Das Sammelgebiet der Ägäischen Inseln verdanken wir wieder einmal dem Zeitalter des Imperialismus. Es gehört zu einem der vielen Gebiete, die durch die Implosion des Osmanischen Reiches entstanden ist.
1911/12: Italien war nicht aktiv oder nicht erfolgreich beim Griff der europäischen Großmächte nach Kolonialgebieten. Geplagt von innenpolitischen Schwierigkeiten beschloss die italienische Regierung unter Billigung Frankreichs und Großbritanniens über einen schwachen Nachbarn herzufallen und diesem einfach wegzunehmen, was man von ihm will (und so von den innenpolitischen Konflikten abzulenken - stets sehr erfolgreiche Taktik, auch in der heutigen Zeit gerne praktiziert). Ziel war die Okkupation und Kolonisierung Libyens, das seinerzeit noch zum Osmanischen Reich gehörte.
Libyen war über Land vom Osmanischen Reich abgeschnitten. Auf See war die osmanische Flotte unterlegen. Die italienische Marine besiegte die osmanische Flotte im Mittelmeer entscheidend und bei dieser Gelegenheit wurde der Dodekanes besetzt. Dieses Gebiet wurde zum Spielball italienischer Interessen, Italien wollte das Gebiet für andere Konzessionen mal an die Türken, mal an die Griechen geben. Durch den Balkankrieg und dem folgenden Ersten Weltkrieg wurde die Übergabe jedoch immer wieder verschoben.
Da hat Italien das Gebiet halt behalten und nach der faschistischen Machtübernahme zu italienisieren versucht. Interessant: durch die italienische Besetzung kam es zu keiner Vertreibung der türkischen Minderheit, wie das sonst auf griechischem Siedlungsgebiet als Folge des griechisch-türkischen Kriegs mit der türkischen Minderheit geschah.
Das Gebiet besteht aus 13 Inseln, davon die Hauptinseln Rhodos, Kos, Lerros.
Wer auf Rhodos war, kennt vielleicht die Zeugnisse der faschistischen Architektur:
• das filigrane Hirschpaar an der Hafeneinfahrt
• den Palazzo Governale (venizianische Elemente zitierend) oder
• das Haus des Faschismus (heute die Stadtverwaltung).
Die ersten Ausgaben von 1912, sowie die Ausgaben Ferrucci von 1930 und Garibaldi von 1932 wurden jeweils mit einem Aufdruck des Namens der zum Gebiet gehörenden Inseln versehen. Das heißt, auch für die Insel Leipsoi / Lipsi (seinerzeit 977 Einwohner) oder Astypalaia / Stampalia (seinerzeit 2.006 Einwohner) wurden Briefmarken gedruckt. Die Auflage der Sonderausgaben von 1930 und 1932 betrug 12.000 bzw. 10.000 Stück pro Insel (was eine philatelistische bzw. wirtschaftliche Motivation zur Ausgabe naheliegen lässt)
Hier drei Exemplare der Ferrucci-Ausgabe
Die Basis ist eine Ausgabe Italiens. Ferrucci war ein florentinischer Heerführer, der in der Renaissance im Krieg gegen eine habsburgische Allianz aktiv war. Von Nationalisten / den Faschisten wurde die Figur Ferrucci stark propagandistisch genutzt. Daher die Ausgabe.
Die rechten Marken zeige die Ermordung des bereits auf den Tod getroffenen Ferrucci durch seinen Opponenten Maramaldo. Für Gewalthandlungen an einem Wehrlosen / hoffnungslos Unterlegenen soll bis heute im Italienischen Sprachgebrauch, das Wort „maramaldieren“ als Verb gebraucht werden.
Zur italienischen Ausgabe liegen keine Auflagenzahlen vor. Die ägäische Auflage beträgt 12.000 mal 13 Inseln = 156.000.
Stampalia = Astypalaia - 2.006 Einwohner (1936)
Scarpanto = Karpathos - 7.770 Einwohner (1936)
Alle Inseln - 140.848 (1936)
Marken der Agäischen Inseln begegnen uns unter drei Bezeichnungen
• Italienische Marken mit dem Aufdruck des Namens einer der dreizehn Inseln
• Marken mit der Bezeichnung: Isole Italiane dell‘Egeo
• Marken mit der der Bezeichnung Rodi
Hier noch eine Freimarke von 1933. Es zeigt eine Greifvogelschwinge als Wappen des Francesco Sans (Großmeister des Johanniter-Ordens, der Rhodos in der Zeit nach den Kreuzzügen beherrschte).
Am 08.05.1945 wurden die Inseln von der deutschen Besatzung an Großbritannien übergeben. Seitdem nutzte man Marken der Middle East Forces (M.E.F.).
Seit 1947 werden griechische Marken genutzt.
Die Nr. 105 der Ägäischen Inseln spielt noch eine Rolle in der deutsch orientierten Philatelie, da die 5 Centesimi-Marke als Grundlage einer Feldpostzulassungsmarke benutzt wurde (Auflage nicht gerade geringe 25.000 Stück). Das „Inselpost“-Thema spielte sich eben auch auf diesen soeben besprochenen Ägäischen Inseln statt.
