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Thema: Consilium Philatelicum: Presse, Philatelie und Literatur im Wandel
drmoeller_neuss Am: 30.08.2016 13:11:35 Gelesen: 6260# 1 @  
Das Consilium Philatelicum hatte vom 26. bis zum 28. August zu einem Symposium für Autoren und Redakteure in Bonn eingeladen. Die AIJP (Association Internationale des Journalistes Philatéliques) war als Weltverband der Philatelie-Journalisten mit dabei, der BDPh durch den scheidenden Geschäftsführer Günther Korn vertreten, der zusammen mit seiner Ehefrau Karin Korn neben der übrigen Organisation auch für das leibliche Wohl der Gäste sorgte. Alle Referenten verzichteten auf Honorare und Spesen. So war die Veranstaltung sowohl für die Gäste als auch den BDPh kostenlos, aber nicht umsonst. Das große Sparschwein war aber unübersehbar und ist derzeit wohl die einzige Einnahmequelle des Consilium Philatelicum. Die AIJP hat fleißig Mitglieder geworben, ganz uneigennützig war ihr Auftritt in Bonn auch nicht. Die Veranstaltung ging trotz aller zur Zeit schwelenden Kriegsschauplätze in der Philatelie locker über die Bühne. Der ein oder andere Seitenhieb auf den BDPh oder den APHV durfte trotzdem nicht fehlen. Maassen selbst beklagte: „Es gibt ja Verbandspräsidenten, die erwarten, dass man zum Mindestlohn arbeitet.“ Namen nannte er nicht.

Im Haus der Philatelie und Postgeschichte fand sich die Prominenz der deutschsprachigen Fachzeitschriften ein. Neben dem allseits bekannten (Noch-)Herausgeber der "Philatelie", Wolfgang Maassen war auch sein Amtskollege aus der Schweiz, der Chefredakteur der Schweizer Briefmarkenzeitung, Hans Schwarz angereist. Die "privaten" Blätter waren mit Torsten Berndt (DBZ und BMS), Oskar Klan (Michel-Rundschau) und Jan Billion (DBR) fast vollständig vertreten. Dazu gesellten sich weitere Redakteure und Herausgeber von Rundbriefen. Das Spektrum der Vorträge reichte von den Tücken der deutschen Sprache über praktische Tipps zur Pressearbeit bis hin zu rechtlichen Aspekten. Es war herrlichstes Biergartenwetter mit Temperaturen über 30 Grad, viele Fachgespräche und Fachsimpeleien wurden beim Italiener um die Ecke bis zum späten Abend fortgesetzt.

Am Freitag hat Dr. Hahn als Kurator der Museumsstiftung einen Einblick in die Schätze des Archives gegeben. Die Stiftung Philatelie hat noch heute den Anspruch, jede deutsche Marke in allen Erhaltungen sowie auf Brief zu dokumentieren. Bei den ausländischen Marken hat man fast schon kapituliert. Es kommen zu viele Neuheiten herein, und manche Postverwaltungen schicken ihre Marken gar nicht oder nur alle paar Jahre ungeordnet in einer losen Schüttung. Zu Zeiten der Deutschen Bundespost war die Stiftung mit einem Ankaufsetat von einer Million DM ein wichtiger Faktor im Auktionsmarkt. Moderne Raritäten wie der "Gscheidle-Brief" wurden genauso gekauft wie klassische Poststücke. Hier stellte Dr, Hahn den "Sattler-Brief" aus Bad Kissingen vor. Einmalig ist die Frankatur von 1 Kreuzer und 3 Kreuzer auf einem Briefumschlag. Die Ein-Kreuzer-Marke deckte das bayerische Ortsporto ab. Da der Empfänger bereits abgereist war, musste noch eine 3-Kreuzer-Marke dazu frankiert werden. Zu holen ist bei der Stiftung nichts: der Tresorraum mit drei Rollregalen entspricht dem Standard von Landeszentralbanken und ist von 1,20 Meter dicken Stahlbetonwänden umgeben.

Dr. Hahn hatte einige Pretiosen aus dem Dunkel mitgebracht: Neben Essays war auch Kiloware deutscher Kolonien zu bestaunen, wer Vergleichsstempel sucht, kann hier fündig werden. Der Höhepunkt war die Öffnung einer Truhe, die vor 60 Jahren versiegelt wurde und in der DDR in einem Archivkeller in Vergessenheit geriet. Beim Öffnen kamen Bogenteile und komplette Bögen der Handstempelprovisorien aus der sowjetischen Besatzungszone zum Vorschein. Zahlreiche Berliner Postämter gaben sich ihr Stelldichein, und den anwesenden Sammlern wurde klar, dass früher oder später einige Katalogkapitel neu geschrieben werden müssen.

Nach diesem philatelistischen Höhepunkt begann der Arbeitsteil mit dem AIJP-Kongress. Drmoeller_neuss war zum diesem Zeitpunkt noch nicht AIJP-Mitglied, und durfte als Gast teilnehmen. Die Vereinsformalia waren schnell vollzogen, Krach scheint es in der AIJP nicht zu geben, und die Finanzen stimmen auch.

Am Samstag brachte Dr. Andreas Birken von der ArGe Osmanisches Reich/Türkei eine Sammlung der besten Stilblüten und sprachlichen Fallen. Wolfgang Massen hatte "selten einen Vortrag gehört, bei so viel gelacht wurde". Wer mitlachen möchte und nicht dabei war, kann für zehn Euro die Broschüre in der AIJP-Schriftenreihe erwerben. Weiter ging es mit dem zukünftigen Geschäftsführer des BDPhs, Herrn Reinhard Küchler. Als zwölfjähriger Junge hatte er großen Spaß an seiner Briefmarkentapete, sein Onkel aber weniger, der beim Tapezieren am komplizierten Muster fast verzweifelte. Dann sammelte Küchler viel Erfahrung in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Sein Tipp für eine wirkungsvolle Presseerklärung: "Machen Sie es der Redaktion einfach". Die Tageszeitung möchte keinen dreiseitigen langatmigen Bericht von der Jahreshauptversammlung, sondern sechs knackige Zeilen, die ohne weitere Bearbeitung direkt in den Lokalteil kopiert werden können.

Freunde der modernen Philatelie und Spezialisten für Postautomation kennen Jürgen Olschimke von zahlreichen Publikationen und Fachartikeln in der „Philatelie“. Olschimke stellte seine Webseite vor, und gab den Tipp, sich für größere Updates und zur Lösung von Sicherheitsproblemen professionelle Hilfe einzukaufen. Seine Webseite ist nicht nur für Philatelisten ein Anlaufpunkt, um die ganzen postalischen Abläufe zu verstehen, sondern war schon für manchen Postkunde der letzte Strohhalm. Was für die Deutsche Post ein im IPZ hängengebliebener Einschreibebrief ist, kann für den Empfänger ein geplatzter Urlaub oder Studienanfang bedeuten, weil das Visum bei der Post vertrödelt wurde. Olschimke sprach von „interessanten Kontakten“ und dem ein oder anderen Postkunden konnte weitergeholfen werden.

Für den nächsten Referenten, Dr. Jan Claus sind Rundbriefe ein emotionaler Marketingfaktor. Zwei Drittel der Vereinsarbeit sind Psychologie und Logistik, denn die Mitglieder erwarten ein Produkt, daß den Jahresbeitrag wert ist. Nicht nur das fachliche muss stimmen, auch ein wenig "Charmeoffesive und Liebkosung" gehört zum Geschäft.

Nach dem Imbiss war Zeit für ein Mittagsschläfchen und der Vortrag von Torsten Berndt bot die ideale Kulisse dazu. Vom Blatt abgelesen, erinnerten mich seine Ausführungen zum Thema "Preussische Gelassenheit" an eine langweilige Predigt in irgendeiner Dorfkirche. Bei mir blieb hängen, dass Berndt mit sechseinhalb Jahren die erste Marke gewaschen hatte und dass die Allianz-Versicherung mit 100 Millionen Umsatz für die Deutsche Post wichtiger ist als der gesamte Geschäftsbereich Philatelie.

Das Kontrastprogramm zum vorherigen Beitrag brachte Jan Billion in seiner Funktion als Organisator der großen Briefmarkenmessen in Essen und Sindelfingen. Billion hatte die Abwärtsspirale von weniger Besuchern und weniger Händlern auf der Messe Essen stoppen können. Die Standpreise wurden gesenkt und ein "Sonderbereich für die organisierte Philatelie" geschaffen. "Back to the roots" hieß das Motto, und die Ausflüge in die Welt der Telefonkarten und Münzen wurden gestoppt. Der "hohe Anteil an nicht-kommerzieller Fläche" ist aber gleichzeitig eine Herausforderung, da der Handel alleine für die Kosten aufkommen muss. Für die etwa 40 Argen in Essen fiel nur ein symbolischer Beitrag von 50 EUR an, der gerade einmal die Kosten für den Tisch und die Stühle deckt. Eine Befragung in Sindelfingen ergab einen Anteil von 12% aller Besucher, die noch nie vorher eine Briefmarkenmesse besucht haben. Das Durchschnittsalter der Besucher war 50 Jahre. Ein wenig klang bei Jan Billion der Frust durch, "das Verhalten des APHV ist die größte Enttäuschung", da der APHV verstärkt auf Münzmessen setzt, und das in Dortmund in unmittelbar räumlicher Konkurrenz zu Essen. Wenn die Ladengeschäfte sterben, sind Messen die einzige Möglichkeit für den Handel, ein "haptisches" Einkaufserlebnis zu bieten.

Dann kamen die Beiträge des (Noch-)Chefredakteurs der "Philatelie", Wolfgang Maassen. Es begann mit einer Wunschliste an Autoren. "Pünktlichkeit und ein vernünftiges Zeitmanagement sind eine Grundtugend", das heißt ganz einfach, Artikel müssen pünktlich und rechtzeitig vor Redaktionsschluss abgeliefert werden. Dann kam eine lange Diskussion über Urheber- und Persönlichkeitsrechte. Maassen ist kein Jurist und brachte anstelle einer systematischen Darstellung eine Sammlung von Beispielen aus seiner Redaktionsarbeit. Auffallend häufig war ein Auktionshaus in Stuttgart vertreten. Maassen betonte auch, dass einfache Scans keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Trotzdem gebietet es die Fairness, bei der Übernahme von Abbildungen aus Auktionskatalogen die Quelle zu nennen. Am nächsten Tag ging Maassen auf die rechtlichen Hürden und Untiefen von Verlagsverträgen ein. Was ein „uneingeschränktes Recht an der Veröffentlichung“ bedeuten kann, hat Maassen selbst erfahren müssen: als Autor eines Bandes über Briefmarken aus der Serie „Was-ist-Was“ hat er von dem späteren weltweiten Erfolg des Buches und vielen Übersetzungen nicht profitieren können, da er seine Rechte ohne wenn-und-aber an den Verlag abgetreten hatte.

Hans Schwarz referierte über die Bemühungen, die „Schweizer Briefmarkenzeitung“ zu digitalisieren. Wichtig ist es nichts zu überstürzen, und sich Zeit zum Denken zu nehmen. Glücklicherweise hatte die Crawford Library einen Großteil der geplanten Arbeit schon abgenommen.

Oskar Klan vom Schwaneberger Verlag brachte eine langatmige Abhandlung über die Systematik der Michel-Katalogisierung. Für die meisten Hörer brachte der Vortrag keine neuen Erkenntnisse. Jährlich gilt es etwa 20.000 neue Briefmarken zu katalogisieren. Die zehn ausgabefreudigsten Länder tragen knapp die Hälfte der Neuheitenflut bei. Allein Guinea hat 2500 Blocks ausgegeben. Das Publikum interessierte sich mehr für rechtliche Fragen zur Verwendung der Michel-Katalognummern. Einzelne Nummern dürfen im Rahmen des „Kleinzitates“ verwendet werden. Nach dem BGH-Urteil „Philotax gegen Michel“, das der Philotax-Verlag gewonnen hatte, dürfen die Michel-Nummern auch als Referenz zu einem eigenen Nummernsystem ohne Genehmigung verwendet werden. Strittig ist, wie es mit der alleinigen Verwendung der Michel-Nummern aussieht. Darüber hatte der BGH nicht entschieden, aber nicht nur Maassen vertritt die Auffassung, dass das Nummernsystem keine schöpferisch schützenswerte Leistung darstellt. Unstrittig ist das Katalogwerk als Ganzes ein geschütztes Werk. Bei mir entstand der Eindruck, dass der Schwaneberger Verlag hier herumeiert, und eine Drohkulisse aufbaut. Wie Klan betonte, werden 60 bis 70% Lizenzen gegen Übersendung eines Belegexemplars ohne weitere Kosten erteilt.

Maassen brachte zum Abschluss des Symposiums einige Gedanken zur zentralen Datenspeicherung. „Wir zerstören uns in der Philatelie häufig selbst, weil wir uns nicht genügend präsent zeigen“. Als Gegenbeispiel stellte Maassen sein eigenes Periodikum „Phila Historica“ vor: es hat 600 Abonnenten und wird über 3000 mal pro Ausgabe herunter geladen.

Das Symposium endete mit einer Generalabrechnung über die Auswüchse auf Literaturausstellungen. Die Exponatsgebühren haben jedes Maß verloren (bis zu 100 US-Dollar), dazu kommen noch Kommissargebühren pro Werk. Als Gipfel der Dreistigkeit werden noch wie selbstverständlich die Exponate vom Veranstalter einbehalten. Wenn noch nicht einmal ein Lesesaal vorhanden ist, verlieren irgendwann einmal die Aussteller jegliche Lust. „Digitale Literatur“ wird noch immer stiefmütterlich behandelt. All das muss sich nach Maassens Auffassung bald ändern. Maassen endete mit dem Hinweis, dass für eine zukünftige IPHLA in Deutschland noch ein Betrag von 27.000 EUR zweckgebunden zurückgestellt ist. Sollten andere darauf zurückgreifen wollen, drohte Maassen damit, dass die Sponsoren ihre Gelder zurückverlangen werden, sein eigener PhilCreativ-Verlag eingeschlossen.

Für drmoeller_neuss wird es nicht das letzte Consilium Philatelicum bleiben. Die Kontakte in den Kaffeepausen und im Biergarten bleiben unbezahlbar, auch wenn für zukünftige Veranstaltungen ein kleiner Obulus genommen werden muss.
 
22028 Am: 30.08.2016 14:53:38 Gelesen: 6207# 2 @  
Danke für diesen detaillierten und aufschlussreichen Artikel, Es sind so viele Punkte, welche Du da aufführst, zu viele um detailliert darauf zu antworten.

Ich hatte auch erst vor an dem Symposium teilzunehmen, krankheitsbedingt klappte es aber nicht.

Wie es scheint, war das Treffen harmonisch - ein Zeichen, dass die Philatelie lebt und nicht tot ist wie von machen schon prophezeit. Sicher gibt es viele Punkte, die es zu verbessern gibt - packen wir´s an - gemeinsam, an einem Strick und nicht an beiden Enden des Stricks ziehen!
 
0nickyet Am: 30.08.2016 14:59:13 Gelesen: 6203# 3 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

A propòs "Wunschliste an Autoren": Dazu sollte auch gehören, dass Leser/innen eine eigenständige Bewertung über das Berichtete zugestanden bekommen, und Autor/inne/n sich abschätziger Bemerkungen mitsamt unterschlagener Information enthalten, wie etwa durch die Beurteilung eines philatelistischen Vortrags als "eine langweilige Predigt in irgendeiner Dorfkirche". Urheber solcher Sätze berichten damit zwar sehr viel über ihre eigene persönliche Gemütsverfassung, nerven aber ihre Leser/innen durch den Versuch, ihnen eine individuelle Meinung aufzuzwingen, ohne ihnen ein eigenes Urteil zu ermöglichen.
 
WPhV Stuttgart Am: 30.08.2016 15:05:24 Gelesen: 6199# 4 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Bei mir blieb hängen, dass [..] die Allianz-Versicherung mit 100 Millionen Umsatz für die Deutsche Post wichtiger ist als der gesamte Geschäftsbereich Philatelie

Eigentlich müsste es inzwischen doch Allgemeinwissen sein, dass Umsatz nicht gleich Gewinn ist. Die Gewinnmargen beim Geschäftsbereich Philatelie sind deutlich höher als der, der bei der tonnenweisen arbeits-/ kostenintensiven Zustellung an Infopost usw. der Allianz-Versicherung erwirtschaftet wird. Ich schätze mal 90% zu 2%. Kannst Du bitte bei Deinem nächsten Meeting dort den Teilnehmern diese wirtschaftlichen Banalitäten erklären? Denn kein Wunder, dass solche seriös und feierlich in Anzug und Krawatte immer wieder daherkommenden "Umsatz gleich Gewinn"-Aussagen für bare Münze genommen werden und so gegenüber der Deutschen Post AG auch nicht mit dem Selbstbewusstsein aufgetreten wird, das erforderlich wäre, um echte Lobbyarbeit für unser Hobby leisten zu können!
 
muemmel Am: 30.08.2016 20:46:05 Gelesen: 6077# 5 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Moin Uli,

vielen Dank für deine Zusammenfassung der drei Tage in Bonn. Jetzt weiß ich auch, warum dein Block so voll geschrieben war. Da meinereiner ja auch vor Ort war, kann ich insofern zustimmen, dass die Beiträge der Herren Berndt und Klan eher dazu anregten, verlorenen Schlaf nachzuholen.

@ WPhV Stuttgart [#4]

Was hat dies bitte mit dem Thema "Presse, Literatur und Philatelie im Wandel" zu tun? Oder möchtest Du das kaum entstandene neue Thema nach kürzester Zeit verwässern?

Grüßle
Mümmel
 
10Parale Am: 30.08.2016 23:11:42 Gelesen: 6013# 6 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Sehr schön zu lesender, hoch informativer Beitrag. Schon die lateinische Namensgebung "Consilium Philatelicum" lässt höhere wissenschaftliche Weihen und Spannendes vermuten, was mich immer schon begeisterte.

"Die "privaten" Blätter waren vertreten durch ..." Diesen Terminus verstehe ich nicht ganz. Welcher Definition unterliegt dann die "philatelie"?

Liebe Grüße

10Parale
 
Hobbyphilatelist Am: 30.08.2016 23:29:23 Gelesen: 6000# 7 @  
@ WPhV Stuttgart [#4]

Eigentlich müsste es inzwischen doch Allgemeinwissen sein, dass Umsatz nicht gleich Gewinn ist.

Niemand hat dies behauptet. Mal wieder eine feifelsche Fehlinterpretation.

Die Gewinnmargen beim Geschäftsbereich Philatelie sind deutlich höher als der, der bei der tonnenweisen arbeits-/ kostenintensiven Zustellung an Infopost usw. der Allianz-Versicherung erwirtschaftet wird. Ich schätze mal 90% zu 2%.

Ja und?

Kannst Du bitte bei Deinem nächsten Meeting dort den Teilnehmern diese wirtschaftlichen Banalitäten erklären?

Wozu? Wenn der Eindruck entstanden ist, daß die Allianz-Versicherung für die DPAG wichtiger ist als der Geschäftsbereich der Philatelie, dann muß nichts erklärt werden.

Denn kein Wunder, dass solche seriös und feierlich in Anzug und Krawatte immer wieder daherkommenden "Umsatz gleich Gewinn"-Aussagen für bare Münze genommen werden

Dies hat niemand behauptet.

und so gegenüber der Deutschen Post AG auch nicht mit dem Selbstbewusstsein aufgetreten wird, das erforderlich wäre, um echte Lobbyarbeit für unser Hobby leisten zu können.

Ist es denn nicht so, daß sich die Konzernleitung eigentlich nicht für die Philatelie und damit auch nicht für ihre Vertreter interessiert?

Man sollte Ulrich Möller für seinen erstklassigen Bericht danken.

@ 10Parale [#6]

"Die "privaten" Blätter waren vertreten durch....." Diesen Terminus verstehe ich nicht ganz. Welcher Definition unterliegt dann die "philatelie"?

Das ist doch ganz einfach: Die "privaten" Blätter kann jedermann kaufen, während die "philatelie" für Mitglieder bestimmt ist. Sie ist also eine Mitgliederzeitung. Vgl. Autozeitschriften und ADAC-Clubmagazin.
 
drmoeller_neuss Am: 02.09.2016 12:41:05 Gelesen: 5847# 8 @  
@ WPhV Stuttgart [#4]

Die meisten Punkte sind ja bereits von meinen Vorrednern geklärt wurden. Natürlich erhebt meinen Bericht keinen Anspruch darauf, objektiv zu sein. Bereits die Auswahl der Höhepunkte ist meine persönliche Einschätzung. Andere Autoren wären wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis gekommen. Ich möchte aber betonen, dass das Symposium "friedlich" verlaufen ist, und bis auf den ein oder anderen kleinen Seitenhieb gegen die Verbände BDPh und APHV haben sich die Referenten zurückgehalten.

Nun zur Deutschen Post. Niemand hat behauptet, dass Umsatz gleich Gewinn ist. Leider trifft das auch für den Geschäftsbereich Philatelie zu. Irgendwo habe ich eine Zahl von 50 Millionen Umsatz pro Jahr gehört. Bei gestempelten Briefmarken ist die Gewinnspanne ordentlich, die meisten Briefmarken werden aber postfrisch verkauft. Selbst die Kartonphilatelie konfektioniert sich nicht von alleine. Dänemark hat die Produktion von Ersttagsblättern eingestellt, weil die Produktionskosten höher als der Erlös waren. Die Postphilatelie verkauft auch an Sammler und Geschäftsleute, die ihre Post damit frankieren.

Dein Einschreibebrief, den Du am Sonderstempelschalter aufgibst, bedeutet für die Post weit mehr Aufwand als der standardisierte maschinenlesbare Einschreibebrief der Allianzversicherung. Dein Brief muss auch noch gestempelt werden, was für die Post einen zusätzlichen Arbeitsschritt für das gleiche Geld bedeutet. Die schlechteste Rechnung liefert Oma Lieschen, die für ihre Urlaubspostkarten die Briefmarken auf einer Steckkarte von der Versandstelle kauft, die zuvor mühsam von ihren Rändern befreit und aufgesteckt wurden. Die krakelige Handschrift kann leider nicht einmal an den Leseplätzen entziffert werden, so dass manche Postkarte von Tante Lieschen mehrere Runden dreht. In Düsseldorf erlebe ich auch die kleveren Postkunden, die sich nicht in die lange Warteschlage einreihen, sondern mit ihrem Päckchen zum Philatelieschalter gehen, wo meistens kein Betrieb ist. Das sind auch Umsätze, die postintern unter Philatelie gebucht werden.

Kommen wir zu den Sammlern wie ich zurück, die eine Serie abonniert haben und quartalsweise ins Haus geschickt bekommen. Ich bekomme die "Postfrisch" und andere Werbung frei ins Haus geschickt, macht für Redaktion und Druck vielleicht 20 EUR im Jahr. Die Versandstelle nimmt keine Portokosten und trägt die etwa 15 EUR Porto selbst. Den Aufwand für das Zusammenstellen der Sendungen setze ich einmal mit 10 EUR an, wenn man den Postmitarbeiter nicht allzu prall bezahlt. Bei dieser Rechnung habe ich noch keine Reklamation gehabt und nicht den Kundendienst in Anspruch genommen. Philatelisten können aber schon einmal Postmitarbeiter nerven und Zeit kosten.

Nun kann ich als Sammler argumentieren, dafür sind für die Briefmarken jetzt etwa 60 EUR in der Postkasse. Das verbessert den Cash-flow der Deutschen Post, nicht aber den Gewinn, da die Post für alle verkauften, aber noch nicht benutzen Postwertzeichen eine Rückstellung bilden muss, da die Leistungserbringung noch aussteht. Wie der Handel mit Frankaturware zeigt, enden viele Sammlermarken nach ein paar Jahren als einfache Frankatur zum Beispiel auf Briefen von Gerichtsvollziehern. Die Rückstellung für verkaufte Wertzeichen betrug im Jahre 2010 noch 500 Millionen und ist am 31. Dezember 2015 auf 252 Millionen Euro geschrumpft. Natürlich gehen in diese Rechnung nicht nur die von der Philatelieabteilung verkauften Briefmarken ein, sondern alle Wertzeichen und Paketmarken.

Fazit: Der Geschäftsbereich Philatelie trägt vielleicht mit 0,1 % zum Gesamtumsatz der Deutschen Post DHL Group bei. Der Begriff "Philatelie" taucht nicht einmal im Geschäftsbericht auf. Die Post kann auf Briefmarkensammler problemlos verzichten, das Hobby Briefmarken aber nicht auf die Post.

Quelle: Jahresabschluss (HGB) zum 31. Dezember 2015, Deutsche Post AG, Bonn (S. 27, S. 29)
https://www.dpdhl.com/content/dam/dpdhl/Investoren/Veranstaltungen/Reporting/2016/FY2015/DPDHL_Jahresabschluss_HGB_2015.pdf
http://www.dpdhl.com/content/dam/dpdhl/Investoren/Veranstaltungen/Reporting/2016/FY2015/DPDHL_Geschaeftsbericht_2015.pdf
 
Richard Am: 05.09.2016 09:36:18 Gelesen: 5766# 9 @  
Consilium Philatelicum und AIJP-Seminar 26.–28. August 2016 in Bonn: „Das war die beste Veranstaltung aller Zeiten!“

(wm) So lautete zumindest ein Kommentar eines Besuchers, der – wie alle anderen der Teilnehmer auch – höchst zufrieden am dritten Tag der Veranstaltung seinen Eindruck schilderte. Über 40 der teilweise mehr als 500 oder 600 km angereisten Autoren, Fachjournalisten sowie die Chefredakteure aller deutschen und Schweizerischen Fachblätter waren Gäste der Veranstaltung. Sie erlebten einen furiosen Auftakt der Präsentation von Dr. Andreas Hahn, Kurator des Archivs für Philatelie der Museumsstiftung, der aus seinem Archiv teils nie gesehene Objekte zeigte. Höhepunkt war die Öffnung eines verplombten Pakets mit Original-OPD-Ausgaben der SBZ, die vor rund 70 Jahren von den ausgebenden Postämtern an das Postmuseum zur Bestandwahrung zurückgeschickt worden waren. Noch heute dürfte dieser von Claus Sommerfeld für das Archiv für Philatelie zu erschließende Fundus einmaliges Vergleichsmaterial für Prüfer sein.

Der anschließende Kongress der AIJP ging erwartungsgemäß schnell vonstatten. Hans-Jürgen Dobiat wurde als Beisitzer (Director) in den Vorstand des Weltverbandes der Philatelie-Autoren und Journalisten gewählt. Im Gegensatz zu anderen Verbänden zeigte sich die AIJP gut aufgestellt: Die Mitgliederzahl – derzeit bei rund 500 – wächst von Jahr zu Jahr (in Bonn kamen weitere sechs dazu) und ist ebenso „solide“ wie der Kassenbestand. Gut angenommen wurde eine im Vorjahr begonnene neue Schriftenreihe, die Autoren in ihrer Arbeit unterstützt. Nahezu einmalig in Qualität und Ausführung ist die dreimal pro Jahr erscheinende Zeitschrift „The Philatelic Journalist“.

Das Wochenende befasste sich mit dem Thema „Philatelistische Literatur im Wandel der Zeit“ und namhafte Kenner und Experten boten eine breite Reihe von Ratgeber-Themen, die für die Gäste viel Nützliches bereithielten, was sie in ihrer Alltagspraxis auch verwerten können. Dabei war die Palette nicht zu kurz gefasst: Es gab Präsentationen und Referate, die sich mit Print-, aber auch andere, die sich mit Digitalmedien bis hin zu Internetseiten befassten. Mit einigen Thesen und Forderungen endete dieses Symposium, nämlich mit dem Wunsch an Bibliotheken, Arbeitsgemeinschaften und Verbände, der Zukunft den Weg zu bahnen und alle digital produzierten Produkte an einem Ort sicher zu bewahren und zu erhalten.



Aufmerksam folgten die Teilnehmer des Symposiums der Präsentation von Dr. Andreas Hahn. Foto: Wilhelm van Loo



Ein Blick in die Teilnehmerrunde. Referent (im Hintergrund) war Reinhard Küchler, der künftige Geschäftsführer des BDPh. Foto: Wilhelm van Loo
 
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