender im Vergleich zu den Tapetenoberflächen, die tagtäglich dem Licht ausgesetzt sind. Den gleichen Effekt erleben wir bei farbigen Gardinen oder Farbfotografien, die vom Licht, fast unmerklich für uns, allmählich ausbleichen, vergilben oder verspröden (Zerstörung der Farben und Fasern durch Licht).

Das gleiche, die Zerstörung der Farben, Lacke und Bindemittel geschieht auch bei unseren Briefmarken und Belegen, wenn wir sie dem Licht aussetzen - sie vergessen schlechte Behandlung nicht. Hieraus entsteht die Forderung, unsere Briefmarken, so weit wie möglich, im Dunkeln aufzubewahren und sie nur, wenn wir an unseren Sammlungen arbeiten oder unsere Belege betrachten, dem Licht aussetzen.

Zu Hause sollte jeder Sammler darauf achten, dass er seine Marken und Belege nicht (tagelang) auf dem Schreibtisch dem Licht, und insbesondere dem Tageslicht, aussetzt. Marken und Belege sollten, wenn sie nicht bearbeitet werden, unmittelbar wieder in Alben oder Arbeitsmappen lichtdicht verstaut werden. Auch unter Prüflampen (UV-Lampen) sollten die Marken nur sehr kurzfristig untersucht werden. Jede Belichtung hinterlässt ihre Spuren, die wir auf den ersten Blick nicht erkennen. Dieser Artikel soll Sie für dieses Thema sensibilisieren, und soll, ohne tief in das Fachwissen einzusteigen, informieren.

Licht schädigt insbesondere die organischen Farbstoffe, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die anorganischen Pigmente in der Briefmarkenproduktion fast vollkommen ersetzt haben; jedoch werden auch anorganische Pigmente und insbesondere ihre Bindemittel durch Licht in unterschiedlichem Maß, abhängig von der Art der Pigmente und Bindemittel, geschädigt. Licht ist eine Form der Energie; es besteht aus einem breiten Spektrum von Farben (Wellenlängen), von UV (UV A: 315-380 nm; UV B: 280-315 nm), Blau, Grün, Gelb bis hin zu Rot und Infrarot. Unser Sehbereich reicht nur von Violett-Blau bis Rot. Die Energie der Lichtwellen nimmt von UV zum Rot in der genannten Reihenfolge ab. Hieraus kann man folgern, dass die energiereiche UV-Strahlung viel mehr schädigt als die energieärmere rote Strahlung. In jedem Fall müssen die Stahlen von den Farbstoffen absorbiert werden; sie bringen die Farbstoffmoleküle so in Schwingung, dass sie auseinanderbrechen und damit zerstört werden können. Relevante Faktoren sind die Bestrahlungsstärke, die Bestrahlungsdauer, das Wellenspektrum der Strahlquellen und natürlich die Empfindlichkeit unserer Briefmarken und Belege gegenüber der Bestrahlung. Der relative Schädigungsfaktor ist bei violettem Licht (389 nm) ca. 90-fach und bei blauem Licht (405 nm) 60-fach höher als bei gelbgrünem Licht (546 nm).

Neben der Lichtfarbe spielt natürlich auch die Lichtstärke eine bedeutende Rolle. Unsere Marken und Belege sollten nicht dem prallen Licht ausgesetzt werden, auch wenn die energiereiche UV-Strahlung schon ausgefiltert sein sollte!
Ein sonniger Tag bringt 50.000 lx (Lux) oder mehr, unsere Schreibtischbeleuchtung oder diffuses Tageslicht am Arbeitsplatz sollte 500 lx betragen und diese Lichtstärke (lx - Empfängergröße), oder besser weniger, sollte auch für die kurzzeitige Bearbeitung unserer Marken und Belege voll ausreichen.

Die schlechte Nachricht allerdings ist, dass Licht kumulativ wirkt. Das bedeutet, wenn Sie ihre Marken 1 Stunde mit 100 lx bestrahlen, ist die Wirkung so groß wie bei 100 Stunden Bestrahlung mit 1 lx (bei gleicher Lichtzusammensetzung). Allein hieraus lässt sich ableiten, die Marken, so weit es eben möglich ist, im Dunkeln aufzubewahren, um vorsorglich Schäden zu minimieren, wie ich oben schon erwähnt habe.

Aus diesem Grund schützen Museen, die ihre Exponate gewöhnlich tagtäglich ausstellen, ihre Exponate, indem sie das Tageslicht ganz ausschließen und die Exponate mit Kunstlicht beleuchten, die Fensterscheiben mit UV-Schutzfolien versehen oder das Licht durch geeignete Vorhänge oder gesteuerte Rollos und Jalousien minimieren. So werden Lichtstärken von (50) - 150 (200) Lux (lx - Empfängergröße) eingestellt; allerdings sind 50 lx für eine genaue Betrachtung oder für Detailbetrachtungen der Ausstellungsobjekte zu anstrengend und nicht geeignet.

Das Museum für Kommunikation in Berlin geht noch weiter, da Briefmarken und Belege eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Licht besitzen und das einmalige Kulturgut nicht geschädigt werden soll. Den Besucher der Schatzkammer, in der auch der "Bordeaux-Brief" mit der "Blauen Mauritius" ausgestellt ist, empfängt fast vollkommene Dunkelheit und die wertvollen Belege werden nur bei Betrachtung kurzfristig schwach beleuchtet. So werden, neben dem Ausschluss von UV, Belichtungsstärke und Belichtungszeit drastisch eingeschränkt. Eine vergleichbare Beleuchtung zum Schutz der wertvollen Belege benutzte man für das Raritätenkabinett der IBRA-NAPOSTA in Essen (2009), in dem der legendäre Eichstätt-Brief mit einem 6-er Block des "Schwarzen Einsers", dem Juwel der Bayern-Philatelie, ausgestellt war. In renommierten Museen dürfen besonders empfindliche Objekte nur jeweils zeitlich begrenzt ausgestellt werden.

Einen derartigen Schutz können wir in unseren Ausstellungen nicht bieten. Allerdings können in den meisten modernen Hallen, die wir für unsere Ausstellungen nutzen, die Lichtverhältnisse zum Schutz unsere Ausstellungsobjekte gut eingestellt werden, wenn man die betreffenden Kenntnisse und insbesondere den Willen hierzu hat! Viele Sammler und Besucher wollen die Ausstellungsobjekte im grellsten Licht sehen und viele Sammler ihre Schätze im hellsten Rampenlicht, womöglich noch direkt durch Sonne oder Spotlicht beleuchtet. So beleuchtete ein Auktionshaus während der Briefmarkenmesse Essen zur Präsentation die bekannte Audrey-Hepburn-Briefmarke, von der nur wenige Exemplare bekannt sind, aus kurzer Distanz mit einem starken Halogenlicht. Auf meinen Einwand, dass diese Beleuchtung zu Schäden führen könnte, bemerkte der Auktionator, es wäre doch Kaltlicht! Auch der Hiroshimabrief des BDPh wurde mit mehr als 600 lx mehrere Tage in Szene gesetzt.

Welche Möglichkeiten gibt es nun, unsere Exponate während der großen und kleinen Briefmarken - und Wettbewerbsausstellungen in den Ausstellungshallen und Sälen zu schützen?

Als erstes sollte die Ausstellungsleitung, so weit es möglich ist, auf Tageslicht verzichten und die Fenster durch Vorhänge, Rollos oder Jalousien abdunkeln. Nicht nur direktes Sonnenlicht (Süd- Südwestseite) sollte weitgehend ausgeschlossen werden, sondern auch diffuses Tageslicht, da dies noch UV-A Streustahlung besitzt, die durch die gängigen Glasscheiben nicht geblockt wird. Die Rahmen sollten bevorzugt nur mit Kunstlicht (Deckenlicht) indirekt beleuchtet werden. Gängige Leuchtstoffröhren (Tageslicht, Neutralweiß, Warmweiss) strahlen verhältnisweise wenig UV-Anteile ab; ihr wesentliches Lichtspektrum liegt gewöhnlich zwischen 400 - 700 nm. Die Beleuchtungsstärke vor den Rahmenscheiben sollte m. E. maximal 150 - (200) lx nicht überschreiten; diese Helligkeit ist für intensive Betrachtung der Objekte völlig ausreichend. Hiervon konnte ich mich auf der Messe in Essen (Mai 2014) überzeugen (ca. 160 lx auf den Rahmenscheiben). Bei zu großer Helligkeit könnten ganze Lampengruppen ausgeschaltet bleiben. In der Nacht (und wenn keine Besucher/Juroren in der Ausstellung sind) sollte man die Beleuchtung ausschalten oder minimieren, um die Beleuchtungszeit zu reduzieren. Dies sind einfache Maßnahmen, die eine große Wirkung besitzen und die fast in allen Hallen durchführbar sind. In den seltensten Fällen sind in den Hallen zusätzlich Kantenfiltersysteme installiert, die nur Licht ab 380/420 durchlassen.

Man muss nur das Wissen haben und sich bewusst machen, dass Licht unsere Belege schleichend unwiderruflich schädigt. Es ist ein Glück für unsere Briefmarken, dass Ausstellungen in der Regel nur von kurzer Dauer sind, meist 3-4 oder nur 2 Tage; wir können somit Präsentationszeiten von 24 - 48 Stunden annehmen, die gegenüber den Präsentationszeiten in Museen (ca. 300 Öffnungstage/Jahr und täglich 10 Stunden), bei optimalen Lichtbedingungen in unseren Ausstellungen (ca. 100 - 150 lx), im Prinzip fast zu vernachlässigen sind. Anders sieht es jedoch für Vielaussteller aus, die von Ausstellung zu Ausstellung eilen und nicht auf die Bedingungen der Präsentation ihrer Marken achten. Als Richt- und Grenzwert der Belichtung (in lx Std/Jahr) sollten ca. 15.000 lx für unsere empfindlichen Briefmarkenobjekte nicht überschritten werden, und das bedeutet ca. 100 Std. Präsentation bei 150 lx (höchstens zwei Ausstellungen/Jahr bei optimalen Lichtbedingungen)!

Zum Schluss noch ein Wort zur thermischen Belastung unserer Briefmarkenobjekte, die sich eigentlich nach dem oben Gesagten schon erledigt haben sollten: bitte keine Warmlichtstrahler vor den Rahmen oder die Objekte montieren und die Rahmen auch nicht dem Sonnenlicht aussetzen; hinter den Scheiben der Rahmen könnte Treibhausklima entstehen.


In Kurzform informierte E. Mörschel über dieses Thema in Vorbereitung eines Vortrages zur IBRA (Essen, 6. - 10.5.2009) und später bei Vorträgen in mehreren Vereinen des Landesverbands Hessen.


Philaseiten Mitglied Prof. Dr. Erhard Mörschel ist Vorsitzender des Landesverbands Hessen, Rhein-Main-Nahe e. V. und Mitglied im Verwaltungsrat des BDPh.
 
Eilean Am: 14.10.2015 09:57:58 Gelesen: 2607# 2 @  
@ Richard [#1]

Ein schöner Beitrag.

Man muss bei den Schäden durch Licht gar nicht so weit gehen. Mir fiel hier unwillkürlich die bei alteingesessenen Briefmarkenhändlern seit Jahrzehnten gleiche Auslage ein. Hat sich jemand schon mal die dort ausgestellten Briefmarken angesehen? Diesen merkt man das zur Schau stellen in der Glasfront an. Es war für mich immer ein Qualitätskennzeichen, wenn die Auslage wechselte und bei teureren Objekten nur eine Kopie eingestellt war statt fürchterlich vergilbte oder sonst uralt aussehende Marken ansehen zu müssen.

Gruß
Andreas
 
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