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Thema: Die Briefmarken-Nennwerte und ihre Kaufkraft zur Zeit der Ausgabe
Das Thema hat 36 Beiträge:
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merkuria Am: 21.04.2016 17:47:03 Gelesen: 24398# 1 @  
Ich staune immer wieder über die hohen Nennwerte, welche schon in frühen Jahren durch die Post verausgabt wurden. Dies hat mich dazu veranlasst, diese Ausgaben einmal mit den Löhnen ihrer Zeit zu vergleichen. Die Ergebnisse sind zum Teil erstaunlich. Ich werde in diesem Thread versuchen, anhand von Beispielen den Bezug zwischen Nennwert und Lohn darzustellen.

Als erstes möchte ich dazu die Schweizer 20 CHF Dauermarke vom 18. September 1961 (Mi Nr. 741) vorstellen:



Stundenlohn eines Schweizer Arbeiters 1961: 3.70 CHF (Zahlen gemäss Eidgenössischer Landes-Statistik).

Folglich musste 1961 zum Erwerb dieser Briefmarke 5 1/2 Stunden gearbeitet werden! Diese Marke ist in der Schweiz heute noch gültig, entspricht aber weniger als einer Stunde Arbeit.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 21.04.2016 18:10:02 Gelesen: 24390# 2 @  
Noch krasser als bei Beitrag [#1] verhält es sich mit dieser Ausgabe:



Schweiz, 10 CHF Dauermarke 1914 (Mi Nr. 123)

Stundenlohn eines Schweizer Arbeiters 1914: 0.60 CHF (Zahlen gemäss Eidgenössischer Landes-Statistik). Folglich musste 1914 zum Erwerb dieser Briefmarke 16 Stunden gearbeitet werden!

Der Gegenwert dieser Nominale betrug gemäss Schweizer Nationalstatistik 1914 etwa 52 Kilo Kartoffeln oder 4,5 Kilo Käse oder 4,5 Kilo Schokolade.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
fogerty Am: 21.04.2016 20:28:43 Gelesen: 24343# 3 @  
Mit hohen Nennwerten vergleichbar mit der Schweiz, konnte Italien lange Zeit nicht aufwarten. Es gab zwar in den Sechzigern zwei-dreimal eine Serie mit dem Höchstwert von 500 Lire, aber das waren Ausnahmen.

Im Mai 1972 erschien diese Briefmarke zum 100 Jahre Jubiläum der Gebirgsjäger. Der Nennwert, 50 Lire, war damals der Tarif für einen Standardbrief.



Zwei Monate zuvor bezog ich als Anfangsgehalt in der Konservenfabrik einen Stundenlohn von 529 Lire, das hätte damals gereicht, um 10 Briefe im Inland zu verschicken!


 
Baber Am: 21.04.2016 20:44:50 Gelesen: 24329# 4 @  
@ merkuria [#1]

Hallo Jacques,

das Verhältnis hoher Nennwerte zum Einkommen ist sicher interessant, aber genau so interessant wäre es zu zeigen, wozu diese hohen Nennwerte eigentlich postalisch notwendig waren. Ich habe die 10 und 20 Fr Evangelisten bisher nur auf Paketkarten als bedarfsgebraucht gesehen.

Gruß
Baber
 
merkuria Am: 21.04.2016 23:33:48 Gelesen: 24293# 5 @  
@ Baber [#4]

Hallo Baber,

ja dem ist wirklich so, diese Marken wurden zumeist im Paketbereich gebraucht oder zur Verrechnung zwischen den Poststellen. Ich kann mich als junger Schüler so um 1965 noch erinnern, dass diese Marken noch direkt auf Pakete geklebt wurden. Später wurden dann nur noch die Paketkarten verwendet. Vielleicht schaffte es eine 10 Franken Marke auch mal auf einen schweren Express-Luftpostbrief nach Übersee.

Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 21.04.2016 23:41:37 Gelesen: 24289# 6 @  
Als weiterer Beitrag hier noch der Schweizer Briemarkensatz mit der höchsten Nominale:

Schweiz, 23.95 CHF Nominale der PAX-Ausgabe vom 9. Mai 1945 (Mi Nr. 447-459)



Stundenlohn eines Schweizer Arbeiters 1945: 2.00 CHF (Zahlen gemäss Eidgenössischer Landes-Statistik).

Folglich musste 1945 zum Erwerb dieses kompletten Satzes 12 Stunden gearbeitet werden!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 21.04.2016 23:48:24 Gelesen: 24285# 7 @  
@ fogerty [#3]

Guten Abend Ivo,

besten Dank für das Zeigen dieses eindrücklichen Beleges. Gerade solche Lohn-Angaben aus verschiedenen Ländern machen diesen Thread unheimlich wertvoll.

Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 22.04.2016 16:53:39 Gelesen: 24214# 8 @  
Wenden wir uns in unseren Betrachtungen einem etwas ferneren Land zu:

Volksrepublik China, 200‘000 RMBY Nominale der Freimarkenausgabe vom 18. April 1951 (Mi Nr. 105)



Auf den ersten Blick erscheint dieser Nominalwert nicht auffällig. Betrachtet man aber die Posttaxen zur Zeit dieser Ausgabe etwas näher, wird einem die Höhe dieser Nominale erst richtig bewusst!

Posttaxen gemäss Gebührenverordnung vom 16.8.1950 – 30.4.1953:

Postkarte Inland …………......………....400 RMBY
Einfacher Inlandsbrief bis 20g .…..…... 800 RMBY
Luftpostzuschlag Inland bis 20g ….. 3‘800 RMBY
Luftpostbrief Ausland bis 20g …….. 15‘500 RMBY
Vorgestellter Nennwert …..……..... 200‘000 RMBY (entspricht 250 Inlandbriefen!)

Ein Vergleich dieser Nominale mit einem chinesischen Durchschnittslohn des Jahres 1951 gestaltet sich nicht einfach. Aus der chinesischen Statistik konnte ich den Jahresdurchschnittslohn eines Arbeiters für 1951 mit 4,50 Mio RMBY ermitteln, was einem Monatslohn von 375‘000 RMBY entspricht. Gemäss dieser Angabe hätte der Nennwert dieser Briefmarke mehr als einem halben Monatssalär entsprochen!

Dass die Nominalen 100‘000 und 200‘000 selten Anwendung in der Briefpost fanden, zeigt die Tatsache, dass ich in meiner über 45-jährigen China-Sammlertätigkeit gerade mal auf 2 Briefe mit einer 100‘000 RMBY Frankatur gestossen bin. Einen davon möchte ich Euch nicht vorenthalten:



Schwergewichtiger Luftpostbrief bis 300g (Grossformat ca. A4) von Schanghai nach Zürich, Beförderung via CSSR, Aufgabe 12.5.1955.

Am 1. März 1955 erfolgte eine Währungsreform: 10‘000 RMBY galten nunmehr 1 CNY zu 100 Fen. Marken in alter Währung konnten bis zum 30. Juni 1956 im Verhältnis 1: 10‘000 aufgebraucht werden, was mit diesem Brief auch vollzogen wurde.

Frankatur gemäss gültiger Taxverordnung 1.3.1955 bis 16.9.1956

Posttaxe Brief Ausland bis 20g ergibt 0.22 CNY
Posttaxe 14x je weitere 20g à 0.13 CNY ergibt 1.82 CNY
Luftposttaxe Ausland 30x je 10g à 0.48 CNY ergibt 14.40 CNY
Ergibt Total Gebühr von 16.44 CNY = 164‘400 RMBY alt

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 22.04.2016 22:42:18 Gelesen: 24151# 9 @  
Nun einmal ein Blick nach Deutschland :

Deutsches Reich, 5 RM Dauermarke 1900 (Mi Nr. 66)



1900 verdiente ein Arbeiter durchschnittlich 900 Mark im Jahr = 75 Mark / Monat was bei 25 Arbeitstagen rund 3 Mark pro Tag ergibt. Folglich musste im Jahre 1900 mehr als 1 ½ Tage zum Erwerb dieser Briefmarke gearbeitet werden!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 24.04.2016 11:10:08 Gelesen: 24079# 10 @  
Heute mal einen Blick nach Frankreich:

Frankreich, 5 Franc Dauermarke 1869 (Mi Nr. 32)



1869 verdiente ein Schreiner in Paris durchschnittlich 0.45 Franc Centimes pro Stunde. Folglich musste dieser im Jahre 1869 mehr als 11 Stunden zum Erwerb dieser Briefmarke arbeiten!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 24.04.2016 11:46:36 Gelesen: 24066# 11 @  
Und noch nach Österreich:

Österreich, 10 Kronen Freimarke 1908 (Mi Nr. 156)



1908 verdiente ein Maurer in Wien durchschnittlich 0.45 Kronen pro Stunde. Folglich musste dieser im Jahre 1908 mehr als 22 Stunden zum Erwerb dieser Briefmarke arbeiten!

Bereits 2 Jahre später erschien nochmals ein 10 Kronen Wert innerhalb der Jubiläumsausgabe Mi Nr. 177!



Die Lohnerhöhung zwischen 1908 und 1910 betrug ca. 10%, was aber immer noch 20 Stunden Arbeit für diese Ausgabe erforderte!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 

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