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Thema: Unterscheidung von Franco und Porto
Baber Am: 23.06.2023 18:34:51 Gelesen: 1696# 1 @  
@ Regis

Auch Juroren sind nicht in der Lage klar zwischen Franko und Porto zu unterscheiden und gehen mit dem Begriff Porto und dessen Abwandlungen volkstümlich schlampig um. Der Beweis:

Hallo Regis,

jetzt bist Du aber päpstlicher als der Papst. Der Begriff "Nachportomarken" hat sich eigentlich eingebürgert, weil sie hauptsächlich bei mit Tax-Stempel versehenen unterfrankierterten Sendungen zur nachträglichen Erhebung des fehlenden Portos verwendet wurden.

In Österreich wurde auch die Postlagergebühr mittels Portomarken erhoben. Hier habe ich einmal gesehen, dass eine ausstellende Jurorin solche postlagernden Briefe in ihrem Objekt als Nachportobriefe bezeichnet hat. Hier wäre Deine Kritik angebracht.

Gruß
Bernd
 
Regis Am: 23.06.2023 20:06:18 Gelesen: 1647# 2 @  
@ Baber [#1]

Genau das ist das Problem.

Freimarken heißen Freimarken, weil man mit ihnen die Postsendung frei macht - d.h. nicht frei vom Einfluss der Schwiegermutter, sondern portofrei.

Der Absender zahlt immer Franko - der Empfänger Porto. Nicht umgekehrt. Franko sind die Kosten, die von A nach B zu bezahlen sind. Porto kann für fehlendes Franko, für Lagergebühren, für den Versand zu Zollstelle (bei USA üblich) und sonstige Aufwendungen anfallen. Nachporto fällt dann an, wenn der Empfänger wegen der Nachgebühr (Porto) den Empfang ablehnt und der Absender nun das Porto als Nachporto zahlen muss.

Mir ist unverständlich, warum das die Leute nicht kapieren, wo sie sonst in der Lage sind tausende Details von Plattenfehlern, Preisen und sonstwas hersagen zu können.

Wer den Begriff Porto für alle zu bezahlenden Dienstleistungen verwendet, kann tatsächliche Portobelege nicht klar beschreiben. Und solchen Unfug liest man in hochprämierten Ausstellungsobjekten und die Juroren sind blind.

Regis
 
Baber Am: 23.06.2023 20:43:39 Gelesen: 1623# 3 @  
@ Regis [#2]

Nachporto fällt dann an, wenn der Empfänger wegen der Nachgebühr (Porto) den Empfang ablehnt und der Absender nun das Porto als Nachporto zahlen muss.

Hallo Regis,

Man lernt auch mit 80 Jahren immer noch dazu.

Nur habe ich noch nie erlebt, dass ein unterfrankierter Brief oder meistens waren es ja Ansichtskarten, auf dem eine Portomarke klebte, an den Absender wegen Annahmeverweigerung zurückgegangen ist und der Absender den Betrag dann bezahlen musste.

In der Regel hat früher der Briefträger den Betrag der Portomarke kassiert und dann den Brief oder die Ansichtskarte ausgehändigt. Böse Zungen beahaupteten, das Geld ginge in die Kaffeekasse der Briefträger. Heute macht sich niemend mehr die Mühe.

Wohin hätte aber eine Ansichtkarte aus dem Urlaub zurückgehen sollen, wenn der Empfänger lieber auf den Urlaubsgruß seiner Lieben verzichten und das "Nachporto" nicht zahlen wollte?

Gruß
Bernd
 
Eric Scherer Am: 23.06.2023 20:45:00 Gelesen: 1622# 4 @  
Wahrscheinlich wäre es wohl am korrektesten, von Gebührenmarken zu sprechen. Nachgebühr wäre durchaus auch richtig, da die Gebühren eben nachträglich eingezogen wurden.
 
Frankenjogger Am: 23.06.2023 21:09:50 Gelesen: 1600# 5 @  
@ Regis [#2]

Zuerst mal Danke für die Erklärung der Begriffe.

Ich bin aber doch etwas irritiert. Ich dachte immer, ich würde Portostufen sammlen. Nach deiner Definition wären das ja dann Francostufen!

Warum hat sich das über Jahrzehnte so etabliert und wurde nie korrigiert?

Ich denke wohl, man sollte hieraus ein eigenes Thema machen. [1]

Viele Grüße,
Klemens

[1] Danke für die Anregung, ist redaktionell umgesetzt worden.
 
Regis Am: 23.06.2023 22:50:16 Gelesen: 1557# 6 @  
@ Frankenjogger [#5]

Tatsächlich ist der Begriff Portostufe unzutreffend. Es ist die Gebührenstufe. Da ich zufällig 2 Bilder habe, die den Unterschied belegen, das Folgende:

:

Brief 1 Ortsbrief Wien Gebühr (als portopflichtige Dienstsache Franko = Porto 320 Kronen.

Brief 2 Ortsbrief Wien - statt 320 Kronen werden 40 Kronen frankiert. Fehlendes Franko - 280 Kronen - ergibt ein Porto von 560 Kronen. Wer jetzt behauptet, 230 Kronen seien genau soviel wie 560 Kronen + 40 Kronen.

Solche Beispiele sammle ich, um mir klar zu machen, daß es diesen Unterschied gibt.

Alles Gute Regis

[Beiträge [#1] bis [#6] redaktionell in ein neues Thema verschoben, da diese Begriffe mit der Veranstaltung "IBRA 2023 - Briefmarken Weltausstellung in Essen am 25.-28.5.2023" sehr wenig zu tun haben]
 
Baber Am: 24.06.2023 07:24:43 Gelesen: 1507# 7 @  
Hallo Regis,

Bei Deinen Beispielen zahlt in beiden Fällen der Empfänger das "Nachfranco, Nachporto oder die Nachgebühr" wie immer man das bezeichnen will. Es sind auch beides Briefe der 1. G-Stufe zu 320 Kronen.

Im ersten Fall ist es die einfache Briefgebühr von 320 Kronen, weil der Absender (meistens Behörden und Gerichte) berechtigt war, unfrankiert zu versenden.

Im zweiter Fall hat der Absender einen unterfrankierten Brief versendet.

Zur "Strafe" wurde der Fehlbetrag (das fehlende Franco) von 280 Kronen verdoppelt (die Verdoppelung war bis 31.12.1975 üblich). Umgangssprachlich bezeichnete man das auch als Strafporto.

Gruß
Bernd
 
bayern klassisch Am: 24.06.2023 08:36:37 Gelesen: 1490# 8 @  
Liebe Freunde,

eine interessante Fragestellung und interessante Antworten bzw. Belege dazu.

Historisch gesehen kenne ich folgende Termini, die sich an den Primärquellen festmachen:

Franko: Gebühr, die der Absender bei der Postaufgabe entrichtet.

Porto: Gebühr, die der Empfänger bei der Postabgabe entrichtet.

Teilfranko: Gebühr, die der Absender bei der Postaufgabe entrichtet, wenn er nur einen Teil des Laufwegs frankieren kann bzw. muss.

Teilporto: Gebühr, die der Empfänger bei der Postabgabe entrichtet, wenn er nur für einen Teil des Laufwegs Gebühren zu entrichten hat.

Nachporto: Vom Absender bzw. der Aufgabepost zu niedrig frankierte Post, wobei dieser Fehler im Laufe des Transportwegs erkannt und der fehlende Betrag (mit und ohne Zuschläge) vom Empfänger bei der Briefabgabe nacherhoben wird.

Ob man dann die Zuschläge als "Strafporto" benennt, oder "Zuschlagsporto", "Ergänzungsporto" usw. ist eher nebensächlich bzw. einem späteren Terminologiewandel geschuldet.

In den 1860-er Jahren hat die Post allerdings in ihren Reglements, Veröffentlichungen und Ausführungsbestimmungen immer häufiger die beiden einander ausschließenden Begriffe "Franko" und "Porto" zusammengeworfen und nicht mehr unterschieden, obwohl eine Unterscheidung weiterhin sinnvoll gewesen wäre; am Ende redete auch die Post dann immer mehr, bzw. praktisch immer, nur noch von "Porto" und der Begriff "Franko" verschwand immer mehr.

Für meinen Teil möchte ich als Sammler und Postgeschichtler, dass man sich möglichst präzise an die damaligen Fachtermini hält, weil man sonst aneinander vorbei zu reden droht bzw. argumentiert und somit der forscherische Fortschritt erschwert wird.

Viele frühe Marken weisen daher auch zurecht den Begriff "Freimarke" auf, während später auch "Portomarke" erschien, die den Postlern, wie auch dem korrespondierenden Publikum sofort klar machten, worin der Unterschied bestand.

Oft, das am Rande, lese ich bei Ausstellungssammlungen, Katalog- und Auktionsbeschreibungen (auch Attesten) bei Briefen mit Portomarken, dass sie "frankiert" wurden; dies zeugt eher von einer geringen Denkbeschäftigung mit der Materie, die ich bei Phila-Profis wie Prüfern und Auktionatoren eigentlich nicht vermuten würde. Mit Portomarken kann und konnte man nichts frankieren, mit Freimarken schon, denn dafür waren und sind sie da.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Frankenjogger Am: 24.06.2023 11:12:42 Gelesen: 1453# 9 @  
@ bayern klassisch [#8]

„In den 1860er Jahren hat die Post allerdings in ihren Reglements, Veröffentlichungen und Ausführungsbestimmungen immer häufiger die beiden einander ausschließenden Begriffe "Franko" und "Porto" zusammengeworfen und nicht mehr unterschieden, obwohl eine Unterscheidung weiterhin sinnvoll gewesen wäre; am Ende redete auch die Post dann immer mehr, bzw. praktisch immer, nur noch von "Porto" und der Begriff "Franko" verschwand immer mehr.“

@ Regis [#2]

"Wer den Begriff Porto für alle zu bezahlenden Dienstleistungen verwendet, kann tatsächliche Portobelege nicht klar beschreiben. Und solchen Unfug liest man in hochprämierten Ausstellungsobjekten und die Juroren sind blind."

Meine Sammelinteressen liegen in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, ab 1945. Ich kenne und habe den Begriff „Porto“ immer in Zusammenhang mit der Gebühr zur Freimachung von Poststücken gesehen. Wenn ich in google den Begriff „Porto“ eingebe, bekomme ich auch fast nur Hinweise zur Deutschen Post (Briefporto berechnen, Porto bestimmen, ...) die der Definition „Gebühr zur Freimachung von Poststücken" entsprechen.

Ab wann kann dann der Begriff „Porto“ als Freigebühr betrachtet werden und wäre als Begriff so ok?

Oder ist diese Begriffsdefinition immer als falsch zu betrachten?

@ HWS-NRW u. A.: Wie sehen das die Juroren?

Wenn ein Juror eher klassisch orientiert ist und dann ein moderneres Exponat, was wohl ja auch schon die Zeiten nach 1900 betreffen kann beurteilt, dann könnte er die Begriffszuordnung "Porto" als mangelnde Kenntnis werten und Punktabzug machen, ohne dass das evtl. irgendwie angemerkt würde.

Auch als Sammler der „Moderne“ würde ich natürlich gerne richtige Begriffe verwenden.

Viele Grüße,
Klemens
 
bayern klassisch Am: 24.06.2023 12:31:29 Gelesen: 1414# 10 @  
@ Frankenjogger [#9]

Hallo Klemens,

das begann in den 1860-er Jahren, hier mal ein bisserl früher, da mal ein bisserl später. Man hat auch zu selben Zeit mal von Franko, mal von Porto geredet, obwohl man dasselbe meinte. Der Fehler der Nicht-Differenzierung liegt also schon lange zurück.

Aber das ändert nichts daran, dass man heute die Begriffe Franko und Porto in ihrem kausalen Zusammenhang richtig anwenden sollte, wenn man ein niveauvoller Sammler, Aussteller, Postgeschichtler, Historiker usw. sein möchte.

Ein Brief kann frankiert sein, aber nicht portiert, oder? Nicht immer also gibt es Termini für Alltägliches, daher kann das Nichtvorhandensein eines benötigten, zeitbezogen geschichtlichen Begriffes kein Argument für pro oder contra sein.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
HWS-NRW Am: 24.06.2023 12:43:26 Gelesen: 1412# 11 @  
Hallo Klemens,

da Du mich ja schon namentlich ansprichst, ich finde diese Diskussion "naiv" und philatelie-fern.

Der Begriff "Franko" kommt aus dem Wirtschaftsbereich (siehe Google) und unser Begriff "Porto" aus dem Bereich Post.

Wer käme auf die Idee, die Infla-Porto-Perioden in "Franco-Perioden" umzubenennen, die würden jeden Sammler als "leicht verrückt" ansehen und ich denke, gerade aus diesem, jetzt 75-jährigen Philatelie-Bereich gab und gibt es zahlreiche "Kenner" der Materie.

Und was (zumindest mir beim jurieren) viel wichtiger ist, dass ein Aussteller in seinem gezeigten Exponat den Unterschied zwischen Porto und "Gebühren" erkennt und auch beschreibt.

Und - wir ziehen keine Punkte ab, wenn wir jurieren, das Gleiche gilt auch im Jugendbereich.

mit Sammlergruß
Werner
 
Regis Am: 24.06.2023 12:47:35 Gelesen: 1411# 12 @  
@ bayern klassisch [#8]

Du hast den Weg der Sachlichkeit eingeschlagen und will versuchen, die Dinge zu ordnen.

Die moderne Post lässt unzureichend bezahlte Postsendungen nicht mehr zu - im Ergebnis kann sie die Dinge beliebig benennen.

Im Michel werden die Dauerserien / Schalterserien Freimarken genannt. Lassen wir es so. Folglich Frankatur, Freimachung usw.

Im Gegensatz dazu katalogisiert man Portomarken anstatt sie Nachgebührenmarken zu nennen.

Dise werden nicht frankiert sondern damit quittiert die Post die Einziehung des Betrages.

Jede ausreichend frankierte Sendung ist portofrei.

Portofrei sind auch alle gebührenfreien Sendungen, da hier die Post auf andere Weise bezahlt wurde.

Dazu gab es in der Vergangenheit Sendungen mit dem Aufdruck / Vermerk Portofrei. Dieser diente dem Postpersonal zu erkennen, dass nicht irrtümlich Porto vom Empfänger gefordert würde.

Vielleicht können wir versuchen, noch andere Begriffe zu definieren.

Regis
 
bayern klassisch Am: 24.06.2023 12:56:18 Gelesen: 1408# 13 @  
@ Regis [#12]

Hallo Regis,

mit deinen Definitionen kann ist prima leben, sie entsprechen ja genau dem, was ich über die Klassik geschrieben habe und wurden durch dich geschickt in die Moderne transponiert. Bravo!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Regis Am: 24.06.2023 13:30:29 Gelesen: 1389# 14 @  
@ HWS-NRW [#11]

Ich muss auf Deinen Beitrag reagieren. Franko - aus dem Wirtschaftsbereich.

Solltest Du jemals eine bayerische Quadratmake 1 - 18 Kreuzer zu Gesicht bekommen - in der unteren Zeile steht FRANKO und das seit 1849.

Portoperiode bedeutet wörtlich Nachgebührenperiode. Natürlich kann man es falsch belassen, wenn man keine Möglichkeit der Korrektur erkennt.

Alles Gute Regis
 
Baber Am: 24.06.2023 13:45:41 Gelesen: 1386# 15 @  
@ Frankenjogger [#9]

Hallo Clemens,

da meine Sammelgebiete auch nach dem 2. Weltkrieg liegen, kann ich Dir nur zustimmen.

In der Philatelie ist es auch nicht anders als in der Wissenschaft. Nichts ist absolut falsch oder richtig, man muss es immer im Zeitzusammenhang sehen.

Die Begriffe Franco und Porto stammen noch aus der Anfangszeit der Briefmarke, als man Briefe sowohl franco, also freigemacht und unfrei verschicken konnte und der Empfänger dann das Porto bezahlen musste. Später vor Gründung des Weltpostvereines war es oft nur möglich, Briefe ins Ausland franco Landesgrenze zu verschicken. Den restlichen Postweg im Zielland mußte dann der Empfänger als Porto bezahlen.

Die Zeiten sind aber lange vorbei und heute spricht niemend mehr von Franco sondern eigentlich nur mehr von Porto, womit die Gebühr für die Versendung eines Briefes gemeint ist. Gehalten hat sich der Begriff franco noch im Zeitwort "frankieren" und in den Ebay-Angeboten "gültige Frankaturware". Viele Händler suchen oder verkaufen aber "Portoware" und nicht "Frankaturware".

Die Sammlung von Portostufen ist unter Briefmarkensammlern ja sehr beliebt. Sie sprechen von Portoperioden. Ich habe noch nie gelesen, dass diese Sammler mit Franco-Tabellen arbeiten oder nach Franco-Perioden sammeln.

Die Sammler der Klassik müssen irgendwann einsehen, dass sich Begriffe mit der Zeit wandeln. Auch die katholische Kirche mußte das und ersetzte im Mariengebet "gegrüßet seist Du Maria" den Passus "Du bist gebenedeit unter den Weibern" durch "Du bist gebenedeit unter den Frauen". Bis in die Neuzeit war Weib ein nicht abwertender Begriff für Frau und noch Wihelm Busch dichtete: Es saß der fromme Meister mit Weib und Kind bei Tisch.

Gruß
Bernd
 
DL8AAM Am: 24.06.2023 15:31:10 Gelesen: 1359# 16 @  
@ Baber

Mein alter Prof' sagte immer, nichts ist so wandelbar wie das Klima und die Sprache.

Wichtig ist eben nur, dass wir "heute" alle verstehen, was "jetzt" gemeint ist. Und dazu gehört aber auch, dass man die Hintergründe kennt und alte Texte entsprechend korrekt interpretieren kann.

Und Danke, dass das Thema hier aufgemacht wurde!

Als "Moderner" waren mir die Feinheiten bzw. Unterschiede aus der Klassik in dieser Form absolut nicht gekannt. Wobei ich persönlich bisher immer die moderne Postnomenklatur "Porto" für (ex) Gebühr bzw. (jetzt) Entgelt nutze. Wobei mir die Unterschiede zwischen FRANCO- und PORTO-Stempel auf "Vorphila"-Belegen (und auch das Wort Portomarke) schon (im richtigen Zusammenhang) bekannt waren. Und so macht jetzt Bezeichnung von (unfrankierten) "portopflichen Dienstsachen" noch mehr Sinn.

Trotzdem fehlte die Sensibilität. Man nutzte zwar die (richtigen) Worte einfach richtig (aus Übung, weniger aus Verständnis). Weshalb ich mich auch nie daran störte für moderne Dinge aus der Jetztzeit die gewandelte Phila-Umgangssprache der modernen Jetztzeit zu nutzen. Für mich beträgt im Gespräch heute das aktuelle Briefporto weiterhin (noch) 85 Cent. Kein Mensch sagt Brieffranko oder kennt so ein (nicht existierendes) Wort. Absolute "Verwaltungs-" Fachleute sagen vielleicht (sehr viel richtiger) Briefentgelt (Briefgebühr ist zumindest in D inzwischen ja auch komplett falsch).

Aber Sprache verändert und entwickelt sich, viele Begriffe verändern über die Zeit und Gebrauch ihren Sinngehalt und vieles eigentlich Falsches wird durch den allgemeinen (falschen) Gebrauch richtig (so arbeitet übrigens sogar die Dudenredaktion). Klassisch für diesen Vorgang ist das Wort "Apokalypse", heute versteht jeder darunter etwas "Katastrophales", ein Unheil, wobei es eigentlich etwas Entgegengesetztes bedeutet, dass es ursprünglich ein positiv "belastetes" Wort ist, denn es bedeutet so etwas wie "für Erleuchtung sorgen" bzw. "das Wissen entschleiern".

Aber nochmals Danke für das Thema! Ich werde zumindest versuchen, bei "klassischeren" Dingen zukünftig genauer auf diese Unterschiede zu achten. Bzw. bei Dingen, bei denen dieser Unterschied einen Sinn macht und bei einer eineindeutigen Beschreibung sogar elementar wichtig ist! Auch im heutigen Biertisch-Umgangsgespräch. Danke.

Beste Grüße
Thomas
 
Regis Am: 24.06.2023 18:38:20 Gelesen: 1317# 17 @  
Ich möchte ein Beispiel echten Nachportos zeigen:

Ein Berliner schickt einen übergewichtigen Brief zur gewöhnlichen Gebühr 20 Pfg. am 15.6.1907 an das K.D.Konsulat in Brüssel. Der Brief war nach UPU Tarif mit 25 Centimes frankiert, hätte jedoch 50 Centimes = 40 Pfg. Frankatur erfordert.

Die belgische Post fordert folglich 2 x 25 Centimes und quittiert mit Portomarke 50 Centimes.Das Konsulat verweigert die Zahlung und der Brief geht zurück. Nun muss ein Herr Hoffmann in Berlin am 21.6.1907 das Porto von 40 Pfennig als Absender als Nachporto bezahlen.



Da er keinen Absender angegeben hatte, wurde die Rückbriefstelle bemüht.

Vielleicht gefällt es euch so. Regis
 
Cantus Am: 25.06.2023 02:19:57 Gelesen: 1243# 18 @  
@ Regis [#17]

Hallo Regis,

was aber wäre, wenn der Herr Hoffmann die Annahme des Briefes verweigert? Wer zahlt dann was?

Viele Grüße
Ingo
 
bayern klassisch Am: 25.06.2023 07:57:29 Gelesen: 1208# 19 @  
@ Cantus [#18]

Lieber Ingo,

zu allen Zeiten war stets der Absender verantwortlich für SEINEN Brief - zahlte der Empfänger nicht, war der Absender haftbar zu halten für seine Schulden bei der Postverwaltung. Kam er seiner Verpflichtung nicht nach, wurde gepfändet, was mit weiteren Kosten verbunden war.

Daher waren Absender gehalten, das Porto bzw. Nachporto ihrer Briefe tunlichst der Postkasse zur Verfügung zu stellen, weil es sonst empfindlich geworden wäre.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Baber Am: 25.06.2023 09:08:19 Gelesen: 1191# 20 @  
@ Regis [#17]

Hallo Regis,

ein interessanter Beleg, den ich so noch nie gesehen habe. Danke für's zeigen.

Gab es so etwas zurzeit der Deutschen Bundespost auch noch?

Hätte nicht die belgische Post ihre Portomarke durchstreichen müssen, denn die 50 Centimes hat sie ja nie bekommen, denn ich nehme nicht an, dass die Reichspost den Betrag des Nachportos dann nach Belgien weitergeleitet hat.

Gruß
Bernd
 
Baber Am: 25.06.2023 09:24:10 Gelesen: 1180# 21 @  
Ein nicht alltäglicher Portobeleg aus Österreich, der die bedarfsgerechte Verwendnung der 63 Groschen Portomarke zeigt.

Für nicht frankierte Geschäftsantwortpostkarten musste der Empfänger nur das um 1/4 erhöhte Porto bezahlen und nicht das Doppelte wie sonst üblich.

Geschäftsantwortpostkarte Tarif vom 1.1.1951- 31.1.60 = 50 Groschen + 12,5 = 62,5 aufgerundet 63 Groschen.

Scheinbar war der Bedarf so groß, dass am 30.4.1957 extra eine 63 Groschen Portomarke herausgegeben wurde (Mi 243)



Gruß
Bernd
 
Regis Am: 25.06.2023 11:54:52 Gelesen: 1121# 22 @  
@ Cantus [#18]
@ Baber [#20]

Der Brief ist noch interessanter. Die Reichspost hatte das Gewicht akzeptiert und keinen Taxvermerk angebracht. Das heißt, die Reichspost hatte keine Nachforderung. Die belgische Post hat gewogen, Mehrgewicht festgestellt (keiner weiss wie viel) und von sich aus 50 Centimes gefordert. Die Reichspost hat die 40 Pfennig, die sie nachträglich vermerkt hat, aber nicht eingefordert und mit dem Stempel entlastet den Betrag in den "Schornstein" geschrieben.

Deshalb habe ich den Brief kürzlich, diese Absonderlichkeit erkennend, erworben

Philatelie hat die Aufgabe uns Spaß zu machen. Regis
 
Baber Am: 30.06.2023 21:42:16 Gelesen: 853# 23 @  
Dies ist auch ein interessanten Beleg zum Thema (von mir bereits gezeigt unter # 192 kuriose Briefe, Postkarten und Belege)

Die Postkarte war richtig frankiert für den Inlandsversand in Österreich, wurde aber statt in Höchst/Österreich auf der anderen Seite des Rheins am 25.9.81 in St. Margrethen/Schweiz eingeworfen, Dort galt sie natürlich als unfrankiert, wurde mit dem Tax-Stempel 70/90 (Postkarte Ausland/Brief Ausland) versehen und nach Salzburg weitergeleitet. Dort verzichtete man auf die Erhebung einer Nachgebühr und entwertete nachträglich am 29.8.81 die portogerechte österreichische Frankatur von 3,00 S.



Gruß
Bernd
 
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