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Thema: Tschechoslowakei Luftpost 1919 bis 1938
Das Thema hat 383 Beiträge:
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Detlev0405 Am: 11.01.2018 16:43:16 Gelesen: 184442# 1 @  
Nach langer Überlegung habe ich mich entschlossen, einen Beitrag zu eröffnen, der sich schwerpunktmäßig mit der Luftpost der Tschechoslowakei von 1919 bis 1938 beschäftigen soll. Dabei geht es mir in erster Linie um Bedarfsbelege der alltäglichen Luftpost, Erstflugbelege sollen den Beitrag gern garnieren.

Es gibt auf dem Gebiet nach meiner Kenntnis nur zwei Standardwerke, die sehr ausführlich Auskunft geben. Zum ersten der Trojan Katalog „Tschechoslowakei Luftpost 1918–1939“ von MUDr. Peter Horka (leider nur in tschechischer Sprache verfügbar) und die vierbändige Ausgabe der Bundesarbeitsgemeinschaft Tschechoslowakei e.V. „Geschichte der Tschechoslowakischen Flugpost Teil 1–4“ in deutscher Sprache von Max Mahr und H.Peter Vouhsem. Leider sind beide Werke schon über 20 Jahre alt und können bezüglich der aufgeführten Bewertungen nur einen vagen Anhaltspunkt geben. Zum Glück wurde in beiden Werken Punktsysteme angewendet, damals beim Erscheinen jeweils 1,- Kc bzw. 1,- DM wert je Punkt. So kann man wenigstens in etwa eine Relation der Belege untereinander finden.

Während der „Mahr“ in seiner Bewertung auch normale Alltagspost einordnet und bewertet, zeichnet sich der „Horka“ durch eine chronologische Auflistung aller Erstflüge aus, ergänzt durch zwei sehr informative Übersichten zu zusätzlichen Wertungen bezüglich vorhandenen Frankaturen und Besonderheiten der Beförderungen.

Ich bitte um rege Diskussion und zeigen eigener Belege, vielleicht spornt mich das zu einer möglichen Publikation von Bedarfsbelegen zu diesem Sammelgebiet an (Wunschdenken). Ich weiß, das es viele Spezialisten gibt in diesem Forum, die wertvolle Anregungen und Ergänzungen geben können.

Gleich zu Beginn ein diskussionswürdiger Beleg – eine Sonderkarte vom Flugmeeting in Karlsbad 1930. Gestempelt am 08.06.1930 mit dem Sonderstempel vom Flugfest.



Der Flugpostaufkleber und die beiden Flugpostmarken suggerieren eine Beförderung per Luftpost nach Wien.

Gegen eine Luftpostbeförderung sprechen jedoch andere Fakten.

- der Erstflug von Karlsbad nach Prag fand erst am 15.05.1931 durch die CSA statt
- 1930 existierte in Karlsbad nur ein Flugfeld in Form einer 40 ha großen Wiese, noch keine Hangars oder Abfertigungsgebäude
- es gibt keinen Ankunftstempel von Wien Flugpost

Gab es zu diesem Zeitpunkt noch eine andere Beförderungsmöglichkeit per Luftpost ? Normaler Weise wurde bei Beförderung auf dem Landweg das blaue Luftpostlabel durchkreuzt durch die tschechische Post.

Interessant der Text auf der Karte – Bericht über einen Flugzeugabsturz.



Einen schönen Abend noch,
Detlev
 
wuerttemberger Am: 11.01.2018 17:29:59 Gelesen: 184423# 2 @  
@ Detlev [#1]

Ich habe keine Ahnung von der frühen Luftpost, aber ich werde mit großem Interesse diesen Thread verfolgen.

Gruß

wuerttemberger
 
Detlev0405 Am: 12.01.2018 15:26:14 Gelesen: 184362# 3 @  
@ wuerttemberger [#2]

Ich danke dir für deine Aufmerksamkeit. Dann schiebe ich mal gleich ein weiteres Pärchen nach.

Am 21.05.1929 wurde eine Flugverbindung zwischen Marienbad und Nürnberg eröffnet. Der Flugplatz Marienbad liegt 5 km entfernt vom Ort beim Dorf Sklare und ist ein reiner Grasflugplatz und bis heute so, mit 2 Start- und Landebahnen.

Bedeutung erlangte dieser Flugplatz nur in grenznahen Destinationen wie Fürth/Nürnberg , Chemnitz und Halle/Leipzig sowie nach Berlin als längste Strecke (nach den mir vorliegenden Informationen). Im inneren tschechischen Verkehr war die Achse Prag – Karlsbad – Marienbad von großer wirtschaftlicher Bedeutung.Er war auch zwischen Etappe auf dem Flug Prag – Amsterdam.

Vom Erstflug ein Rückflugbeleg auf der Strecke von Nürnberg nach Marienbad. Abgeflogen vom Nürnberger Flugplatz um 15-16 Uhr und in Marienbad angekommen um 18 Uhr.



Vom 14.06.1930 stammt der Bedarfsbeleg von der Strecke Marienbad - Fürth, frankiert mit den Marken der Mi.Nr. 199 – 201. Abgestempelt um 20 Uhr war er bereits in Fürth (nicht Flugplatz) angekommen zwischen 7-8 Uhr.



Für die ordnungsgemäße Abfertigung als Luftpost sprechen sowohl die verklebten Flugpostmarken als auch der verklebte Flugpostaufkleber (entsprechend den Gesetzen der tschechischen Post) als auch die kurze Laufzeit des Beleges. Es ist generell sehr schwer, Luftpost aus Marienbad einzuordnen, da der Ort keinen besonderen Luftpoststempel verwendete (zumindest mir nicht bekannt). Siehe auch Bestätigungsstempel beim Erstflugbeleg. Hinzu kommt, das Belege von Marienbad nach Fürth, Berlin und Halle/Leipzig relativ selten sind und somit wenig Vergleichsmaterial vorliegt.

Beste Grüße
Detlev
 
wuerttemberger Am: 13.01.2018 10:01:17 Gelesen: 184330# 4 @  
@ Detlev0405

Da kann ich auch noch etwas beitragen.

Der Erstflugbrief wurde vom Postamt 2 Nürnberg (Postamt am Bahnhof) im Briefabgang bearbeitet. Am folgenden Tag erhielt er den Aufgabestempel vom Flughafen in Fürth-Atzenhof. Der erste Flughafen lag zuerst im Stadtgebiet von Fürth wurde aber wegen Geldmangels zunehmend von Nürnberg finanziert.

Der zweite Beleg ist sicherlich auch mit der Luftpost befördert worden, denn eine normale Ansichtskarte hätte in der Zeit niemals einen Ankunftsstempel bekommen. Das Postamt Fürth 2 war eine Zeit lang für die Abfertigung der Luftpost zuständig.

Gruß

wuerttemberger
 
rudi63 Am: 13.01.2018 13:33:24 Gelesen: 184311# 5 @  
Hallo,

schöne Belege zeigt Ihr da. Möchte auch etwas beisteuern.

Luftpostbrief vom 5.10.1920 von Prag nach London. Nach der Literatur ist der 1. Flug jedoch ausgefallen und die Post wurde per Bahn transportiert. Selten sind solche Belege trotzdem.



Das hier ist mein 1. Versuch Bilder im Forum hochzuladen.

Gruß

Rudi
 
Detlev0405 Am: 13.01.2018 15:29:05 Gelesen: 184290# 6 @  
@ wuerttemberger [#4]

Danke für die Präzision zum 2. Beleg der Nürnberg Linie - ich hatte das zwar vermutet wegen dem Bestätigungsstempel von Fürth, kenne mich aber im deutschen Postsystem nicht so gut aus. Deswegen bin ich froh über jede ergänzende Information.

@ rudi63 [#5]

Das ist prima gelungen Rudi, danke für den Beleg. Er ist wirklich eine Rarität und gehört voll zum Thema.

Gruß Detlev
 
Detlev0405 Am: 13.01.2018 18:03:13 Gelesen: 184273# 7 @  
Sehr früh schon, nämlich im Jahre 1924, wurde die Strecke Prag – Bratislava – Kosice eröffnet und somit die wichtigsten Industriezentren des Landes mit einer Fluglinie verbunden. Sie hatte so aber nur ein Jahr Bestand bis zum 23.05.1925. Offensichtlich hatte man bemerkt, das man einen wichtigen Standort einfach vergessen hatte – nämlich Brno. So wurde am 24.05.1925 die neue Strecke Prag – Brno – Bratislava – Kosice in Betrieb neu eröffnet. Aus dieser Zeit stammt auch der folgende Beleg.



Am 27.06.1929 beförderter kleiner Damenbrief mit kompletter II. Flugpostausgabe Mi. Nr. 199 – 201 von Prag nach Kosice. Das er ein Bedarfsbeleg ist, dokumentiert er auf „eindrucksvolle“ Weise. Es scheint alles schief gegangen sein was möglich ist. Der Aufgabestempel verfettet, beim Ankunftstempel auf der Rückseite hat der Beamte wohl auf Grund des kleinen Formats den Stempel nicht richtig platzieren können. Eigentlich ein kleines hässliches Entlein. Wenn man aber einen 2. oder wie bei mir 3. Blick auf den Brief wirft, kommt man ins Staunen.



Die Mi. Nr.199 weicht deutlich vom Standard dieser Marke ab. Sie ist, wie im Ausschnitt ersichtlich deutlich „überformatig“ und dazu unten geschnitten. Nur im tschechischen Spezialkatalog von 1988 findet sich ein Vermerk über die Mi.Nr.199 – 201 U unter LT 4 N – LZ 6 N. Aber auch nichts zu Teilzähnungen. So wird zumindest aus dem hässlichen Entlein eine interessante Ente.

Einen schönen Abend noch,
Detlev
 
Detlev0405 Am: 14.01.2018 09:55:40 Gelesen: 184227# 8 @  
@ rudi63 [#5]

Ich habe mich noch einmal intensiv zu dem Beleg von Rudi durch die vorhandene Literatur gewühlt.

Es ist schwer einzuschätzen, ob der Brief nun zumindest auf einer Teiletappe als Luftpost befördert wurde oder nicht. Zu erst einmal zu den Voraussetzungen des Briefes. 125 Heller Briefporto bis 20 g und 125 Heller Einschreibgebühr sind ordnungsgemäß durch die beiden linken Marken ausgewiesen. Der Flugposttarif von 28 Kc für die Strecke bis London wurde auch ordnungsgemäß verklebt.

Dass der eigentlich vorgeschriebene Flugpostzettel Prag - London hier nicht geklebt wurde, ist kein Mangel. Bisher wurde der Aufkleber nur bei Briefen beobachtet, die bei der zuständigen Luftfahrtgesellschaft " Pour la Cie Franco - Romaine de Navigation Aerienne " aufgeliefert wurden. Sie haben den entsprechenden Zusatzstempel der Gesellschaft und wurden dann an das Postamt Prag 1 aufgeliefert zur weiteren postalischen Behandlung. Direkt beim PA Prag 1 aufgelieferte Belege haben diesen Aufkleber nicht.

Somit hat der Beleg erst einmal alle Voraussetzungen zu einer ordnungsgemäßen Beförderung.

Der Flug vom 05.10.1920 wurde auch im Amtsblatt der Tschechoslowakei veröffentlicht.

Nun beginnt der Streit der Fachleute, ob der Flug statt gefunden hat oder nicht. In den 80er Jahren sind tschechische Philatelisten der Meinung, er hätte nicht stattgefunden. Dem schließt sich auch Petr Horka in seinem Buch an und gibt die Gesamtzahl der Belege mit 25 an.

Anderer Meinung ist Mahr in seinem Gemeinschaftswerk und führt auch gute Argumente für den durchgeführten Flug an. Sein Kronzeuge, der Gründer der Aerophilatelie in der Tschechoslowakei, Ing. Jaroslav Sula. In seiner Studie "Luftpostmarken der Tschechoslowakei aus dem Jahre 1920" stellt er definitiv fest, das der Flug statt gefunden hatte. Und das Werk erschien 1926, also zeitnah und Sula war Augenzeuge der Ereignisse.

Viel wichtiger, im Werk von Mahr/Vouhsem Teil 2 Seite 71 wird ein Beleg vorgestellt, der am 04.10. wie bei Rudi abgefertigt wurde, über Strasbourg nach Paris flog und dort einen Bestätigungstempel erhielt.

Dass der Brief nach London keinen Bestätigungsstempel erhielt in Paris, mag an dem Transit nach London liegen (Hypothese). Warum der Brief nun aber noch einen Monat benötigte, um auf dem Landweg nach London zu gelangen, vermögen vielleicht Frankreich Experten begründen. Ich interpretiere den Empfangsstempel in London auf den 06.11.1920.

Einen schönen Sonntag wünsche ich allen,
Detlev
 

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