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Thema: Hervorragende Sammlungen - Mauritius
Das Thema hat 30 Beiträge:
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Heinz 7 Am: 28.05.2020 21:23:46 Gelesen: 11460# 1 @  
Liebe Leser

Die Briefmarken von Mauritius haben eine magische Anziehungskraft. Auch viele Menschen, die sonst kein Interesse für Briefmarken aufbringen, wissen, dass eine "blaue Mauritius" die "teuerste Marke" ist, und viele wissen sogar, wie sie aussieht. Es gibt wohl keine Briefmarke, zu der ein Briefmarkensammler von fremden Menschen öfters angesprochen wird, als zur "blauen Mauritius". - Es ist also sehr nützlich, das Wichtigste über diese Marken und das ganze Sammelgebiet "Mauritius" zu wissen.

Bereits im 19. Jahrhundert war das Sammelgebiet "Mauritius" äusserst beliebt und bekannt. Das schlug sich auch in den Preisen nieder - Briefmarken und Sammlungen dieses Sammelgebietes wurden schon im 19. Jahrhundert teuer bezahlt. In Fachblättern wurde schon früh gerätselt, wie viele (oder wie wenige!) Exemplare denn von den einzelnen Ausgaben existieren.

Im Thema "die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" haben wir auch schon mehrfach von Mauritius gesprochen. Im bahnbrechenden Lehrbuch von Theodor Haas von 1905 spielten die Marken von Mauritius natürlich eine wichtige Rolle. Im Kapitel "Die hundert seltensten Marken nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet" finden wir drei Marken dieser kleinen Insel im Indischen Ozean.

4. Mauritius 1847, Post Office, 2 P. blau
5. Mauritius 1847, Post Office, 1 P. rot
31. Mauritius 1859, grosses Stirnband, 2 P. blau

Dies ist die Rangliste bei den regulären Marken. Dazu kommt von der Liste der seltensten Fehldrucke:

24. Mauritius 1848, 2 P. blau, mit Penoe (statt Pence)

Wir sehen zwar, dass offenbar 1905 drei andere Marken von Haas noch höher eingeschätzt wurden, als die Erstausgabe von Mauritius (2 Pence Wert), aber immerhin: vier Nennungen (davon zwei Spitzenplätze) hat auch Haas ihnen vor 115 Jahren zugeteilt. Das war auch 1912 so, als Schubert eine Tabelle im Illustrierten Briefmarken-Journal vom 20.4.1912 zeigte: "Wertvolle Marken, Studie aus dem Senf-Katalog 1912".

1. Mauritius Nr. 2 gest.
2. Mauritius Nr. 1 gest.
18. Mauritius Nr. 5 *
80. Mauritius Nr. 3 II *
80. Mauritius Nr. 4 II *

Fünf Mal war Mauritius genannt unter den 101 Marken, die einen Katalogwert von mindestens 750 Mark aufwiesen. (Allerdings fehlten bei Schubert die Plätze eins und drei von Haas, weil die Marken 1912 von Senf nicht bewertet waren). Aber man sieht:

Mauritius war "immer schon" beliebt und teuer!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.05.2020 22:52:20 Gelesen: 11433# 2 @  
@ Heinz 7 [#1]

Ich habe mich gestern a.a.O. über die wohl beste Mauritius-Sammlung aller Zeiten geäussert, und dies hat den Wunsch geweckt, dass ich zu einigen führenden Sammlungen dieses Gebietes Stellung nehme, sofern mir dies möglich ist.

Im Auktionskatalog von David Feldman

"Mauritius, November 3, 1993"

sind auf Seite 18/19 nicht weniger als 52 Auktionen 1921-1985 genannt, als wichtige Mauritius Sammlungen angeboten wurden! Das ist eine grosse Auswahl. Zum Glück habe ich viele Auktionskataloge davon in meiner Bibliothek und kann vielleicht interessante Vergleiche anstellen.

Ein Name in der Aufzählung von David Feldman, der mir gar nichts sagte, hat mich neugierig gemacht. Und ich habe die Kataloge sogar gefunden! (es waren zwei Verkäufe):



Die Sammlung von George Wren wurde 1963 verkauft. Sie wurden von Robson Lowe angeboten, aber nicht in seinen Hauptkatalogen, sondern in seiner Serie der "Postal History Auctions" am 4.9.1963 und in der Serie "Bournemouth Stamp Auctions" am 7.9.1963.

Am 4.9.1963 wurden 114 Lose Mauritius angeboten (Sale 2298, Lose 128-241), und am 7.9.1963 91 Lose (Sale 2304, Lose 696-786). Beide Verkäufe fielen nicht auf durch teuerpreisige Lose; die Schätzpreise für fast alle Lose waren sehr moderat. Eine Summierung ergibt:

sale 2298: GB£ 1911
sale 2304: GB£ 2155 (wobei ein Los ohne Schätzpreis)
also total: GB£ 4066
Das wären umgerechnet in CHF von Ende 2019 ca. CHF 169'888.

Es überrascht mich, dass eine Sammlung mit einem doch relativ kleinen Schätzpreis auf dieser Liste von David Feldman einen Platz fand. Nur ein einziges Einzel-Los hatte einen Schätzpreis von GB£ 100 (Los 185: Ein Brief 1861 von St. Denis nach Calcutta) und Los 737 hatte einen Schätzpreis von GB£ 160; das war die Restsammlung der frühen Ausgaben 1848-1859; 43 Marken - sonst erreichte kein Los einen Schätzpreis von mehr als GB£ 60.



Die Sammlung gefiel aber mit vielen interesanten Losen, die zwar nicht teuer waren, aber gleichwohl oft recht selten. Es gab sehr viele Lose, die ihrer Stempel wegen angeboten wurden. Auch viele Briefe wurden oft einzeln ausgerufen, es gab auch 11 Briefe der Vor-Markenzeit (1762-1845; Lose 128-138).

Ganz teure Marken fehlten zwar offenbar, aber dennoch schaffte es Mister Wren, das Auktionshaus David Feldman zu überzeugen, seine Sammlung unter die bedeutendsten der Zeit 1921-1985 einzureihen. Gratulation!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.06.2020 14:44:42 Gelesen: 11334# 3 @  
@ Heinz 7 [#2]

Die Tabelle im Auktionskatalog von David Feldman 3.11.1993 „Mauritius at Auction 1921-1985“ (Seite 18-19) ist natürlich eine ideale „Steilvorlage“ zur Suche nach den wichtig(st)en Mauritius-Sammlungen aller Zeiten. Auf 52 Zeilen listet er viele der bekannten Auktionen auf, und ein paar, die „man“ nicht ohne Weiteres kennt.

Von den 52 Auktionen sind 27 Auktionen „Name sales“; wir kennen also den Verkäufer, 19 Mal sind es anonyme Verkäufer und 6 Zeilen sind Mehrfachzählungen, wenn ein „Name sale“ auf mehrere Daten verteilt wurde.

Ich schätze, dass ich Ihnen die pekuniär kleinste Sammlung bereits kurz vorgestellt habe. Die Sammlung von Mister George Wren wies einen Schätzpreis an den zwei Auktionen 1963 von „nur“ GB£ 4‘066 auf, 205 Lose wurden angeboten (von Robson Lowe, London / Bournemouth). Den Wert heute errechne ich mit CHF 169‘888 (per 31.12.2019). Es gibt mehrere Sammlungen, da übertrifft der Preis für das Spitzenstück alleine bereits diesen Betrag.

Ob eine Sammlung zu den „hervorragenden“ gezählt werden darf, auch wenn sie keine ganz teuren Stücke (oder gar eine Erstausgabe 1847 „Post Office“) enthält, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Ich finde es richtig, auch nicht so teure, aber seltene, Stücke nach Möglichkeit zu berücksichtigen, aber die „Scheinwerfer“ werden meistens eben doch auf die grossen „Preiskracher“ gerichtet. Das ist verständlich und legitim.

Es gibt 25 „items“ der Erstausgabe 1847 „Post Office“.
13 items mit der orangen 1 Penny Marke
11 items mit der blauen 2 Pence Marke
1 item mit beiden Marken (sog. Bordeaux-Brief).

Das ist nicht viel! Wenn wir nun noch wissen, dass nicht weniger als 11 Exemplare (ELF!) in Museen fest gebunden sind (inkl. Royal collection London) und wir eine Marke seit über 100 Jahren nie mehr gesehen haben (verschollen?), so bleiben nur 13 items.

Diese sind natürlich in ihrem Wert auch nicht alle gleich! Während zum Bordeaux-Brief wohl ein Preisschild von CHF 7‘500‘000 passt, sind die losen, gestempelten, z.T. schadhaften Marken wohl mit Preisschildern von CHF 250‘000 – CHF 800‘000 richtig bewertet.



Ich möchte nun die vermutlich wertvollste Mauritius-Sammlung vorstellen, die je zusammengetragen wurde. Sie wurde am 2. November 1993 in Zürich versteigert von David Feldman und sie bestand im Wesentlichen aus der Sammlung von Hiroyuki Kanai.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.06.2020 15:26:01 Gelesen: 11324# 4 @  
@ Heinz 7 [#3]

Die Sammlung DF/Kanai umfasste nicht weniger als 452 Lose, die alle an einem denkwürdigen Nachmittag in Zürich verkauft wurden. Ich war an der Auktion dabei, obwohl ich Mauritius nicht sammle. Aber ich wusste um die Bedeutung dieser Auktion. Es war und bleibt ein unvergessliches Erlebnis!

Die Sammlung umfasste einige der grössten Preziosen, die Mauritius zu bieten hat. Aber neben den weltbekannten Ausgaben kamen auch schöne Marken und Briefe der späteren Ausgaben zum Verkauf.



Dies z.B. ist auch ein "Bordeaux"-Brief, aber nicht DER berühmte 1847-Post Office-Brief, sondern ein Brief rund 14 Jahre später (Abgang 6.12.1861), der mit späteren Ausgaben von Mauritius freigemacht wurde (spektakuläre Mischfrankatur 7. und 8. Ausgabe).

Interessant; dieser Brief nahm nicht den Weg über Plymouth/England, sondern ging offenbar durch den Suezkanal und das Mittelmeer!

Die Einteilung der Auktion war wie folgt:

1. Ausgabe 1847: Post Office: Lose 1 + 2 + 3 + 155 + 452
2. Ausgabe 1848: Post Paid (fünf Druckstufen): Lose 4 - 154
3. Ausgabe 1859: Lapirot: Lose 156 - 199 (drei Druckstufen plus Retuschierte Platte)
4. Ausgabe 1859: Sherwin: Lose 200 - 214
5. Ausgabe 1859: Dardenne: Lose 215 - 278
6. Ausgabe 1858-1862: Britannia - No Values: Lose 280 - 316
7. Ausgabe 1859-1861: Britannia - New Values: Lose 317 - 359
8. Ausgabe 1860-1882: Victoria - De La Rue: Lose 360 - 439
Mauritius used in Rodrigues Island & Seychelles: Lose 440 - 451.

Die Inszenierung war natürlich perfekt: gleich zu Beginn gab es zwei Höhepunkte (Lose 1+2), dann aber wurden zwei weitere Post Office-Superraritäten mitten am Nachmittag und zum Abschluss der Auktion verkauft.

Die Sammler und Händler waren in heller Aufregung!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.06.2020 16:12:20 Gelesen: 11313# 5 @  
@ Heinz 7 [#4]

Seit der Auktion sind 26 einhalb Jahre vergangen.

Das Angebot hatte einen schwindelerregenden Wert. Die Schätzpreise beliefen sich meines Wissens auf CHF 10'823'850; dabei waren 8 Lose ohne Schätzpreis ins Rennen gegangen. 448 Lose wurden verkauft, vier Lose wurden nicht verkauft; es waren moderat geschätzte Stücke.

Der Zuschlag erreichte meines Wissens: CHF 13'202'570
dazu kommt das Aufgeld von 15 %, also ein Preis von CHF 15'182'955.50.

Ende 20. Jahrhundert gab es noch eine Geldentwertung (und Zinsen auf den Sparkonti!), und darum rechne ich diesen Wert 1993 um in Geldwert Schweizer Franken per 31.12.2019 = CH 20'026'267.

Zwanzig Millionen Franken für eine einzige Sammlung, an einem Nachmittag! Wir waren alle "erschlagen". Aber auch glücklich, so etwas erlebt zu haben.

Ganze 20 Lose hatten einen Zuschlag von CHF 50'000 oder mehr erreicht. Diese 20 Lose machten am Ende über 84 % des Kaufpreises aus; das ist oft so bei Briefmarkensammlungen.

Nur Briefmarken der ersten vier Ausgaben übersprangen diese sehr hohe Hürde von CHF 50'000

1. Ausgabe 1847: Post Office: 4 Lose
2. Ausgabe 1848: Post Paid: 10 Lose
3. Ausgabe 1859: Lapirot: 1 Los
4. Ausgabe 1859: Sherwin: 5 Lose

Das Los 158 mit einer Briefmarke der dritten Ausgabe war etwas ganz Spezielles



Wir sehen einen Brief von 1859 von Mauritius nach London, der mit Marken von DREI verschiedenen Ausgaben freigemacht wurde!

3. Ausgabe Lapirot
2. Ausgabe Post Paid
6. Ausgabe Britannia - No Values:

Im Auktionstext steht zutreffend:

"It is amazing that someone should have made the one shilling rate from these three different issues though it was just around that moment, beginning May 1859, when these three stamps would have been abailable at the same time!"

Ob der Brief einmalig ("unique") ist, kann ich nicht genau sagen, aber jedenfalls ist er äusserst spektakulär und übertraf den bereits hohen Schätzpreis von CHF 120'000 um 33 % = Hammerpreis: CHF 160'000 + 15 % = CHF 184'000.

Dies war das acht-höchste Ergebnis dieser Auktion.

Heinz
 

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