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Thema: Die Propaganda Zusatzstempel (Losungsstempel) der DDR der Region Königs Wusterhausen
Richard Am: 26.05.2024 15:04:53 Gelesen: 144# 1 @  
Die Propaganda-Zusatzstempel der DDR – bezogen auf unsere Region

Über viele Jahrhunderte diente die Post dem Zweck der Beförderung von schriftlichen Nachrichten, Gütern und Personen. Erst mit der Einführung von Briefmarken nutzte die Post die Möglichkeit der Übertragung von Botschaften. Auf den Briefmarken besonders Sonderbriefmarken sowie Sonderstempel wurden mehr und mehr Darstellungen mit politischen Inhalten abgebildet. Besonders in der Zeit zwischen 1933 und 1945 nutzten die Nazis die Reichspost als Werbemedium für ihre faschistischen Ideologien.

Aber auch nach dem 2. Weltkrieg wiederholte sich das Ganze. Die Deutsche Post verwandte bereits ab 1946 zu besonderen Anlässen Sonder- und Werbestempel. Dies waren alltägliche Werbungen zu den unterschiedlichsten Themen, häufig hatten sie einen politischen Bezug, meist zu den Wahlen oder zu Parteitagen. So wurden in der Zeit zwischen 1949 und 1989 zu den Parteitagen Sonderbriefmarken mit politischer Werbung herausgegeben, dazugehörige Sonderstempel abgeschlagen und auf Frankiermaschinen von Behörden die Parteiziele dargestellt. Diese offiziellen Poststempel mit politischer Aussage sind sehr häufig zu finden und gehörten zum Alltag auf Postsendungen in der Sowjetischen Zone bzw. der DDR.



(Abbildung 1) Sonderstempel aus der Region: „Königs Wusterhausen: Manöver 1970, Waffenbrüderschaft“

Anders verhielt es sich mit den sogenannten Propaganda-Zusatzstempeln, auch Losungs- oder Parolenstempel genannt. Diese Zusatzstempel dienten nicht zur Entwertung von Postwertzeichen und wurden sehr begrenzt und nur lokal verwendet. Für sie galt nicht die Vorschrift im Merkblatt über Gefälligkeitsstempel, obwohl sie reine Gefälligkeitsabstempelungen ohne Postbezug waren. Nach dem Einsatzende mußten die Stempel dem zuständigen Hauptpostamt zugesendet werden.

Es waren einfache Gummistempel, die neben der Briefmarke und gesondert von der offiziellen Abstempelung angebracht werden durften. Die Abstempelung erfolgte meist am Absendeort, konnte aber auch noch am Zielort angebracht werden. Der Text stand immer in Verbindung mit aktuellen politischen Ereignissen in der Sowjetischen Zone bzw. der DDR. Eine erstmalige Benutzung ist aus dem Jahre 1946 bekannt, wo es am 30. Juni um einen Volksentscheid zur Enteignung der Kriegsverbrecher ging. Neben zwei weiteren Losungsstempel, die nur in Sachsen verwendet wurden, betrachtet man diese Zusatzstempel als Vorläufer. Sie wurden in keinem Amtsblatt der Post bekanntgemacht. Erstmalig in einem offiziellen Amtsblatt des Ministeriums für Post und Fernmeldewesen nachweisbar sind Zusatzstempel aus dem Jahr 1950. Die „verordneten“ Abstempelungen erfolgten vorwiegend auf Postsendungen, die innerhalb der Sowjetischen Zone bzw. der DDR zugestellt wurden. Auf Sendungen in den „Westen“ bzw. ins Ausland erfolgten diese Abstempelungen nur selten, sie war sogar dorthin untersagt. Die Westberliner Post schwärzte diese Stempel. Einschreib- und Wertsendungen wurden ebenfalls nicht mit Zusatzstempel versehen. Als Zusatzstempelfarbe war violett vorgeschrieben. Es kamen jedoch auch andere Farben wie rot, schwarz oder grün in Frage.

Zeitlich fanden die Abstempelungen mit den Parolen von 1950 bis 1964 statt. Der jeweilige Einsatz vor den besonderen Ereignissen war meist auf wenige Wochen begrenzt. Außerdem waren die einfachen Gummistempel nur lokal, auf das jeweilige Postamt beschränkt, im Einsatz.

Nach Angaben der Deutschen Post wurden die Stempel überwiegend von Mitarbeitern der Deutschen Post während der Dienstzeit angebracht. In Einzelfällen gab es freiwillige Arbeitseinsätze, wobei die DDR Jugendorganisation FDJ maßgeblich beteiligt war.

Derartige Propaganda-Zusatzstempel aus den 1950er Jahren sind auch aus unserer Region bekannt und liegen teilweise als Beleg vor. Besonders das Postamt Königs Wusterhausen verwendete mehrere Gummistempel mit politischer Werbung. Daneben können derartige Stempel von Eichwalde, Zeuthen, Wildau, Waltersdorf, Märkisch Buchholz und Halbe nachgewiesen werden. Sie alle hatten einen ähnlichen Slogan. In einer offiziellen Mitteilung (Nr. 104/1958) des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen zur Verwendung der Zusatzstempel aus Anlass der Wahlen zur Volkskammer, zu den Bezirkstagen und zur Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin sind aus unserer Region die Orte Eichwalde (b Berlin) und Königs Wusterhausen aufgeführt.

Der erste Zusatzstempel von Königs Wusterhausen vom Oktober 1950 liegt in schwarzer Farbe vor, alle anderen Belege wurden mit violetter Farbe abgestempelt.

Die Aufstellung der Zusatzstempel ist nicht komplett, sie gibt einen Überblick zu diesem Thema.

1. Königs Wusterhausen

- 1950 (Okt.) „Am 15. Oktober wählen wir den Frieden!“ (Abbildung 2)
Sonderbriefmarke Volkswahlen mit Drei Farben Sonderstempel Leipzig C 2, Am 15. Oktober Deine Stimme
der EINHEITSLISTE für
FRIEDEN 14.10.50 AUFBAU
EINHEIT WOHLSTAND (Abbildung 3)
- 1950 (Dez.) „Der DFD fordert: Alle Deutschen aus Ost und West – an einem Tisch!“
- 1951 (Aug.) „III. Weltfestspiele für Frieden und Völkerverständigung“
- 1952 (Jan.) „Der Volkskammerappell zeigt den Weg zu Einheit und Frieden.“
- 1952 (Juli) „Für einen Friedensvertrag mit Gesamtdeutschland!“
- 1952 (Dez.) „Vorwärts zum Aufbau des Sozialismus!“
- 1955 (Feb.) Vignette „Beste Friedensgarantie kollektive Sicherheit“ (Abbildung 4)
- 1959 (Jan.) „Für Frieden, Einheit und ein glückliches Leben!“ (Abbildung 5)



Abb.2



Abb.3



Abb.4



Abb.5


2. Eichwalde

- 1951 (Aug.) „Rüstet zum Treffen der friedlichen Jugend der Welt! (Abbildung 6)
Entfaltet den Feldzug der Jugend für Wissenschaft und Kultur!
Postamt Eichwalde“
- 1952 (Okt.) „Für Frieden Einheit Demokratie und Sozialismus“
- 1954 (Okt.) „Es liegt in Deiner Hand: Wähl‘ ein einig Vaterland!“



Abb.6


3. Zeuthen

- 1954 (Nov.) „Es liegt in Deiner Hand: Wähl‘ ein einig Vaterland!“

4. Waltersdorf

- 1954 (Okt.) „Es liegt in Deiner Hand: Wähl‘ ein einig Vaterland!“ (Abbildung 7)



Abb.7


5. Wildau

- 1954 (Nov.) „Wählt die Kandidaten der Nationalen Front!“
- 1963 (Okt.) „Die Republik braucht alle, alle brauchen die Republik“ (Abbildung 8)



Abb.8


6. Märkisch Buchholz

- 1950 (?) „Am 15. Oktober Deine Wahl – Friedenswahl!“
- 1952 (Dez.) „Festigt die Freundschaft mit der Sowjetunion, sie sichert uns den Aufbau des Sozialismus“

7. Halbe

- 1950 (Okt.) „Am 15. Oktober stimme auch Du für den Frieden“

In unserem heutigen Kreisgebiet wurden außerdem in Lübben, Luckau und Lieberose weitere Propaganda-Zusatzstempel verwendet. Das Postamt Lübben setzte als eines der letzten Postämter im Jahre 1964 den folgenden Slogan dazu: „Deine Stimme für den Frieden“.

Für die Wahl zur 1. Volkskammer der DDR am 15. Oktober 1950 liegen von den Postämtern Königs Wusterhausen, Märkisch Buchholz und Halbe Zusatzstempel vor, die für eine „Friedenswahl“ Werbung machen. Außerdem fanden noch Wahlen zu den Landtagen und Kommunalvertretungen statt. Abgestimmt werden konnte allerdings nur über Einheitslisten der Nationalen Front. Die Abgeordneten der Nationalen Front erhielten 1950 99,7 Prozent der Stimmen. Das Gleiche wiederholte sich zur Wahl der 2. Volkskammer der DDR. Jetzt liegen gleichlautende Zusatzstempel von den Postämtern Eichwalde, Zeuthen und Waltersdorf vor: „Es liegt in Deiner Hand: Wähl‘ ein einig Vaterland!“. Das Wildauer Postamt machte 1954 für die Nationale Front Werbung:„Wählt die Kandidaten der Nationalen Front!“

Zu den aufgeführten Einsatzzeiten muss zur Erläuterung angegeben werden, dass einige Slogan auf Stempel-Beschaffungskarten abgedruckt sind. Diese konnten auch noch nach dem eigentlichen politischen Ereignis (z. B. dem Wahltag) beschafft werden.

Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass aus dem Anlass der Wahlen 1954 und 1965 auch ein Abzeichen mit dem Slogan „Alles für d. Sieg d. Nationalen Front bei den Volkswahlen 1954“ sowie eine Medaille „Für hervorragende Leistungen Volkswahlen 1965“ herausgegeben wurden.


Text und Abbildungen: Wolfgang Pinkow, Bergstraße 33, 15711 Königs Wusterhausen, Erstveröffentlichung in der nordost-philatelie 1/2024 des Philatelistenverbandes Nordost mit Ergänzungen des Autors. Wir bedanken uns im Namen der Mitglieder beim Autor.
 
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