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Thema: Fiskalmarken als Briefmarken verwendet
Sammlerfreund Christian Am: 09.05.2024 19:56:00 Gelesen: 492# 1 @  
Liebe Sammlerfreunde,

in vielen Ländern dieser Welt wurden Fiskal- und Stempelmarken in Ausnahmefällen auch postalisch verwendet. Sie werden dementsprechend auch in Briefmarkenkatalogen erfasst und sind teils sehr hoch bewertet (Beispiele: Commonwealth, Österreich). Ich meine mich erinnern zu können, dass es auch in Deutschland vereinzelt zur postalischen Verwendung fiskalischer Marken kam, und zwar zur Zeit der Hochinflation. Ein Bild habe ich leider momentan nicht zur Hand.

Meine Fragen:

- Gibt es irgendwo eine Übersicht über alle Fiskalmarken, die in Deutschland (oder einzelnen Teilgebieten) postalisch verwendet wurden?

- Warum werden sie nicht vom Michel Deutschland-Spezial erfasst (während der Michel dies für andere Länder sehr wohl tut)? Schweigt der Michel, weil die deutschen Sammler diese Marken nicht sammeln oder sammeln die deutschen Sammler diese Marken nicht, weil der Michel schweigt?

Über Informationen und Eure Einschätzungen würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße und einen schönen Abend
Christian
 
angim Am: 09.05.2024 20:37:17 Gelesen: 467# 2 @  
@ Sammlerfreund Christian [#1]

Ein Aufnahmekriterium für postalisch verwendete Fiskalmarken im Katalog ist eine postamtliche Verfügung, womit Fiskalmarken zu Postwertzeichen werden.

Es gibt Inflationsbriefe mit Steuermarken, aber die sind nicht amtlich, sondern wurden wohl im Einzelfall toleriert.

Viele Grüße
Thomas
 
Sammlerfreund Christian Am: 10.05.2024 08:03:52 Gelesen: 412# 3 @  
@ angim:

Thomas,

vielen Dank für Deine Einschätzung. Ich bin mir nicht sicher, ob es lediglich an der "Duldung" hängt. In meinem alten Michel Österreich-Spezial (2006) steht unter den katalogisierten Marken: "Die Verwendung der Stempelmarken 1854 war bis 9. Juli 1857 geduldet, nachher verboten. Trotzdem kommen auch später noch postalisch verwendete Stempelmarken vor." Hier wurden also auch Marken katalogisiert, deren Verwendung nur "geduldet" bzw. sogar verboten war. Auch sonst ist der deutsche Michel natürlich voll von "Duldungs"-Fällen (Stichwort Verwendung von Ganzsachenausschnitten, lokale Maßnahmen usw.).

Ich vermute daher, dass es eher um die Sammelgewohnheiten geht - niemand interessiert sich dafür, was man ja auch am spärlichen Zuspruch bei diesem Thema hier sieht. Schade eigentlich!

Vielleicht kann trotzdem jemand etwas zu meiner ersten Frage beitragen: Gibt es irgendwo eine Übersicht über alle Fiskalmarken, die in Deutschland (oder einzelnen Teilgebieten) postalisch verwendet wurden?

Viele Grüße und einen schönen Tag
Christian
 
22028 Am: 10.05.2024 08:46:50 Gelesen: 403# 4 @  
@ Sammlerfreund Christian [#3]

Ich vermute daher, dass es eher um die Sammelgewohnheiten geht - niemand interessiert sich dafür, was man ja auch am spärlichen Zuspruch bei diesem Thema hier sieht. Schade eigentlich!

Das Feedback hier spiegelt doch nur die Sammelgewohnheiten wider. Das ist bei allen Nischengebieten der Fall. Ich glaube auch nicht, dass es dafür spezielle Aufstellungen welche Fiskalmarken als Briefmarken verwendet wurden gibt. Auch in Süd Amerika wurden teilweise Fiskalmarken als Briefmarken verwendet auch wenn es postalisch eigentlich nicht erlaubt, sicher aber auch nicht ausdrücklich verboten wurde. Aber auch da gibt es keine Listen.

Ich kann Dir nur empfehlen da einfach Grundlagenforschung zu betreiben und selbst solche Listen anzufertigen und zu pflegen.
 
angim Am: 10.05.2024 14:39:57 Gelesen: 371# 5 @  
@ Sammlerfreund Christian [#3]

Interessant ist das Thema ja doch.

Falls da noch nicht schon geforscht wurde, wäre es doch interessant, was eine statistische Auswertung solcher Belege im Infla-Bereich an Ergebnissen bringt.

Zum Beispiel: Postämter, Portoperioden, Arten der Steuermarken, philatelistischer Einfluss usw.

Das ist mit Sicherheit interessant, aber auch nicht jedermanns Sache.

Wichtig ist: Hauptsache Du hast Freude an diesem Thema.

Viele Grüße
Thomas
 
angim Am: 10.05.2024 15:34:28 Gelesen: 350# 6 @  
Interessant in diesem Zusammenhang sind sicherlich auch die Verwendungen von Fiskalmarken in Russland von 1918: Michel Nr. 124 bis 148 sind als Postwertzeichen zugelassene Postspar- bzw. Stempelmarken.

Viele Grüße
Thomas
 
bovi11 Am: 10.05.2024 18:00:51 Gelesen: 319# 7 @  
@ Sammlerfreund Christian [#1]

"Gibt es irgendwo eine Übersicht über alle Fiskalmarken, die in Deutschland (oder einzelnen Teilgebieten) postalisch verwendet wurden?"

"Warum werden sie nicht vom Michel Deutschland-Spezial erfasst (während der Michel dies für andere Länder sehr wohl tut)? Schweigt der Michel, weil die deutschen Sammler diese Marken nicht sammeln oder sammeln die deutschen Sammler diese Marken nicht, weil der Michel schweigt?"

Eine Übersicht in Form eines Katalogs gibt es meines Wissen nach nicht.

Zu Notopferzeiten wurden hin und wieder Postsendungen ganz oder teilweise mit Notopfermarken freigemacht. Das war unzulässig, mal wurde es geduldet, mal wurde es mit Nachporto belegt.

Hier ein paar Beispiele:




Es gab aber auch den umgekehrten Fall, in dem Freimarken als Ersatz für die Notopfermarke herangezogen wurden. Diese Sendungen hätten vorschriftsmäßig an den Absender zurückgegeben werden müssen. Aber auch wurde es mal geduldet und mal vorschriftsgemäß zurückgeleitet. Die Verwendungen stehen nicht im MICHEL-Katalog, wohl aber im Handbuch. Sie werden gehandelt zwischen 20,00 und 100,00 Euro.

Hier ein Beispiel:



Auch diese Verwendungen stehen nicht im MICHEL-Katalog, aber im Handbuch. Sie werden zwischen 40,00 und mehreren hundert Euro gehandelt.
 
DL8AAM Am: 10.05.2024 19:32:28 Gelesen: 300# 8 @  
@ angim [#6]

Eine Duldung durch einen - dafür nicht befugten - Postler, egal auf welcher Ebene, ist eben nur eine Duldung. Eine Duldung eines grundsätzlich aber nicht zulässigen Tuns und ist deshalb grundsätzlich erst einmal nichts für einen regulären Postwertzeichenkatalog. Dieser nimmt normalerweise eben nur offizielle Postwertzeichen auf, d.h. Postwertzeichen die - von der für das jeweilige "Gebiet" offiziell dafür zuständigen "Stelle" - befugt verausgabt wurden. Das muss aber eben auch nicht zwingend das Postministium sein, dass kann auch mal z. B. in Kriegszeiten die "Militärkommandantur", der "Rebellenführer" (o.ä.) sein, etc.

Aber ein offensichtliches Fehlverhalten eines Postlers, von Unwissen über "Egal" bis zum Vorsatz, egal wie "geduldet", begründet keinen Katalogeintrag. Das ist die grundsätzliche Linie, wobei diese im Einzelfall auch mal durchbrochen wird bzw. wurde, z.B. wie Du schon angedeutet hast, mit der Begründung "traditionell gewachsenes Sammelverhalten", wie beispielsweise beim Vineta-Provisorium. ;-)

Heutzutage verschwinden aber eher solchen alten "traditionellen Fehler" aus den aktuellen Katalogen, als das hier Neues aufgenommen wird.

Und eigentlich kann Dir das sogar entgegenkommen, denn was nicht im Katalog oder Handbuch steht, kann man normalerweise günstiger auf dem Markt erstehen. ;-) Und auch eine entsprechende Ausstellungssammlung kann so sogar einen gewissen "Alleinstellungsmerkmal" bekommen. ;-)

Für mich klingt das Thema auf jeden Fall sehr interessant, zumindest solange es echter Bedarf sein sollte.

Auf jeden Fall, viel Raum für Forschung und vielleicht findest Du ja sogar irgendwo eine verfächerte, bisher unbekannte "offizielle" Anweisung einer OPD ;-) Dann sähe die Sache u.U. wieder ganz anders aus, ;-)

Beste Grüße
Thomas
 
Sammlerfreund Christian Am: 11.05.2024 07:26:25 Gelesen: 260# 9 @  
Guten Morgen zusammen,

@ bovi11: vielen Dank für die anschaulichen Beispiele!

@ DL8AAM: ich glaube nicht, dass die "Duldung" sich auf den einzelnen Postler am Schalter oder sonstwo bezieht. Es geht eher um die zuständige Postverwaltung insgesamt, die einer vereinzelt vorkommenden (oder auch verbreiteten) Praxis zunächst einmal tatenlos zusieht, ohne einzuschreiten. Es muss so sein, sonst könnte man an jeden Schabernack das "Prädikat" der Duldung kleben. Meist handelt es sich hingegen um Not- und Behelfssituationen, in denen die Postverwaltung einerseits nicht begeistert ist, andererseits aber die guten Gründe für die Postpraxis (also die Not- und Behelfssituation) nicht leugnen kann. Die Michelkataloge sind voll davon. Nur um drei Beispiele zu nennen: (1) altdeutsche Ganzsachenausschnitte als Freimarken verwendet, (2) Lokalausgaben 1923, (3) im Ganzsachenkatalog allein auf über 100 Seiten (!) die Not-, Aufbrauchs- und Behelfsausgaben 1945/1946. Wie so oft ist der Übergang zur philatelistischen Spielerei fließend.

Mittlerweile habe ich im Michel Deutschland-Spezial auch ein Beispiel für Fiskalmarken gefunden, die mit Duldung postalisch verwendet wurden. Und zwar im Nebengebiet eines Nebengebiets: Deutsche Besetzungsausgaben 14/18 Rumänien, Zwangszuschlagsmarken. Dort gibt es insgesamt 11 katalogisierte Fiskalmarken, die als Zwangszuschlagsmarken "postseitig gedulded" wurden. Bei Philasearch habe ich allerdings nur ein postfrisches Beispiel gefunden:



Ich wundere mich, dass der Michel eine Katalogisierung postalisch verwendeter Fiskalmarken im Nebengebiet eines Nebengebiets vornimmt, im Hauptgebiet Deutsches Reich hingegen nicht. Wenigstens im Kapitel Lokalausgaben/Notaßnahmen 1920-1923 könnte der Michel einen Hinweis einfügen (wenn schon keine Katalogisierung). Ich habe aber nichts gefunden.

Viele Grüße und einen schönen Samstag
Christian
 
Sammlerfreund Christian Am: 11.05.2024 09:56:39 Gelesen: 240# 10 @  
Liebe Sammlerfreunde,

mittlerweile konnte ich mir meine erste Frage, ob es eine Übersicht über Fiskalmarken gibt, die in Deutschland postalisch verwendet wurden, teilweise selbst beantworten. 2019 wurde in den Infla-Berichten 273-275 ein dreiteiliger Beitrag genau zu diesem Thema veröffentlicht. Man kann die drei Teile auch anlesen, die Anfänge sind auf der Website einsehbar:

https://www.infla-berlin.de/17_Daten/Berichte/A4/273/ib273_fiskalmarken.pdf?m=1552198724&

https://www.infla-berlin.de/17_Daten/Berichte/A4/274/ib274_fiskalmarken.pdf?m=1560682776&

https://www.infla-berlin.de/17_Daten/Berichte/A4/275/ib275_fiskalmarken.pdf?m=1570078257&

Ich nehme an, dass es in diesem Beitrag auch zahlreiche Abbildungen postalischer Verwendungen gibt, in den o.g. Ausschnitten habe ich nur (oder immerhin) eine gefunden:



Ich finde, ein wirklich spannendes Thema!

Viele Grüße
Christian
 
Sammlerfreund Christian Am: 11.05.2024 12:14:16 Gelesen: 220# 11 @  
Nachtrag für die Interessierten:

Es ist immer gut, eine philatelistische Bibliothek in der Nähe zu haben. Ich habe die drei Beiträge mittlerweile gelesen und kann sie jedem weiterempfehlen. Es gibt viele Abbildungen, die eine Augenweide sind. Insgesamt differenziert der Autor nach den verschiedenen Arten von Fiskalmarken und gibt auch an, wie viele postalische Belege ihm bekannt sind. In Summe hat er ca. 250 Belege registriert (von denen die allermeisten postalisch akzeptiert wurden). Philatelistische Spielereien scheinen die absolute Ausnahme zu sein, in der Regel handelt es sich um Geschäfts- oder Behördenpost. Auch mit württembergischen Stempelmarken sind einige Belege bekannt.

Für mich sind jetzt alle wesentlichen Fragen erst einmal geklärt. Vielen Dank allen, die sich beteiligt haben.

Christian
 
DL8AAM Am: 11.05.2024 13:59:01 Gelesen: 202# 12 @  
@ Sammlerfreund Christian

Ja, Christian, das bestreitet ja auch alles keiner. Es geht aber darum, dass es zu den meisten von Dir genannten katalogisierten Fällen, offizielle Anweisungen von einer dazu "berufenen" Oberhoheit gibt, sprich es gibt "Ansagen von Oben", die die unterstellten Einheiten "anweisen", dass "abweichende" Verwendungen geduldet bzw. angewandt werden sollen.

Wie gesagt, solltest Du ein offizielles "Rundschreiben" (z.B.) einer OPD finden, dass in ihrem Zuständigkeitsgebiet die Verwendung von Fiskalmarken zu postalischen Zwecken offiziell geduldet werden, dann sähe das natürlich anders aus. Aber selbst dann, wäre es sehr schwer bis unmöglich eine Katalogisierung durchzuführen, da dann im Prinzip jede von der Verwaltung verausgabte Fiskalmarke Verwendung finden könnte. Dann kann man maximal nur ein Register "bekannter Einzelfälle" erstellen. Für eine sinnvolle "echte" Katalogisierung (d.h. keine allgemeine Fußnote) müsste entweder der Pool im Vorfeld auf bestimmte Ausgaben beschränkt sein oder die Post verkauft übernommene Bestände von Fiskalmarken sogar selbst.

Ansonsten sehe ich Schwarz für Deine MICHEL-Idee. Wie gesagt, das Thema klingt trotzdem sehr interesssant und wenn es Dich wirklich richtig interessiert, baue eine entsprechend aussagekräftige Sammlung auf und "veröffentliche" diese (als Ausstellungssammlung, als Webseite, als PDF im Netz oder als Print-On-Demand über Amazon oder so). Unbekanntere bzw. nicht so etabliertere Sammelgebiete müssen "propagiert" werden, um anerkannt zu werden. Siehe zum Beispiel die kolumbianischen 'Private Carriers' oder auch die Overland Mail von Rainer. Interesse muss geweckt werden. Das ist (leider) so.

Viel Spass und lass uns hier an Deinen Erfolgen teilhaben. Ich würde das mit Interesse (aber leider nur) 'passiv lesend' verfolgen!

Beste Grüße
Thomas
 
inflamicha Am: 11.05.2024 14:24:59 Gelesen: 194# 13 @  
@ Sammlerfreund Christian [#11]

Hallo Christian,

zur Illustration habe ich hier 3 Belege mit unbeanstandeter Beförderung durch die Post zu diesem hochinteressanten Thema, die ich vor nunmehr auch schon wieder 11 Jahren hier im Forum unter der Rubrik Inflationsbelege vorgestellt habe:



Fernbrief von Charlottenburg nach Greiz vom 19.1.1923 mit 50 Mark Einkommensteuermarke



Auslandsbrief München-Innsbruck zum Inlandstarif nach Österreich mit 500 Millionen Mark Einkommensteuermarke in Mischfrankatur mit normaler Freimarke der gleichen Wertstufe



Fernbrief von Schkeuditz nach Halle/Saale vom 8.2.1920 mit Eisenbahn-Frachtstempelmarke 15 Pfennig in Mischfrankatur mit 5 Pfennig Germania

Aufgrund der Fülle an verschiedenen möglichen Fiskalmarken, die da in Frage kommen könnten, ist eine Katalogisierung im Michel illusorisch, das sehe ich genauso wie Thomas. Man denke nur an die vielen regionalen und örtlichen Steuermarken, die sich dazu noch in verschiedene Steuer- und Abgabenarten aufspalten. Ein Fass ohne Boden ;-)

Viel Spaß Dir weiterhin an der Philatelie und schöne Grüße

Michael
 
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