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Thema: (?) (10) Hat das Briefmarken sammeln überhaupt noch eine Zukunft ?
Richard Am: 14.01.2017 09:17:34 Gelesen: 12028# 1 @  
(wm) 2016 fragten sich viele Vereine, Verbände und andere Gruppierungen, wie denn die Zukunft der Philatelie angesichts bekannter Probleme aussehen möge. Die Frage nach dem „Quo vadis“ wurde mehrfach publikumswirksam gestellt, so z.B. bei der Ausstellung in Heidelberg im Juli 2016 oder mit Blick auf die sog. „high level philately“ bei einer Jahrestagung der Europäischen Akademie der Philatelie Anfang November 2016 in Venedig.

„Hat das Briefmarken sammeln überhaupt noch eine Zukunft?“ Diese Frage stellte die erste deutsche Briefmarkenzeitschrift, das „Magazin für Briefmarken-Sammler“, bereits am 1. Juli 1863! Seitdem wird diese Frage in der ein oder anderen Form immer wieder gestellt. In den letzten Jahren mit zunehmend größerer Skepsis.

Angesichts der seitdem, zumal in den letzten Jahren, gewachsenen Verunsicherung, sei gerne eine Antwort von Albert Friedemann, dem legendären Forscher und Experten der Kolonialphilatelie, aus dem Jahr 1929 wiedergegeben, der sich damals zum Problem wie folgt äußerte:

„Das Briefmarkensammeln wird so lange eine gute Zukunft haben, als es überhaupt noch Briefmarken gibt und sich noch immer Personen finden, welche nicht etwa nur des Gewinnes halber, sondern aus reiner Liebe zum Briefmarkensammeln sich damit befassen, Personen, welche sich allein an der Freude, die die Beschäftigung mit Briefmarken gewähren kann, genügen lassen und welche die beim Briefmarkensammeln erlebte Freude als Gewinn für ihr Leben betrachten.“ (aus: Die Basler Taube, Nr. 9/1. Jg., Mai 1929, S. 187)



Das Foto zeigt Albert Friedemann 1924, wie ihn die Bayerische Händler-Zeitung porträtierte. Vorlage: WM-Archiv
 
Baber Am: 14.01.2017 10:00:18 Gelesen: 11993# 2 @  
Hallo Richard,

Das Briefmarkensammeln wird so lange eine gute Zukunft haben, als es überhaupt noch Briefmarken gibt

Das ist glaube ich der entscheidende Satz. Zu der Zeit wo das geschreiben wurde, waren Briefmarken ein Massenprodukt, das für den Postverkehr gebraucht wurde und so gab es auch massenhaft Briefmarkensammler. Noch in meiner Jungend sammelte in der Schulklasse fast jeder Briefmarken.

Aber heute? Die Briefmarken werden eigentlich nur noch für die (zahlungskräftigen) Sammler produziert, die sie möglichst postfrisch in die Alben stecken sollen. Die Post braucht sie eigentlich nicht mehr als Rationalisierungsinstrument.

Der zweite Teil der Aussage wird dagegen immer gelten:

solange sich noch immer Personen finden, welche nicht etwa nur des Gewinnes halber, sondern aus reiner Liebe zum Briefmarkensammeln sich damit befassen, Personen, welche sich allein an der Freude, die die Beschäftigung mit Briefmarken gewähren kann, genügen lassen und welche die beim Briefmarkensammeln erlebte Freude als Gewinn für ihr Leben betrachten.

Bei dieser Betrachtungsweise müssen wir uns aber damit abfinden, dass es kein Messenphänomen mehr ist, zumal in der Jungend heute andere Dinge als Freude und Gewinn für das Leben empfunden werden.

Gruß
Bernd
 
22028 Am: 14.01.2017 12:11:48 Gelesen: 11898# 3 @  
Ich gehe davon aus, dass das Briefmarkensammlen oder sammeln im allgemeinen auch in Zukunft noch praktiziert wird, wenn auch in geringerem Umfang.

Irgendwann wird sich durchsetzen, dass das Sammeln von virtuellen Gegenständen z.B. von Pokemon Go oder virtuellen Gestalten in Spielen etc. nicht unbedingt befriedigend ist.
 
bignell Am: 14.01.2017 12:26:44 Gelesen: 11887# 4 @  
@ 22028 [#3]

Das sehe ich leider anders; das Sammeln von virtuellen Gegenständen hat einen grossen Vorteil: Man müllt sich nicht die Bude voll. Ein Album mit Marken von Briefumschlägen gesammelt verbraucht keinen Platz, aber wenn die Sammlung wächst, reicht ein Regalbrett im Bücherschrank nicht mehr aus, ich habe schon "mehrere Meter" Alben, und ich möchte gar nicht wissen, wie es z.B. bei Bayern Klassisch oder Concordia CA aussieht. Ausserdem bekommt man in virtuellen Welten direkt Feedback, eine Marke schreit nicht "Gratulation - Du hast eben die superseltene Farbe mausgrau entdeckt!"

Lg, harald
 
olli0816 Am: 14.01.2017 12:48:34 Gelesen: 11869# 5 @  
Das sehe ich ähnlich wie bignell. Habe mich letzten Sommer zu Pokemon überreden lassen und ja, das hat seinen Reiz, auch wenn ich es jetzt nicht mehr mache. Es gibt da draussen ganz viele Leute, die virtuelle Dinge sammeln und dafür gar nicht wenig Geld ausgeben. Im Spiegel war ein Artikel zu "Star Citizen". Da war die Rede von Leuten, die sich tatsächlich für 15.000 EURO hunderte virtuelle Raumschiffe gekauft haben. Klingt ziemlich krass. Aber wo ist der Unterschied zu Sammlern mit laufenden Regalmetern Briefmarken? Da haben es die "virtuellen" einfacher: Kein Platzverbrauch und eine große Wohnung brauchen die sowieso nicht. Warten wir mal ab, bis sich Virtual Reality richtig durchsetzt.

Trotzdem wird Briefmarken sammeln meines Erachtens nicht sterben. Im Gegenteil, für manche bedeuten reelle Sachen den Ausgleich zur virtuellen Welt. Ich bin da eher optimistisch eingestellt. Die alten Briefe und Briefmarken haben einfach einen viel zu hohen Reiz, als das sie jeder ignorieren könnte. Aber zahlenmäßig werden es weniger, wobei die Spitzenphilatelie wahrscheinlich wachsen wird. China machts mit den Preisen ja vor und die Bestände für viele klassischen Marken, die heute z.T. noch erschwinglich sind, werden auch nicht mehr. Zukunft hat es, nur nicht mehr die Breitenbedeutung wie früher. Da kann ich gut mit leben.
 
bignell Am: 14.01.2017 12:58:05 Gelesen: 11854# 6 @  
Ich stimme Olli zu, Museen werden auch nicht verschwinden, obwohl man im Internet Gemälde viel detailreicher und bequemer betrachten kann. Die guten alten LPs nehmen wieder Aufschwung, weil manche lieber eine grosse Vinylscheibe in der Hand halten als ein paar GB am mp3-Player. Ich sammle ja hauptsächlich Briefe, weil die eine Geschichte erzählen, und Vorphilatelie ist noch vergleichsweise billig zu bekommen. Aber der Platzverbrauch setzt hier ebenso Grenzen wie das Budget. Ob meine Erben damit glücklich werden kann ich nicht sagen, aber das ist mir auch egal. Solange es mich freut werde ich sammeln, und ob es populär ist oder nicht, interessiert mich wenig.

Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 14.01.2017 13:33:05 Gelesen: 11824# 7 @  
@ bignell [#4]

und ich möchte gar nicht wissen, wie es z.B. bei Bayern Klassisch oder Concordia CA aussieht.

Lieber Harald,

ich darf dir versichern, dass mein privates Büro von knapp 40 qm völlig ausreichend ist! :-)

Wer sich für die Philatelie entscheidet, und das ist eine ganz wunderbare und immer richtige Entscheidung, der fängt ja nicht mit Zentnern von Alben und Literatur an und die allermeisten hören da mit auch nicht mal auf. Der Hunger kommt beim Essen und so ist es auch hier: Wer wirklich hungrig ist, der wird vieles zusammen bekommen und wer nur am Rande nascht, der mag auch nach Jahren alles in einem einzigen Album vorweisen können.

Ich kenne einige Sammler mit voluminöseren Sammlungen (auch im finanziellen Bereich), die ihre Schätze auf Seiten aufgezogen "virtuell" immer bei sich zu Hause haben, aber wenn man von ihnen einen Scan von der Siegelseite eines Briefes gerne sehen würde, müssen sie die Öffnungszeiten ihrer Bankfiliale im Internet suchen.

Das Briefmarkensammeln wird es noch lange geben, aber es wird ein kleiner, verschworener Haufen sein, statt der Massen von einst, von denen die meisten aber nur am Rande genascht haben. Würde ich mir um unsere sammlerische Zukunft Sorgen machen, müsste ich mein Hobby augenblicklich wechseln. Nichts läge mir ferner als das.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
DL8AAM Am: 14.01.2017 14:57:23 Gelesen: 11759# 8 @  
@ 22028 [#3]

Irgendwann wird sich durchsetzen, dass das Sammeln von virtuellen Gegenständen z.B. von Pokemon Go ... nicht unbedingt befriedigend ist.

Eh, sag nichts gegen Pokémon Go! Seit Vorgestern steht mein Dex bei 142, d.h. die europäischen Monster der ersten Generation sind fast komplett. Ich muss nur noch ein Relaxo und ein Chaneira aus 10 Kilometereiern ausbrüten, leider konnte ich diese in freier Wildbahn bisher nie sehen bzw. fangen, sowie noch 200 Kilometer mit Amonitas als Buddy wandern, dann bin ich nach 6 Monaten und etlichen 1000 Kilometern GO und knapp 10.000 gefangenen Monstern, leider meist nur RTHs, endlich voll. Die Generation 2 kann also ruhig gerne bald kommen Gotta Catch 'Em All ;-)

Nun zurück zum Thema. ;-) Briefmarkensammeln, Philatelie und Pokémon Go schliessen sich nicht aus, ist eher eine nette Auflockerung. Nur leider hilft Wandern nicht gegen das Schreibtischbäuchlein, schade eigentlich.

Gruß
Thomas
 
Cantus Am: 14.01.2017 17:37:52 Gelesen: 11681# 9 @  
@ bayern klassisch [#7]

Hallo Ralph,

du hast da zwei wesentliche Feststellungen getroffen: .....ich darf dir versichern, dass mein privates Büro von knapp 40 qm völlig ausreichend ist! .....

Es wird sicherlich so sein, dass nicht nur Menschen, die in Ein-Zimmer-Wohnungen leben, Platz zur Unterbringung irgendwelcher Sammlungen benötigen. Nehmen wir also einmal ein schmales Nebenzimmer von vielleicht 4 m Länge, 2 m Breite und einer Deckenhöhe von 2,50 m an, ziehen davon 1 m Breite für die Zimmertür und 2 m Breite für das Fenster ab, dann bleiben immer noch 9 m Länge x 2,50 m Höhe, also rund 22,50 m² Wandläche, die mit Regalbrettern bedeckt werden können. Wenn dann zusätzlich diese Regalbretter exakt in dem jeweils benötigten Abstand angebracht werden, der sich aus der jeweils individuellen Höhe der Brief- oder Briefmarkenalben oder Sammlerkartons ergibt und nicht nur in dem Abstand der Regalbretter, wie er vom Regalhersteller vorgegeben wird, dann lassen sich nachvollziehbar große Mengen an Sammlungsteilen darin aufbewahren. Zusätzlich kann man noch den Schreibtisch, der für die Bearbeitung der Sammlung erforderlich ist, in der Zimmermitte aufstellen; so sind dann alle Wandteile problemlos erreichbar. So ist das z.B. bei mir, zwischen der (tiefergelegten) Zimmerdecke und der Oberkante der oben stehenden Alben besteht noch ein Abstand von etwa 1 cm, also ausreichend, um problemlos die Alben herausziehen zu können.

Ich kann deshalb mit der immer wieder vorgebrachten Argumentation, dass das Sammeln von Belegen aus Platzmangel nicht stattfindet, in aller Regel wenig anfangen, denn der vorgebliche Platzmangel hat doch wohl vorrangig damit zu tun, welche Teile der Wohnungseinrichtung als vorrangig und welche als nachrangig angesehen werden. Bei mir genießt die Philatelie eine Vorrangstellung gegenüber manch anderem Wohnungsteil, und da die Philatelie auch noch mit den Bücher-, Schallplatten und CD-Sammlungen konkurrieren muss, ist bei der Unterbringung immer wieder Einfallsreichtum erforderlich, auch wenn ich zugeben muss, dass es auch bei mir langsam eng wird.

Der Hunger kommt beim Essen und so ist es auch hier: Wer wirklich hungrig ist, der wird vieles zusammen bekommen und wer nur am Rande nascht, der mag auch nach Jahren alles in einem einzigen Album vorweisen können.

Jeder hat so seine ganz eigene Art, wie er mit der Philatelie in Berührung kommt, aber während viele am bloßen Sammeln von losen Briefmarken hängen bleiben, hast du deine Freude an der Beschäftigung mit der bayerischen Postgeschichte gefunden, während ich mich vorrangig mit bestimmten Arten von Ganzsachen und allerlei Randgebieten der Philatelie beschäftige. Ganz wichtig dabei ist doch die Freude oder auch Entspannung, die uns die Beschäftigung mit unserem Hobby bringt. So bin ich durchaus der Meinung, dass es auch in Zukunft Menschen geben wird, die ihren Bedarf an Spannung oder der Suche nach Ungewöhnlichem nicht nur durch z.B. Krimilesen oder über Filme usw. befriedigen, sondern auch bei der Beschäftigung mit den vielen möglichen Aspekten der Philatelie die gewünschte Befriedigung und Entspannung finden werden.

Viele Grüße
Ingo
 
Francysk Skaryna Am: 07.06.2020 13:04:47 Gelesen: 3679# 10 @  
Moin,

warum sollte die Philatelie keine Zukunft haben? Es scheint vielleicht auch eine Frage der Prioritäten zu sein. Steigender Wohlstand in Schwellenländern hat hier Sammlermärkte entstehen lassen.

Wenn ich an dieser Stelle mal etwas ketzerisch die Frage in den Raum stellen darf: Welche Rolle spielen Postverwaltungen, wenn diese mit ihrer Ausgabenpolitik ihre Sammlerschaft (und somit Teile ihrer Kundschaft) über Gebühr belasten?

Gruss
 
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